TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

III. Dunkle Zeugung

von Racussa

In der Bar

Captain Picard, begleitet von Guinan, auf kurzem Landurlaub in Quarks Bar.

„Wenn ich schon solche gepanschten Cocktails trinken muss, statt mich an köstlichem Rotwein zu erfreuen, dann lieber bei Ihnen als in dieser Halsabschneiderspelunke.“

 

„Captain!“, antwortete sie, „es war doch ein guter Rat von Counselor Troi, einmal ein bißchen vom Schiff herunter zu kommen, neue Leute zu treffen und auszuspannen. Der Krieg hat uns alle viel gekostet, wir müssen jetzt auch an unsere Zukunft denken, an Aufbau und neue Horizonte.“ Sie nippte an der in vier Schichten übereinander getürmten Flüssigkeit in ihrem vierzig Zentimeter hohen und drei Zentimeter im Durchmesser großen Cocktailglas.

 

Als Captain Picard von seiner Pinha Colada trank, blieb ihm etwas Schlagobersschaum an der Oberlippe kleben.

 

„Captain, ich muss Sie dienstlich berühren!“, meinte Guinan, als sie mit ihrem linken Mittelfinger den Schaum abwischte und sich in ihrer Serviette abtrocknete.

 

„Was für ein Hut! Mylady, bitte gestatten Sie mir, Sie auch von vorne zu betrachten!“

 

Picard zuckte zusammen, als er den Cardassianer sah.

 

Er hat schon viel für uns getan, aber ich traue ihm nicht. Und ich mag diese Station nicht. Dieser Sisko, der sich mir gegenüber wie ein aufsässiges Kind benahm, als ich ihm hier die Verantwortung gab. Und jetzt diese Närrin, die meint, ihre Untergrunderfahrung befähigte sie zur Leitung einer solchen Station. Wenn der Präsident nicht den ‚Sozialen Frieden‘ auf seine Flaggen geschrieben hätte, jetzt, nach dem er den sektoralen Frieden erreicht hat, dann würde ich mir hier einen starken Föderationscaptain wünschen. Oder eine Frau? Captain Lysistrate zum Beispiel, oder Janeway, aber doch keine Bajoranerin.

 

„Captain, entschuldigen Sie, wenn ich mich vorstelle. Mein Name ist Garak.“, meinte mit freundlichem Lächeln auf dem Gesicht der Cardassianer, der Picard aus seinen Gedanken riß.

 

Picard nippte noch einmal mißmutig an seinem Getränk und reichte ihm dann die Hand. „Sie sind mir von Berichten her bekannt. Ich dachte, Sie wären nach Cardassia Prima zurückgekehrt, um dort am Aufbau der neuen Diktatur mitzuhelfen.“

 

Guinan verdrehte die Augen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, antworte Garak.

 

„Captain, ich habe viele Jahre als Schneider auf dieser Station verbracht. Deshalb finde ich auch den Hut ihrer bezaubernden Begleiterin äußerst faszinierend. Auch wenn das Kleid leider in der Qualität mit dem Hut nicht mithalten kann. Hätte ich Zeit, würde ich gerne eine passende Kreation entwerfen.“

 

Guinan lächelte: „Das ist sehr reizend von Ihnen, Herr Garak. Leider brechen wir in wenigen Stunden zu unserer nächsten Mission auf; und so schnell werden Sie wohl nichts fertig haben?“

 

Der Kerl ist mindestens ein Doppelagent. Schon Robespierre sagte ‚Traue niemandem, der in zwei Revolutionen mitgekämpft hat.‘ Und jetzt macht er sich auch noch an Guinan heran.

 

„Ich bin schon länger nicht mehr als Schneider tätig. Und auch wenn die neue Regierung auf Cardassia Ihnen, Captain, wie eine Diktatur erscheinen mag, in Zeiten der Not muss man alle Kräfte des Staates zum Wiederaufbau koordinieren. Mein Volk hat in diesem Krieg – auch von Seiten der Föderation – gigantischen Schaden erlitten. Ich bin dankbar, dieser Regierung in einer verantwortungsvollen Position dienen zu können. Aber ab und zu habe ich auch Urlaub, und dann komme ich gerne hierher zurück um alte Freundinnen und Freunde zu treffen.“

Guinan wandte sich an die mit einer durchsichtig-orangefarbenen Tunika bekleidete Bardame: „Unser cardassianischer Gast bekommt einen Mineur Surprise.“ Und dann, zu Garak gewandt: „Für Ihr Kompliment über meinen Hut verzeihe ich Ihnen die Beleidigung meines Kleides und lade Sie auf diesen Cocktail ein. Er besteht zu drei Teilen aus Kanar, einem Teil irdischem Kaffeelikör und zwei Teilen Fructosesirup, bekrönt mit einer karamelisierten Zuckerschicht, in die Krokant eingeschmolzen ist. Sie müssen erst diese zarte Decke mit ihrer Zungenspitze durchrechen, ehe sie an die trüb schwarz-braune Flüssigkeit gelangen. Das ist so, wie viele Arbeiter in den Minen hier auf Grundwasser stießen. Nur, dass das Getränk für Sie eine Erfrischung, für die meisten von den Minenarbeitern den Tod bedeutet.“

 

Garak zwang sich zu einem Lächeln, während Picard grinsend einen großen Schluck Pinha Colada trank; und sich diesmal selbst den Mund abwischte.

 

Und ich dachte schon, sie fällt auf diesen Schleimer herein. Er ist sicher im Obsidianischen Orden tätig, ganz der Sohn seines Vaters.

 

Als die Kellnerin mit einem kleinen Knicks das Glas mit der erdölfarbenen Flüssigkeit auf einem Tablett vor Garak stand, nickte er ihr zu und ergriff das Glas: „Auf die Föderation und Cardassias Frieden mit ihr!“

 

Guinan und Picard hoben ebenfalls ihre Gläser. Als alle einen Schluck getrunken hatten, setzte Garak fort: „Ist es nicht erstaunlich, wie friedlich unser Quadrant geworden ist: El Aurianer und Menschen, Bajoraner und Cardassianer, sogar Romulaner und Remaner können hier auf Augenhöhe miteinander sprechen oder Dabo spielen.“ Er deutet auf eine Romulanerin in Begleitung eines großen Remaners an einem der hinteren Tische. „Dem Remaner sollten Sie den Bergarbeitercocktail, der übrigens hervorragend schmeckt, lieber nicht anbieten.“

 

„Wer sind diese Leute?“, fragte Picard, der sich erneut nach dem seltsamen Paar umdrehte, das plötzlich den Blick von ihm abwandte.

 

„Ich bin ein cardassianischer Besucher, nicht mehr der Stationsschneider, dem jeder alles erzählte. Aber zufällig habe ich gehört, dass die beiden mit einem rigelianischen Handelsschiff gekommen sind, angeblich auf der Suche nach archäologischen Artefakten.“

 

Archäologisch?

 

„Aber, Captain Picard, Sie kennen ja das cardassianische Sprichwort: es ist leichter im Zentrum eines schwarzen Loches Menuett zu tanzen, als einem Romulaner seine wahre Absicht zu entlocken“ Er wandte sich nun deutlicher Guinan zu und machte noch einen Schritt näher: „Darf ich ihren Hut einmal anfassen. Mich interessiert das Material, durch dass er so steif wird.“

 

„Und ich dachte, ich hätte gehört, dass Sie mehr auf Männerkleidung spezialisiert sind.“, warf Picard ein, um Guinan vor der Berührung zu retten.

 

Just in diesem Moment kam eine Gruppe Sternenflottenoffiziere herein, aus der sich ein Arzt löste und direkt auf Captain Picard zu kam: „Captain Picard, was für eine Freude, Sie hier zu treffen. Und Sie müssen sicher Guinan sein, die berühmteste Barkeeperin der Raumflotte, vor allem, wenn man bedenkt, dass Sie keine Gegenleistung für Ihre Dienste verlangen.“

 

„Mein Volk hat in diesem Universum so viel Gutes empfangen, dass ich gerne einiges zurückgeben möchte, Doktor!“ Guinan hob freundlich ihr Glas und nippte daran.

 

Hat er grade mit seinem kleinen Finger die Hand des Cardassianers gestreichelt?

 

„Und was für ein Zufall, Garak, Sie hier zu treffen. Sind Sie nicht immer auf Cardassia? Wie ist das Wetter dort? Und wer wird den diesjährigen Literaturpreis gewinnen? Ich möchte ja in dieser Runde gar nicht stören, aber ich könnte natürlich kurz auf ein Getränk bleiben, wenn Sie mich schon so freundlich darum bitten. Ryelta, ich nehme einen doppelten Briano!“ Er zwinkerte der Barkeeperin zu, die verschwörerisch zurücklächelte. „Haben Sie übrigens schon von meinem neuen Projekt auf Kubala 69 gehört, Captain Picard?“

 

Er hat ihn schon wieder berührt, dass kann doch kein Zufall sein. Aber diese heuchlerische Echse rührt sich nicht und tut so, als bemerkte sie gar nichts. Autsch.

 

Als Picard sich umwandte, um zu sehen, woher der Schmerz in seiner Hüfte kam, sah er nur die lachenden Föderationsoffiziere, ein paar Dabomädchen, drei Orioner, die mit Morn diskutierten und das seltsame Paar aus Romulanerin und Remaner, die aber die Bar verließen. Er rieb sich die Hüfte.

 

„Haben Sie Schmerzen, Captain? Ich könnte den leitenden medizinischen Offizier der Station sicher bitten, mir die Krankenstation für eine kurze Untersuchung zu leihen. Oder ich könnte gleich hier ein paar Untersuchungen durchführen. Wo habe ich nur meinen Tricorder?“

 

Guinan blickte auf den hektisch an seiner Umhängetasche herumfummelnden Arzt: „Haben Sie ihn nicht in Ihrer Uniform eingesteckt?“

 

Garak verschluckte sich fast, doch er brach das Schweigen: „Sicher nicht, das ist...wahrscheinlich die Taschenlampe von Doktor Bashir. Einen Tricorder würde man ja auch nie in die Hosentasche einstecken.“

 

„Wie dumm von mir! Und Tricorder sind ja auch schon lange nicht mehr klein und rund.“, grinste Guinan Garak ins Gesicht.

 

Inzwischen hielt der Doktor den in seiner Hängetasche doch aufgetauchten Tricorder hoch. „Sehen Sie, da ist er ja…äh…ich kann Sie gleich untersuchen.“

 

Picard winkte ab: „Das ist doch nicht nötig. Es geht schon wieder. Wahrscheinlich nur eine falsche Bewegung!“

 

„Gibt es hier Insekten? Ich meine, die kleinen herumfliegenden?“, fragte Bashir, als er von seinem Tricorder aufblickte, „Denn irgendetwas hat sie gestochen, Captain. Es ist nur ein sehr feiner Stich, aber es tritt etwas Blut aus. Und möglicherweise haben Sie sich eine Infektion zugezogen. Auf Barquelos 3 habe ich einmal ein Erlebnis mit einer schilfrohrflüssigkeit- und menschenblutsaugenden viergeschlechtlichen Riesenlibellenart gehabt, die im Rahmen Ihres Sexuallebens zahlreiche Krankheitserreger von Pflanzen auf Menschen und zurück übertragen hat.“

 

Garak trank in einem großen Schluck seinen Cocktail aus, als die Barkeeperin mit einem angedeuteten Knicks dem Doktor ein winziges Glas mit honiggelber Flüssigkeit brachte. „Ich denke, Doktor, der Captain ist an Bord der Enterprise bestens medizinisch versorgt. Vielleicht möchte er ja dorthin zurückkehren?“

 

„Eine gute Idee, es ist ohnehin schon spät, und ich möchte die Teestunde nicht versäumen. Meine Herren!“ Picard nickte und bot Guinan seinen Arm. Sie trank überrascht ihren Cocktail aus und ergriff Picards Arm. Im Gehen wandte sie sich nochmals zu Garak und Bashir um: „Doktor, ich denke unseren cardassianischen Freund interessieren Ihre Geschichten über insektisches Sexualleben sicher sehr. Es hat mich gefreut, Sie beide so kennenzulernen.“

 

Als die beiden gegangen waren, zog Bashir Garak in den dunkleren Teil bei der Dartscheibe. Nach einem Blick, ob niemand direkt hersähe oder in der Nähe stand, flüsterte er, während er nach den kleinen Pfeilen griff: „Ich habe dich so vermißt. Wir dürfen nie wieder so lange warten, bis wir uns wiedersehen. Ich muss noch ein paar Minuten hier bleiben, aber dann sehen wir uns in Gästequartier 7, der Eingangscode ist 080379. Ich gwehe in eine Holosuite und beame mich dann zu dir, damit du zufrieden bist.“ Bashir warf einen Pfeil und traf genau ins Schwarze.

 

Da eine Kellnerin vorbeiging, sagte Garak laut: „Gratuliere Doktor, Ihre Zielstrebigkeit hat sich nicht verändert. Ich bin ein sehr beschäftigter Mann und die Reise von Cardassia hierher hat mich erschöpft. Ich werde mich etwas ausruhen gehen.“ Da die Kellnerin verdächtig lange mit dem Abräumen von Gläsern auf dem Nachbartisch brauchte, fügte Garak hinzu: „Aber es wäre schön, ein bißchen über die gute alte Zeit zu Plaudern. Vielleicht beim Abendessen? In vier Stunden?“

 

Bashir verstand: „Sagen wir besser in sechs, denn ich möchte vorher noch etwas Sport machen.“

 

Garak grinste kaum merkbar, und als die Kellnerin endlich alle Gläser sorgfältig auf ihrem Tablett austariert hatte, schloss er: „Gut, dann in sechs Stunden, Doktor. Und gutes Gelingen. Mögen Ihre Pfeile immer das Ziel treffen.“

 

 

 

 

 

 

Rezensionen