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Bessere Tage

von Nerys

Kapitel 1

Bessere Tage


Sacht umspielten die gemächlich an Land rollenden Wellen Atreias Zehenspitzen. Die junge Cardassianerin hatte sich gerade weit genug vom Wasser entfernt niedergelassen, dass es sie noch zu berühren vermochte. Ein Stück weit draußen schwamm Joss mit kräftigen Zügen parallel zum Strand entlang. Manchmal verschwand sie ganz unter der sich kräuselnden Oberfläche, um Momente später prustend wieder aufzutauchen. Atreia indes genoss das warme Sonnenlicht auf ihrer geschuppten Haut. Obwohl sie die ungezähmte Schönheit des Meeres durch ihre Freundin schätzen gelernt hatte, fühlte sie sich am trockenen Land ungleich behaglicher. Verträumt ließ sie ein wenig von dem goldfarbenen Sand durch ihre Finger rieseln. Das Perlmutt eines Muschelsplitters funkelte in der Helligkeit des Nachmittags. Sie hatte mit Joss schon viel Zeit in dieser Bucht verbracht, schließlich lebte die Bajoranerin hier in dem Schiffswrack, das in Sichtweite am Strand lag, wie der verrottende Leib eines angespülten Meeresgeschöpfes.

Vor ein paar Tagen war etwas geschehen, das sie nicht mehr losließ. In Gedanken berührte sie die hübsch gezeichnete Muschel, die sie an einem Lederband um den Hals trug. Joss hatte sie im Wasser gefunden und ihr geschenkt, damit sie das geliebte Meer immer bei sich tragen konnte. Und sie hatten einander geküsst. Nicht so wie zwei enge Freundinnen das durchaus vermochten. Es war ein begehrender Kuss gewesen. Wieder glaubte sie Joss‘ sanfte Finger zu spüren, die unsicher und neugierig die Knochenwülste um ihre Augen berührten. Für Cardassianer war eine solche Geste überaus sinnlich und erregend. Doch dieser Moment war so schnell verflogen wie er gekommen war, und bisher hatten sie es tunlichst vermieden, auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Ein leises bedauerndes Seufzen kam über Atreias Lippen. Sie wollte sich nicht selbst belügen. Die Gefühle, die sie der zierlichen Bajoranerin entgegen brachte, gingen weit über freundschaftliche Zuneigung hinaus. Ihr wurde heiß, wenn sie nur daran dachte, dass Joss gerade nackt schwamm. Ein Teil von ihr sehnte sich danach, sie einfach in die Arme zu nehmen und ihr zu zeigen, was sie empfand, doch ein anderer fürchtete sich davor, das kostbare Band zwischen ihnen damit zu zerstören.

„Du versäumst etwas, wenn du dort sitzen bleibst. Das Wasser ist herrlich!“, rief Joss ihr zu, die sich nur ein kleines Stück vom Ufer entfernt auf der Stelle treiben ließ. Mit einem schalkhaften Grinsen spritzte sie ihr einen Schwall Wasser entgegen.

Atreia gab ein überraschtes Quietschen von sich und brachte sich rasch in Sicherheit. „Wir Cardassianer schwimmen nicht gern und daher auch nicht besonders gut, das weißt du doch.“

„Armselige Ausrede. Es ist ganz seicht hier, sodass wir bequem stehen können“, erwiderte die Bajoranerin belustigt. „Komm schon. Vertraust du mir nicht?“

„Dir schon, aber dem Wasser nicht“, gab sie zurück, indem sie demonstrativ ein wenig weiter zurück rutschte, obwohl sie im Grunde nichts mehr wollte, als in Joss‘ Nähe zu sein.

Die junge Frau tauchte einmal mehr mit dem Kopf unter und kam gleich darauf wieder zum Vorschein. Bester Laune paddelte sie auf Atreias Höhe hin und her, um ihre Freundin doch noch davon zu überzeugen, wie viel Spaß das machte.

„Pass auf, dass dir nicht irgendwann Schwimmhäute wachsen“, neckte die Cardassianerin sie amüsiert.

„Ich wünschte, das täten sie. Dann könnte ich für immer im Meer leben.“ Joss lächelte versonnen. „Andererseits wäre es dort ohne dich sehr einsam.“

Atreia schnaufte resignierend. Möglicherweise war es gar nicht so übel im Wasser zu schwimmen. Mit Sicherheit würde ihr warm werden, wenn sie den nackten Körper ihrer Freundin ganz dicht bei sich wusste. Umständlich nestelte sie an den Knöpfen ihrer leichten Bluse bis sie sich den Stoff von den Schultern streifen konnte. Die Hose und schließlich die Unterwäsche folgten im selben zögerlichen Tempo. Sie spürte deutlich Joss‘ Blick, der aufmerksam jede ihrer Bewegungen beobachtete. Von ihr so betrachtet zu werden, erregte sie zutiefst. Vorsichtig watete sie Schritt für Schritt ins Meer und auf die Bajoranerin zu. Es kostete sie immense Überwindung so lange weiter zu gehen, bis das Wasser ihr bis über den Bauchnabel reichte. Eisige Kälte kroch über ihre bloße schuppige Haut. Wärmeliebende Cardassianer waren einfach nicht für so etwas gemacht, dachte sie verstohlen bei sich. Joss streckte ihr auffordernd die Hand entgegen.

„Na siehst du, so leicht ist das“, kommentierte sie amüsiert, als die andere Frau schließlich direkt vor ihr stand. Sie kam nicht umhin, bewundernde Blicke über Atreias Oberkörper schweifen zu lassen. Obwohl die reptilienhaften Schuppen und speziell die Verknöcherungen, die sich zu beiden Seiten die Schultern hinab und die Schlüsselbeine entlang bis zu der löffelförmigen Erhebung am Halsansatz zogen, so fremdartig wirkten, empfand sie die schlanke Gestalt der Cardassianerin als sehr ästhetisch. Sie dachte an jenen Moment am Abend vor ein paar Tagen zurück und wagte es kaum, den Kopf zu heben, um in Atreias unergründliche hellblaue Augen zu sehen. In diesem halben Jahr, das sie einander nun kannten, hatte sich alles verändert. Joss war glücklich allein gewesen, weil es niemanden mehr gab, den ihr das Schicksal oder die Propheten noch nehmen konnten. Wie ihre Mutter und ihre Schwester, damals als sie noch ein Mädchen gewesen war. Doch nun erschien ihr das Leben ohne Atreia unvorstellbar.

„Verlang bloß nicht von mir, auch noch zu schwimmen“, brummte die Cardassianerin gespielt verdrießlich. „Sonst könnte es nämlich sein, dass du mich retten musst.“

Joss setzte ein vollkommen unschuldiges Grinsen auf. „Das würde ich jederzeit tun und wir wären dann quitt.“

„Das sind wir, wenn du mich hinaus aufs Trockene lässt, bevor ich erfroren bin. Mir ist eiskalt!“ Atreia bemühte sich um einen besonders leidenden Gesichtsausdruck, den sie mit zitternden Lippen krönte.

Ihre Freundin wirkte nicht völlig überzeugt, doch schließlich nickte sie nachgiebig. „Du hast gewonnen. Mir wird auch langsam kühl. Lassen wir uns ein wenig von der Sonne aufwärmen.“ Sie folgte ihr langsam zum Ufer und hielt abrupt inne, als sich Atreia vor ihr auf die zerschlissene Decke fallen ließ. Wassertropfen perlten schimmernd wie winzige Diamanten von ihrer grauen Haut ab. Das lange mitternachtsschwarze Haar lag feucht und schwer an ihren geschuppten Schultern.

Die Cardassianerin öffnete ihre Augen einen Spalt breit, als sie den Blick ihrer Gefährtin auf sich spürte. Ein schalkhaftes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. „Willst du da stehen bleiben bis du Wurzeln schlägst?“

„Äh… nein“, antwortete Joss schnell und setzte sich neben sie. Das warme Sonnenlicht fühlte sich herrlich auf ihrem vom Meer ausgekühlten Körper an. „Darf ich dich etwas fragen?“

Atreia drehte sich zu ihr und stützte den Kopf auf einen Arm, um sie gespannt ansehen zu können. „Also was hast du auf dem Herzen?“

„Wie kann es gutgehen, dass wir zwei Freundinnen sind, wenn unsere Völker uns zu Feinden machen?“ Sie legte sich ebenfalls zurück und wandte sich der anderen Frau entgegen, die sie aus aufmerksamen blauen Augen beobachtete.

„Darüber habe ich auch schon das eine ums andere Mal sinniert“, erwiderte Atreia nachdenklich. „Wir beide sind keine Feinde und waren es nie. Mir ist egal, was ich mein ganzes Leben lang von Meinesgleichen über euch Bajoraner gehört habe. Mein Vater hat sich nie die Zeit genommen, genauer hinzusehen und sich ein eigenes Urteil zu bilden, aber ich schon. Und mir gefällt, was ich in eurem Volk erkenne.“

Joss stieß ein leises Seufzen aus und suchte nach Worten. „Weißt du, solange ich mich zurück erinnere, bringe ich mit euch Cardassianern nur Leid und Grausamkeit in Verbindung. Ich bin froh, dass ich Gelegenheit habe zu erfahren, dass ihr nicht alle so seid. Irgendwie bist du ein Sinnbild für die Hoffnung, die ich immer noch in mir trage, dass bessere Tage kommen werden. Für unsere beiden Völker.“

„Es wäre so schön, wenn wir diese besseren Tage sehen könnten“, bemerkte Atreia träumerisch. „Werden all die Dunkelheit und Gewalt jemals enden?“

„Auf jede Nacht folgt ein neuer Morgen, sobald die rechte Zeit dafür da ist. Wir müssen nur Geduld haben und durchhalten. Die Propheten geben uns Kraft.“ Die Bajoranerin ergriff die Hand ihrer Gefährtin und sie verschränkten die Finger ganz fest ineinander.

„Danke“, sagte Atreia unvermittelt.

Joss konnte nicht mehr an sich halten, als sich ihre Blicke erneut trafen. Das helle Blau unter Atreias Lidern war so sehr wie der weite Himmel über ihnen, der das Geheimnis des Tempels hütete. Sie beugte sich vor, um der Cardassianerin einen scheuen Kuss auf die Lippen zu drücken. Diese schoss überrascht in die Höhe, sodass sie einander aufrecht gegenüber saßen. In Joss‘ warmen braunen Augen las sie auf einmal dieselben Gefühle, die auch in ihr umher wirbelten.

„Ist es wirklich das, was du willst?“, fragte sie unsicher.

Die blonde Frau nickte leicht. „Ist es nicht das, was wir beide wollen?“

Ihre Blicke gaben einander ein stummes Einverständnis und sie versanken in einen langen innigen Kuss, der salzig vom Meer schmeckte. Ihre Zungen begegneten sich in einem sinnlichen Tanz. Atemlos lösten sie sich schließlich voneinander. Das Zögern und Zaudern war vorbei. Behutsam begann Joss die schuppigen Grate um die Augen ihrer Freundin mit federleichten spielerischen Küssen zu bedecken. Atreia seufzte genießerisch und vergrub ihre Finger im blonden Haar der Bajoranerin. Ihre Lippen trafen sich erneut und ohne diesen begehrenden Kuss zu unterbrechen, ließen sie sich wieder zurück auf die raue Decke sinken. Liebevoll erkundete Atreia die hell rosige und unglaublich weiche Haut ihrer Gefährtin. Ihre Hände bewegten sich über den flachen Bauch und die sichtbaren Rippenbögen aufwärts und umfassten Joss‘ kleine Brüste. Diese keuchte wohlig, als schließlich die Lippen der Cardassianerin ihre Finger ablösten. Ihre Körper fanden einen gemeinsamen Rhythmus und kamen sich näher als jemals zuvor, während sie einander mit zärtlicher Hingabe liebten.

„Ich glaube, jetzt ist mir wieder warm genug“, raunte Atreia ihrer Freundin ins Ohr, die scheinbar halb schlafend in ihren Armen lag. Ihre Finger spielten sacht mit einer langen blonden Haarlocke. Joss lächelte versonnen. Sie spürte, dass etwas Neues begonnen hatte. Wenn eine Bajoranerin und eine Cardassianerin, die in zwei so unterschiedliche Welten hinein geboren worden waren, einander lieben konnten, dann mochten diese besseren Tage vielleicht nicht mehr so fern sein.
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