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No one else can save me

von eyes_TP

No one else can save me

Miral Paris saß an diesem Morgen auf dem Bett ihrer Eltern und ließ kleine Spielzeugraumschiffe auf dem Bettlaken starten und landen. Ab und zu flog eines auf den Arm oder die Hand ihrer Mutter, meistens verbunden mit einer Bruchlandung.

B’Elanna Torres beobachtete ihre fast dreijährige Tochter. Die Halbklingonin lag auf der Seite und hatte die Bettdecke über ihren Oberkörper gezogen. Ihr Schlafoberteil hatte sie vor ungefähr einer Viertelstunde verloren, als Tom und sie die Gunst der Stunde für ein wenig Intimität nutzen wollten. Leider hatte sich ihre Tochter genau diesen Moment ausgesucht, um mit ihren kleinen tapsigen Schritten ins Schlafzimmer zu kommen. B’Elanna seufzte. Es war mal wieder Zeit für einen Abend zu zweit.

Sie schmiegte sich tiefer in Toms Umarmung. Er hatte sich dicht an ihren Rücken gekuschelt und B’Elanna konnte seinen Atem in ihrem Nacken spüren. Eine warme Hand hatte sich auf eine ihrer Brüste gelegt. Sein Daumen hatte vor ein paar Minuten aufgehört über ihre Brustwarze zu streichen und seine Erektion, die sich bereits verheißungsvoll gegen ihren Hintern gedrückt hatte, hatte sich zurückgezogen. Wahrscheinlich war er eingeschlafen

Ja, es war definitiv Zeit einen Abend zu zweit zu planen. Sie könnte Toms Schwester fragen, ob diese Miral über Nacht nehmen könnte. Ansonsten wäre der Doctor gerade wieder in der Stadt und würde sich bestimmt über einen Abend mit seiner Patentochter freuen…

 

Ein leises Piepen riss B’Elanna aus ihren Gedanken. Sie schob Toms Arm von ihrem Oberkörper und setzte sich auf. Tom murrte missbilligend.

„Kannst du bitte kurz nach Miral schauen?“, fragte B’Elanna. Sie schwang ihre Beine über die Bettkante und verließ das Schlafzimmer.

Zielstrebig öffnete die Halbklingonin im Wohnraum einen Schrank und holte, versteckt in einer Kiste, ein verschlüsseltes Kommunikationsgerät hervor. Eines, mit welchem man sich besser nicht in der Öffentlichkeit sehen lässt. Sie schaltete es ein und auf dem virtuellen Display erschien das erwartungsvolle Gesicht von Seven of Nine.

Die Ex-Borg hatte sich in den letzten Jahren verändert. Ihre Arroganz und Unnahbarkeit waren einem weicheren, aber dennoch entschlossenen, Gesichtsausdruck gewichen. Ihre Haare fielen in blonden Locken frei um ihr Gesicht und über ihre Schultern. B’Elanna musste zugeben, dass Seven noch mehr an Attraktivität gewonnen hatte, als es auf der Voyager bereits der Fall gewesen war. B’Elanna kannte die Ex-Borg gut genug, um sich von ihrer oberflächlichen Entschlossenheit nicht täuschen zu lassen, deshalb erkannte sie auch die Traurigkeit, die Seven seit einigen Monaten tief in ihrem Innern zu verstecken versuchte.

„Seven“ begrüßte B’Elanna das ehemalige Crewmitglied der Voyager und flüsterte dabei fast. Währenddessen zog sie sich weiter in den Wohnraum zurück, weg vom Schlafzimmer, in dem sich Tom und Miral befanden.

„B’Elanna“ Seven hob ihre rechte Augenbraue. Eine Angewohnheit der Verwunderung, die diese immer noch anwendete. „Ich wollte dich nicht bei irgendetwas stören.“

Kurz erwog B’Elanna eine übliche verneinende Floskel, als ihr klar wurde, dass Seven deshalb ihre Augenbraue wandern ließ, weil sie selbst ohne Oberteil vor dem Kommunikationsgerät saß. Sie änderte den Winkel, damit nur ihr Gesicht zu sehen war. „Nein, da kam dir jemand zuvor. Worum geht es?“ Wenn Seven auf ihrem verschlüsselten Kommunikator anrief, musste es etwas Wichtiges sein.

Zum Glück gehörte es immer noch zu Sevens Eigenschaften sich nicht mit unnötigen Floskeln aufzuhalten. Einen Wesenszug, den B’Elanna erst in den letzten Jahren zu schätzen gelernt hatte.

„Wir brauchen deine Hilfe. Die Fenris Ranger haben einige technische Komponenten zusammengetragen und möchten diese in eines unserer Schiffe integrieren.“

Die ehemalige Chefingenieurin der Voyager ahnte, dass dahinter eine nicht ganz legale Aktion stand. „Wo seid ihr?“

„Auf Freecloud.“

B’Elanna seufzte. Freecloud war kein Ort für Personen, welche einem geregelten Leben nachgingen. Zuweilen war es ein gefährlicher Ort, aber für Seven und ihre Mitstreiter genau der richtige Platz. Nahe an der Grenze der Sternenflotte, aber weit genug entfernt von ihren Gesetzen.

„Kann das nicht jemand anderes machen?“ Die Halbklingonin wusste die Antwort auf ihre Frage bereits. Seven hätte sie andernfalls nicht kontaktiert und um Hilfe gebeten.

„Unsere Ingenieure versuchen es seit sechs Monaten und langsam drängt die Zeit. Ich würde dich nicht kontaktieren, wenn ich jemanden anderen hätte.“

„Ich überlege es mir.“

„In Ordnung. Ich schicke dir die Daten für deinen Transport. Er geht übermorgen früh um 7:45 Uhr.“ Sevens Gesicht wurde auf dem Bildschirm größer. Sie sah B’Elanna mit einem durchdringenden Blick an. „Wir brauchen dich hier.“ Damit unterbrach die Ex-Borg die Verbindung und der virtuelle Bildschirm verschwand. Zurück blieb ein zehn Zentimeter großer Metallstab in B’Elannas Hand.

„Wirst du nach Freecloud fliegen?“

B’Elanna erschrak. Im Türrahmen stand Tom und hatte Miral auf dem Arm. Er sah zu seiner Frau, welche auf der anderen Seite des Wohnraumes vor dem Fenster stand.

Scheinbar hatte Tom ihr Gespräch mit angehört. Das machte er klar, als er Freecloud erwähnte.

„Ich weiß es nicht,“ sagte sie deshalb und durchschritt den Raum mit wenigen Schritten. „Wenn Seven mich um einen Gefallen bittet, muss es wichtig sein. Du kennst Seven.“

Tom nickte langsam. „Und genau das bereitet mir Sorgen. Freecloud? B’Elanna?! Du weißt, dass Seven sich derzeit an der Grenze der Legalität bewegt.“

„Tom, ich weiß. Aber sie braucht mich.“

„Wir brauchen dich auch.“ Mit diesen Worten hielt er ihr Miral entgegen, welche sofort ihre kleinen Arme öffnete und in die Richtung ihrer Mutter ausstreckte.

„Unfairer Wettbewerb“, schmunzelte sie und versuchte ihre Stimme lockerer klingen zu lassen, als ihr zumute war. Sie nahm ihre Tochter aus Toms Armen.

Tom war nicht zum Scherzen zumute. Freecloud war gefährlich und sicherlich kein Ort, an den er seine Frau, ohne ein mulmiges Gefühl gehen ließ. Aber er kannte B’Elanna. Ein unlösbares technisches Problem und sie war in ihrem Element. Seven wusste das auch und hatte genau die richtigen Knöpfe gedrückt. Tom ahnte, dass er verloren hatte. „Mir ist jedes Mittel recht, damit du bleibst, aber ich werde dich nicht davon abhalten können, oder?“

B’Elanna schüttelte langsam mit dem Kopf und blickte auf den Boden. Sie konnte ihm nicht erklären, warum es ihr so wichtig war Seven zu helfen. Sie konnte ihm nicht erklären, was sie Seven schuldete. „Ich werde bald zurück sein. Versprochen.“

 

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Weit bevor der Wecker oder Miral ihn aus dem Schlaf reißen würde, öffnete Tom seine Augen. Draußen dämmerte es bereits, denn im Sommer in San Francisco ging die Sonne sehr früh auf.

Im Dämmerlicht konnte er seine Frau neben sich erkennen. Sie war ebenfalls wach, lag auf dem Rücken und starrte an die Decke.

„Kommst du zurück?“ flüsterte er.

Die Frage war ihm einfach so an seinem Denken vorbei, aus dem Mund gefallen. Er wusste nicht, ob sie die Bedeutung dahinter begriff. Er wusste, dass sie zurückkommen würde, Miral war bei ihm, aber ein Teil von ihm hoffte, dass sie auch zu ihm zurückkommen würde, aus demselben Grund, warum er sie jetzt gehen ließ: aus Liebe.

B’Elanna sah ihn kurz schweigend an. Sie hatte das Gefühl hinter Toms Frage verbarg sich mehr, als sie ahnte und ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Das ungute Gefühl, dass er ein Geheimnis kannte, welches sie seit Jahren sicher hütete. Aber das konnte nicht sein. Niemals hätte Tom davon erfahren können. Sie versuchte sich zu entspannen. Dann rückte sie näher an ihn heran und legte ihren Kopf an seine Schulter.

Tom schlang beide Arme um ihren Körper und hielt seine Frau fest in seiner Umarmung.

 

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B’Elanna blickte in die Dunkelheit des Weltraums. Seit fast einem Jahr, war sie nicht mehr so weit von der Erde fort gewesen. Seit der Geburt ihrer Tochter, hatte sie ihre Familie nicht länger als einen Tag allein gelassen.

Aber sie konnte ihr Gefühl nicht verleugnen. Wenn Seven sie kontaktierte, dann musste es wichtig sein. Außerdem kannte die Ex-Borg sie gut genug, um zu wissen, dass sie sich nach einer Herausforderung sehnte. Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf. Seven wusste, wie sie zu manipulieren war.

Trotzdem hatte sich ein kleiner Knoten in ihrem Magen gebildet. Wie immer, wenn es um Seven ging. Sie hatte lange nicht mehr daran gedacht. Sie hatte es verdrängt. Ihre Zeit auf der Voyager. Sicherlich war das die einzige Möglichkeit weiterzumachen und ihr Leben zu leben, aber mit dieser einen Entscheidung hatte sich ihr Verhältnis zu Seven schlagartig geändert. Sie fühlte sich für die Ex-Borg verantwortlich und manchmal fühlte sie sich schuldig.

B’Elanna hatte Seven vor fast einem Jahr das letzte Mal gesehen. Plötzlich stand diese vor ihrer Tür in San Franzisco. Erst schien es ein rein freundschaftlicher Besuch zu sein, was B’Elanna nicht wirklich verwunderte. Seven und sie hatten in den letzten Jahren ihre ständigen Streitereien beigelegt und Seven hatte sogar eine Zeit lang an ihren Projekten mitgearbeitet. B’Elanna musste zugeben, dass die beiden ein unschlagbares Team waren.

Nachdem Seven ein paar Tage bei ihnen verbracht hatte und B’Elanna sich dem Gefühl nicht verwehren konnte, dass Seven irgendetwas bedrückte, nutzte sie einen ruhigen Moment, um ihre ehemalige Crewkollegin aus der Reserve zu locken. Es dauerte eine ganze Weile, bis Seven sich dazu durchrang B’Elanna den wahren Grund für ihren Besuch zu verraten: Ischeb war von einer Frau namens Bjayzl wegen seiner Borgimplantate gefangen genommen worden. Als Seven zu seiner Rettung eintraf, wurden bereits zu viele Implantate entfernt. Seven konnte Ischeb nicht mehr retten, sondern nur noch erlösen.  

Nach Sevens Erzählung saßen beide noch eine Weile zusammen. Sie trauerten um Ischeb und um das, was er hätte werden können.

Am nächsten Morgen war Seven verschwunden. Zurück ließ sie das verschlüsselte Kommunikationsgerät und ein Pad mit nur einem Wort: „Danke!“

 

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Raffaela Musiker stand ungeduldig, etwas abseits von den größeren Gruppen wartender Menschen, am Transporter Terminal.

„Und du bist dir wirklich sicher, dass sie uns helfen kann?“ Raffi blickte Seven an und stellte diese Frage nicht zum ersten Mal, seitdem sie sich auf den Weg gemacht hatten. Seven hatte Raffi erst heute Morgen von ihren Plänen und der Besucherin berichtet und Raffi hasste es Personen zu treffen, die vorher nicht durch ihr engmaschiges Überprüfungsnetzwerk gelaufen waren. Wenn Raffi mehr wusste als ihr Gegenüber, dann war sie im Vorteil und fühlte sich sicher und überlegen.

Genau aus diesem Grund, hatte Seven es Raffi vorher nicht erzählt. B’Elanna Torres hasste solche Eingriffe in ihre Privatsphäre und eine missgelaunte Halbklingonin war nicht das, was Seven und ihre Leute brauchten.

„Ich bin mir sicher, wenn sie uns nicht helfen kann, dann wird die Mission scheitern und wir arbeiten jetzt seit einem halben Jahr erfolglos daran.“ Seven sah Raffi durchdringend an. „Es wäre von Vorteil gewesen, nüchtern einen guten ersten Eindruck zu machen.“

Raffis Pupillen waren etwas größer als im normalen Zustand. Sie verlagerte ihr Gewicht unruhig von einem Bein aufs andere. „Es war nur Einer, um die Nerven zu beruhigen.“

„Aha“, sagte Seven und konnte den Sarkasmus in ihrer Stimme nicht verbergen. Das mit dem Alkohol war Raffis Sache, aber sie hätte sich gewünscht, dass Raffi wenigstens dieses Mal ohne auskommen würde.

„Warum sollte sie hierherkommen?“, versuchte Raffi das vorherige Thema wieder aufzunehmen.

„Weil sie einer Herausforderung nur schwer wiederstehen kann.“

„Woher kennst du sie nochmal?“ Raffi versuchte argwöhnisch noch einige Informationen zu erhaschen.

„Wir waren zusammen auf der Voyager. Sie war die Chefingenieurin an Bord. Wir waren … Freunde.“ Seven zögerte bei der richtigen Bezeichnung ihrer Beziehung. Raffi runzelte misstrauisch die Stirn, doch bevor sie weiter fragen konnte, lief Seven zielstrebig durch die Menschenmenge davon. Raffi folgte ihr.

 

B’Elanna war überrascht, wie einfach es für sie gewesen war nach Freecloud zu kommen. Sicherlich hätte es einen direkteren Weg gegeben, aber Seven hatte darauf geachtete, dass B’Elanna unter dem Radar blieb und ihre Identität an keinem der Knotenpunkte preisgeben musste. Nun stand sie in einem der offiziellen Ankunftsterminals und versuchte wenig wartend auszusehen.

„B‘Elanna!“ Seven hatte die Halbklingonin entdeckt und trat nun an sie heran.

Vor B’Elanna stand die ehemalige Borg. Nur ihr Occularimplantat über dem Auge verriet noch ihre Vergangenheit. Alle anderen Implantate waren durch ihre offenen lockigen Haare verdeckt. Sevens Kleidung war legerer und umschmeichelte die Figur der blonden Frau. Sevens eigener Stil gefiel B’Elanna besser als der Einteiler, welchen der Doctor für Seven auf der Voyager ausgesucht hatte.

„Seven.“ Auch B’Elanna hatte sich verändert. Sie trug eine braune, enge Leggings mit kniehohen braunen Stiefeln. Unter ihrer kurzen Lederjacke leuchtete ein dunkelrotes Oberteil hervor. Fast so, wie Seven sie von Bildern aus ihrer Maquisvergangenheit kannte. Beide Frauen standen sich eine Weile gegenüber. Unsicher, wie eine passende Begrüßung aussehen sollte.

„Das ist ja eine herzliche Begrüßung“, nörgelte Raffi und konnte ihren ursprünglichen Unmut, zugunsten eines guten ersten Eindrucks, nicht ablegen.

B’Elannas Aufmerksamkeit richtete sich nun auf die Frau hinter Seven, mit der dunkleren Haut und den aufgebauschten Locken auf ihrem Kopf.

„B’Elanna Torres, Raffi Musiker.“ Seven deutete von einer ihrer Freundinnen zur anderen und beide Frauen nickten sich zu.

„Na dann mal los,“ knurrte Raffi, als sich weiterhin keiner rührte und ging zielstrebig durch die Menschenmenge davon. B’Elanna und Seven blickten sich kurz an und folgten ihr aus dem Terminal.

 

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B’Elanna stand in einer großen Halle und beobachtete das Raumschiff und die geschäftig wirkenden Ingenieure. Seven hatte ihr das Problem geschildert und ihre bisherigen Fortschritte vorgestellt. Die ehemalige Chefingenieurin wusste immer noch nicht, ob sie beeindruckt oder alarmiert sein sollte. Das, was hier vor ihr stand, war ein Sammelsurium der besten Technik des Quadranten, aber definitiv nicht für die Hände bestimmt, in denen sie sich derzeit befand.

„Einen cardassianischen Kampfgleiter, noch in Entwicklung befindliche Disruptoren der Sternenflotte und eine romulanische Tarnvorrichtung der neuesten Generation... Möchte ich wissen, wo ihr das alles herhabt?“

Seven und Raffi sahen sich an.

„Ist wahrscheinlich besser, wenn ich es nicht weiß,“ murmelte B‘Elanna. „Also, kurz zusammengefasst: Ihr wollt all diese Komponenten, die ihr zusammengesammelt habt, auf diesem Schiff in Gang bringen.“ Die Halbklingonin blickte zwischen beiden Frauen hin und her.

Seven nickte.

„Ihr wisst schon, dass diese nicht miteinander kompatibel sind?“ B‘Elanna musste diese Frage stellen auch, wenn sie die Antwort bereits kannte.

Als Raffi zu einer Antwort ansetzen wollte, hob B’Elanna die Hand. „Schon gut, war eine rein rhetorische Frage.“ Sie seufzte tief. „Ich kann nichts versprechen.“ Damit drehte sich die ehemalige Chefingenieurin um und ging mit schnellen, zielstrebigen Schritten zum Schiff. Eine wohlige Aufregung durchfuhr sie. So hatte sie sich seit ihrer Zeit auf der Voyager nicht mehr gefühlt und wenn sie es sich selbst gegenüber zugab, hatte sie das tatsächlich ein wenig vermisst.

„Je aussichtsloser, desto besser“, murmelte Seven Raffi zu und deutete mit einem Kopfnicken zu der sich entfernenden Halbklingonin.

 

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Seven suchte im Maschinenraum des cardassanischen Kampfgleiters nach der Halbklingonin und fand diese tief unter einer Konsole. B’Elanna gab gerade Anweisungen an zwei verzweifelt wirkende Ingenieure.

„Ich brauche einen romulanischen Energetikleiter“, fluchte B’Elanna und beide Männer blickten auf den Berg an Werkzeugen, ohne das Richtige darunter finden zu können.

Seven bedeutete beide mit einer Handbewegung aus dem Raum. Die Erleichterung der beiden, ihren Posten bei der Halbklingonin verlassen zu dürfen, war deutlich spürbar. Während Seven unter den Werkzeugen den Energetikleiter fand, erinnerte sie sich schmunzelnd an das Temperament der ehemaligen Chefingenieurin an Bord der Voyager.

„Du bist in deinem Element“, sagte Seven, während sie B’Elanna das Werkzeug in deren fordernde Hand drückte und damit in das einzige Körperteil, das unter der Konsole herausragte. Ein dumpfes Geräusch und ein klingonischer Fluch folgten.

Sich die Schulter reibend, kam B’Elanna hervor. „Ist das jetzt ein Kompliment?“, sie wartete eine Antwort nicht ab und deutete auf die Schale, die Seven in der Hand hielt und aus der es verdächtig gut roch. „Abendessen?“

„Oder Mitternachtssnack. Seit fast einer Woche hast du kaum gegessen oder geschlafen. Wenn ich dich in diesem Zustand zu deinem Ehemann zurückschicke, dann hetzt er mir noch die Sternenflotte auf den Hals.“

B’Elanna sah die Ex-Borg ehrlich überrascht an. „Sag bloß, du hast dich in Humor geübt.“

„Ich empfand es zunächst als unnötige menschliche Eigenschaft, aber Humor scheint die soziale Zusammenarbeit zwischen differenzierten Individuen zu optimieren“, sprach Seven in der Art und Weise, die ihr auf der Voyager so eigen und die B’Elanna so gehörig auf die Nerven gegangen war. Seven wusste ganz genau, was sie bei B’Elanna auslöste und schmunzelte über ihren eigenen Scherz. Sie hatte sich tatsächlich auch einige Anekdoten von Tom Paris angeeignet, aber das musste sie vor B’Elanna nicht zugeben. Die ehemalige Chefingenieurin schüttelte über Sevens erneuten Versuch eines Scherzes den Kopf und konnte sich ebenfalls ein leichtes Zucken ihrer Mundwinkel nicht verkneifen.

Seven setzte sich neben B‘Elanna und hielt ihr die Schale mit einigen Köstlichkeiten hin, die sie selbst gerne in den angrenzenden Restaurants genoss. „Ich bin beeindruckt. Du hast bereits die Tarnvorrichtung, die dispersiven Schilde und die Disruptoren installiert.“

B’Elanna nahm einen kleinen runden Ball aus der Schale, schnupperte dran und biss vorsichtig davon ab. „Es ist beeindruckend, was für Möglichkeiten sich hier auftun. Diese ganzen Werkzeuge und Komponenten.“ In ihren Augen glänzte es vor Begeisterung. „Aber ihr braucht unbedingt ein paar gute Ingenieure.“

„Ist das ein Angebot von dir?“

B’Elanna verschluckte sich fast an ihrem Bissen. So hatte sie das nicht gemeint. Aber sie musste zugeben, dass sie die Arbeit und die Herausforderung reizte. Sie hatte es einige Monate bei der Sternenflotte versucht, aber sie stellte schnell fest, dass sie zwar für den Dienst unter einem Captain wie Janeway gemacht war, aber nicht für den Dienst unter einem anderen Sternenflottencaptain mit starren Sternenflottenregeln.

„Wie bist du an die Fenris Ranger geraten?“ B’Elanna sah Seven von der Seite an. Einen Hauch von Erschöpfung umgab die Ex-Borg. Auf der Voyager hätte Seven solch eine Außenwirkung niemals zugelassen, aber hier wirkte sie menschlicher, nahbarer. Wiederholt fragte sich B’Elanna, was in den letzten Jahren vorgefallen war, dass Seven sich so verändert hatte.

„Wahrscheinlich so, wie du damals zum Marquis gekommen bist. Ich war allein und fühlte mich hier aufgenommen. Auch, wenn es bei der Sternenflotten nicht so gesehen wird, wir kämpfen hier für eine gute Sache.“

B’Elanna erinnerte sich an ihre Vergangenheit beim Marquis und ihre Überzeugung das Richtige zu tun. Ihr wurde wieder einmal bewusst, wie ähnlich sie und Seven sich doch waren. Sie war selbst überrascht, als sie feststellte, dass sie Seven in den letzten Monaten ein weinig vermisst hatte.

„Du weißt, du hättest auch zu Admiral Janeway kommen können… oder zu uns.“ Sie konnte nur schlecht ertragen, dass Seven nach ihrer Rückkehr keinen sicheren Platz für sich hatte finden können.

„Du weißt selbst, wie schwer es nach der Rückkehr für alle war, die nicht der Sternenflotte angehörten.“

B’Elanna erinnerte sich nur ungern. Trotz der überwiegenden Freude über die Rückkehr der Voyager in den Alphaquadranten gab es wenige, aber dafür sehr laute Stimmen, die eine sofortige Rehabilitation der ehemaligen Marquis ablehnten. Eine Inhaftierung für ihre Taten wurde kontrovers diskutiert. Admiral Janeway hatte sich für alle ihre Crewmitglieder eingesetzt und damit Schlimmeres verhindert, aber das Vertrauen der ehemaligen Marquis in die Sternenflotte war abermals erschüttert worden. Viele ihrer Marquiskameraden hatten der Erde den Rücken gekehrt und waren untergetaucht.

Auch Seven und Ischeb hatten es nicht leicht. Als ehemalige Borg lösten sie Ängste bei vielen Personen aus und Angst kann ein gewaltiger Feind sein, der in den Menschen das Schlimmste zu Vorschein bringt.

Ischeb hatte sich mit einer unglaublichen Stärke gegen die lauten Stimmen gestellt und war seinen Weg mit bewundernswerter Zielstrebigkeit gegangen. Er hatte die Aufnahme an die Sternenflottenakademie mit Bravour gemeistert und seine Ausbildung mit Auszeichnung abgeschlossen. Er war unter den besten Kadetten seines Jahrgangs.

„Tom und du, ihr hattet eure eigenen Sorgen und dazu noch Miral. Eine Zeit lang hat es geholfen Ischeb an der Sternenflottenakademie zu unterstützen.“ Sevens Stimme starb ab. Die Erinnerung an Ischebs Tod jagte einen stechenden Schmerz durch ihren Brustkorb. Er war das gewesen, was einer Familie am nächsten kam. Er war die Person, die sie unter allen Umständen und zu jeder Zeit beschützen wollte. Erst als er in ihren Armen lag und sie ihn nicht mehr retten konnte erkannte sie, was er für sie gewesen war: Ihr Sohn. Und durch ihre Schuld, durch ihre Blindheit, hatte er sein Leben verloren. Sie versuchte unter dem aufkeimenden und alles einnehmenden Schmerz das Atmen nicht zu vergessen.

B’Elanna legte Seven eine Hand auf ihren Arm. Es war die erste Berührung, seit ihrer Ankunft auf Freecloud. Eine Berührung, die zwischen dem balancierte was war und was sein sollte. „Ischeb war…“

Seven hob ihre Hand. Sie hatten Ischebs Tod bereits besprochen. Es gab nichts mehr hinzuzufügen.

„Als du nach Ischebs Tod bei uns warst... du warst am nächsten Morgen einfach verschwunden.“ B’Elanna sah, wie Seven versuchte Tränen wegzublinzeln.

Seven schluckte schwer. „Es hat geholfen drüber reden zu können. Wirklich. Es war danach… erträglicher.“

Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. Es war kein unangenehmes Schweigen. Jeder hing seinen Gedanken nach und sie genossen es, dabei nicht allein zu sein.

„Was ist damals zwischen dir und Chakotay geschehen?“ B’Elanna wusste, dass irgendetwas vorgefallen sein musste. Kurz vor ihrer Rückkehr hatte Chakotay glücklich gewirkt und als dann Seven und er nach ihrer Rückkehr auf die Erde zusammenzogen, kannte sie auch den Grund dafür. Es hatte nicht lange gehalten, denn einige Monate später führte er sein Leben ohne Seven weiter. Er hatte B’Elanna nie erzählt, was vorgefallen war.

„Es hat eine Weile geholfen, aber am Ende habe ich nur versucht mir etwas vorzumachen. Vor allem, um zu vergessen, was damals vorgefallen war. Es war leichter, als die Voyager zurück war und ich dich nicht mehr jeden Tag sah.“

B’Elanna zuckte zusammen. Sie bemerkte, worauf Seven anspielte und wie diese versucht hatte ihren Weg zu finden, um zu vergessen.

„Das tut mir leid.“ B’Elanna meinte nicht nur die Trennung von Chakotay, ihre Entschuldigung schloss auch ihre Schuld ein. Es hatte zwischen ihnen beiden alles verändert.

„Muss es nicht. Ich glaube er war irgendwie erleichtert. Er und Kathryn hatten ihre Geheimnisse. Als wir uns getrennt hatten, ist er sofort zu ihr geflogen.“

B’Elanna hob überrascht die Augenbraue. Aber eigentlich war sie nicht wirklich überrascht. Das irgendetwas zwischen dem Kommandoduo in den sieben Jahren im Deltaquadranten entstanden war, ahnte jeder auf der Voyager. Aber entweder hat sich seit der Rückkehr daraus nichts Ernsthaftes entwickelt oder die beiden hüten ihr Geheimnis weiterhin.

 

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Die Sonne schien warm und hell in ihr Gesicht. Mit geschlossen Augen hätte sie sich an einen schöneren Ort denken können, wenn die nicht immerwährenden lauten Geräusche wären. Dieser Planet hörte einfach nicht auf immer und überall mit grellen Farben, blendenden Lichtern und lautem Gekreische um Aufmerksamkeit für seine Waren und Services zu buhlen. Wie konnte man hier nur leben?

Langsam öffnete sie ihre Augen, um die beiden Personen ihr gegenüber zu betrachten, denen sie diese Frage stellen könnte, aber eigentlich war es ihr egal. In ein paar Wochen würde sie Freecloud wieder verlassen und in ihr Zuhause zurückkehren, indem ihre Tochter und Tom auf sie warteten. Sie wusste, dass Tom und Miral gut zurechtkamen und trotzdem vermisste sie beide schrecklich. Die Halbklingonin hatte sich zu einer ihrer wenigen Pausen überreden lassen. Sie saß vor der großen Lagerhalle, in der der Gleiter stand, auf einem Stück Schrott. Seven und Raffi hatten ihr gegenüber platzgenommen und teilten sich eine Bank.

B’Elanna beobachtete Raffi. Sie schien kaum einen Moment zur Ruhe zu kommen. Immer musste sie in Bewegung bleiben. Nun wippte sie mit ihren Füßen und schob gelegentlich Staub zu einem kleinen Haufen zusammen, nur um ihn Minuten später zu zertreten und erneut zu beginnen.

Seven hatte sich zurückgelehnt. Ihre Haare waren verrutscht und gaben ihr Ohrimplantat frei, etwas, was Seven seit ihrer Rückkehr versuchte zu verstecken, aber hier im Kreise ihrer Freunde schien sie sich sicher zu fühlen. Waren Raffi und Seven Freunde? B’Elanna hatte beide in den letzten Tagen beobachten können. Raffi hatte immer ein Auge auf Seven, stets bereit einzugreifen. Die Halbklingonin konnte noch nicht einschätzen, was der Grund dafür war. Wollte Raffi Seven beschützen oder von etwas fernhalten?

„Wo habt ihr euch kennengelernt?“ Es war keine leise Frage, so, wie es in solch einer entspannten Runde angemessen gewesen wäre, aber wer auf Freecloud leise war, wurde überhört.

Raffi warf sofort einen Blick zu Seven, ob aus Unsicherheit oder weil sie Sevens Reaktion prüfen wollte, konnte B’Elanna nicht sagen. Aber es schien zunächst als würde Seven sie wirklich überhört haben. Erst Sekunden später richtete sie sich auf und erwiderte Raffis Blick.

„Wir sind auf Jean Luc Picard gestoßen.“ Seven sagte das, als würde dieser Name in der Welt der Sternenflotte nichts weiter bedeuten. Aber B’Elanna wusste sehr wohl, wer Jean-Luc Picard war und hob verwundert eine Augenbraue. Keiner verließ die Sternenflottenakademie, ohne von den legendären Geschichten der USS Enterprise und ihrer Crew um ihren Captain Jean-Luc Picard zu hören.

„Danach sind Raffi und ich hier gelandet.“ Seven führte ihr „hier gelandet“ nicht weiter aus. Raffi fragte sich, ob Seven nicht bewusst war, warum Raffi hier mit ihr auf Freecloud verweilte. Sie hatten etwas begonnen, etwas Zartes. Raffi hatte gedacht, gehofft, dass es vielleicht etwas werden könnte, etwas Beständiges. Eine Person in ihrem Leben, mit der sie zusammen sein konnte.

Raffi blickte auf Sevens Hand, die sie am Ende ihres Abenteuers mit Picard gehalten hatte. Sie hatte die zarte Haut gestreichelt und erste Küsse auf Sevens Lippen gehaucht. Aber irgendwie waren sie an diesem Punkt hängen geblieben.

B’Elanna bemerkte Raffis Blick. Die Halbklingonin war noch nie emphatisch gewesen, aber der Umgang mit Miral hatte sie offener gemacht, verständiger. Überrascht musterte sie die durch ihre Frage entstandene Reaktion von Raffi. Sevens Freundin empfand etwas für Seven und irgendetwas war zwischen ihnen gewesen, aber jetzt war es scheinbar nicht mehr da. Was war passiert?

 

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Raffi Musiker war beeindruckt. Das würde sie natürlich nicht zugeben, jedenfalls Seven gegenüber nicht. Die ehemalige Chefingenieurin hatte innerhalb von drei Wochen mehr Komponenten ins Schiff integriert und zum Laufen gebracht als die Ingenieure der Fenris Ranger in sechs Monaten.

Trotzdem konnte sie nicht aus ihrer Haut und hatte B’Elanna Torres durch ihr Suchprogramm laufen lassen … und sie war beeindruckt. B’Elanna Torres in ihre Kontakteliste mitaufnehmen zu können, würde ihr bestimmt bei dem ein oder anderen Auftrag eine Menge Provision einbringen. Also beschloss sie sich mit der Halbklingonin gut zu stellen.

Sie hatte B’Elanna, unter dem Vorwand gemeinsam mit Seven verabredet zu sein, in eines der angrenzenden Restaurants gelockt und hatte vor so zu tun, als würde Seven unerwarteterweise nicht kommen.

„Seven verspätet sich sonst selten,“ versuchte Raffi die Abwesenheit der Ex-Borg zu entschuldigen.

„Seven wird nicht kommen. Sie ist vorhin zu einem Treffen abgeflogen und wird erst in zwei Tagen wieder auf Freecloud landen.“ Seven hatte B’Elanna über ihre Abwesenheit informiert, trotzdem hatte B’Elanna Raffis Einladung angenommen. Sie fragte sich, was so wichtig sein mochte, dass Raffi auf diese Irreführung zurückgriff.

Raffi versuchte ihre Überraschung zu überspielen und blickte ein wenig beschämt über ihr Auffliegen, auf die Maserung des Tisches zwischen ihnen.

„Was möchtest du mit mir allein besprechen?“ B’Elanna bemerkte die leichte Verunsicherung und stellte fest, dass Raffi scheinbar getrunken hatte. Sie hatte Sevens Freundin bereits einige Male beobachtet, wie diese versuchte heimlich ein paar Schlucke aus einer kleinen undurchsichtigen flachen Flasche zu trinken. Leider war es nicht so heimlich, wie Raffi es sich erhoffte. Scheinbar wussten viele bei der Ingenieurscrew ganz genau, was sich in der Flasche befand.

Wenn Raffi jetzt mit ihrem Vorhaben anfing, würde sie scheitern. Also wand sie sich noch ein wenig und überlegte angestrengt, mit welchem Thema sie ein unverfängliches Gespräch beginnen konnte. Unruhig fingerte sie an einer Kette, die um ihren Hals hing und lang genug war, dass der Anhänger fast auf der Tischplatte lag.

B’Elanna lehnte sich über den Tisch, Raffi entgegen. „Ich werde sie dir nicht wegnehmen.“

 „Was?“ Raffi sah erstaunt auf.

„Es ist doch offensichtlich.“

Als Raffi nicht antwortete, setzte die Halbklingonin nach. „Sag es ihr.“

Raffi erwog kurz, alles abzustreiten, aber wem machte sie etwas vor? Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Seven wurde in ihrem Leben bereits genug verletzt. Sie braucht nicht auch noch jemanden, der sein eigenes Leben nicht im Griff hat.“

„Dann ändere etwas daran. Ihr seid beide unabhängig und ohne jemanden, auf den ihr Rücksicht nehmen müsst. Das mit dem Alkohol solltest du allerdings in den Griff bekommen.“

Raffi stockte. B’Elanna hatte es bemerkt. War sie schon so weit, dass sie es nicht mehr verheimlichen konnte? Aber sie hatte es im Griff. Ab morgen würde sie es ohne Alkohol schaffen. Wenigstens bis zum Abend… oder bis zum Nachmittag….

Die Kellnerin riss sie aus ihren Gedanken. Sie nahm die Bestellung der beiden Frauen auf und entfernte sich dann wieder.

Raffi lehnte sich über den Tisch, so wie die Halbklingonin es zuvorgetan hatte. „Was ist zwischen euch vorgefallen?“

„Das Leben“, antwortete B’Elanna knapp. Damit furchte sie ihre klingonische Stirn, verschränkte ihre Arme vor der Brust und machte damit deutlich, dass dieses Thema beendet war.

 

 

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Als Seven die Basis betrat spürte sie sofort, dass etwas anders war. Die Leute drehten sich mit gesenkten Köpfen weg und schienen ihr unsicher aus dem Weg zu gehen.

Seven war erleichtert, als sie Raffi erblickte. „Welches Gerücht über meine Borgvergangenheit ist derzeit bei den Rangern im Gespräch?“ Die Ex-Borg war es gewohnt, dass man ihr aufgrund ihrer Vergangenheit mit einer gewissen Unsicherheit gegenübertrat. Oft sogar mit Angst. Sie konnte den Leuten die Furcht vor den Borg nicht verübeln, dennoch empfand sie es als unangebracht, war sie doch seit sechs Jahren kein Mitglied des Kollektivs mehr.

Aber Raffi schüttelte angesichts ihrer Vermutung den Kopf. „Es geht um deine Freundin. Sie hat alle aus dem Maschinenraum geworfen. Sie meint, alle würden ihr im Weg stehen. Angeblich hat sie auch einen der Ingenieure bedroht.“

Seven neigte den Kopf. Das hörte sich definitiv nach der Halbklingonin an. Wobei bedrohen bei ihr ein relativer Begriff war. Was andere als Bedrohung auffassten, war der normale Umgangston einer mürrischen Halbklingonin, dennoch sollten die Leute B‘Elanna unterstützen und vielleicht noch etwas von ihrem technischen Wissen lernen. Eigentlich, dachte Seven, dass B‘Elanna über diese Art von Verhaltensweisen hinweg war. „Ich werde mit ihr reden.“ Seven hob ihre Tasche fester über die Schulter. „Aber vorher werde ich noch kurz duschen und etwas Frisches anziehen. Die Reterianer hatten Gubris an Bord. Unglaublich, dass sie diese stinkenden, schleimigen Riesenwürmer durch ihre Nasen in ihren Magen saugen.“

 

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„B‘Elanna?“ Seven betrat den Maschinenraum des kleinen Schiffes und bemerkte das Chaos sofort. Überall lagen Werkzeuge und Komponenten herum. Eine Unordnung, die untypisch für die sonst so akkurate Halbklingonin war. B‘Elanna blieb der Ex-Borg eine Antwort schuldig. Seven entdeckte sie hinter der Antriebseinheit, wo sie lautstark hantierte.

„Sie waren zu laut. Ich konnte nicht mehr denken.“ Missmutig und dumpf kam dieser Satz hinter der Antriebseinheit hervor.

„Was meinst du?“ Seven trat näher an die arbeitende Halbklingonin heran und lehnte sich neben einer Konsole an die Wand.

„Du bist doch hier, weil sich deine Kollegen beschwert haben.“ B’Elanna kroch hinter ihrem Arbeitsplatz hervor und sah die Ex-Borg mit einem ungeduldigen Blick an. Sie war offensichtlich missgelaunt. Eine Eigenschaft, die Seven von der Zeit auf der Voyager nur zu gut kannte. Allerdings schien B’Elanna diese Verhaltensweise in den letzten Jahren immer mehr abgelegt zu haben.

„Ja schon, aber…“

„Nichts aber! Sie waren unfähig, standen im Weg rum und haben sich permanent über andere Dinge unterhalten.“

Seven seufzte. Ihr war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, wie sehr B’Elanna sich in den letzten Jahren verändert hatte und wie sehr Seven die entspanntere Version der Halbklingonin mochte.

B’Elanna hatte nach der Rückkehr der Voyager in den Alphaquadranten eine Karriere bei der Sternenflotte abgelehnt. Trotz ihrer Brillanz hatten die starren Strukturen der Sternenflotte die ehemalige Chefingenieurin zu sehr eingeschränkt und sie entschied sich als freier technischer Berater ihre Tätigkeitsfelder und Mitarbeiter selbst auszusuchen. Seven hatte sie bei einigen ihrer Projekte unterstützt, denn in dieser freien Arbeitsweise konnte Seven mit der Halbklingonin tatsächlich eine erfolgreiche Arbeitsebene schaffen. Sie arbeiteten sehr gut im Team zusammen und Seven genoss die Abende, die sie zusammen verbrachten und über technische Probleme grübelten.

Außerdem schien sich die Mauer, welche beide nach dem Vorfall um sich herum aufgebaut hatten, nach und nach abzubauen. Ihr gegenseitiger Respekt wurde ein wichtiger Bestandteil ihrer beruflichen Zusammenarbeit und privat wurde aus einer zaghaften Freundschaft, nach und nach tieferes Vertrauen.

Deshalb war die Halbklingonin auch ihre erste Anlaufstelle gewesen, als Ischeb starb. Seven schüttelte die unwillkommene Erinnerung an den aufstrebenden, talentierten jungen Mann ab. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie die Halbklingonin erst wahrnahm, als diese direkt vor ihr stand. Sie war so nah, dass Seven die Wärme auf der Haut der Halbklingonin spüren konnte. Plötzlich presste B’Elanna Seven gegen die Wand. Ihre Hände hielten Sevens zu beiden Seiten ihres Kopfes gegen die Schotts gedrückt. Seven konnte sich kaum bewegen.

„B’Elanna!“ Seven hätte gerne hart und abweisend geklungen, aber die Wirkung des heißen Körpers der Halbklingonin an ihrem überraschte sie. Nach so langer Zeit schien ihr Körper auf B’Elannas zu reagieren, genauso wie damals.

Damals, als sich ihre Körper schon einmal aneinandergepresst hatten.

Damals als sie eine Grenze überschritten hatten.

Damals als sie lernte, was körperliche Befriedigung sein kann.

Damals, als sie sich verliebt hatte.

…und damals, als sie die bitterste Enttäuschung ihres Lebens bewältigen musste.

 

Seven spürte B’Elannas Knie zwischen ihren Beinen und zog scharf Luft ein. Ihre Wangen begannen verräterisch zu glühen und in ihrem ganzen Körper stieg Hitze der Erregung auf. Was zum Teufel war hier los?

Seven schluckte, versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie war hin und her gerissen zwischen nachgeben und abweisen, aber eine kleine Stimme in ihrem Inneren flüsterte ihr Warnungen zu.

Hatte B’Elanna erwähnt, dass es in ihrer Ehe Probleme gab? Mittlerweile wusste Seven, dass es in jeder Beziehung Schwierigkeiten gab und vor allem in der von B’Elanna und Tom. Aber B’Elanna würde das nicht ausnutzen. Nicht so.

„B’Elanna, nein!“ Dieses Mal schaffte sie es, ihre Stimme härter klingen zu lassen. Abweisend.

Die Halbklingonin ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie drückte sich noch näher an die Ex-Borg heran. Schnupperte an Sevens Hals und nahm mit ihren klingonischen Rezeptoren ihren Geruch auf.

„Dein Körper spricht eine andere Sprache.“ B’Elanna hatte die Reaktion von Sevens Körper wahrgenommen. Seven spürte B’Elannas Stimme an ihrem Hals vibrieren und fühlte kleine Stromstöße ihre Wirbelsäule hinabwandern. Ihr Körper wollte nichts lieber, als der Halbklingonin nachgeben. Aber die flüsternde Stimme hatte die besseren Argumente.

Damals war B’Elanna nur mit Tom zusammen. Jetzt war sie mit ihm verheiratet und sie hatten Miral. Seven würde nichts tun, um diese Familie zu gefährden.

Seven holte tief Luft. Blendete die erregte Halbklingonin und die damit verbundenen Möglichkeiten aus und stieß B’Elanna mit aller Kraft von sich. „Ich ertrage das nicht noch einmal.“ Damit ließ sie die ehemalige Chefingenieurin stehen und verließ mit schnellen, unsicheren Schritten den Maschinenraum.

 

----- * ----- * -----

 

Sevens Herz hämmerte wild hinter ihrer Brust, als wollte es herausbrechen. Ihr Körper zitterte und ihre Beine fühlen sich wackelig an. Sie rannte fast zu ihrem Quartier. Was war gerade passiert? Hatte B’Elanna wirklich versucht sich ihr anzunähern? Was Seven überraschte, war ihre eigene Reaktion. Nach so vielen Jahren hatte B’Elanna es innerhalb von Sekunden geschafft Sevens Selbstkontrolle erneut ins Wanken zu bringen. Ihr Körper schien nach der Halbkingonin zu verlangen, als wäre es erst gestern gewesen, dass sie B’Elanna auf sich, ihre Hände an ihr und ihre Lippen auf ihren gespürt hatte.

Sie hielt ihren Kopf gesenkt. Keiner durfte sie so sehen. Dies war ein Teil ihrer Menschlichkeit, den sie bisher am wenigsten verstanden hatte: Tränen. Sie dachte immer Tränen wären ein Zeichen von Traurigkeit, aber sie wurde in den letzten Jahren eines Besseren belehrt. Wie schon nach dem Tod von Ischeb bahnten sich nun Tränen der Unsicherheit, Leere und der Wut in ihre Augen, bereit als kleine verräterische Zeugen ihrer Emotionen, über ihre Wangen zu fließen. Ihren Blick starr auf den Boden gerichtet, rannte sie ausgerechnet in Raffi hinein. Ihre Freundin zog Seven aus Reflex in ihre Arme.

Einen Moment standen sie einfach so da. Seven stocksteif an Raffi gelehnt, die Hände zu Fäusten geballt, beim Versuch ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Raffi, die ihre Arme um ihre Freundin geschlungen und irritiert ihren Blick auf Seven gerichtet hatte. „Was ist passiert?“

Seven schüttelte an Raffis Schulter den Kopf. Sie genoss für einen Moment die Sicherheit und Zuneigung, die ihr diese Umarmung brachte, dann löste sie sich von ihr und lief, den Blick weiterhin starr auf den Boden gerichtet, zu ihrem Quartier. Raffi blieb ratlos zurück.

 

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Etwas später lag B’Elanna im Bett des ihr zugewiesenen Quartiers. Ihr war heiß. Sie hatte die Umweltkontrollen geprüft aber es war alles wie an den Abenden zuvor. Sie hatte sogar mit einem mobilen Trikorder geprüft, ob die Messgeräte in ihrem Quartier die richtigen Werte anzeigten aber es war alles in Ordnung.

Bilder von ihrer Begegnung mit Seven erschienen vor ihrem inneren Auge und sie schüttelte den Kopf, um diese zu verscheuchen. Was war in sie gefahren? Sie war nicht überrascht, dass ihr Körper so auf Seven reagierte. Es war ein Überbleibsel ihrer damaligen Begegnung. Aber, dass sie sich nicht unter Kontrolle gehabt hatte, war eine andere Sache.

Wahrscheinlich hatte sie einfach zu viel gearbeitet und ihr Körper brauchte Ruhe. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Sie lag flach auf dem Rücken und hatte beide Hände auf ihren Bauch gelegt. Ihre Haut war heiß und begann an den Stellen zu schwitzen, wo ihre Hände ihren Bauch berührten. Sie spürte eine nervöse Unruhe und ihre Hände konnten nicht still liegen bleiben.

Unbewusst ließ ihre Hände tiefer gleiten. Als diese ihren Unterleib erreichten, spürte sie eine starke Erregung. Sie ließ ihre Hände unter den Stoff ihres Slips gleiten. Ihre Finger fühlten die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen. Sie musste diese Unruhe unbedingt befriedigen, sich Erlösung verschaffen.

 

Schweißgebadet wachte sie auf. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass kaum eine Stunde seit ihrem Versuch vergangen war, die Unruhe in ihr zu lösen.

Die Rastlosigkeit war geblieben und schien noch stärker geworden zu sein.

B‘Elanna spürte innerlich den tiefen Drang Tom zu kontaktieren. Sie griff nach dem Kommunikationsgerät neben ihrem Bett und öffnete das virtuelle Display. Tom war fast augenblicklich zu sehen. Erleichterung machte sich in ihr breit. Sie hatte das Gefühl, er würde ihr helfen können. Nur helfen wobei?

 

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Tom Paris klaubte einige Spielzeuge vom Boden und warf diese achtlos in die dafür vorgesehene Box. Er hatte Miral vor einer halben Stunde zum Mittagsschlaf hingelegt. Ein Ohr an der Tür zum Kinderzimmer seiner Tochter hatte im bestätigt, dass sie bereits eingeschlafen war.

Seine Gedanken glitten zu B’Elanna. Sie hatte sich vor zwei Tagen das letzte Mal gemeldet und sie kamen gut voran. Seine Frau hatte diese Begeisterung in ihrem Blick und Tom wusste, dass ihr Interesse für dieses Projekt unendlich war. Er wollte sie ungern von solchen Vorhaben abhalten, aber musste es unbedingt ein Planet außerhalb der Reichweite der Föderation sein? Freecloud hatte seine eigenen Regeln. Und die waren nicht weit entfernt von Auge um Auge und Zahn um Zahn.

 

Tom trat gerade auf eines von Mirals Kuscheltieren, welches dies mit einen hohen quickenden Ton kommentierte, als das Kommunikationsgerät, dass ihn unter einer verschlüsselten Leitung mit seiner Frau verband, leise piepte.

Zielgerichtet griff er in den Schrank unter die dortige Kiste und aktivierte den virtuellen Bildschirm.

„B’Elanna!“ Tom freute sich seine Ehefrau zu sehen und ein jungenhaftes Lächeln breitete sich über sein ganzes Gesicht aus.

„Tom.“ Eigentlich sollte sein Gesicht ebenfalls Freude in ihr auslösen. Aber da war mehr. Etwas Tiefes. Etwas Unbändiges. Nur ein Gedanke rauschte in ihrem Kopf.

Tom erkannte augenblicklich, dass etwas mit seiner Frau nicht stimmte. Schweiß hatte sich auf ihren klingonischen Wülsten gebildet und einige Strähnen klebten feucht daran. Ihre Augen schimmerten fast schwarz. Sorgenvoll runzelte er die Stirn.

Sie musste zu ihm. Sofort! „Ich komme nach Hause. Jetzt!“ Damit ließ sie einen völlig verdutzten Tom Paris vor einem leeren virtuellen Display zurück, dem klar wurde, dass hier irgendetwas nicht in Ordnung war.

Tom hielt den Kommunikator fest in der Hand und ließ sofort eine Verbindung zu Seven aufbauen.

Es dauert einen Moment, bis sich seine frühere Crewkollegin meldete. Sie sah in das sorgenvolle Gesicht des ehemaligen Piloten der Voyager und hob die ihr so eigene Augenbraue der Verwunderung.

„Was ist mit B’Elanna los?“, verlangte Tom ohne Begrüßung zu wissen.

Seven überlegte, ob Tom irgendetwas von B’Elannas Verhalten von vor ein paar Stunden wissen konnte. Hatte sie es ihm vielleicht gebeichtet? Aber sie entschied sich unwissend zu geben. „Was genau meinst du?“

„B‘Elanna hat mich gerade aus ihrem Quartier kontaktiert. Sie ist schweißgebadet und es scheint ihr nicht gut zu gehen. Sie wollte sofort nach Hause kommen.“ Tom konnte seine Sorge nur schwer verbergen, umso mehr, als ihm klar wurde, dass Seven ihm keine zufriedenstellende Erklärung über den Zustand seiner Frau geben konnte.

„Ich melde mich.“ Damit war Seven im selben Moment aus der Tür ihres Quartiers gestürmt, indem sie die Verbindung getrennt hatte. Sie rannte fast und erreichte in nur wenigen Sekunden die Unterkunft der Halbklingonin.

Erst verhielt sich B’Elanna ihr gegenüber ungewöhnlich, dann hatte Tom den Eindruck mit seiner Frau würde etwas nicht stimmen. Hatte sie sich von ihren Gefühlen für B’Elanna ablenken lassen und übersehen, dass etwas nicht in Ordnung war?

Das streitsüchtige Verhalten gegenüber den anderen Ingenieuren, der Annährungsversuch im Maschinenraum und nun Toms Eindruck. Sie hatte eindeutig etwas übersehen.

Seven hielt sich nicht damit auf, ihr Kommen anzukündigen und den Türmelder zu betätigen. Sie überbrückte die Zugangscodes und ließ den Computer die Tür öffnen.

Einen Blick in den Raum und Seven war klar, dass der Raum menschenleer war. B’Elannas Sachen schienen wild durcheinander im ganzen Quartier verteilt, aber von ihr selbst war nichts zu sehen.

Seven drehte sich um. Angestrengt überlegte sie. Tom hatte erwähnt, dass B’Elanna nach Hause fliegen wollte, aber warum sollte sie dann ihre Sachen im Quartier lassen? Es schien so, als sei sie überhastet geflohen.

„Seven!“ Raffis Ruf erklang vom Gemeinschaftsraum aus und bevor sie diesen erreichte, war ihr klar, dass Raffi B‘Elanna gefunden hatte. Sie hörte das wütende Knurren der Halbklingonin und ihren Ärger.

Seven betrat den Gemeinschaftsraum und ihr bot sich ein Bild der Verwüstung. Mehrere Möbel waren umgeworfen worden und etwas Geschirr lag zerbrochen auf dem Boden.

Raffi stand gleich neben dem Eingang, durch den Seven den Raum betrat. Sie wirkte nervös, unsicher, was zu tun war. Entschuldigend blickte sie Seven an.

„Es ist irgendwie außer Kontrolle geraten.“

Fünf Männer hocken vor dem Ausgang auf dem Boden. Dazwischen konnte man eine kleinere Gestalt ausmachen, die fast nackt auf dem Boden lag. Fünf Männer fixierten eine Halbklingonin auf dem Fußboden. „Sie ist einfach so durchgedreht,“ sagte einer der Männer entschuldigen.

Seven bewegen sich mit schnellen Schritten auf die Gruppe zu. „Runter von ihr.“

Die Männer sahen sich an. Unschlüssig, ob sie die Frau unter sich gehen lassen konnten.

„Sofort!“ Sevens Stimme war ungeduldig und ließ keinen Widerspruch zu.

Vorsichtig lösen sich die Männer von B‘Elanna und standen auf. Weiterhin in Habachtstellung, um sofort einzugreifen, wenn die Halbklingonin abermals außer Kontrolle geriet. Seven konnte erkennen, dass die B‘Elanna lediglich in Unterwäsche unter den Männern gelegen hatte. Ihre Sorge wuchs. Tom hatte recht. Irgendetwas stimmte nicht. Seven hockte sich neben B’Elanna und strich ihr mit der Hand beruhigend über den Rücken. Eine Geste, die sich nach der Begegnung im Maschinenraum unpassend anfühlte. „B‘Elanna?“

Die Halbklingonin öffnete träge die Augen. Ihr Blick spiegelte Panik wider und unendliche Verzweiflung. „Nein“, flüsterte sie. „Nein, nicht schon wieder.“

Ehe Seven fragen konnte, was B‘Elanna meinte, schloss diese erschöpft die Augen.

Die Männer standen um sie herum. B’Elanna lag fast unbekleidet auf dem Fußboden. Sie brauchten eindeutig mehr Privatsphäre. „Raffi, hilf mir sie in ihr Quartier zu bringen.“

 

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Seven und Raffi hatten B’Elanna in die Privatsphäre ihres Quartiers gebracht und auf ihr Bett gelegt. Das ungewöhnliche Verhalten der Halbklingonin ging vorerst niemanden etwas an. B’Elanna kam wieder zu sich. Ihr Kopf schmerzte, ihre Glieder fühlten sich an wie Blei und einen kurzen Moment überlegte sie irritiert, wie sie hierherkam. Sie wollte zu Tom, erinnerte sie sich und spürte noch immer diese Unruhe und die unsichtbare Kraft, die sie unbändig zu ihrem Mann zog. Abrupt richtetet B’Elanna ich auf. „Ich muss zu Tom.“

Seven durchquerte das Quartier mit schnellen Schritten und legte B’Elanna die Hand auf den Arm. „B’Elanna, was…“ Doch die Halbklingonin war so schnell und geschmeidig aufgesprungen, dass Seven Mühe hatte ihren Bewegungen zu folgen. Sie hatte die Tür fast erreicht, aber Seven war ihr dicht auf den Fersen. Als B’Elanna das Quartier verlassen wollte, rannte sie beinahe in Raffi, welche das Quartier gerade betrat. Die Überraschung bei der Halbklingonin reichte aus, dass Seven sie einholte und beide Arme um sie schlang. „B’Elanna!“

Es schien, als würde die Halbklingonin alle Kraft verlieren. Sie sackte in Sevens Armen zusammen und ließ sich von der Ex-Borg zurück zu ihrem Bett führen. „Ich muss zu Tom.“

„Erstmal klären wir, was mit dir los ist.“ Raffi hielt Seven einen medizinischen Trikorder hin. Scheinbar war ihre Freundin bereits einen Schritt voraus. Seven ließ den Trikorder über den Körper der Halbklingonin kreisen und schluckte. „Es ist sieben Jahre her“, murmelte sie eher an sich gewandt und dann sagte sie lauter. „Ich fürchte wir haben ein Problem… Du durchlebst das Pon Farr.“

Verzweiflung breitete sich auf B’Elannas Gesicht aus. „Ich hoffte, es wäre eine einmalige Sache.“

„Keiner wusste, wie es sich auswirken würde,“ gab Seven zu bedenken und versuchte sich an die Missionsberichte von damals zu erinnern.

„Tom ist nicht hier.“ B’Elanna rollte sich in ihrem Bett zusammen, unfähig unter den Gefühlen des Pon Farrs noch klar zu denken.

 

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Tom blickte in Sevens Gesicht und ahnte, dass mit seiner Frau etwas nicht in Ordnung war. Und wenn er sich Sevens Gesicht noch genauer ansah, war etwas sogar ganz und gar nicht in Ordnung. „Was ist passiert?“

„Ich befürchte sie durchlebt das Pon Farr.“ Sevens Stimme klang selbst in ihren Ohren fahrig.

Tom schaute die Ex-Borg irritiert an. „Das Pon Farr? Aber wie? Habt ihr einen Vulkanier bei euch?“ Er konnte seine Gedanken kaum ordnen.

„Ihr Pon Farr durch Fähnrich Vorik ist 7 Jahre her. Ich gehe davon aus, dass es ihr Körper, wie bei den Vulkaniern, nach sieben Jahren wiederholt.“

„Wie weit ist es fortgeschritten?“ Tom erinnerte einen besorgten Tuvok vor sieben Jahren, der feststellte, dass das Pon Farr bei B’Elanna schneller voranschritt, als dass bei Vulkaniers der Fall zu sein schien.

Seven erinnerte sich ebenfalls, auch wenn sie damals noch kein Teil der Crew der Voyager gewesen war. „Wenn ich die Missionslogbücher von damals richtig interpretiere, entwickelt sich ihr Pon Farr sehr schnell und befindet sich bereits auf einem kritischen Niveau.“

„Seven, DU musst es tun. Wenn ihr Pon Farr nicht aufgelöst wird, dann wird sie sterben.“

Seven sah ihn an. Zum ersten Mal sah Tom die Ex-Borg hilflos und verzweifelt. „Ich kann es nicht tun. Komm bitte her.“

„Ich komme so schnell ich kann, aber du kennst die Missionslogbücher von damals. Ich werde nicht schnell genug bei euch sein, Seven. B’Elanna braucht dich.“

„Wie kommst du darauf, dass ich das Pon Farr auflösen kann? Dass B‘Elanna mich akzeptiert?“

Tom holte tief Luft. Was er jetzt zu sagen hatte, würde die Geschehnisse von damals unter dem dunklen Tuch der schützenden, vorgespielten Ahnungslosigkeit hervorholen. Was damals geschehen war, würde real werden. Vor allem für ihn. Sie würden wissen, dass er ihr Geheimnis kannte und er müsste sich mit den Auswirkungen auf seine Ehe auseinandersetzen. Er würde wissen, was er damals nicht wissen sollte. Es würde Wirklichkeit werden.

Noch hatte er die Möglichkeit, sich einzureden, dass er die Situation missverstanden hatte. Schließlich hatte er das Gespräch zufällig und damit auch heimlich belauscht. Vielleicht hatte er das Gesagte falsch interpretiert.

Aber viel wahrscheinlicher war es, dass sich seine Vermutung bestätigt. Das damals etwas vorgefallen war zwischen Seven und B’Elanna, was weit über normale Freundschaft hinaus ging. Konnte man ihr Verhältnis damals überhaupt als Freundschaft bezeichnen? Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie das ausgerechnet zwischen ihnen beiden hatte passieren können. Aber wenn er recht hatte, würde Seven B‘Elannas Chance sein. Sie würde das Pon Farr seiner Frau lösen können und damit ihr Leben retten können. Hoffentlich auch retten wollen.

Er entscheid sich. „Seven, ich weiß, was damals zwischen dir und B’Elanna vorgefallen ist. Deshalb wird sie dich akzeptieren und deshalb wirst du ihr Pon Farr lösen können.“ Er machte eine Pause, denn er wollte, dass seine Worte bei Seven etwas berührten.

Sevens Augen weiteten sich vor Überraschung. Er wusste davon? Wie konnte das sein? Hatte B’Elanna es ihm erzählt? Aber es spielte keine Rolle mehr. Seven hatte damals für sie beide entschieden. Sie hatte sich immer eingeredet, dass sie die Beziehung zwischen der Halbklingonin und Tom nicht gefährden wollte. Aber tief in ihrem Innern wusste sie, dass sie Angst gehabt hatte, dass B’Elanna sich tatsächlich in irgendeiner Form für sie entscheiden könnte, aber sie war damals noch nicht bereit, sie war noch zu sehr Borg.

„Bitte rette sie! Ohne sie kann ich das hier alles nicht. Seven du musst es tun! Aber bitte gib sie mir danach wieder zurück. Ich brauche sie, Miral braucht sie.“ Es war egoistisch, dies von Seven zu verlangen. Aber es ging um seine Frau, die Mutter seiner Tochter und um B‘Elannas Leben.

Tom wusste, dass er um etwas bat, das Seven emotional in Schwierigkeiten bringen würde. Er hatte damals miterlebt, wie sie versucht hatte, mit ihren Gefühlen zurecht zu kommen. Gefühle, welche die damals emotional unerfahrene Ex-Borg zum ersten Mal erlebte. Gefühle, die sie aufgrund der prekären Situation niemandem anvertrauen konnte. Er vermutete, dass sie gehofft hatte, Chakotay könnte ihr geben, was sie verloren hatte. Aber, auch wenn Chakotay sich ihm gegenüber nie dazu geäußert hatte, schien es zwischen den beiden nicht funktioniert zu haben.

Seven ließ ihre Schultern hängen. Ihr ganzer Körper verlor an Spannung. Sie sackte sichtlich in sich zusammen. „Ich weiß nicht, ob ich sie zweimal verlieren kann.“ Damit unterbrach sie die Verbindung.

Toms Gedanken drehten sich.
Er würde es nicht rechtzeitig schaffen.

Tom sprang auf und packte das Kommunikationsgerät in seine Tasche. Er musste seine Abreise organisieren. Er musste zu seiner Frau.

 

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„B’Elanna“

B’Elanna erreichte ihr Name tief in ihrem Unterbewusstsein. Ihr Körper so schwer. Ihr Kopf so träge. Ihr war heiß. „Tom?“

„Nein, Tom ist nicht hier. Er ist auf dem Weg, aber…“ Seven sprach nicht weiter. Was sollte sie auch sagen? Dass er nicht rechtzeitig kommen würde? War B’Elanna noch bewusst, worum es hier ging?

Langsam kamen B‘Elannas Erinnerungen zurück.

Sie war auf Freecloud. Allein. Dieses Gefühl. Sie konnte sich vage erinnern. Schon einmal…

…Pon Farr…

Eine ungeahnte Verzweiflung brach über ihr hinein, als sie begriff. Es war sieben Jahre her. Tom war auf der Erde. Das letzte Mal hatte es nur Stunden gedauert, bis Tuvok die Reißleine zog. Keine Chance für Tom sie auf Freecloud zu erreichen. „Nein!“, sie stöhnte und öffnete ihre Augen. Sie musste wissen, wo sie sich befand, was um sie herum geschah.

„Seven.“ B‘Elanna war erleichtert, als sie das Gesicht der Ex-Borg sah. Sie konnte sich nicht erinnern je so froh gewesen zu sein, dass typische Okularimplantat zu sehen. „Wenn Tom es nicht schafft…?“

Seven sah die Halbklingonin besorgt an. Sie strich mit ihrer Hand über das Gesicht der Halbklingonin, griff nach ihrem Kinn und zwang B‘Elanna sie anzusehen. Seven vergewisserte sich, dass B’Elanna verstand, was sie sagte. „Wir werden es schaffen.“

Irgendwie

 

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Ihre Entscheidung stand fest: Sie würde es tun. Tom hatte recht, sie musste B’Elanna helfen, denn er würde es nicht rechtzeitig schaffen und sie war B’Elannas einzige Chance. Sie brauchte nur noch ein paar Minuten…

Seven saß vor dem Quartier der Halbklingonin auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt und versuchte genügend Mut aufzubringen durch diese Tür zu gehen. Es war fünf Jahre her, aber sie würde es wieder überstehen. Das hoffte sie jedenfalls.

Wie aus dem Nichts erschien Raffi neben ihr und ließ sich neben der Ex-Borg auf den Boden sinken. „Du warst in sie verliebt.“ Raffi sah Seven von der Seite an und hielt ihr eine Flasche ihres besten Fusels hin.

Seven war nicht überrascht. Raffi konnte Menschen lesen, wie ein offenes Buch. Wahrscheinlich hatte Raffi genau dies zu einer exzellenten Menschenkennerin gemacht. Sie nickte, griff nach der Flasche, nahm einen großen Schluck und würgte die brennende Flüssigkeit herunter. Wie kam Raffi immer an solch ekelhaftes Zeug?

„Wir hatten eine Nacht zusammen.“ Seven seufzte. „Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich nicht gewusst, wie nah Glück und Schmerz beieinander liegen können.“ Sie machte eine Pause und nahm einen weiteren Schluck aus Raffis Flasche. Es war nur ein kleiner Schluck, aber sie verzog angeekelt das Gesicht. Einen Moment wartete Seven, bis sie weitersprach. „Damals, als Tom, mittlerweile B‘Elannas Ehemann, dreißig Tage im Arrest saß und ich nach einer Fehlfunktion meiner Implantate mit mir zu kämpfen hatte, da konnten wir uns etwas geben, was wir beide zu dieser Zeit gebraucht haben. Als Tom wieder auf der Bildfläche erschien, habe ich ihr die Entscheidung abgenommen. Ich dachte damals, was wäre das Richtige für uns beide. Wahrscheinlich war es das auch.“ Seven dachte an Miral.

„Aber irgendetwas lässt euch nicht los? Irgendetwas verbindet euch“, schlussfolgerte Raffi.

„Tom gibt ihr die Stabilität, die sie so dringend braucht, die auch ich brauche, die wir uns aber nicht geben können. Ich glaube zwei so instabile Persönlichkeiten, wie wir beide, das würde nicht gut gehen.“ Seven nahm noch einen Schluck und gab Raffi die Flasche zurück.

„Deshalb möchtest du ihr Pon Farr nicht auflösen. Du hast Angst, dass die Gefühle wiederkommen und du erneut verletzt wirst.“ Raffi legte ihr die Hand auf die Schulter und Seven konnte die Wärme durch ihren Pullover spüren. Aus einem unerfindlichen Grund tat das unglaublich gut.

„Ich werde danach für dich da sein“, sagte Raffi, nahm Seven die Flasche ab und verwob sacht ihre Finger mit denen Sevens. Einen Moment starrte Seven auf ihre Hand und Raffis Finger und bewegte ihre Finger leicht über Raffis bronzefarbene Haut. Sie hatte diese Finger schon einmal berührt und war für einen kurzen Moment unglaublich glücklich gewesen. Warum hatten Raffi und sie die Gelegenheit verstreichen lassen?

Seven schaute auf und blickte Raffi in die Augen. Sie hoffte, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit dazu haben würde, diese Frage zu klären, aber erst einmal brauchte B’Elanna dringend ihre Hilfe. Seven entwand ihre Finger, erhob sich und ging ohne ein weiteres Wort durch die Tür in B’Elannas Quartier.

“Ich werde dich auffangen.“ Raffi hatte geflüstert, aber Seven hatte diese Worte nicht mehr gehört.

 

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Seven betrat das abgedunkelte Quartier. Ihr Blick fiel auf das Bett, indem die Halbklingonin gelegen hatte, als Seven zuletzt nach ihr gesehen hatte. Doch B’Elanna lag nicht mehr auf dem Bett. Seven ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie war unsicher, was sie erwarten würde. Die Logbücher von damals kannte sie. Aber keiner der Anwesenden hatte sich detailliert über die Wirkung des Pon Farrs auf die Halbklingonin geäußert. Die Beschreibungen waren wage und bezogen sich hauptsächlich auf die Handlungen. Wahrscheinlich aus Respekt vor B’Elanna. Aber Seven hätte diese Informationen jetzt dringend gebraucht.

Das Einzige, auf das sie sich stützen konnte, waren Erlebnisse aus eben dieser einen Nacht, die sie und B’Elanna zusammen verbracht hatte. Sie konnte gar nicht mehr sagen, wer von ihnen beiden den letzten Schritt gegangen war und die Grenze zwischen ihnen als Crewkollegen ausgelöscht hatte. Diese Nacht hatte ihr theoretisches Wissen aus dem Kollektiv bedeutungslos werden lassen. Sie war durch viele Ebenen ihres Selbst gegangen. Einige hatte sie bereits gekannt und noch besser kennengelernt. Einige hatte sie neu entdeckt. Es war, als würde sie das erste Mal fühlen, wirklich fühlen. Nicht das, was sie bis dahin als fühlen angekommen hatte.

In dieser Nacht fand sie die Perfektion, die sie nach ihrer Trennung aus dem Borgkollektiv insgeheim weiterhin gesucht hatte. Ihr erster Orgasmus brandete mit einer Kraft durch ihren Körper, dass sie Angst hatte innerlich zu zerreißen und trotzdem wollte sie mit fast schmerzlichem Flehen an diesem Punkt kommen und ihn überschreiten. Und es war alles so einfach. B’Elanna hatte es ihr einfach gemacht. Die Führung durch B’Elanna und die klar sichtbaren Reaktionen der Halbklingon auf jede von Sevens Berührungen zeigten einen eindeutigen Weg, den Seven nur zur gerne gegangen war.

Sie erinnerte sich an das Gesicht der Halbklingonin kurz vor ihrem Orgasmus. Seven ließ ihre Finger zwischen deren Beinen auf und ab streifen. Sie spürte die Feuchtigkeit und wusste, dass ihre gemeinsamen Aktivitäten die Ursache dafür waren. Sie fühlte sich … stolz. Sie war der Grund dafür.

B’Elannas Körper antwortete mit einer Klarheit und Intensität, die Seven berührte, als würden B’Elannas Finger über ihren Körper streifen. Sie hätte nicht sagen können, welche der beiden Varianten ihr mehr Erregung gebracht hätte.

Sicherlich hatte Seven auch einige Wunden davongetragen. Dies war bei den Chefingenieurin mit klingonischen Genen zu erwarten. Diese Art des Schmerzes hätte sie zuvor abgelehnt. Doch mit B’Elanna schien ihr eigener Körper sie zu verraten und steigerte ihre Erregung weiter.

Egal mit wem sie danach intim war, es war nie wieder so bedingungslos und selbstverständlich wie mit der Halbklingonin. Auch mit Chakotay nicht. Sie konnte ihm keinen Vorwurf machen, er hatte sich wirklich alle Mühe gegeben und war ihr mit dem größten Respekt für sie als Person und ihrer Situation als junge unerfahrene Frau gegenübergetreten. Aber am Ende war es nicht das, was Seven brauchte, er war nicht B’Elanna.

Seven entdeckte die Halbklingonin in einer Ecke des Quartiers. Diese hatte sich zusammengerollt und schien das Eintreten der Ex-Borg nicht zur Kenntnis zu nehmen. Seven atmete noch einmal tief durch. Sie musste es tun. Für B’Elanna. Die blonde Frau erreichte B’Elanna in einigen langen Schritten und ließ sich neben der Halbklingonin nieder. Der Körper der Halbklingonin kämpfte unter dem Pon Farr und ein feiner Schweißfilm überzog ihre Haut.

Sie griff nach dem Arm der Halbklingonin um auf sich aufmerksam zu machen. Seven hatte Erfolg. B’Elanna sah der Ex-Borg in die Augen. Verzweifelte Sehnsucht spiegelte sich darin, die Augen ihrer Freundin so unglaublich dunkel.

„Wir beide werden das hier durchstehen. Zusammen!“ Damit griff sie mit beiden Händen die Arme der Halbklingonin, zog diese auf ihre Füße und dirigierte sie zum Bett.

B’Elanna versuchte halbherzig sich zu wehren. „Wir können nicht… nicht nochmal… es wird wieder weh tun…“ B’Elannas Gedanken waren wirr und schwer zu ordnen. Sie war hin und her gerissen zwischen einem kleinen Funken Vernunft, der ihr verbot, Seven auch nur in Erwägung zu ziehen und dem unbändigen Gefühl endlich diesem tiefen Drang nachgeben zu können.

Es war nicht so, dass B’Elanna die Ex Borg ablehnte. Aber sie hatte noch gut in Erinnerung, wie Seven und auch sie selbst, in den nachfolgenden Wochen gelitten hatten. Seven hattes es ihr damals einfach gemacht und sie konnte sich damals für Tom entscheiden. Sie hatte es keine Sekunde bereut und doch konnte sie die gegenseitige Anziehung, die ganz tief in ihr vergraben war, nicht leugnen: Ihre Gefühle für Seven of Nine.

Seven ignorierte B’Elannas Einwände und dirigierte die Halbklingonin auf das Bett. Sie wusste es würde eine raue Nacht werden, da war ein wenig Komfort in einem weichen Laken nicht zu verachten. Für sie beide.

„Seven, es wird nicht so sein wie damals. Ich werde nicht so sein,“ versuchte B’Elanna den Einfluss des Pon Farrs zu erklären. „Möchtest du das?“

„Über den Punkt, was ich möchte, sind wir hinaus, B’Elanna. Hier geht es um dein Leben.“

 

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Als Seven das erste Mal erwachte spürte sie die Halbklingonin an ihrem Rücken. B’Elannas Arme hatten sich über ihren Körper gelegt und wohlige Wärme durchflutete sie. Kurz fühlte Seven sich auf die Voyager zurückversetzt, in die Nacht von vor 5 Jahren, als sie und B’Elanna schon einmal solch einen intimen Moment geteilt hatten. Obwohl unbestreitbar eine tiefe Anziehungskraft zwischen ihnen herrschte, war sich Seven mit einem Mal sicher, dass sie aus dieser Situation stärker herausgehen würde, als das auf der Voyager der Fall gewesen war.

Seven stellte fest, dass sie sich verändert hatte. Sie hatte Erfahrungen gesammelt, hatte gelernt, was Liebe und Sex waren und, dass beides nicht immer zusammengehören musste.

Die Ex Borg wusste, dass B’Elanna immer einen festen Platz in ihrem Herzen haben würde, aber sie wusste auch, dass sie nun loslassen konnte. Es war wie bei einer schönen Kindheitserinnerung. Wenn man Jahre später am selben Platz stand und, dass selbe tat, löste es meist nicht dieselbe Freude aus, die man mit der Leichtigkeit eines Kindes empfunden hat. Man hatte sich verändert. Seven hatte sich verändert. Es würde unbestreitbar weh tun, aber ihr Leben würde weitergehen und sie hatte mehr Freunde denn je in ihrem Leben.

Trotzdem genoss sie die Umarmung der Halbklingonin und schloss erneut die Augen. Langsam dämmerte sie wieder weg.

 

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Als Seven erneut erwachte, saß die Halbklingonin neben ihr im Bett. Sie hatte ihren Rücken an die Wand gelehnt und schien Seven zu beobachten. „Wie geht es dir?“, fragte Seven und stützte ihren Kopf auf.

B’Elanna sah besser aus. Ihre Augen hatten im Halbdunkeln den ursprünglichen dunkelbraunen Farbton angenommen und sie schien wacher und fitter zu sein. Sie hatte geduscht und einen dunkelblauen Zweiteiler angezogen. Trotz des einfachen Schnitts ihres Outfits konnte Seven den Körper ihrer Freundin unter dem Stoff gut erkennen. Ihre Gedanken schweiften kurz ab, als B’Elannas Antwort sie aus ihren Gedanken riss. „Gut, dank dir… Du hättest es nicht tun müssen.“

Seven schnaubte: …und dich sterben lassen?! Sie sprach diese Worte nicht aus. Einem Streit mit der Halbklingonin war sie derzeit nicht gewachsen. Außerdem gehörte es zu B’Elannas Natur undankbar zu sein.

„Gern geschehen“, sagte sie deshalb nur und setzte sich auf.

Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Sollten sie darüber reden? Gab es etwas zu bereden?

„Woher wusste Tom von uns?“, unterbrach Seven die Stille als erste.

B’Elanna war ehrlich überrascht. „Er weiß es?“ Es dauerte einen Moment, bis sie den Gedanken, wie sie mit diesem Wissen Tom gegenübertreten sollte, aus ihrem Kopf verbannt hatte. Damit konnte sie sich später noch beschäftigen. Hier ging es um Seven und um sie beide. „Seven, ich kann kaum nachvollziehen, wie schwer es dir gefallen sein muss. Es tut mir leid, wenn ich dich erneut verletzt habe.“

„Es war nicht deine Schuld.“ Das war das Einzige, was Seven dazu sagen konnte. Sie würde drüber hinwegkommen. Sicherlich.

B’Elanna fühlte sich plötzlich zurückversetzt. Es war derselbe Satz, den Seven damals benutzt hatte, um sie immer wieder auf Abstand zu halten, wenn B’Elanna versucht hatte für Seven da zu sein. Allerdings waren die Versuche der Halbklingonin unbeholfen und sie hatte keine Ahnung, wie sie Seven helfen sollte und erst recht niemanden, den sie um Rat fragen konnte. Deshalb war sie damals erleichtert gewesen, sich nicht näher damit auseinander setzten zu müssen. Heute wusste sie, dass sie feige gewesen war. Sie hatte Angst davor gehabt, was passieren würde, wenn sie ihren Gefühlen zu Seven mehr Raum gegeben hätte. Hätte sich dann etwas entwickelt? Etwas, das so stark gewesen wäre, wie ihre Gefühle zu Tom, vielleicht auch stärker? „Aber von uns beiden war ich diejenige, die es hätte besser wissen müssen. Du warst damals so… unerfahren.“

Das Wort ‚unerfahren‘ hing schwer in der Luft. Waren Sevens sexuelle Bemühungen damals ungenügend gewesen? Sie spürte einen Stich in ihrer Brust. Sie hatte ihre Interaktionen immer als gleichberechtigt betrachtet und gedacht, dass trotz aller Widrigkeiten B‘Elanna diese Nacht genauso viel bedeutet hatte wie ihr. „Ich hoffe das denkst du nicht wirklich,“ schnaubte sie und konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.

„Nein, das meinte ich nicht“, B’Elanna ruderte zurück. „Es war…“ Welches Wort für unglaublich konnte sie verwenden. Wie konnte ihr Zusammensein beschreiben, ohne sich selbst zu verraten, ohne preiszugeben, was es damals für sie bedeutet hatte. Trotz Sevens Unerfahrenheit, war es genau das gewesen. Unglaublich. Sie versuchte den erneut aufkeimenden Gedanken, was aus ihnen beiden geworden wäre, wenn Tom nicht an ihrer Seite gewesen wäre, ganz tief in ihr Innerstes zu verbanden.

Und auch wenn sie Seven als die Unerfahrenere von ihnen beiden betrachtete, waren ihre eigenen Erfahrungen in diesem Bereich genauso dürftig. Sie hatte noch nie zwischen zwei Menschen gestanden und mit beiden zusammen sein wollen. Tom, der als Partner an ihrer Seite ihr Fels in der Brandung war, der ihre klingonischen Eigenheiten akzeptierte, ja sogar unterstützte. Seven, die in ihr ein Feuer entfacht hatte. Sie jeden Tag herausforderte. Auch für sie war es das erste Mal gewesen, dass sie mit einer Frau zusammen war. Und es war überraschend befriedigend gewesen. Sie atmete tief durch. „Was ich meinte war, dass ich es nie soweit hätte kommen lassen dürfen und dass ich dir danach nicht wirklich geholfen habe.“

„Du hast es versucht.“ Seven erinnerte sich nur ungern an diese Zeit. Immer wenn B’Elanna in ihrer Nähe gewesen war, wallte erneut der Schmerz in ihr auf. „Ich habe versucht mit Kathryn zu sprechen, aber wie sollte das gehen, ohne zu verraten, was passiert war? Sie hätte es wahrscheinlich sofort durchschaut. Geahnt hat sie etwas. Sie hat mich mehrmals angesprochen. Aber sie wäre nie auf uns gekommen.“ Fast musste Seven schmunzeln. Für die damalige Situation wäre nichts ferner gewesen, als dass gerade die beiden Konkurrentinnen um den Maschinenraum der Voyager zusammen im Bett landen.

„Ich glaube irgendwann hat sie einfach gedacht, ich hätte schon lange zuvor ein Auge auf Chakotay geworfen und war deshalb so unausgeglichen. Wusstest du, dass sie ab dem Moment, an dem ihr bewusst wurde, dass Chakotay und ich eine Beziehung führten, alle privaten Treffen mit mir abgesagt hat. Und dann hat sie einfach ‚vergessen‘ neue zu vereinbaren. Damals habe ich es nicht verstanden, aber mit ein wenig Abstand, wurde es mir klar. Chakotay und sie hatten eine Verbindung, aber sie hatte sich nie getraut die unsichtbare Grenze zwischen ihrem Pflichtbewusstsein und ihrer Liebe zu ihm zu überschreiten. Bis zu dem Zeitpunkt, als sie glaubte ihn an mich verloren zu haben.“

B’Elanna fühlte sich schuldig. Sie hatte so viel Schmerz in Sevens Leben gebracht. „Es tut mir leid, dass …“

„Muss es nicht“, unterbrach Seven sie. „Chakotay hat sich wirklich bemüht. Aber ich hatte einfach zu anspruchsvolle Vergleichsmöglichkeiten.“ Bei diesen Worten blickte Seven B’Elanna in die Augen und auch wenn es als Scherz gemeint war, konnte B’Elanna auch die Ernsthaftigkeit ihrer Worte erkennen.

„Du weißt, dass du bei uns ein Zuhause hast.“ B’Elanna legte Seven ihre Hand auf die Schulter. Sie meinte es ernst.

Seven nickte. Auch, wenn es ihr schwerfallen wird, das Angebot anzunehmen, so war B’Elanna doch ihre erste Anlaufstelle gewesen als Ischeb starb und trotz allem, was körperlich zwischen ihnen gewesen war, war B’Elanna ihre Freundin.

B’Elanna beugte sich an Seven vorbei und griff nach dem Hautgenerator, der neben dem Bett lag. Die Halbklingonin brachte sich neben Seven in eine sitzende Position und begann das Gerät über die kleinen und größeren Verletzungen auf Sevens Haut zu führen.

„Glaubst du manchmal, dass es uns im Deltaquadranten besser gegangen wäre?“ Seven hatte sich bisher nicht erlaubt, diese Frage laut zu stellen, aber hier in diesem intimen Moment, indem sie beide so verdammt aufrichtig miteinander waren, hatte sie das Gefühlt eine ehrliche Antwort auf ihre Frage zu bekommen. Wenn sie eine aufrichtige Antwort haben wollte, würde B’Elanna sie nicht enttäuschen.

„Tom und ich denken oft, dass unsere Rückkehr zu vielen Problemen geführt hat, die wir nicht voraussehen konnten… oder wollten. Harry und viele andere sind wieder gut bei ihren Familien angekommen, aber die meisten von uns sind weiterhin Aussätzige.“ B’Elanna ließ ihre Finger leicht an Sevens Hals entlangstreifen und legte deren lockige blonden Haare auf die andere Seite ihrer Schulter. Dann strichen ihre Fingerspitzen über die verletzte Haut auf dem Schulterblatt, bevor sie den Hautgenerator drüber streifen ließ. Seven spürte, wie sich an der betreffenden Stelle eine Gänsehaut bildete.

„Was ist zwischen dir und Raffi?“ B’Elanna dachte an das Gespräch mit Raffi vor ein paar Tagen.

„Was meinst du?“ Seven gab sich ahnungslos. Das zwischen ihr und Raffi war kompliziert.

B’Elanna schwieg und blickte Seven mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck an.

„Raffi ist nicht einfach. Sie hat ihre eigenen Probleme“, gab Seven zu, schlang eines der Laken um ihren Körper und stand auf.

„Du weißt schon, es gibt eine Möglichkeit ihre Abhängigkeit zu lösen.“

„Das Problem ist nicht die Abhängigkeit vom Alkohol. Irgendetwas muss in ihrem Leben geschehen sein und sie versucht es mit dem Alkohol zu vergessen. Ich kenne den Grund nicht. Der Alkohol ist ihre Lösung. Zumindest für diesen Moment.“ Damit drehte sie sich um und betrat die Duschzelle.

 

B’Elanna seufzte. Seven war, wenn es um Gefühle ging, genauso verschlossen, wie sie selbst. Sie griff nach dem Kommunikationsgerät und aktivierte das virtuelle Display. Soweit sie sich an die wenigen lichten Momente erinnern konnte, war Tom unterwegs zu ihr. Das Display lud sich auf und stellte eine Verbindung zu ihrem Ehemann her. B’Elanna achtete darauf, dass nur ihr Kopf zu sehen war. Er würde wissen, was vorgefallen war, trotzdem wollte sie ihm keinen Hinweis auf die Ereignisse geben. Er würde verletzt sein. Mehr, als er es wahrscheinlich bereits war.

 

Tom stand am Abflugterminal, aber hier schien niemand nach Freecloud fliegen zu wollen. Nicht einmal in die Richtung. Immer wieder erntete er skeptische Blicke und unsicheres Kopfschütteln. Dies war einfach nicht der richtige Ort für sein Ziel und er verfluchte wieder einmal den Umstand, dass er kein eigenes Schiff besaß.

Der Kommunikator in seiner Tasche piepte und er sah sich nach einem ruhigen Platz um. Mit manchen Kommunikationsgeräten sollte man besser nicht gesehen werden.

Nervös fummelte er an dem Öffnungsmechanismus herum und schaffte es dann doch das Display zu aktivieren. Zu seiner Erleichterung sah er das Gesicht seiner Frau.
„B’Elanna.“

„Es geht mir gut. Es ist vorbei.“ Tom ließ sich auf eine nahegelegene Bank fallen, stellte seine Tasche vor sich ab und atmete tief durch. Er war unglaublich erleichtert.

B’Elanna sah, wie sich das sorgenvolle Gesicht ihres Ehemannes augenblicklich in Erleichterung wandelte. Seine Miene erhellte sich und es schmerzte sie, welche Verletzungen dieses Pon Farr bei allen Beteiligten hinterlassen würde. „Ich komme nach Hause“, sagte sie, um ihn zu beruhigen. „Aber ich muss hier vorher noch etwas erledigen.“ Sie hoffte, dass er sie verstehen würde.

„Miral und ich werden hier sein.“ Tom lächelte erleichtert und blickte noch einen Moment auf den leeren Bildschirm, nachdem B’Elanna die Verbindung beendet hatte.

Sie lebte, es war überstanden und sie würde nach Hause kommen. 

Er wusste, sie würden darüber reden müssen. Er wusste, dass Seven immer einen festen Platz in ihren Leben hatte, auch wenn das für Außenstehende nicht sichtbar war. B‘Elanna fühlte sich seit dieser Zeit für Seven verantwortlich. Deshalb war sie auch nach Freecloud geflogen und Tom hatte nichts dagegen unternehmen können. 

Aber sie würde nach Hause kommen, zu ihm und Miral und dann würden sie weitersehen.

 

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„Seid ihr sicher, dass uns der Schrotthaufen nicht um die Ohren fliegt?“ Raffi hatte beide Hände in die Hüften gestemmt und sah übertrieben zweifelnd von Seven zu B’Elanna und wieder zurück. Sie hatte schon so manchen ‘Schrotthaufen‘ durch das Weltall gesteuert, aber Raffi machte nichts, ohne nicht wenigstens einen bissigen Kommentar darüber zu verlieren. Sie ließ sich auf den Pilotensitz gleiten und begann die Startsequenz zu initiieren. „Wenn ihr mich begleiten wollt, dann solltet ihr Platz nehmen“, sagte sie zu beiden Frauen in ihrem Rücken und spürte mehr, als dass sie sah, wie beide in die Sitze hinter zwei weiteren Konsolen rutschten.

Raffi navigierte den Gleiter, vorbei an den vielen Gebäuden und Reklametafeln von Freecloud, in den Himmel. Weiter und immer weiter, bis der hellblaue Himmel zu einem schwarzen Sternenhimmel wurde und Freecloud, so laut und flimmernd, dass es einen bedrängte, hinter sich zurückließ.

Wie vereinbart steuerte Raffi einen kleinen Mond in der Nähe an und brachte das Raumschiff hinter dessen dunklen Schatten, von Freecloud und dessen neugierigen Blicken abgewandt, in Position. Dann lehnte sie sich zurück und beobachtete Seven und B’Elanna bei der Überprüfung aller neu im Schiff eingebauten Komponenten.

Raffi ließ ihren Blick eine Weile auf B’Elanna ruhen. Sie hatte immer noch nicht ganz verstanden, wie eine Halbkingonin ein Pon Farr durchleben konnte. Was sie aber verstand, war, dass Seven und B‘Elanna etwas verband, das über normale Freundschaft hinaus ging. Auch jetzt schienen sich die beiden wortlos zu verstehen und arbeiteten ineinandergreifend an der Aktivierung der einzelnen Komponenten. Sie brauchten dazu keine Worte, sie schienen blind zu verstehen, was die jeweils andere dachte oder tat.

B’Elanna und Seven hatten in den letzten Tagen viel Zeit miteinander verbracht, während sie im Gleiter die fehlenden Komponenten eingebaut haben. Seven und Raffi mussten die Halbklingonin dabei unterstützen, da ihre Fenris Ranger sich nicht mehr in die Nähe der Halbklingonin trauten. Seven wollte den anderen nicht preisgeben, was vorgefallen war, somit konnten die anderen Ranger nicht wissen, dass nun keine Gefahr mehr von B’Elanna ausging.

Raffi hatte den beiden gelegentlich die nötige Privatsphäre gelassen. Sie hatten sicher noch vieles zu besprechen und tatsächlich stellte sie fest, dass dem anfänglichen unsicheren Schweigen ernsteren Gesprächen gewichen war. Raffi wollte nicht lauschen, aber sie musste sichergehen, dass sie in keines dieser doch so notwendigen Gespräche reinplatzte. Natürlich war sie so über die wichtigsten Themen im Bilde. Nach fast einer Woche schienen die beiden entspannter im gemeinsamen Umgang und Raffi konnte Seven tatsächlich scherzen hören und stellte fest, dass die Halbklingonin wenig Sinn für Humor hatte.

 

Raffis Blick glitt zu Seven. Sie beobachtete wie sich das Gesicht der ehemaligen Borg konzentriert anspannte, aber ihre blauen Augen vor Interesse leuchteten. Seven hatte offensichtlich Freude. Raffi lächelte und ihr Blick glitt über die schnellen, geschmeidigen Finger der Frau, mit der Raffi gerne mehr geteilt hätte als ein paar schüchterne Küsse auf die Lippen der jeweils anderen. Aber auf dem Weg zu mehr waren sie irgendwo falsch abgebogen.

Keine von ihnen hatte den nächsten Schritt gewagt. Sie waren aus dem Abenteuer mit Picard geworfen worden und am Ende trennten sich ihre Wege wieder zurück in das Leben, aus dem sie gekommen waren. Als Raffi nach zwei Tagen in ihrem Wohnwagen ihren Flaschen wieder näher fühlte als ihrem Leben, besorgte sie sich ein Ticket und reiste nach Freecloud. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte. Seven freute sich zwar sie zu sehen, aber der Funke der so kurz aufgeflammt war, schien erloschen. Aber immer, wenn sie Seven beobachtete, konnte sie sich der Hoffnung nicht verwehren, dass wieder etwas zwischen ihnen sein könnte und so blieb sie an Sevens Seite.

 

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Am offiziellen Abflugterminal von Freecloud hielten sie sich mit aller Kraft fest, wie es nur eine Halbklingonin und eine ehemalige Borg können.

Sie hatten in den letzten Tagen um das getrauert, was zwischen ihnen hätte sein können. Aber beide hatten gewusst, dass es am Ende die richtige Entscheidung war. Damals und heute. Ob sie sich damals das hätten geben können, was sie so dringend brauchten und vor allem unter den wachsamen Augen der Öffentlichkeit, unter der sie nach ihrer Rückkehr alle gelitten hatten? Wahrscheinlich nicht. Jetzt wäre es noch viel schwerer. Sie lebten in verschiedenen Welten und keine war für die Welt der anderen gemacht.

Sie mussten darüber hinwegkommen, sie beide. Seven brauchte jemanden, an dem sie wachsen konnte, der ihr Sicherheit gab.

B‘Elanna zog Seven noch ein wenig enger an sich heran, auch wenn das kaum möglich war. Dann ließ sie ihre Freundin ohne ein weiteres Wort los, drehte sich um und lief über den Platz zu ihrem Shuttle. Aber, und das schwor B‘Elanna sich, sie würde ein Auge auf Seven haben und ihr mehr zur Seite stehen, als sie es damals konnte.

 

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B’Elanna Torres betrat ihr Wohnquartier auf der Erde und ließ erschöpft ihre Reisetasche im Eingangsbereich auf den Boden sinken.

Zuhause.

Die Wohnung war ruhig und dunkel. Nur aus dem Wohnraum kam der flackernde verräterische Schein des Fernsehers, welchen sie Tom auf der Voyager geschenkt hatte.

Leise trat sie in die Tür und lehnte sich in den Türrahmen. Es war ein vertrautes Bild, dass sich ihr bot und sie spürte ein wohlig warmes Gefühl in ihrem Bauch.

Auf dem TV-Gerät lief einer von Toms geliebten Cartoons. „Tom und Jerry“, wenn sie sich nicht irrte. Tom lag auf seinem Rücken ausgestreckt auf der Couch, den Kopf dem Fernseher zugewandt, die Augen geschlossen und sein Atem gleichmäßig.

Auf seinem Bauch lag Miral. Das kleine Mädchen hatte ihren Blick zum Fernseher gedreht und schlief ebenfalls.

Miral liebte es mit Tom Cartoons zu schauen. Auch wenn die Kleine Humor sicherlich noch nicht verstand, mochte sie es auf Toms Bauch zu liegen und die Bewegungen zu spüren, die Tom machte, wenn er über die Cartoons lachte. Dann lachte Miral ebenfalls.

Stolz breitete sich in ihr aus. Die beiden waren ihre Familie. Sie und Tom waren durch einige Schwierigkeiten in ihrer Beziehung gegangen. Ihm war es zu verdanken, dass sie heute hier stand. Er hatte immer zu ihr gehalten und sie aufgefangen. Ihr immer das Gefühl gegeben, dass sie das Wichtigste in seinem Leben war, egal wie sehr sie manchmal an ihnen beiden gezweifelt hatte. Er hatte sie zusammengehalten.

Miral war ihr Bindeglied. Sie war aus ihrer Liebe entstanden und wer weiß, vielleicht würden sich irgendwann zwei kleine Mäuse um die Vorherrschaft auf Papas Bauch streiten.

Leise schlich sie zur Couch und griff nach Miral.

Tom öffnete abrupt die Augen und schlang beide Arme um seine Tochter. Sein Beschützerinstinkt war sofort geweckt, als er die Gewichtsverlagerung seiner Tochter spürte. Als er B’Elanna erkannte, ließ er sich erleichtert zurückfallen.

„Du bist wieder da.“ Seine Stimme klang rau vom Schlaf.

„Ich bringe nur schnell Miral ins Bett.“ Damit zog sie ihre Tochter näher an sich heran. Sie konnte den reinen Kleinkindgeruch an Mirals Kopf riechen. Ein Geruch der tiefe Liebe zu dem kleinen Wesen auf ihrem Arm auslöste.

Sie warf noch einen letzten Blick auf Tom, drehte sich um und ging ins Kinderzimmer, um Miral in ihr Bett zu legen.

Sie brauchte noch einige Minuten bevor Sie Tom gegenübertreten konnte.

B‘Elanna legte Miral vorsichtig in ihr Bett. Ihr Lieblingskuscheltier Toby den Targ, den das kleine Mädchen irgendwann aus dem Bett ihrer Mutter entwendet und dann nie wieder hergegeben hatte, wartete schon.

Langsam zog B‘Elanna ihr die Hose und dass Shirt aus und legte eine Decke über den kleinen Wirbelwind. Die Kleine seufzte im Schlaf und kuschelte sich tiefer in die weichen Laken.

B‘Elanna gab Miral einen leichten Kuss auf deren Stirnwülste, ein Merkmal, welches sie vor der Geburt ihrer Tochter wahnsinnig verunsichert hatte. Das Merkmal, das Tom so an Miral liebte. Er hatte es B‘Elanna versichert, in jener dunklen Stunde auf der Krankenstation der Voyager und Tom hatte Wort gehalten.

Die Halbklingonin wendete sich ab und ließ das schlafende Mädchen in ihrem Zimmer zurück. Sie musste dringend mit Tom sprechen.

 

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Seven of Nine blickte in den Nachthimmel von Freecloud. Hier sah man keine Sterne. Grelle Lichter und laute Geräusche übertönten auch die Nacht und überstrahlten selbst den hellsten Stern. Meist war Seven dankbar für diesen Trubel. Es war so laut und unruhig, dass sie selbst nicht zur Ruhe kam und ihre inneren Dämonen keine Chance hatten, sich in an der Oberfläche auszubreiten.

Raffi ließ sich neben Seven nieder. „Wie geht dir?“

„Gut!“

Raffi sah Seven skeptisch von der Seite an.

„Es geht mir wirklich gut.“ Seven lächelte leicht. Sie brauchte einen kurzen Moment, um ihre Gedanken zu ordnen.

Sie hatte zwischendurch andere Partner gehabt, immer das gesucht, was sie mit B‘Elanna hatte. Dabei lag es nicht daran, dass sie nicht die gleiche körperliche Befriedigung erfahren hatte. Sie hatte ihre Erfahrung mit B‘Elanna einfach aus der Realität entnommen und überperfektioniert. „Etwas hat sich verändert. Zum Guten. Ich habe B‘Elanna immer auf einen Sockel gestellt. Sie überstrahlte alles. Ich glaube, jetzt passt sie in die Kiste mit den guten Erinnerungen.“

Seven atmete tief ein, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Raffi schwieg. Seven hatte offensichtlich noch etwas zu sagen.

„Ich war in meinem Sinne noch zu jung, frisch aus dem Kollektiv. Ich hatte keine Ahnung, was das alles bedeutete.“ Bevor Raffi darauf etwas erwidern konnte, wandte sich Seven zu ihr um „Wie wäre es mit einem Drink?“

Raffi legte leicht den Kopf schief, als sie langsam und bedacht antwortete. „Ich denke, ich werde damit aufhören. Ich glaube ich habe etwas Besseres gefunden.“ Ein Lächeln überzog ihr Gesicht und sie strahlte Seven an. Seven und sie waren irgendwie am Anfang einer möglichen Beziehung hängen geblieben und keine von beiden war den nächsten Schritt gegangen. Sie mochte Seven wirklich und Raffi würde es ihr beweisen. „Wir könnten etwas aus deinem Lieblingsrestaurant essen.“

„Ich glaube nicht, dass wir so kurzfristig noch einen Tisch bekommen. Die sind immer schon Wochen im Voraus ausgebucht.“

Raffi zog einen Picknickkorb hinter sich hervor „Ich meine auch nicht im Restaurant. Ich meinte lediglich das Essen.“ Damit öffnete Raffi den Korb, begann nach und nach einzelne Schalen herauszuholen, zu öffnen und deren Inhalt aufmerksamkeitshaschend anzupreisen. Seven schmunzelte über Raffis Enthusiasmus und stellte überrascht fest, dass Raffi jede Speise besorgt hatte, die Seven je in ihrem Lieblingsrestaurant gegessen hatte. Ein wohliges Kribbeln breitete sich in Seven aus, als sie realisierte, wie lange Raffi ihre Aufmerksamkeit schon auf ihre Lieblingsspeisen gerichtet hatte und auf sie. Konnte es wirklich sein, dass Raffi sie mochte, wirklich mochte?

Seven hatte ihren Blick immer noch starr auf die vielen Schalen gerichtet, als Wind aufkam und Seven aus den Augenwinkeln wahrnahm, wie Raffi in der Kühle des Windes erschauderte. Seven zog ihre Jacke aus und reichte sie Raffi.

Als Raffi den Mund öffnete und höflich ablehnen wollte, kam Seven ihr zuvor. „Meine Nanosonden kümmern sich schon darum, dass mir nicht kalt wird.

Ohne passendes Gegenargument nahm Raffi die Jacke entgehen. Ihre Finger berührten sich und für einen Moment verwanden sie sich, wie einige Wochen zuvor. Raffi hätte nicht sagen können, wer von beiden begonnen hatte, aber sie hielten eine ganze Weile die Hand des jeweils anderen.

Als Raffi bei einem erneuten Windstoß erschauderte löste Seven ihre Finger, schob ihre Jacke bestimmt in Richtung Raffi und sah zu, wie diese die Jacke über ihre Schultern legte.

Dann lächelte Seven, lehnte sich vor, griff ein Schälchen und zwei Gabeln und hielt beides zwischen ihnen in die Luft. Hungrig machten sich beide über das Essen her.

„Ich bin froh, dass du hier bist.“ Seven sah zu wie ihre Worte bei Raffi Erstaunen auslösten und fragte sich zum ersten Mal, wie sie Raffi bisher hatte so übersehen können. Aber egal, was die Zukunft brachte. Seven hatte Raffi neben sich und Freunde in der Galaxis. Ihre Geschichte sehnte sich nach einem Happy End und vielleicht würde Raffi einen größeren Anteil daran haben.

 

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Als B’Elanna erneut den Wohnraum betrat war der Fernseher ausgeschaltet und dämmeriges Licht fiel von der Terrasse herein. Sie trat durch die Tür in die warme Sommerluft von San Francisco.

Tom hatte den kleinen Gartentisch gedeckt. Kleine Baguettes mit verschiedenen Aufstrichen lagen auf einem Teller. Zwei Gläser Wein standen gefüllt daneben und die Flasche stand neben der Sitzgruppe auf dem Boden im Weinkühler. Er hatte sich auf die Gartenbank gesetzt, welche Platz für zwei bot.

B’Elanna kämpfte kurz mit sich. Nach allem, was vorgefallen war, machte sich eine kleine Unsicherheit in ihr breit, ob sie neben Tom auf die Bank gehörte. Aber sie ignorierte diesen Gedanken. Sicherlich hatten Tom und sie einiges zu bereden, aber sie gehörte ohne jeden Zweifel neben ihm auf diese Bank.

Sie setzte sich und stellte mit einem zweiten Blick auf den vollen Teller fest, dass sie einen riesigen Hunger hatte. Sie griff eines der Baguettes und lehnte sich zurück. Die Bank war nicht besonders groß. Ihre Schulter berührte die von Tom.

Sie konnte seine Wärme durch ihre Kleidung spüren und sie fühlte auch die Sicherheit, die er ihr bot. Die Liebe, die er ihr entgegenbrachte.

Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. B’Elanna nutzte das Schweigen, dass ihr das Kauen des Baguettes gewährte, denn sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte. Schließlich entschied sie sich für den schwierigsten Teil der Geschehnisse. Etwas, das ihr die ganze Rückreise Kopfzerbrechen bereitet hatte.

Er hatte es gewusst. Die ganze Zeit. Die ganzen Jahre. „Du wusstest die ganze Zeit von mir und Seven.“

Es dauerte eine Weile, bis Tom sprach.

„Ich habe etwas geahnt. Ich habe gehört, wie ihr damals miteinander gesprochen habt. Ich konnte nur vermuten, wie weit es gegangen war. Seven hat dir die Entscheidung abgenommen, es für dich leichter gemacht und unsere Beziehung geschützt. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es nicht nur ein unüberlegtes Abenteuer war, sondern dass du mit Gefühlen konfrontiert wurdest, die du nicht erwartet hattest.“ Es schien, als habe Tom diese Worte schon sehr lange mit sich herumgetragen und immer wieder neu geordnet, bis sie ihm passend vorkamen. Jetzt sprudelten diese einfach so aus ihm heraus.

Ihr Herz verkrampfte sich. Er hatte so verdammt recht. Wieder einmal. „Warum hast du nie etwas gesagt?“

„Damals war Reden nicht gerade eine der Stärken unserer Beziehung. Ich war egoistisch. Ich wollte, dass du bei mir bleibst.“ Er blickte wehmütig auf einen Punkt in der Ferne und ihr wurde bewusst, wie sehr er die Veränderung in ihrer Beziehung genoss. Tom und sie waren nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter zusammengewachsen. Sie schienen innerlich zur Ruhe gekommen zu sein und hatten ihre Zweifel und Ängste abgelegt. Sie wäre nie so vermessen ihre Ehe jemals als harmonisch zur beschreiben, aber Miral hatte sie zusammengeschweißt. Ihr Vertrauen in sich selbst, aber auch in den anderen gestärkt.

Er wandte sich ihr zu und sah ihr in die Augen. Sie konnte sehen, wie sich das zarte Licht in seinen Augen spiegelte und seine Züge waren angespannt. „Und du bist bei mir geblieben. Das war alles, was damals zählte.“ Er meinte es so.
Wollte er Einzelheiten erfahren?
Nein! Das wollte er nicht.

„Es tat weh.“ Sie wusste nicht, ob er begriff, was genau sie meinte. Sie konnte nicht erklären, was Seven und sie verband, aber es war stark und es war nach all den Jahren immer noch da gewesen. Seven zurückzulassen war schmerzhaft.

Aber vielleicht war es besser, wenn er dachte, sie meinte das Pon Farr. Aber in dem Moment, indem sie in seine Augen sah, erkannte sie, dass er ganz genau wusste, was sie fühlte. Sie sah einen Schatten von Verletztheit in seinem Blick. Es sollte sie nicht überraschen. Tom kannte sie gut, oft sogar besser als sie sich selbst.

„Sie wird immer dein wunder Punkt sein,“ warf er vorsichtig ein.

B’Elanna wusste, dass Tom nicht unrecht hatte und außerdem hatte sie sich geschworen auf Seven besser aufzupassen und für sie da zu sein. Wie konnte sie Tom den schmalen Grat ihrer Beziehung zu Seven erklären? „Als du damals 30 Tage in der Arrestzelle saßt, habe ich mir Vorwürfe gemacht und mich gefragt, wie viel Anteil mein Rat auf dem Holodeck auf deine Entscheidung hatte. Ich war plötzlich so unglaublich allein ohne dich. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass es mir ohne dich so gehen würde und sich 30 Tage so unendlich lang anfühlen würden. Also habe ich mich in die Arbeit gestürzt und zusammen mit Seven einige liegen gebliebene Projekte umsetzt. Seven war damals verwirrt so kurz nach ihren Erlebnissen mit dem Vinculum und ich habe in ihr meine eigene emotionale Verzweiflung gesehen und den Wunsch, nicht mehr allein zu sein. Ich habe sie damals ausgenutzt und danach allein gelassen. Sie war hilflos und ich war überfordert. Ich war dankbar, dass sie mich bei den wenigen Versuchen mit ihr über uns zu reden abblitzen ließ und ich mich nicht mit den Folgen beschäftigen musste. Das werde ich nicht noch einmal tun. Dieses Mal werde für sie da sein.“

Tom war hin und her gerissen zwischen seinem Stolz über so viel emotionale Reflektion seiner sonst so eher klingonisch fühlenden Frau und zwischen der Angst, was dies nun für ihre Beziehung bedeutete.

B’Elanna griff nach seiner Hand. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie ihre Gefühle für Seven nicht leugnen konnte. Aber unabhängig davon, was sie für Seven empfand, sie liebte Tom und konnte sich ihr Leben nicht ohne ihn und ihrer gemeinsamen Tochter vorstellen. „Ich bin hier, weil es das ist, was ich möchte. Unbedingt. Ich liebe dich, nicht nur weil wir Miral haben. Ich liebe dich für alles, was du an meiner Seite bist.“

Sie konnte sehen, wie sich seine Muskeln ein wenig entspannten und er sich tiefer in die Gartenbank hineinfallen ließ.

„Seven ist einer der Verlierer nach der Rückkehr in dem Alphaquadranten.“ Sie wusste, dass auch sie einer der Verlierer gewesen wäre, wenn sie nicht Tom und Miral an ihrer Seite gehabt hätte. „Dann hat sie auch noch Ischeb verloren. Wir haben Ischeb verloren. Es ist eine verflucht unwirkliche Welt, in die wir zurückgekehrt sind. Manchmal wäre mir der Deltaquadrant lieber.“ Sie seufzte in Erinnerung daran, wie oft Tom und sie darüber gesprochen hatten, dass das Leben auf der Voyager, trotz der Entfernung zur Heimat, Sicherheit geboten hatte. Sicherheit, die sie so dringend gebraucht hatten. „Aber ich habe dich und Miral. Ihr seid jeden Tag meine Rettung. Seven schien nach Ischebs Tod niemanden zu haben.“

„Schien?“ Tom erkannte den kleinen Hinweis in ihren Satz.

„Es gibt dort jemanden, der Seven wirklich gerne hat. Sie erkennt es nur nicht.“

Tom hob seine Augenbrauen. „Manchmal ist das so,“ entgegnete er knapp und schmunzelte.

B’Elanna bemerkte, dass dies ein Hinweis auf ihre beider Vergangenheit war und pikste ihm mit ihrem Finger in seine Rippen.

„Hey!“, sagte Tom mit gespielter Empörung. Ihre Blicke trafen sich und Toms tiefe blaue Augen sagten ihr in diesem Moment alles, was sie über seine Gefühle zu ihr wissen musste.

„Ich liebe dich“, flüsterte sie und lehnte sich ihm entgegen. Ihre Lippen trafen sich und nach allem, was geschehen war, hatte ihr Kuss eine tiefere Bedeutung. Es war nicht nur ein Kuss, den man sich nach so einer Zeit zwischendurch aus Gewohnheit gab. Es war ein Kuss, der Nähe, der Zuneigung, der Sicherheit.

Oh ja, sie liebte ihn. Sie wollte diesen Mann und mit ihm alt werden.

Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken, um ihn näher an ihrem Körper zu spüren.

Ihr Kuss wurde intensiver. Ihre Zungen suchten die des anderen. Tom ließ seine Hand unter ihr Shirt wandern und hinauf zu ihren Brüsten. Sanft streichelte er von der Unterseite des BHs an ihren Seiten entlang, bis seine Finger an ihrem Rücken den Verschluss erreichten.

B‘Elanna stoppte seine Hände, zog sie langsam unter ihrem Shirt hervor, stand auf und zog Tom mit sich. Beide schlichen auf Zehenspitzen ins Haus, hinauf zum…

„Mama?“ Miral stand im Flur, Toby den Targ ganz fest an sich gedrückt.

B‘Elanna blieb erschrocken stehen. Sie hatte ihre Tochter in der Dunkelheit nicht vermutet. Dann beugte sie sich zu ihr herunter und hob sie auf ihren Arm.

Das kleine Mädchen drückte ihr einen feuchten Kuss auf die Wange und legte ihren Kopf auf die Schulter ihrer Mutter. „Bleibst du jetzt hier, bei mir und Papa?“

Die Halbklingonin strich ihrer Tochter eine zerzauste Strähne aus dem Gesicht und drücke sie ganz fest an sich. „Ich bleibe hier, bei euch.“

Sie spürte Toms Hand auf ihre Schulter. Warm und sicher, lag sie da. Sie drehte sich zu ihm um. 

„Ich bringe dich zurück in dein Bett“, bot Tom an und griff nach seiner Tochter, aber diese klammerte sich noch fester an ihre Mutter.

„Aber ich möchte heute Nacht bei Mami schlafen.“

Tom seufzte. Es war definitiv mal wieder Zeit für einen Abend zu zweit, nur er und B‘Elanna.

Aber nicht heute Nacht.

Damit griff er nach B’Elannas warmer Hand und zog seine Frau und seine Tochter ins Schlafzimmer.

Gleich morgen würde er mit seiner Schwester sprechen. Dann würde er B’Elanna in das kleine französische Restaurant um die Ecke einladen. Nur sie beide.

Ende

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