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Die Fremde

von unknown sample

Kapitel 1

Da es niemals einen Hinweis in DS 9 gab, wie und wo Kira und Bareil zum ersten Mal aufeinander getroffen sind, habe ich hier eine Antwort gefunden. Reviews sind immer sehr hilfreich....
Es war nicht das erste Mal, dass er in die erschöpften und von Hoffnungslosigkeit gezeichneten Gesichter seiner Landsleute blickte.
Sie reckten ihm ihre Hände entgegen mit der stummen Bitte um Wasser. Er tauchte die hölzerne Schöpfkelle in den Wassereimer und gab dem ersten auf dem Boden liegenden Bajoraner zu trinken, wobei er leicht in die Knie gehen musste. Dann einem zweiten und auch einem dritten Mann. Seine lange orangefarbene Robe war hinderlich und er musste darauf achten, nicht über deren Saum zu straucheln, da nun immer mehr der Gefangenen um ihn drängten.
„Zurück!“ befahl die cardassianische Wache an seiner Seite barsch und versetzte einer Frau einen heftigen Fußtritt, die sich an das Gewand des Vedek zu klammern suchte. Sie jaulte auf wie ein Hund und fiel dann mit dem Rücken auf das Stroh des Kellers zurück, in welchem die Cardassianer die Gefangenen während der Nacht untergebracht hatten.
Vedek Bareil warf dem Soldaten mit dem Disruptor in seinen Händen einen wütenden Blick zu, schwieg aber. Wenn er für die Frau offen Partei ergriff, mochte der Cardassianer die Erlaubnis, den Gefangenen Wasser zu geben, augenblicklich widerrufen. Es war schon so keine Selbstverständlichkeit gewesen und letztlich wohl nur der Autorität Kai Opakas zu verdanken, dass er sich überhaupt dieser armen Seelen seines Volkes annehmen durfte.
„Lass´ mich dir helfen“, sagte er stattdessen sanft, sank auf ein Knie nieder und gab der Frau ebenfalls zu trinken.
„Die Propheten mögen Euch für Eure Güte danken, Vedek“, murmelte die Frau und berührte zaghaft und ehrerbietig kurz seinen Handrücken, die die Schöpfkelle hielt.
„Der Segen der Propheten ruhe auf dir, meine Tochter“, erwiderte Bareil und legte kurz seine freie Hand auf ihren Kopf. Sie lächelte ihn an und schloss erschöpft die Augen.
Dann erhob er sich wieder. Rings um ihn herum hatten jetzt auch einige Prylare begonnen, die Gefangenen mit Wasser zu versorgen. Nach der Kleidung der Gefangenen zu urteilen waren sie Bauern aus einer der südlicher gelegenen Provinzen. Opaka hatte gehört, dass es dort zu einem Gefecht zwischen dem Widerstand und den Besatzern gekommen war.
Doch Bareil bezweifelte, dass die Bajoraner um ihn herum Widerstandskämpfer waren. Wahrscheinlich waren sie irgendwie zwischen die Fronten geraten und zur Abschreckung von den Cardassianern verschleppt worden. Bareil erinnerte sich nicht, wie oft die cardassianischen Truppen mit Gefangenen schon Station in seinem Kloster gemacht hatten auf dem Weg zu einem der Steinbrüche ein paar Tagesmärsche von hier.
Genauso wenig mochte er sich ausmalen, welches Schicksal sie dort erwartete. Doch es gab nichts was er für sie tun konnte, außer ihnen ein wenig Wasser zu geben. Eine andere Versorgung gestatten die cardassianischen Soldaten nicht. Wie so oft in letzter Zeit fragte sich Bareil, ob die Pause auf dem schrecklichen Marsch, den das Kloster bot, tatsächlich etwas Gutes bewirkte. Möglicherweise verlängerte es den Leidensweg dieser Unglücklichen nur noch auf unerträgliche Weise.
Während er sich weiter umsah, entdeckte er in dem von Fackeln schlecht erleuchteten Kellergewölbe eine dunkle Nische, in welcher eine Gestalt abseits von den anderen zusammengesunken auf dem Boden an einer Wand lehnte. Sie machte keine Anstalten, sich einen der Geistlichen bei der Wasserausgabe zu nähern. Unwillkürlich bildete sich eine steile Falte auf der Stirn des Vedeks und er packte seinen Wassereimer fester und begann zu der Nische hinüber zu gehen. Nur um augenblicklich von einem weiteren Cardassianer gestoppt zu werden. Der Soldat, es war ein Glinn, wie Bareil beiläufig feststellte, stand plötzlich breitbeinig vor ihm und versperrte ihm den Weg. Der Glinn hielt seine Waffe parallel vor seinen Köperpanzer und gestikulierte Bareil damit unmissverständlich, zurück zu treten.
„Da hinten ist noch jemand, der Wasser benötigt.“
„Für diesen Abschaum gibt es kein Wasser“, erwiderte der Glinn. „Die kriegt ne´ Sonderbehandlung. Ist eine von den Terroristen, die uns angegriffen haben. Geh´ zurück und kümmere dich um die anderen deiner Leute.“
Bareil blickte über die Schulter des Glinn nochmals zu der zusammengesunken Gestalt, dann schüttelte er aus einem plötzlich Impuls heraus, der ihn selbst überraschte, den Kopf.
„Wenn sie eine Bajoranerin ist, braucht sie Wasser. Wir können nicht, wie Ihr, lange ohne Wasser einen Marsch aushalten, wenn es so warm ist, wie heute.“ Seine Augen verließen die einsame Gestalt in der Nische und fixierten nun den Glinn. „Natürlich kann ich darauf verzichten, ihr Wasser zu bringen. Werden Sie dann Ihrem Vorgesetzen bitte erklären, dass es nicht meine Schuld war, wenn sie morgen tot zusammen bricht.“
Einen Moment wirkte der Glinn überrascht, dann verärgert. Schließlich gab er Bareil den Weg frei. „Von mir aus. Ich will keinen Ärger. Gib ihr eben auch was.“
Bareil nickte kurz und eilte an dem Glinn vorbei zur Nische hinüber. Erst jetzt sah er, dass es sich tatsächlich um eine Bajoranerin handelte, die vor ihm auf dem Boden hockte. Langes, kupferrotes Haar fiel wie ein Schleier über ihr Gesicht und bis auf den Rücken. Sie hatte die Beine angezogen und lehnte an der Mauer des Klosterkellers, den Kopf auf den Knien. Ihre Arme, die sie um ihre angewinkelten Beine geschlungen hatte, waren an den Handgelenken mit massiven Stahlbändern gefesselt. Als Bareil sich neben sie hinkniete sah er, dass ihre Knöchel blutig aufgeschürft waren. Er räusperte sich.
Doch von der Gefangenen kam zunächst keinerlei Reaktion. Er räusperte sich erneut. Lauter diesmal. Wieder nichts. Schließlich streckte er seine Hand aus und berührte ihre Schulter. Mit unglaublicher Geschwindigkeit rutschte sie alleine wegen seiner zarten Berührung von ihm weg, hob gleichzeitig den Kopf und starrte ihn entsetzt an.
„Hab keine Furcht“, sagte er vorsichtig und zog seinen Arm zurück. „Ich will dir nicht weh tun.“ Er langte hinter sich und zog den Wassereimer mit der Schöpfkelle nach vorne, so dass sie beides sehen konnte. „Ich bringe dir Wasser.“
Er war sich nicht sicher, ob sie ihn verstanden hatte. Tiefbraune Augen musterten sein Gesicht eine, wie es schien, unendlich lange Zeit. Dann wanderte ihr Blick von ihm weg zu dem Eimer und verharrte. Bareil wartete, während sie den Eimer betrachtete.
Schließlich sah sie ihn erneut an. Etwas Fragendes war da in ihren Augen. Es erinnerte ihn beinahe an den Blick eines scheuen Lopets, unsicher ob es sich zur Flucht wenden sollte oder der ausgestreckten Hand mit dem Futter gefahrlos näher kommen konnte.
„Wasser“, sagte er vorsichtig und tauchte die Schöpfkelle in den Eimer und hob sie an, so dass sie sehen konnte, wie das lebenspendende Nass aus der Kelle heraus zu tropfen begann. „Du musst etwas trinken.“
Ihr Blick wanderte erneut von ihm weg und fixierte das tropfende Wasser, während sie sich unwillkürlich über die Lippen leckte.
Sie hat ein anziehendes Gesicht, durchzuckte es den Vedek. Nein, vielleicht war sie sogar schön, wenn man den Schmutz und ihre völlig verwirrten Haare außer Betracht ließ. Fast schalt er sich selbst für seine Gedanken. Sie war eine Gefangene der Cardassianer und benötigte seine Hilfe. Ganz sicher nicht, dass er sie angaffte und überlegte, ob er sie anziehend fand.
„Du musst trinken“, wiederholt er und hielt ihr die Kelle voller Wasser entgegen. Ihre Augen verengten sich plötzlich und sie schlug ihm die Kelle mit ihren gefesselten Händen aus der Hand.
„Ich nehme keine Almosen an. Nicht einmal von einem Vedek.“
Ihre Stimme war erstaunlich fest angesichts ihres offensichtlich geschwächten Zustands und von angenehmer Timbre.
Bareil sah erst fassungslos auf die am Boden liegende Kelle, dann wurde er gewahr, wie sie vornüber zu fallen drohte und fing sie auf. In diesem Moment sah er auch den riesigen dunklen Fleck, der fast den gesamten Schulterbereich ihrer braunen Jacke verfärbte.
„Du bist verletzt“, entfuhr es ihm unvermittelt, als er den Blutgeruch wahrnahm und hielt sie etwas mehr auf Abstand, um genauer ihre Schulter betrachten zu können. Im Zentrum des verfärbten Stoffes klaffte ein daumengroßes Loch, an den Rändern dunkel und der Jackenstoff geschmolzen.
„Du hast eine Schussverletzung!“
Sie stemmte sich trotz ihrer Fesseln von ihm weg und schloss die Augen. „Das geht dich nichts an. Lass mich einfach zufrieden.“
Sie rollte sich bereits wieder an der Wand zusammen und schloss ihn damit aus. Eigentlich war es völlig respektlos ihn, einen Vedek, einfach so zu duzen. Er sollte aufstehen und diese Frau ihrem Schicksal überlassen, die so offenkundig seine Hilfe ablehnte, doch irgendetwas in ihm verhinderte, diesem ersten Impuls nachzugeben. Stattdessen ergriff er erneut die Kelle, tauchte sie in das Wasser und berührte mit deren Rand sacht ihre aufgesprungenen Lippen. Er sah, wie sich ihre Lieder erneut öffneten und ihn überrascht ansahen.
„Trink!“ sagte er und kippte die Kelle ein wenig, so dass das Wasser ihre Lippen benetzten. „Bitte, du musst einfach etwas trinken.“
Während sie ihn immer noch ansah, öffnete sie ihre Lippen und begann in gierigen Zügen das Nass in sich aufzunehmen. Unwillkürlich lächelte er.
„Das ist schon besser.“
Sie trank die gesamte Kelle aus und noch eine zweite, die er ihr anbot.
„Du hast offensichtlich eine Menge Blut verloren. Es ist gut, dass du getrunken hast. Das wird helfen.“
„Helfen?“ Ihre Stimme war voller Sarkasmus und schwankte dennoch unüberhörbar. „Wobei?“
Bareil sah sie geduldig an.
Ihre dunklen Augen gewannen etwas an Glanz, bevor sie sich unwillkürlich mit den gefesselten Händen über die Lippen wischte. „Haben Sie dir nicht gesagt, dass ich eine Terroristin bin, Vedek? Das Wasser wird nur dafür sorgen, dass ich nicht krepiere, bevor wir unseren Bestimmungsort erreichen. Dort sterbe ich sowieso. Warum es also hinauszögern?“
„Auch wenn du glaubst, was du sagst“, erwiderte Bareil ruhig. „Ich tue es nicht. Ich weiß, was ihr Freiheitskämpfer riskiert, um zu versuchen, Bajor von den Unterdrückern zu befreien. Lass´ mich dir helfen.“
Sie schloss erneut die Augen und schüttelte den Kopf.
„Ich werde in einer Stunde wiederkommen“, sagte er leise, so dass nur sie es hören konnte. „Und Prylar Beck mitbringen, er kann helfen.“

Der Glinn kniete neben der zusammengerollten Gestalt und ließ seinen Scanner mehrmals über die Bajoranerin schweben, ehe er mit einem fragenden Blick zu seinem Vorgesetzen und den beiden bajoranischen Geistlichen aufsah, die hinter ihm standen.
„Keinen Zweifel, Sir, sie ist tot. Wahrscheinlich der Blutverlust. Ich empfange keinerlei Vitalfunktionen mehr auf dem Tricorder.“
Der cardassianische Offizier verzog das Gesicht, als er die Worte hörte und wendete sich dann an Vedek Bareil. „Nicht wirklich ein Verlust, aber wir hätten sie gerne der cardassianischen Justiz zugeführt, um wenigstens noch ein paar nützliche Informationen aus ihr heraus zu holen. Wie auch immer.“ Der Offizier zuckte die Schultern. „Ich muss jetzt mit den anderen Gefangenen aufbrechen. Sorgen Sie dafür, dass der Rest dieses Abschaums“, er versetzte der leblosen Gestalt vor sich einen heftigen Fußtritt. „Verbrannt wird. Oder was immer Sie mit Ihren so Toten anstellen.“ Er gestikulierte dem Glinn, der sich sofort erhob und den Tricorder wieder wegsteckte. „Wir marschieren ab. Lassen Sie die übrigen Gefangenen antreten.“
Kaum dass sich die beiden Cardassianer entfernt hatten, kniete sich Bareil hin, drehte die Frau vorsichtig auf den Rücken und strich ihr das wirre Haar aus dem leichenblassen Antlitz. Er betrachte ihr starres Gesicht einen Moment, eher er sorgenvoll zu dem Prylar hinauf blickte. „Seid Ihr sicher?“
„Ich habe ihr nur eine kleine Dosis gegeben, Vedek. Alleine die Propheten wissen jedoch…“ Beck verstummte, als er kurz den gequälten Blick des Vedek sah, der bereits wieder zu der Bajoranerin zurück gekehrt war, die wie tot vor ihnen lag. Dann räusperte sich der Prylar. „Ich bin eigentlich sicher, dass es sie nur kurzfristig in den Scheintod versetzt hat, trotz ihres geschwächten Zustandes, Herr. Wir sollten sie schnell von hier weg ins Kloster bringen, damit ich ihr das Gegenmittel verabreichen kann.“
Beck kniete sich neben Bareil, der die schlaffe Hand der Fremden ergriffen hatte und deren Handrücken sanft mit seinem Daumen streichelte ohne seine Augen von dem starren Gesicht der Frau zu lassen.
“Wir müssen Sie wegbringen, Vedek“, insistierte der Prylar und schob seine Arme unter den Oberkörper der Frau, um sie anzuheben. „Sie braucht das Gegenmittel und ich muss mich dringend um ihre Verletzungen kümmern. Sonst wird sie tatsächlich sterben.“
Bareil ließ die Hand der Frau los und starrte Beck einen Moment an, als erwache er aus einem Traum. „Natürlich“, sagte er plötzlich und blinzelte. „Sie haben völlig Recht. Wo war ich nur mit meinen Gedanken? Sie“, er sah noch einmal auf die Bajoranerin hinab und half dann Beck, sie auf die Arme zu nehmen. „Hat mir ihr Leben anvertraut. Ich darf und werde sie nicht enttäuschen.“


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