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Ich habe Dir nie einen Rosengarten versprochen ( Ein Tag im Leben von Jules Bashir)

von Bareil

Kapitel 1

Danke an Amber fürs Betalesen :-), ich drück Dich !
Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen … (Ein Tag im Leben von Jules Bashir)

Es war Frühling. Gerade hatte das Sommersemester begonnen. Jules sah an der gläsernen Fassade des imposanten Gebäudes hinauf. Sein Vater war so stolz auf ihn, da er nun an der berühmten Sternenflottenakademie in San Francisco studierte. Er erzählte es jedem, der es hören oder nicht hören wollte. Jules verstand nicht, was daran so besonders war, aber für seinen Vater schien es das Wichtigste auf der Welt zu sein, einen studierenden Sohn zu haben. Also tat er ihm den Gefallen.

Nun schlenderte er den langen Flur entlang und beobachtete die anderen Studenten. Er prägte sich ihr Verhalten genau ein, betrachtete neugierig die Anschlagbretter mit den Aushängen und elektronischen Leuchttafeln und tat, als verstehe er ihren Inhalt. Er runzelte die Stirn, zog sein PADD aus der Umhängetasche und notierte sich einige Termine. Dann ließ er sich von dem Menschenstrom bis zum nächsten Hörsaal treiben.

Er setzte sich in die hintere Reihe, zückte sein PADD und wartete gespannt darauf, was der Professor heute Spannendes zu erzählen hatte. Jules mochte Vorlesungen. Er hörte es gern, wenn Leute erzählten. Manchmal zeigte ihnen der Professor sogar Filme mit Raumschiffen darin, die durch das Weltall zu fremden Planeten flogen.

Sein Vater hatte ihn einmal zu einem Raumhafen mitgenommen. Dort konnte er hinter einem dicken Glasfenster echte Raumschiffe im Weltall sehen, obwohl er selbst in einem Gebäude stand, das im Weltall schwebte. Seitdem wollte Jules auch eines Tages mit so einem Raumschiff fliegen. Er stellte es sich sehr spannend vor, von Planet zu Planet zu reisen. Als Captain würde er die Mission leiten und seine Crew vor jeder Gefahr retten. Sein Vater hatte ihm gesagt, er müsse die Sternenflottenakademie besuchen, nur dann dürfe er mit an Bord. Wenn er sich anstrengte und fleißig lernte, würde er eines Tages auch mit einem Raumschiff fliegen, davon war er fest überzeugt.

Seine Kommilitonen lasen den ganzen Tag lang Bücher, doch das fand er sehr uninteressant. In den meisten waren ja nicht einmal richtige Bilder, nur Zahlen, Graphiken und Buchstaben. Er bevorzugte Comics, am liebsten die über Superhelden.

Von Jules unbemerkt, wurde er von einer Kadettin beobachtet. Lara Summer saß zwei Reihen hinter ihm in der einführenden Vorlesung zur Geschichte der Sternenflotte. Dies war ihr erstes Semester an der Akademie. Sie hatte die Aufnahmeprüfung als eine unter den besten Zehn bestanden und freute sich auf ihr Studium der Exobiologie. Bereits vor Studienbeginn hatte sie einen Monat auf Bajor verbracht, einer neu erschlossenen Welt, die den Beitritt zur Föderation anstrebte. Jedoch war die politische Situation dort noch zu instabil. Eine bajoranische Freundin hatte ihr über Subspace von einem gescheiterten Militärputsch berichtet. Lara hoffte, nach ihrem Abschluss auf Deep Space Nine stationiert zu werden. Bajor und die Bajoraner faszinierten sie von Anfang an. Doch genauso faszinierte sie dieser junge Mann, der sich so fleißig Notizen machte. Seinen schlanken Finger nach zu urteilen, war er sicher ein angehender Arzt oder Ingenieur.

Nach der Vorlesung wurde es Zeit für seinen Job. Viele der Kadetten arbeiteten an der Akademie als Assistenten der Professoren und Wissenschaftlern, er arbeitete als Küchenhilfe in der Mensa. Zuerst wollte er nicht, doch sein Vater überredete ihn mit dem Argument, es gehöre zum Studentenleben dazu und er wolle doch nicht zum Außenseiter werden. Jules wollte um jeden Preis dazugehören, also willigte er ein.

Die Mensa befand sich in einem anderen Gebäude, so dass er quer über den Innenhof gehen musste. Die Sonne schien angenehm warm. Jules wollte lieber am Meer spazieren gehen, als in der stickigen Küche Gemüse putzen und Kartoffeln schälen, aber wenn er nicht pünktlich erschien, durfte er nicht an den besonderen Lektionen für ausgewählte Studenten teilnehmen. Diese fanden im Institut für Psychologie statt und wurde von Counselor Hikaru nur für ihn allein abgehalten. Sein Vater hatte ihm erklärt, dass er zu den besonders begabten Studenten gehöre und nur diese daran teilnehmen dürften.

„Hallo, Verzeihung ?“ Hinter ihm erklang eine Frauenstimme. Erstaunt drehte sich Jules zu ihr um. Vor ihm stand die mit Abstand schönste Frau, die er je gesehen hatte. Ihr langes, blondes Haar, die strahlend blauen Augen, ein Gesicht so schön, wie er es nur aus Magazinen kannte.

„Ehm, ja ?“, stotterte er.
„Hi …“, sie spielte verlegen mit ihrer Haarsträhne. „Ich glaube, ich habe dich eben in der Vorlesung über die Geschichte der Sternenflotte gesehen. Bist du auch im ersten Semester? Für mich ist das alles ja so neu und aufregend. Diese vielen Wesen von überall her aus allen Teilen der Galaxie.“

„Ja, es ist sehr spannend hier. Ich bin Jules Bashir. Ich möchte einmal mit einem Raumschiff fliegen.“

Sie kicherte, da sie seine plumpe Antwort für eine Scherz hielt. „Wollen wir das bei der Sternenflotte denn nicht alle?“ Sie hatte die Ärmel ihrer Kadettenuniform hochgerollt und hielt ein PADD in der freien Hand.

„Ich wollte schon immer zusammen mit Kukalaka ins All fliegen. Dort draußen gibt es sicher viele Gefahren vor denen ich die Crew dann retten werde. Die Romulaner oder Cardassianer oder sonstige … Aber …“ Jules lachte. Für ihn waren das nur lustig klingende Worte.

Sie stimmte mit ein. „Du bist ein witziger Typ. Kuka … wie auch immer, ist sicher dein Zimmergenosse aus Indien. Meine Mitbewohnerin ist Vulkanierin, du kannst dir vorstellen, dass ich da nicht wirklich was zu lachen habe. Humor ist ja so was von unlogisch.“

Jules stimmte in ihr Gelächter mit ein, auch wenn er es nicht komisch fand. Er mochte sie sofort und wollte sie nicht verärgern. „Ich glaube, ich muss jetzt zur Arbeit.“ Er sah in Richtung Mensa.

„Oh,na klar. Hast du heute Nachmittag vielleicht noch etwas Zeit, um einen Kaffee zu trinken?“

Jules verdrehte die Augen und tat, als denke er angestrengt darüber nach. „Sicher doch, so gegen 16.00 Uhr in der Mensa? Danach habe ich noch einen Kurs bei Counselor Hikaru.“

„Ok, wir sehen uns dann dort. Ich muss zur Einführung in die Exobiologie. Bye!“ Sie drehte sich noch einmal um und winkte ihm zu.

Jules war wie vom Donner gerührt. Was sollte das bedeuten, sie wollte mit ihm Kaffee trinken? Wieso eigentlich? Aber vielleicht machte es ja Spaß, obwohl er keine Kaffee mochte, lieber Kakao oder noch besser Limonade. Nachdenklich schlenderte er zur Mensa.

„Jules, da bist du ja endlich, wo trödelst du nur rum? Hier, fang.“ Sein Kollege warf ihm die Schürze zu, er griff jedoch ins Leere. Die Schürze viel zu Boden.
Jules hob sie betreten auf und band sie um. Der junge Mann war groß und sportlich im Gegensatz zu ihm, der eher schlacksig und hager war. „Schäl am besten die Kartoffeln, aber wirf nicht so viele auf den Boden wie beim letzten Mal. Gib dir diesmal mehr Mühe.“ Jules nickte. Er ging in den Umkleideraum, um seine Kadettenuniform gegen die Küchenkleidung auszutauschen.

Lara erreichte die Mensa zur vereinbarten Zeit, konnte Jules aber nirgends entdecken, obwohl nur wenige Tische besetzt waren. Sie ging hinüber zur Theke.
„Ach, Verzeihung, arbeitet hier zufällig ein Jules Bashir ?“

Der rothaarige, sommersprossige Angestellte dachte kurz nach. „Hier arbeitet manchmal so ein geistig Minderbemittelter, der so oder so ähnlich heißt. Keine Ahnung, ob der heute da war. Ich fange gerade erst an. Wieso, was willst du denn von dem?“, fragte er erstaunt.

Lara lächelte. „Ich glaube, da liegt eine Verwechslung vor, der, den ich suche, studiert hier.“
Der junge Mann schüttelte den Kopf. „Also der, den ich meine, studiert garantiert nicht. Aber vielleicht heißt er doch anders.“

Hinter ihr hatte sich eine kleine Schlange gebildet, die darauf wartete, bedient zu werden. „Naja, nichts für ungut, ich muss nun weiter.“ Lara verabschiedete sich kurz und ergriff die Flucht.

Hatte dieser Idiot sie doch zum Narren gehalten und ihr vorgetäuscht, er sei ein Student. Mit einer verblödeten Küchenhilfe würde sie sich jedenfalls nicht treffen. Sie eilte hinaus und fuhr mit dem nächsten Bus zurück zu ihrem Wohnheim.

Jules hatte sich nach seiner Schicht im Umkleideraum des Küchenpersonals umgezogen, seine Umhängetasche mit den PADDs und Comics aus dem Spint geholt und betrat die Mensa. Er sah sich suchend um, konnte die blonde junge Frau aber an keinem der Tische entdecken, also setzte er sich hin und wartete. Immer wieder sah er zum Eingang herüber, doch nichts geschah. Vielleicht hatte sie ihn ganz vergessen. Irgendwie machte ihn dieser Gedanke traurig. Er hätte sie so gern wiedergesehen, doch konnte er sich nicht mehr an ihren Namen erinnern. Hatte er sie überhaupt danach gefragt?

Er wartete fast eine halbe Stunde, aber sie erschien nicht. Dann wurde es Zeit für seinen Besuch bei Counselor Hikaru. Sie war immer so nett zu ihm, vielleicht konnte sie ihm sagen, warum das Mädchen nicht erschienen war. Ihr Büro lag am Ende eines langen Flures, in dem viele bunte Bilder an den Wänden hingen.

Counselor Professor Doktor Suzanne Hikaru war eine asiatische Entwicklungspsychologin und Genetikerin Anfang vierzig. Normalerweise arbeitete sie mit lernbehinderten und entwicklungsverzögerten Kindern, doch Jules Fall hatte ihr Interesse geweckt.

In gewisser Weise war Jules ein Grundschüler im Körper eines erwachsenen Mannes. Er konnte jedoch weder lesen, noch schreiben oder rechnen, dennoch sah man ihm seine geistige Retardierung nicht sofort an, da er sich nicht auffällig verhielt oder in Babysprache vor sich hin plapperte. Er war weder autistisch, noch litt er am Down-Syndrom und stammte von normal intelligenten Eltern ab. Dennoch hatte er sich von Anfang an nicht altersgemäß entwickelt und war auf der Stufe eines etwa Zehnjährigen stehen geblieben.

Die Schwangerschaft und Geburt waren normal verlaufen, er hatte keinen Sauerstoffmangel, keine Kopf- oder Hirnverletzung oder schwere Infektion im Säuglingsalter erlitten und dennoch war sein Zustand nicht der eines geistig normal intelligenten Erwachsenen. Seine Eltern waren verzweifelt mit ihm um die halbe Welt von Arzt zu Arzt gereist, bis sie schließlich die Sternenflottenakademie kontaktierten. Man hatte ihn als Gasthörer eingeschrieben, damit sie mit ihm arbeiten konnte, da sie nicht frei praktizierte.

Sie sah von ihrem Schreibtisch auf, als es an der Tür läutete. Jules war erstaunlich pünktlich und zuverlässig für einen Menschen mit geistiger Behinderung . Die Sonderschule, die er besucht hatte, hatte ihr Bestes getan, um ihm ein selbständiges Leben zu ermöglichen, doch auch sie stieß bald an ihre Grenzen.

Professor Hikaru betätigte den Türöffner. Jules lächelte ihr wie immer gutgelaunt zu. Er setzte sich auf den freien Stuhl vor ihrem Schreibtisch.

„Hallo, Jules, wie geht es dir heute?“

„Gut, aber es ist etwas merkwürdiges passiert.“

„Aha?“ Sie neigte den Kopf leicht nach vorn.

„Ein Mädchen hat mich auf dem Campus angesprochen und wollte mich in der Mensa zum Kaffee treffen, aber dann ist sie gar nicht gekommen, obwohl ich so lange auf sie gewartet habe.“ Er ließ betrübt den Kopf hängen. „Vielleicht hat sie bemerkt, dass ich anders bin als die anderen.“

„Jules, du bist so, wie du bist, genauso wie wir alle hier. Nicht jeder versteht sich mit jeder Person gleich gut. Das ist ganz normal und hat nichts mit dir persönlich zu tun.“
Insgeheim dachte sie jedoch wie er, was sollte eine Elitestudentin an einem jungen Mann wie Jules finden, der noch mit seinem Teddybär im Arm schlief und sich vor Monstern unter seinem Bett fürchtete? Er würde nie eine Erwachsenenbeziehung führen können.

„Werde ich eines Tages je so wie die Anderen sein und ins Weltall fliegen?“

„Nun, um ins All zu fliegen muss man nicht zwingend Offizier der Sternenflotte sein. Es gibt viele private Anbieter von interstellaren Flügen, also Flüge von der Erde zu anderen Planeten.“

„Aber ich möchte auch so sein, wie die Kadetten, die eines Tages ins Weltall fliegen und ihr Raumschiff vor Gefahren retten, so wie Captain Kirk.“

„Kirk? Woher kennst du seinen Namen?“ Sie war verwundert, da sie mit ihm nie über derartige Inhalte gesprochen hatte.

„Ich war heute Morgen in einer Vorlesung, da hat der Professor die ganze Zeit über ihn erzählt und genauso will ich auch werden. Ich habe mir alles fleißig aufgeschrieben.“ Stolz überreicht er ihr sein PADD, doch konnte sie nichts als Buchstabensalat darauf erkennen.

„Jules, die Vorlesungen sind nur für die Kadetten der Sternenflottenakademie. Du jedoch arbeitest in der Mensa und gehst in Zukunft nicht mehr in diese Gebäude, okay?“

„Okay …“ Er ließ den Kopf noch tiefer sinken. „Es ist also, weil ich anders bin. Deshalb darf ich das nicht. Und Mädchen wollen nicht mit mir Kaffee trinken, obwohl ich doch gar keinen Kaffee trinke, weil ich anders bin. Es ist alles nur, weil ich anders bin. Ich will so sein, wie alle Anderen auch! Können Sie mich so machen wie die Anderen, damit ich auch zur Sternenflotte darf?“

„Jules, so einfach ist das nicht, ich kann dich nicht ändern.“

„Jedenfalls nicht mit legalen Mitteln, die der Föderationsethik entsprechen“, fügte sie im Geiste hinzu.

„Ich kann die Welt auch nicht perfekt machen. In einer perfekten Welt bekämen wir alle das, was wir uns wünschten. Ich kann dir nur helfen, das Beste aus dir zu machen, was möglich ist, damit du deine Ziele verfolgen kannst. Nicht jeder Mensch arbeitet für die Sternenflotte an Bord von Raumschiffen, es gibt unzählige Beruf auf diesem Planeten, die Nichts mit Forschung oder Raumfahrt zu tun haben.“ Und von diesen Berufen waren auch nur einige Wenige mit Jules‘ begrenzten Fähigkeiten vereinbar.

„Sie sind gemein. Ich will zur Sternenflotte in ein Raumschiff! Dann wird alles perfekt sein. Alle werden mich mögen und ich werde sie vor den bösen Cardassianern retten. Jawohl, Sie werden schon noch sehen. Ich werde die Akademie abschließen.“

Professor Hikaru seufzte. Nahezu jeder Kadett war überdurchschnittlich begabt, jeder zehnte hochbegabt , fünf Prozent der Absolventen zählten zur Interstellaren Wissenschaftselite der Föderation, sie selbst eingeschlossen. Für den unterdurchschnittlich intelligenten Jules war dort kein Platz vorgesehen.

„Ich will zur Sternenflotte, dann wird alles perfekt sein …“,murmelte Julian schlaftrunken in sein Kissen. Er öffnete die Augen und sah sich desorientiert in seinem dunklen Quartier um. Für eine Augenblick glaubte er wirklich, immer noch Jules zu sein.
Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, dass er nur geträumt hatte. Erleichtert stellte er fest, dass er nach wie vor Lesen, Rechnen und Zeit präzise bestimmen konnte. Es war nur ein Alptraum gewesen.

Dies alles war glücklicherweise so nie geschehen. Er hatte die Akademie tatsächlich besucht und als Zweitbester seines Jahrgangs abgeschlossen, er war kein bedauernswerter Idiot, dank der fragwürdigen Entscheidung seiner Eltern vor vielen Jahren. Damals war Jules durch Julian, der so viel fähiger war, ersetzt worden. Jules konnte nur davon träumen, die Welt zu retten, was Julian jeden Tag aufs Neue versuchte, mit mehr oder weniger großem Erfolg.

Nach wie vor fühlte sich jeder seiner Erfolge für ihn falsch an oder besser; unverdient, er kam sich ständig wie ein Schwindler vor, der nur vorgab, etwas zu beherrschen, wozu er eigentlich nicht in der Lage sein dürfte. Strenggenommen müsste er das Leben von Jules führen. Er hatte sich seine Uniform oder das Leben auf Deep Space Nine nie verdient, wie es die anderen Offiziere getan hatten. Er stand mit ihnen nicht auf einer Stufe.

Außenstehende interpretierten sein Verhalten als falsche Bescheidenheit, doch er wollte nie für etwas gerühmt werden, das nicht er selbst, sondern seine genetische Verbesserung vollbracht hatte. Seine Eltern hatte ihn um die Chance gebracht, je etwas aus eigener Kraft zu bewirken und auf seine Leistungen stolz sein zu können.

Aber tief in seinem Inneren fragte er sich, ob es in Jules‘ Leben jemals etwas gegeben hätte, das Stolz rechtfertigen würde.

Doch der fortschreitende Krieg gegen das Dominion ließ ihn die Ereignisse in einem anderen Licht sehen. Er war nun mehr, als nur das Produkt fehlgeleiteten elterlichen Ehrgeizes. Die Lage war zu ernst, um sich wegen seines gekränkten nazistischen Stolzes zu grämen.

Professor Hikaru, die zu keiner Zeit Mitglied der Sternenflotte war, hatte ihm nie einen Rosengarten versprochen, doch sie hatte ihm eine Chance gegeben, etwas zu bewirken. Sie war es, die damals schließlich die illegale Prozedur vornahm, um dem kleinen Jules seinen größten Wunsch zu erfüllen: Wenn er groß ist, mit den Raumschiffen fliegen und die Welt retten zu können. Den Sternenflottenwissenschaftlern waren in dieser Hinsicht durch legale Beschränkungen bedauerlicherweise die Hände gebunden.

Doch leider war er immer noch anders als die Anderen, da hatte sie recht behalten, daran konnte sie wirklich nichts ändern. Aber vielleicht war das ja am Ende gar nicht so schlimm.

„Computer, Licht.“ Er schlug die Decke zurück und ging an sein Computerterminal. Auf der Erde sollte es früher Abend sein. Seine Mutter wäre also noch wach. Er gab die nötigen Daten ein und wartete, bis die Subraumverbindung hergestellt war.

Auf dem Bildschirm erschien das überraschte Gesicht seiner Mutter Amsha Bashir.

„Julian, ist etwas nicht in Ordnung? Du bist ja nicht einmal richtig angezogen? Man hört die Tage ja nur das Schrecklichste von den Frontlinien.“

Julian hob beschwichtigend die Hände und schüttelte den Kopf. „Deshalb rufe ich nicht an, es ist alles in Ordnung auf Deep Space Nine. Ich … ich wollte mich nur bei Dir … bei euch … bedanken, für das, was ihr für mich getan habt. Es war die richtige Entscheidung. Ich möchte, dass Ihr es wisst.“

Amsha strahlte über das ganze Gesicht. Ihre Augen glänzten feucht.„Heißt das, dass du uns verzeihst?“ Sie hatte sich diesen Moment herbeigesehnt, jedoch nie daran geglaubt, diese Worte aus seinem Munde zu hören.

Julian nickte. „Ihr habt nur das Beste für mich gewollt. Wie alle Eltern. Grüß Vater von mir.“ Die letzten Worte kamen ihm am schwersten über die Lippen.

„Das werde ich. Du wirst immer unser geliebter Sohn sein. Pass auf dich auf.“ Sie lächelte.

Er nickte und beendete die Verbindung. Der Alphaquadrant zählte nun auf Julian Bashir.

Ende

Wie ich bemerkt habe, ist für einige Leser Bashirs genetische Aufwertung ein sehr schwieriges Thema, dennoch soll sich jeder seine eigene Meinung bilden, was das Beste für Bashir wäre. Der Titel spielt auf das gleichnamige Buch an in dem eine an Schizophrenie erkrankte Frau lernen muss, die Realität zu akzeptieren, auch wenn dies den schmerzvollen Abschied von liebgewonnenen Illusionen bedeutet.
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