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Vermissen oder Hoffen?

von SF-IA

1 - Volltreffer

»Meldung!«, befahl der Captain und blickte mit verdutzter Skepsis auf das gewaltige Loch, das sich vor ihm bot an der Stelle, wo sich für gewöhnlich der Hauptschirm der Brücke hätte befinden sollen. Nachdem die Torpedosalve unaufhaltsam durch die Schilde und die dreifache Duraniumlegierung gebrochen war und Deck 1 verwüstet hatte, musste Picard mit ansehen, wie sein Steuermann, Lt. Banson, durch die gigantische Macht des eisigen Weltraums hinausgeblasen wurde, kurz bevor sich das Kraftfeld der Stärke sechs automatisch aktivierte, und ihn und die restlichen anwesenden Offiziere vor demselben grässlichen Schicksal des Erfrierens in der tiefen Schwärze des Weltraums bewahrte. Für den Moment waren sie in Sicherheit, zumindest solange die internen Sicherheitssysteme, die die Kraftfelder speisten, mit ausreichend Energie versorgt wurden.

Der remanische Warbird Scimitar flog eine steile Backbordkurve, bis seine bedrohliche Schnauze direkt auf die Enterprise ausgerichtet war, und wie ein gieriges Raubtier bedacht und unbeugsam zugleich auf seine erlegte Beute zusteuerte.

Es dauerte einen Augenblick, bis die Brückenoffiziere den Schock im Angesicht des nahen Todes verarbeitet hatten. Aber nach nur wenigen Sekunden der Panik, Verwirrtheit und Desorientierung aufgrund des immensen Druckabfalls legte sich wieder die vom Captain erwartete Betriebsamkeit über die Brücke.

Verschiedene Abteilungen führten Schiffs- und Systemdiagnosen durch, tauschten flüsternd Informationen und Daten aus, bis schließlich Lt. Commander Data Bericht erstattete: »Unsere Reserven an Photonentorpedos sind erschöpft, Phaserbänke sind runter auf vier Prozent, Sir.«

Der kurzzeitige Temperaturabfall auf den absoluten Nullpunkt zeichnete sich deutlich in Captain Picards Gesicht ab. Seine Wangen und die Stirn waren rötlich verfärbt und fühlten sich an, als wurden sie von tausenden atomarer Eispickel durchbohrt. Doch jetzt war nicht die Zeit, sich mit dieser Unannehmlichkeit auseinanderzusetzen. Ein Blick auf den riesigen Hüllenbruch und die heranpirschende Scimitar genügten, um ihn den Schmerz sofort vergessen zu lassen. »Und wenn wir all unsere Phaser auf ein Ziel programmieren?«, fragte er und konstruierte hinter seinem geistigen Auge bereits einen Gegenschlag. Die Enterprise mochte in einem miserablen Zustand sein, aber sie war gewiss keine leichte Beute für Shinzon.

»Die Schilde der Scimitar sind noch bei siebzig Prozent«, rief La Forge vom hinteren Teil der Brücke, nachdem die Sensoren die Analyse vollendet hatten. Kopfschüttelnd dreht er sich zu Picard um. »Das würde nichts bewirken, Captain.«

Diese Antwort war keineswegs zufriedenstellend. Aber sie mussten mit den Gegebenheiten zurechtkommen und es hätte nichts gebracht, den Plan, den der Captain gerade noch entwickelte, weiter zu verfolgen. Er musste sich etwas anderes einfallen lassen. Etwas Besseres, und das so schnell wie möglich. Picard spürte, wie Shinzon ihn von der Brücke aus mit einem hämischen, triumphierenden Lächeln belegte.

Deanna Troi hatte den Platz des Steuermanns eingenommen, was in Anbetracht des Ablebens von Lt. Banson nicht unbedingt angenehm für sie war. Doch auch sie hatte sich längst mit der Situation abgefunden und ging mit der größtmöglichen Professionalität an die Sache heran. Wenngleich es eine ihrer Hauptaufgaben als Schiffscounselor war, den Crewmitgliedern in schwierigen Momenten zur Seite zu stehen, sie zu bestärken und zu motivieren, ihnen mit einem klugen Rat zur Seite zu stehen, bestand ihre oberste Priorität jetzt gerade aus der Steuerung der Enterprise . Sie musste jeden Befehl ihres Vorgesetzten so schnell und exakt wie nur möglich auszuführen. »Was hat er vor?«, flüsterte, sie als Picard neben ihr verharrte und sie beide die Scimitar mit einem untersuchenden Blick musterten.

»Er will mir in die Augen sehen.« Noch während Picard diese Worte sprach, kam ihm eine neue Idee. »Jetzt haben wir ihn«, sagte der Captain in einer Weise, die bei seinen Offizieren auf offene Ohren stieß. Er lief zurück zu seinem Kommandosessel und schenkte der Scimitar einen durchtriebenen Blick, als hätte er mit bloßem Auge die größte Schwachstelle Shinzons entdeckt. Diesmal wusste er genau, dass seine Nemesis nicht einmal annährend ahnte, was er beabsichtigte. Er ließ sich langsam in seinen Sessel nieder und verkündete den Anwesenden jene Schwäche ihres Gegners in einem einzigen Satz: »Er glaubt, dass er ganz genau weiß, was ich tun werde.«

Rasch schweifte Picards Blick rüber zum Chefingenieur La Forge, der erwartungsvoll auf eine detailliertere Erklärung des Vorhabens wartete, stattdessen jedoch einen Befehl zugeworfen bekam.

»Geordi, die Energie in den Antrieb umleiten, wenn nötig aus dem Lebenserhaltungssystem; alles was Sie haben!«

Sofort begann La Forge damit, Befehle in die Konsole einzugeben. Er rief das technische Subsystem für den Antrieb auf und führte eine Energieumverteilung anderer Systeme durch. Als ob der Captain es geahnt hätte, musste er auch einen Teil der Lebenserhaltung dazu nutzen, um den Impulsantrieb vollumfänglich mit Energie zu speisen. Zugleich gab er eine Statusmeldung an die Sicherheit und technische Kommandostation im Maschinenraum, dass die Decks zwei bis sechs nur noch unzureichend mit Sauerstoff und Stickstoff versorgt wurden und eine Evakuierung eingeleitet werden musste. »Fertig, Captain.«

Ein deutlich hörbarer Signalton erklang und Picard wusste genau, was das langgezogene Surren zu bedeuten hatte.

»Wir werden gerufen, Captain«

Genau im richtigen Augenblick, dachte Picard. »Deanna, halten Sie sich bereit«, rief er ihr zu. Innerlich schmerzte ihn der Gedanke daran, dass er ihr gleich jenen Befehl geben musste, der in ihr ein unwillkommenes déjà-vu hervorrufen würde.
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