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Unvergänglich

von Emony

Kapitel 1

Kira wurde von ihrer Freundin Jadzia Dax zur Andockschleuse begleitet. „Ich wette“, sagte die oft enthusiastische Trill, „dass er ein spektakulär romantisches Wochenende für euch geplant hat. Immerhin habt ihr euch jetzt rund drei Monate nicht gesehen. Bestimmt hat er ein ganz schlechtes Gewissen und das solltest du unbedingt ausnutzen.“

Die Bajoranerin neben ihr seufzte. „Es ist nicht meine Art, das schlechte Gewissen von irgendjemandem auszunutzen und schon gar nicht Edons. Das solltest du doch wissen.“

„Ja“, grinste die Trill und hakte sich bei Kira ein, ohne Anstalten zu machen ihr auch nur eine der beiden schweren Reisetaschen abzunehmen, „aber vielleicht solltest du diesmal etwas mehr wie ich sein. Und vor allem genieß diese freien Tage. Du hast sie dir verdient.“

„Ich werde mich bemühen.“ Im Grunde hatte Kira keine Zweifel, dass es ihr gelingen würde sich in Edons Gegenwart zu entspannen. Sie hatte sich schon seit ihrer Jugend kaum irgendwo so sicher gefühlt, wie in seiner Nähe.

Die beiden Frauen bogen links in einen Korridor ein und endlich bemerkte Dax: „Dein Gepäck sieht reichlich schwer aus. Gib mir mal eine Tasche.“

Kira ließ sich ihre Erleichterung nicht anmerken. Selbst wenn Jadzia ihre beste Freundin war, so würde sie ihr gegenüber nie zugeben, dass die Taschen mit der Winterkleidung zunehmend schwer wurden. Im Grunde war ihr Verhalten lächerlich und Kira wusste das auch sehr gut, aber speziell vor den Personen, die ihr ganz besonders wichtig waren, wollte sie keine Schwächen zeigen.

„Danke sehr“, erwiderte die Bajoranerin. Jedoch waren sie kaum noch zwanzig Schritte von der Andockschleuse entfernt. Das Stückchen hätte sie ihre beiden Taschen auch noch allein tragen können.

„Hat er dir gar nicht verraten, wo genau es hingeht?“, hakte Dax nach, als sie ihr Ziel erreichten.

„Nein“, schüttelte Kira den Kopf. „Er bat mich lediglich warme Kleidung einzupacken. Mehr wollte er nicht verraten.“

Dax zuckte die Schultern. „Ach, was soll’s. Das wird sicher genial! Ich freue mich für dich.“ Sie sah sich in dem leeren Korridor um. Zu dieser Jahreszeit, die Menschen feierten Weihnachten, war auf DS9 wenig los. Viele der menschlichen Kollegen waren abgereist – unter ihnen auch die Siskos und die O’Briens -, so dass die Station ein wenig wie ausgestorben wirkte.

„Jetzt hast du hier das Kommando. Lass es mich nicht bereuen, dass ich Edon zugesagt habe, obwohl die Station derzeit ohnehin auf minimaler Besetzung läuft.“

„Ich habe ja noch Worf und Julian, die mir den Rücken decken“, feixte Dax.

„Und vergiss Odo nicht“, erinnerte Kira die Trill.

„Richtig. Du siehst also, du musst dir keine Sorgen machen und kannst deinen Urlaub genauso genießen, wie all die anderen.“

Kira nickte nachdenklich. Sie hatte es bisher immer vermieden ausgerechnet im Dezember, nach irdischem Kalender, Urlaub zu nehmen. Zwar waren einige der menschlichen Kollegen nicht übermäßig christlich, dennoch war ihnen das Weihnachtsfest sehr wichtig. Kira konnte nicht ganz nachvollziehen, wie man ein Fest, das einem Glauben zu Grunde lag, zwar feierte, jedoch nicht mehr an dessen Ursprung glauben konnte. Allerdings gab es auf der Erde so viele unterschiedliche Glaubensrichtungen, dass sie inzwischen den Überblick verloren hatte und da schien es ohnehin schon fast wie ein Wunder, dass zumindest das Christentum sich dieses Fest bewahren konnte. Daher gönnte sie ihren menschlichen Kollegen die Freunde am Weihnachtsfest.

Kira nahm Dax die zweite Tasche wieder ab. „Also dann, bis bald.“

„Bis bald, Nerys“, erwiderte Dax und umarmte ihre Freundin. „Tu nichts, was ich nicht auch tun würde.“

„Ich doch nicht“, schüttelte Kira lächelnd den Kopf. Dann warf sie auch die letzten Zweifel über Bord – Jadzia würde die Station in ihrer Abwesenheit sicher gut führen – und wandte sich von der Trill ab, um das Transportshuttle nach Bajor zu besteigen.

***

Als das Shuttle auf Bajor landete und Kira ausstieg, wartete Shakaar bereits mit einem Lächeln auf sie. Ihr schweres Gepäck erlaubte ihr nicht, auf ihn zuzulaufen, auch wenn dies ihr erster Impuls gewesen war. Er kam ihr jedoch entgegen, so dass sie nur den halben Weg zurücklegen musste und umrahmte ihr Gesicht mit seinen Händen, ehe er sie hingebungsvoll küsste. Kira ließ unbewusst die Taschen neben sich fallen und umarmte ihn, während sich küssten.

„Du hast mir schrecklich gefehlt“, flüsterte Kira und legte ihren Kopf schließlich auf seine breite Schulter.

„Du mir auch.“

Es tat so gut ihn endlich wieder zu riechen und zu spüren, überlegte Kira. Und plötzlich konnte sie kaum fassen, dass Jadzia sie erst hatte überreden müssen diesen Urlaub anzutreten, um den Shakaar sie gebeten hatte.

„Verrätst du mir jetzt, wo wir Urlaub machen werden?“, wollte Kira wissen, als sie sich von ihm löste und ihm in die Augen sah.

Er streichelte zärtlich ihr Gesicht und über das rechte Ohr. „Ich war dort selbst noch nie. Aber es ist sehr kalt. Ich hoffe, du hast meinen Rat beherzigt und warme Kleidung dabei?“

Kira nickte. „Ich habe immer auf dich gehört.“

„Nicht immer“, schüttelte er zwinkernd den Kopf, was ihr ein Lächeln entlockte.

„Wenn es wichtig war …“ Er hob eine Braue. „Na schön, dann bin ich eben ungehorsam gewesen. Aber ich habe warme Kleidung dabei. Wohin reisen wir also?“

„Nach Dekeen“, antwortete er. „Es wartet auch bereits ein Shuttle, das uns dorthin bringen wird.“

Dekeen. Kira wusste nicht mehr, als dass es sich bei Dekeen um eine abgelegene Inselgruppe handelte. Reichlich abgelegen von den größeren Provinzen. Doch soweit ihr bekannt war, lag dort auch eines der ältesten Klöster Bajors, das trotz der cardassianischen Besatzung nahezu unversehrt geblieben war. Die Winter in Dekeen waren extrem, was vermutlich auch der Grund gewesen war, weshalb die Cardassianer diese Provinz verschont hatten.

„Warum ein so kalter Ort?“, hakte Kira schließlich nach. Sie hatte nichts gegen Schnee und winterliche Landschaften, aber in Dekeen konnte es gefährlich sein, wenn man sich nicht zu schützen wusste. „Und warum ausgerechnet jetzt?“ In einem halben Jahr wäre Dekeen rund zwanzig Grad wärmer, doch immer noch kalt genug. Dadurch, dass die Provinz vom Ozean umgeben war, waren die Wetterverhältnisse dort grundsätzlich rauer als im Inland. Kira erinnerte sich noch gut an die Winter in Dahkur, die hart genug gewesen waren.

„Ich erkläre es dir, wenn wir dort sind. Das verspreche ich dir.“ Er bückte sich, um ihre Taschen aufzuheben und als er wieder aufrecht vor ihr stand, küsste er sie auf die Stirn.

***

Kiras Zähne klapperten, als sie darauf wartete, dass Shakaar ein Feuer im Kamin machte. Vom Shuttle zu der kleinen Hütte hatten sie keine fünfzig Meter zurücklegen müssen, dennoch hatte die kurze Strecke gereicht, dass sie jämmerlich fror. Eisiger Wind, der Schneewehen mit sich brachte, hatte unablässig an ihrer Kapuze gezerrt, die sie versucht hatte, sich so weit ins Gesicht zu ziehen, dass sie Shakaar fast nicht mehr in dem Schneegestöber gesehen hatte. Kira wagte es nicht, ihre Jacke auszuziehen, obgleich sie in der Hütte zumindest vom Schnee geschützt waren.

„Du hast eine seltsame Vorstellung von Romantik“, stellte sie schließlich fest. Kira mochte gar nicht daran denken, sich hier für Shakaar zu entblößen, aus Angst zu erfrieren.

Endlich loderte ein kleines Feuer im Kamin, doch es würde noch eine Weile dauern, bis der Raum mit Wärme erfüllt war. Shakaar drehte sich zu Kira um und machte einige Schritte auf sie zu. Als er direkt vor ihr stand, streifte er ihr die Kapuze vom Kopf und streichelte einmal mehr ihr Gesicht. Sie lehnte sich in seine Hand, die trotz der Kälte in der Hütte warm war. „Nicht unweit von hier ist vor einigen Wochen etwas gefunden worden, das mich sehr nachdenklich gemacht hat.“

Es lag Traurigkeit in seiner Stimme, die Kira augenblicklich beunruhigte. „Was war es?“, wollte sie wissen und vergaß für den Moment, dass sie vor Kälte am ganzen Leib zitterte.

„Ich zeige es dir morgen. Die Sonne geht bald unter, dann wird es noch kälter und gefährlicher.“

Shakaars Stimme hatte denselben Ton wie er ihn früher gehabt hatte, wenn er Anweisungen gegeben hatte, die keine Widerrede erlaubten. Er war ein guter Anführer gewesen, weise und vorsichtig. Er hatte sie oft genug zurückgehalten, wenn sie aus blindem Hass auf die Cardassianer bereit gewesen war, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Und letztlich hatte seine Weisheit dafür gesorgt, dass sie heute noch hier war. Sie vertraute seinem Urteil, wusste, dass er nie etwas tun würde, um ihr zu schaden. Dennoch schürte er auch ihre Neugierde, in dem er nur vage Hinweise gab.

„Kannst du mir nicht etwas mehr verraten?“ Die Hitze des Feuers drang allmählich durch ihre dicke Kleidung und begann sie zu wärmen, ihr Schlottern ließ nach.

Shakaar nahm sie bei der Hand und führte sie direkt vor den Kamin, wo er sich mit ihr hinsetzte. „Es wurde eine Leiche gefunden.“

Kira schluckte. Eine Leiche? Nicht gerade das, was sie sich unter einem romantischen Urlaub vorstellte. „Du hast mich hierher geschleppt, um mir eine Leiche zu zeigen?“

„Die Leiche wurde längst bestattet. Es wurde jedoch ein Monument an der Fundstelle errichtet, das für immer daran erinnern soll.“

„Edon“, begann Kira und musste sich ein Lächeln aufzwängen, das ihr aufgrund der noch kalten Gesichtsmuskeln nur schwer gelang, „ist diese Leiche in irgendeiner Weise verwandt mit dir? Oder mit mir?“

Er schüttelte langsam den Kopf und legte einen Arm um sie, in der Bemühung sie zu wärmen. „Nein, keine Sorge. Es geht dabei auch weniger um die Person an sich, als mehr um den Umstand, wie sie ums Leben kam.“

„Das ist bei der Kälte hier nicht weiter verwunderlich“, bemerkte Kira sarkastisch. „Sie wird erfroren sein.“

„Ja, das ist sie“, bestätigte Shakaar bedauernd.

„Aber ich verstehe nicht, was …“

Kira kam nicht dazu ihren Satz zu vollenden. „Morgen“, sagte er bestimmt. „Lass uns auspacken und etwas zu essen machen.“

Ein ungutes Gefühl, das Kira ganz und gar nicht gefiel, breitete sich zunehmend in ihrem Innern aus. Plötzlich hörte sie ein Heulen, das nicht vom Wind stammte, der draußen tobte. Es war ein Klagelied, das ihr durch Mark und Bein ging. Shakaar schien es nicht zu bemerken. Er war bereits damit beschäftigt, auszupacken. Daher ging Kira zu dem kleinen ovalen Fenster, das nur wenig Sicht auf die umliegende Umgebung preisgab, da es beschlagen war. Vorsichtig wischte sie mit dem Ärmel über das Fenster und versuchte durch das Schneegestöber draußen noch etwas anderes zu erkennen. Das Heulen erklang erneut, verursachte ihr eine Gänsehaut am gesamten Körper. Sie konnte jedoch nichts sehen.

„Hast du das eben auch gehört?“, fragte sie Shakaar, wandte jedoch nicht den Blick von der Umgebung draußen ab. Dass es bereits stark dämmerte, war keine Hilfe.

„Das wird ein Frostwolf sein.“

„Der seinem Rudel mitteilt, dass eben frische Nahrung eingetroffen ist“, erwiderte Kira sarkastisch. Als sie sich schließlich doch wieder Shakaar zuwendete, war dieser bereits damit beschäftigt, eine Tasche mit Lebensmitteln auszupacken und diese in der Küche zu verstauen.

Er schenkte ihr ein Lächeln. „Frostwölfe sind harmlos, Nerys. Sie haben mehr Angst vor uns, als wir vor ihnen.“

„Wenn sie hungrig sind, vergessen sie ihre Furcht. In der Not wird jedes Lebewesen von Urinstinkten getrieben.“

„Das ist richtig“, stimmte er zu. „Aber diese Tiere leben hier. Und sie leben hier nicht allein. Sie müssen nicht auf ein paar Bajoraner warten, die sich in ihren Wäldern verirren, um sie dann zu reißen. Die Natur hat schon immer eigene Wege gefunden.“

Das Heulen erklang erneut und Kira drehte sich instinktiv für einen flüchtigen Moment zu dem kleinen Fenster um, ehe sie auf Shakaar zu ging, der die Schränke der kleinen Küchenzeile inspizierte und den Wölfen vor der Hütte keine große Beachtung schenkte.

„Möchtest du ein Glas Wein?“, fragte er und holte eine Flasche roten Frühlingswein hervor. „Das beruhigt dich sicher etwas.“

„Ich bin nicht beunruhigt“, widersprach sie und wusste im selben Moment, dass es gelogen war. Es war eine Sache gegen Cardassianer zu kämpfen, jedoch eine andere sich mitten in der Wildnis einem Rudel hungriger Frostwölfe ausgesetzt zu sehen. Sie hoffte, dass Shakaars Grund, sie hierher zu bringen, tatsächlich ein guter war.

Erneut lächelte Shakaar. Es war dieses wissende Lächeln, das Kira nicht besonders mochte. Nicht, wenn es ihr galt. Manchmal schien es, als könne er ihre Gedanken lesen und das ärgerte sie.

„Na schön, ein Glas kann nicht schaden und wärmt mich von innen“, sagte sie schließlich.

Wortlos schenkte Shakaar zwei Gläser ein und reichte eins davon Kira. „Sei mir nicht böse, dass wir jetzt hier sind. Morgen wirst du meine Gründe nachvollziehen können“, versprach er. „Heute sollten wir einfach den gemeinsamen Abend genießen.“

Kira nickte und stieß mit ihm an. Gerade als sie das Glas an ihre Lippen setzte und einen Schluck des fruchtigen Frühlingsweins trank, den sie so gerne mochte, heulte der Wolf draußen erneut und ließ Kira unbewusst zusammenzucken.

***

Als Kira am nächsten Morgen erwachte, lag sie allein in dem Bett, das sie in der Nacht mit Shakaar geteilt hatte. Das Laken war noch warm von seinem Körper. Er konnte also noch nicht sehr lange auf sein. Sie lächelte bei der Erinnerung an die vergangene Nacht und schmiegte sich in sein Kissen. Es duftete noch nach ihm. Wenn jemand etwas davon verstand eine Frau zu wärmen und abzulenken, dann war es Shakaar. Sie hatte Raum und Zeit vergessen – und auch das Klagelied des Frostwolfes – als er sie geliebt hatte. Kira konnte sich nicht erinnern, dass sie je zuvor ein so langes Liebesspiel betrieben hatten.

Mit ungewohnter Beschwingtheit zog Kira sich rasch an und summte währenddessen leise eine Melodie, die einzig ihrer Vorstellungskraft entsprang. Der Duft von frisch aufgebrühtem Tee und Brötchen stiegen ihr in die Nase, kaum dass sie das winzige Schlafzimmer verließ.

Shakaar holte gerade aufgebackene Brötchen aus dem Ofen. „Guten Morgen“, grüßte er Kira, als er flüchtig den Blick in ihre Richtung hob.

„Das duftet wunderbar“, erwiderte sie lächeln und setzte sich an den kleinen Küchentisch. Er brachte ihr eine Tasse Tee, küsste ihre Stirn und setzte sich zu ihr.

„Hast du einigermaßen schlafen können?“, erkundigte er sich wie beiläufig.

„Wie hätte ich das nicht, nach dieser Nacht?“, fragte sie mit schelmischem Grinsen entgegen und nahm seine freie Hand in ihre.

Er lächelte daraufhin leicht verlegen. Shakaar war ein sehr hingebungsvoller Liebhaber, aber er sprach selten über ihren gemeinsamen Sex. So als wäre es schmutzig oder verboten. Als wäre es ihm peinlich, oder zumindest unangenehm. Dabei hatte er nie gezögert ihr irgendeinen Wunsch zu erfüllen oder seine eigenen zu äußern. Das kam Kira manchmal seltsam vor, aber sie nahm es als eine seiner Eigenheiten hin.

Kira beschloss daher das Thema zu wechseln. „Wann brechen wir zu unserer Exkursion auf?“

„Wir können nach dem Frühstück losgehen. Das Mittagessen fällt heute ohnehin aus, da es eigentlich bald Zeit dafür wäre“, schmunzelte er. „Wir haben ziemlich lange geschlafen.“

„Es war auch reichlich spät gestern.“

Er nickte, trank einen Schluck Tee und Kira tat es ihm gleich. In trauter Stille frühstückten sie schließlich, ehe sie aufbrachen. Doch Kira wurde das Gefühl der gedrückten Stimmung nicht los. Für gewöhnlich hatten sie einander viel zu sagen. Seit sie Kirayoshi zur Welt gebracht hatte, war ihre Beziehung zu Shakaar jedoch anders geworden. Und sie kam nicht umhin sich zu fragen, ob es an ihr lag? Doch sie wagte es auch nicht, ihn direkt darauf anzusprechen. Sie fürchtete sich ein wenig vor seiner Antwort.

***

Das Monument war in Lebensgröße der Bajoranerin, die man hier inmitten der Dekeen Wildnis auf der Lichtung eines Waldes gefunden hatte. Kira stand schweigend vor der Statue, die zweifellos die Frau in jener sitzenden Pose darstellte, in der man sie gefunden hatte. Sie spürte Tränen, die in ihren Augen brannten. Was für ein grausames Schicksal war dieser armen Frau hier zugestoßen, dass sie vollkommen allein an diesem von den Propheten verlassenen Ort erfroren war?

„Sie konnte lediglich aufgrund eines Briefes identifiziert werden, den sie bei sich trug“, sagte Shakaar leise.

„Was für ein Brief?“, fragte Kira, ebenfalls flüsternd und versuchte den Kloß in ihrem Hals zu ignorieren.

Shakaar nahm ihre behandschuhte Hand. „Sie stammte aus einem anderen D’jarra als der Mann, auf den sie hier gewartet hat. Dennoch hatten sie sich ewige Liebe geschworen und wollten sich hier treffen, um gemeinsamen zu fliehen. Seit sie hier gestorben ist, sind beinahe siebzig Jahre vergangen.“

„Das stand in dem Brief?“, fragte Kira ungläubig und trat einen Schritt vor, um das Monument berühren zu können. Shakaar nickte in ihrem Rücken. „Das ist ja furchtbar.“ Sie wusste noch zu gut, wie sie sich gefühlt hatte, als Akorem Laan die D’jarras wieder einführen wollte und sie selbst sich plötzlich in einer Künstlerkaste widergefunden hatte. Ihre Liebe zu Shakaar wäre demnach eine genauso verbotene, wie jener dieser armen Frau.

Kira streichelte über das steinerne Gesicht der Frau. „Vielleicht hatte er seine Meinung geändert und kam deshalb nicht zu dem Treffpunkt.“

„Er trug ebenfalls einen Brief bei sich. Er war entschlossen sein Leben mit ihr zu verbringen.“

„Woher weißt du das?“ Kira sah zu ihm auf.

Es dauerte einen Moment, bis Shakaar ihr antwortete. „Weil wir seinen Leichnam ebenfalls gefunden haben. Er muss gestürzt sein und hat sich ein Bein gebrochen. Dadurch kam er nicht schnell genug voran. Und vermutlich kam der Winter in diesem Jahr überraschend schnell und hart über das Land, so dass er auf dem Weg zu ihr sein Leben ließ.“

Das war mit Abstand die traurigste Liebesgeschichte, die Kira in ihrem gesamten Leben jemals gehört hatte und sie begriff beim besten Willen nicht, warum Shakaar ihr davon erzählte. Sie hatte auf ein romantisches Wochenende mit ihm gehofft, nicht auf ein so deprimierendes in einer so verdammt kalten Gegend. Im Augenblick schneite es zwar nicht, aber dennoch war es furchtbar kalt.

„Warum hast du mich hierher gebracht?“, fragte Kira schließlich. Shakaar tat niemals etwas ohne Grund. Sein Gesichtsausdruck wurde noch trauriger, als er es schon während seiner Erzählung gewesen war und Kira spürte sofort, dass ihr die Antwort nicht gefallen würde.

Shakaar atmete tief durch, ehe er den Mut aufbrachte ihr endlich zu sagen, was sein Pagh schon länger belastete. „Ich möchte, dass du aufhörst auf mich zu warten, Nerys.“

Sie blinzelte einige Male, setzte zu einer Erwiderung an und hielt dann doch inne. Ihre Gedanken überschlugen sich und plötzlich ergab alles einen Sinn. Dass er unerwartet zwei Tage Zeit für sie hatte, die unglaubliche Liebesnacht, der Ort. Er hatte ihr am Abend zuvor ihr Lieblingsessen gekocht, ihren Lieblingswein besorgt … und dennoch war er die gesamte Zeit über distanziert gewesen. So als täte er all dies mehr für sie als für sie beide.

„Du trennst dich von mir?“

Er schluckte und nahm sie in die Arme. Kira ließ es widerstandlos zu und suchte den Trost in seinen starken Armen. „Seit deiner Schwangerschaft ist mir klar geworden, dass ich dir niemals der Mann sein kann, den du verdienst. Ich bin mit meinem Amt verheiratet, Nerys. Und du verdienst einen Mann, der für dich da ist. Einen mit dem du streiten und dich versöhnen kannst. Einen, der dir nach einem Arbeitstag zuhört und dich verwöhnt.“

„Liebst du mich nicht mehr?“, fragte sie mit halb erstickter Stimme. Tränen glitzerten in ihren Augen als sie ihn ansah.

Shakaar küsste ihre Stirn. „Ich werde dich immer lieben. Aber manchmal ist das einfach nicht genug. Ich weiß, dass du diesen Schritt nicht tun würdest. Vielleicht wegen der Heldenverehrung, die deine Liebe zu mir noch verstärkt. Ich sehe wie du mich stets ansiehst und ich weiß, dass ich dir nie geben kann, was du verdienst.“

Selbstverständlich wünschte sie sich mehr. Und sie wollte all dies mit ihm. Aber sie hatte sich doch nie etwas anmerken lassen. Oder doch? Die Schwangerschaft war nicht spurlos an ihr vorbei gegangen, das wollte sie gar nicht leugnen. Und verdammt, sie hatte Odo gegenüber sogar gestanden, wie schmerzhaft es war Kirayoshi seinen rechtmäßigen Eltern zu überlassen.

„Ich wollte dir nie das Gefühl geben, dass du mir nicht genügst, Edon.“ Sie straffte ihre Schultern und sah ihn fest an. „Du wirst immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Das weißt du hoffentlich.“

Er nickte und lächelte bittersüß. „Und du in meinem“, erwiderte er und küsste sie. Im selben Moment setzte der Schneefall wieder ein und aus weiter Ferne konnte Kira den Frostwolf wieder heulen hören. Sein Klagelied unterstrich ihre Gefühle. Es fiel ihr unsagbar schwer, die Traurigkeit nicht zuzulassen, die sie erfüllte. Doch für Edon wollte sie stark sein, so wie sie es immer gewesen war.

***

„Und wie war es? Ich will jedes schmutzige Detail erfahren“, sagte Jadzia Dax zur Begrüßung und nahm ihrer Freundin diesmal gleich eine der schweren Taschen ab.

Kira schlug ohne ein Wort darüber zu verlieren den Weg zu ihrem Quartier ein.

„Nerys! Erzähl schon. Was hat er sich für euch ausgedacht?“ Die Trill grinste voller Vorfreude.

Schließlich blieb Kira stehen und sah Dax an. „Er hat uns in eine eisige Region Bajors geführt, zu einer süßen kleinen Hütte, die ziemlich versteckt in der Nähe eines großen Waldes liegt.“

„Oh, wie romantisch“, schwärmte Dax lächelnd.

„Dann haben wir eine ganz fantastische Nacht zusammen verbracht.“

„Ich wusste es!“ Das Grinsen im Gesicht der Trill wuchs mit jedem Teil der Erzählung.

„Und am nächsten Tag haben wir uns voneinander getrennt.“

Dax blieb abrupt stehen und hielt Kira am Arm fest. „Ihr habt Schluss gemacht? Einfach so?“ Vollkommenes Unverständnis lag in ihrem Blick.

„Eigentlich war es abzusehen. Ich habe es nur nicht sehen wollen“, erwiderte Kira scheinbar gelassen.

„Aber … das ist ja furchtbar!“

Kira lächelte. „Eigentlich nicht. Ich habe einen Liebhaber verloren, aber dafür einen alten Freund wiedergefunden. Beides zur selben Zeit hat nicht funktioniert. Und im Moment brauchen wir beide eher einen guten Freund.“ Sie hatten noch den gesamten Abend darüber gesprochen, was sie aufgegeben hatten und was sie jedoch auch wieder erlangen würden. Kira war nicht einmal aufgefallen, dass ihre Freundschaft zu Shakaar unter ihrer Liebesbeziehung gelitten hatte. Es hatte erstaunlich gut getan, den Abend mit ihm zu verbringen und nicht krampfhaft einen Termin zu finden, an dem sie sich wiedersehen würden.

Was Kira ihrer Freundin nicht sagte war, dass sie froh war, Shakaar auf diese Weise als Partner verloren zu haben. Es tat weh, keine Frage. Aber er war nach wie vor am Leben und ihr Freund. Es hätte schlimmer kommen können. Sie würde ihn jederzeit kontaktieren und mit ihm sprechen können und allein dieses Wissen genügte, sie zum lächeln zu bringen. Dax neben ihr konnte das nicht verstehen, doch sie war auch keine Bajoranerin.



ENDE

Ich weiß, dass ist nun alles andere als eine happy-sappy Weihnachtsfanfic, aber für einen Bajoranerfan wie dich Gabi, fand ich sie in einiger Hinsicht passend und ich hab echt ewig überlegt, ob die Story so geht. Ich wollte eigentlich was Fröhlicheres schreiben, aber dann fiel mir wieder ein, dass nie richtig geklärt wurde, wie das mit Kira und Shakaar eigentlich zuende ging. Ich erinnere mich zumindest an keine sinnvolle Erklärung. Und da Bajoraner ja in Freundschaft auseinandergehen, fand ich die Idee dann gar nicht so schlecht. Ich hoffe natürlich, dass dich die Story jetzt nicht deprimiert, auch wenn sich dein Traumpaar trennt. Jedenfalls wünsche ich dir fröhliche Weihnachten!
Rezensionen