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Weihnachten in Abbeville

von Racussa

Weihnachten in Abbeville

„So ein famoser Irrtum! Und ich dachte, das könnte meinem Genie von Doktor nicht passieren!“, raunzte Garak, während er nervös auf den Chronometer schaute, während Julian heftig auf die Tasten der Shuttlesteuerung einklopfte.

„Wer konnte denn wissen, dass es zwei Abbevilles auf der Erde gibt?“

„Jemand, der französisch kann? Du bist doch ein Mensch!“

„Nörgle nicht, es gibt etwa viertausend Sprachen auf der Erde. Und französisch ist nicht die häufigste. Jedenfalls ist der Navigationsirrtum behoben. Wir werden unser Ziel in Abbeville, Louisiana in zwanzig Minuten erreicht haben.“ Julian lehnte sich entspannt zurück, während Garak nervös an den Kräuselbändern der Geschenke fummelte.

„Das ist fünf Minuten zu spät. Der Captain wird nicht erfreut sein. Ich bin ungern unpünktlich!“

Um den Redefluss zu unterbrechen, drückte Julian ihm einen sanften Kuss auf den Mund. „Wir gehen zu einem Weihnachtsbesuch, nicht zu einem offiziellen Treffen. Schon die Geschenke, die du vorbereitet hast in deiner liebevollen Art, sind eigentlich Zuviel. Wir wollen nur ein bisschen plaudern, einen Schluck Southern Comfort trinken und vielleicht ein Häppchen knabbern. Und das Gespräch mit einem der berühmtesten Ärzte der Sternenflotte suchen.“

„Mit Elchen und Aalen gebatikte Kurzarmhemden im iridianischen Schnitt sind eine durchaus angemessene Form des Gastgeschenks. Ich habe mehrere Modemagazine der Erde aus den Geburtsjahren unserer Gastgeber nach diesem Hinweis durchsucht. Und ich habe die Hemden selbst angefertigt. Selbst gebastelte Geschenke gehören meiner Information nach zu den üblichen Gaben, die am Weihetagsfest überreicht werden.“

„Es heißt Weihnachten, Elim.“

„Aber es ist doch Tag? Warum nennen die Menschen einen Tag ‚Nacht‘; das ist unlogisch.“

Julian zuckte ratlos mit den Schultern. Dann ließ er seinen Blick über den unter ihnen dahinsausenden Atlantik gleiten. „Ich finde es schön, dass wir diesen Tag zusammen verbringen. Ohne Dienst, ohne Patienten und Schneiderutensilien.“

Garak schnurrte einen reptilischen Wohlgefallenslaut. Dann blickte auch er auf den windgepeitschten Ozean unter ihnen.
„Die Durchschnittstemperatur in Abbeville beträgt im Dezember leider nur 18° Celsius. Das ist zwanzig Grad unter meiner Wohlfühltemperatur. Ich hoffe, unsere Gastgeber haben einen offenen Kamin oder etwas ähnlich Gemütliches, wo ich meine Bewegungsfähigkeiten erhalten kann.“

„Keine Sorge, wenn es zu kalt ist, wärme ich dich, mit einem Glas louisianischen Orangenpunsch. Der soll sehr bekömmlich sein. Außerdem sind unsere Gastgeber die entspanntesten Menschen, die ich kenne. Es ist wirklich wie ein kleines Familienzusammentreffen. Und der Captain hat gesagt, er freut sich einen so eifrigen Unterstützer im Dominion-Krieg endlich persönlich kennenzulernen.“

„Die entspanntesten Menschen? Na, da bin ich ja mal gespannt!“


Unterdessen in Abbeville, Louisiana…

Mit lautem Krachen fiel die Glasplatte zu Boden, wo sie in tausend Scherben zerbrach. Der auf ihr präsentierte Mayonaisesalat auf kleinen Eissalatschiffchen bedeckte nun den fast den gesamten Boden der Küche. Das Tablett, das die Glasschale vom Küchentisch geschoben hatte, bot allerdings einen noch traurigeren Eindruck: Der Rest einer Gans zeigte sich als dampfender Kohleklumpen.

„Ich bin Arzt, kein Koch! Jim, das ist eine Katastrophe!“

„Lass nur, ich hole den Saugroboter, der Boden glänzt im Nu wieder. Sei ganz ruhig, es kommen nur zwei Freunde, nicht meine Eltern!“

„Ich hätte doch einen Aal dämpfen sollen, statt mich mit einer Weihnachtsgans zum Gespött zu machen. Ist noch Zeit, etwas zu replizieren?“

Jim, der inzwischen den Saugroboter programmiert hatte, trank einen Schluck Whiskey und nickte zuversichtlich, während der Arzt sich Schweiß von der Stirn wischte und das traurige Häufchen Kohle auf dem Blech anschaute.

„Es ist erst…oh…es ist schon dreiviertel Zwölf? Naja, dann bleiben uns noch fünfzehn Minuten. Da unsere Vorspeise grade vom Roboter weggesaugt wird, wie wäre es mit Popcorn? Dazu könnten wir eine scharfe Sauce reichen und erklären, dass das hier im Sumpfland eine Weihnachtsdelikatesse ist.“

Leonard schüttelte den Kopf: „Das glaubt dir nicht einmal der Echsenspion. Und Bashirs Eltern stammen aus Pakistan, die kennen sich mit scharfen Gewürzen aus.“

„Ich korrigiere, nur seine Mutter Amsha kommt aus Pakistan, sein Vater Richard wurde in Fontainebleau geboren.“

„Noch schlimmer, Franzosen sind ja als Gourmets bekannt. Warum mischst du nicht einfach einen Begrüßungscocktail, während ich den Replikator programmiere. Ich werde Wiener Schnitzel mit Petersilerdäpfeln bestellen. Und eine Weihnachtspizza mit Artischocken und Schweizer Käse. Und für den Legaten eine Spezialität aus China: Ameisen auf dem Baum.“

Jim verzog entsetzt die Stirn. „Ameisen?“

Leonard lachte: „Nach dem Replikatorrezept sind das kleine Stückchen in Chiliöl gebratenen Faschiertes. Aber jetzt husch, mach den Cocktail, denn es sind nur mehr zehn Minuten: 3 Teile weißen Tequila, sechs Teile Grapefruitsaft und ein Teil Rosensirup. Und zum Dekor eine Limettenscheibe. Und vergiss nicht, reichlich Eis rein zu tun.“

Jim holte aus dem Kühlschrank die Zutaten, füllte sie in den Shaker und begann zu schütteln. „Die beiden haben es sicher nicht leicht.“, meinte er nachdenklich, während er die Flüssigkeiten miteinander schüttelte.

Leonard, der gerade mit einem Laserskalpell die Gänsekohle so zerkleinerte, dass sie in den Ausguss gespült werden konnte, schaute fragend herüber: „Was ist nicht leicht? Bashir ist ein augmentierter Arzt, mit mehr Begabungen als neunzig Prozent der Sternenflottenmedizin. Er kann fast jeden Posten haben, den er will. Soviel Glück hatte ich nie. Und bei Khan, ich traue normalerweise keinen Augmentierten. Und dieser Garal ist ein hochdekorierter Cardassianischer Politiker, vom Schneider zum Staatsmann ist doch eine tolle Kariere. Auch wenn ich immer noch glaube, dass er während des Krieges ein Doppelagent war.“

Der Rest der Gans wurde vom kochend heißen Wasser weggespült.

„Nicht leicht, eine Interspeziesbeziehung zu führen, wenn soviel Politik über dem Paar lastet. Da hatten wir beide es leichter, oder findest du nicht?“

Leonard schüttelte den Kopf: „Unter Spoks strengen Augen? Erinnerst du dich nicht, wie wir uns drei Jahre heimlich getroffen haben, damit er nicht kritisiert, dass du als mein Vorgesetzter keine Beziehung mit mir haben dürftest. Nichts kann so nervtötend sein, nicht mal eine Echse-Mensch-Beziehung.“

Jim füllte die Getränke in Gläser, als gerade die Türglocke läutete.

„Fünf Minuten zu spät, aber gerade recht für den Cocktail, herrlich winterlich eisgekühlt. Das wird den beiden gefallen. Und außerdem, gib zu, es hat dir Spaß gemacht, Spok hinters Licht zu führen!“

Leonard schüttelte den Kopf, programmierte den Replikator und begleitete Jim, der auf einem Tablett die vier Gläser trug, die sich aufgrund der Kälte der Getränke beschlugen, zur Haustüre. Er öffnete, setzte sein freundlichstes Lächeln auf und reichte Garak und Julian die Hand: „Frohe Weihnachten, Freunde, herzlich Willkommen auf McCoyManor, unserem bescheidenen Weihnachtshäuschen im herrlichen Louisiana!“

Jim lächelte Julian an und zwinkerte, während Garak das umständlich verpackte Paket an Leonard übergab. „Oh, edler Dr. McCoy, ich habe schon soviel über Sie gelesen. Sie lieben Naturfasern, weshalb ich Ihr Hemd obenauf gelegt und durch eine Schicht aus Seidenpapier von Captain Kirks Hemd getrennt habe. Seines enthält auch Polyplastilen und Tetrachlorfluorarsenid als Weichmacher, aber Ihres ist aus reiner Spinnenseide gewoben und von mir selbst verziert mit irdischen Weihetagsmotiven.“

„Weihnachtsmotiven, wollte Elim sagen!“, korrigierte Julian.

„Danke sehr.“, meinte Leonard mit rollenden Augen zu Jim, „Ich wollte immer schon mal SPINNENseide tragen. Bitte, kommen Sie doch herein und trinken etwas zur Erfrischung. Leider haben wir keinen Kanar, aber dieser herrliche Cocktail trägt den zum heutigen Anlass passenden Namen White Lizard!“

Während Jim jedem ein Glas reichte – wobei Garak aufgrund der Temperatur zusammenzuckte, aber gleich wieder ein freundliches Lächeln aufsetzte – führte Leonard die Gruppe durch die Eingangshalle in ein gemütliches Wohnzimmer, wo ein drei Meter hoher Christbaum aufgebaut war. Garak blieb der Mund offen vor Staunen: Neben bunten Kugeln aus Glas und feurig glitzernden Sternspritzern hatten Leonard und Jim auch Girlanden aus cardassianischem Wolllametta und kristallene Echsenfiguren auf dem Baum montiert. Am Fuß des Baumes stand eine große Stalllandschaft, mit einer Krippe, in der ein kleines Kind lag, flankiert von zwei Personen, die wie seine Eltern aussahen. Dahinter ein Ochs, ein Esel und ein Krokodil, etwas seitwärts Figuren von Hirten, aber auch ein Modell der Enterprise und eines Cardassianischen Kreuzers der Keldon-Klasse, die um einen Kometen kreisten, der über der Stalllandschaft schwebte.

„Das Krokodil war meine Idee, es gehört nicht zur normalen Krippenausstattung hier auf der Erde, aber ich wollte damit unseren Gast ehren.“, grinste Jim, der das Tablett weggelegt hatte und das Glas zum Toast erhob: „Auf das Bündnis zwischen Erde und Cardassia, auf das Fest der Liebe und auf den besten Arzt des Universums.“

Während er dabei Leonard zuzwinkerte, schnurrte Garak in Richtung Julian. Obwohl das Getränk kaum wärmer geworden war, hob Garak es und ergänzte: „Und auf Weihnachten, das uns hier zusammengebracht hat!“
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