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Die wahre Bedeutung von Einsamkeit

von Trini

Kapitel 1

Meine Hoffnung soll mich leiten, durch die Tage ohne Dich
Und die Liebe soll mich tragen, wenn der Schmerz die Hoffnung bricht.
Lacrimosa


"Chakotay sah ich das erste Mal auf einem Bild. Admiral Paris überreichte es mir. Als ein Anhänger des Marquis sollte ich ihn wegen seiner Taten so schnell wie möglich vor Gericht stellen. Doch es es kam alles anders. Durch ein unvorhersehbares Ereignis wurde er mein Erster Offizier. Von Anfang fühlten wir uns zueinander hingezogen. Als wenn es das Schicksal gewollt hätte, dass wir uns im Delta-Quadranten begegnen. Unsere Beziehung wurde zwar auf beruflicher Basis begründet, doch mit der Zeit stellte Chakotay mehr für mich dar, als nur mein Erster Offizier. Er war mein engster Vertrauter und mein bester Freund."


Rückblick: Neue Erde

Der Wind rauschte durch die Bäume und ließ die Blätter tanzen. Die untergehende Sonne tauchte die sommerliche Umgebung in angenehmes rot. Irgendwo in den Ästen eines Baumes saß ein kleiner Affe, der gespannt die Siluetten zweier Personen beobachtete. Neugierig lauschte das kleine Geschöpf ihren Worten.

"Das ist unsere letzte Nacht auf der Neuen Erde. Ich werde das Leben hier vermissen", sprach die Frau mit den langen, rotblonden Haaren.

"Sicher ist es besser so. Dein Herz war immer auf der Voyager. . . Ich akzeptiere das. Aber du weißt, dass ich immer für dich da sein werde, wenn du mich brauchst", antwortete der dunkle Mann mit seiner sanften Stimme.

"Ich weiß, Chakotay. Gib mir einfach nur Zeit. Vielleicht werde ich eines Tages aus der Rolle des Captains schlüpfen können, und dann wirst du selbst auf der Voyager die Kathryn erleben, die du hier auf der Neuen Erde hattest."

Das Äffchen spürte, dass nun grosse Veränderungen im Gange waren. Es konnte die Traurigkeit in ihren Stimmen hören und in ihrer Körpersprache erkennen. Zu sehr hatte es sich schon an die beiden unbehaarten Zweibeiner gewöhnt. Sie waren jetzt ein Bestandteil seiner natürlichen Umgebung. Interessiert hatte es miterlebt, wie die Beziehung zwischen beiden hier auf seinem Planeten gewachsen war. Am Anfang empfanden sie noch Unbehagen in der Gegenwart des anderen. Etwas Unausgesprochenes schien zwischen ihnen gestanden zu haben. Doch das änderte sich nach einem schlimmen Plasmasturm. Viel häufiger hatten sie sich seit diesem Ereignis berührt, miteinander gelacht oder einfach nur zusammen gesessen und den Sonnenuntergang beobachtet. Wie heute... aber doch irgendwie anders. Der kleine Affe wollte es das Gefühl nicht loswerden, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.

Die Sonne senkte sich langsam hinter den Wipfeln der Bäume und tauchte die Umgebung in Dunkelheit. Das Äffchen begab sich in seine Behausung und ließ den Mann und die Frau in der Schwärze der Nacht zurück.



"Er sorgte sich um mich, versuchte meine Last der Verantwortung zu erleichtern. Er war immer da, wenn ich seine Unterstützung brauchte. Er war derjenige, der mich vor der Einsamkeit meines hohen Postens bewahrte. Und ich? Ich zeigte nie, wie sehr ich seine Bemühungen schätzte. Kein Wunder, dass er sich mit der Zeit von mir abgewendete. Mir hätte es auch nicht gefallen, ständig abgelehnt und enttäuscht zu werden. Diese Spannung zwischen uns wurde für unsere Freundschaft zum Verhängnis. Seine Nähe trieb mich zur Flucht, obwohl ich mich immer nach seiner Gesellschaft sehnte. Es ist alles meine Schuld. Ich habe es zugelassen, dass der Captain in mir sich zwischen uns stellte. "


Rückblick: Kasino

Im Kasino herrschte eine ausgelassene Stimmung: Es wurde getanzt, gelacht, aber vor allem von Neelix' Kreationen probiert. Die Erste Nacht zu Prixin, das Erntedankfest der Talaxianer, war wieder eine begrüßende Abwechslung vom routinemäßigen Lebensablauf im Deltaquadranten. Viele Offiziere hatten sich in den besten Kleidungsstücken präsentiert. Nur Captain Janeway und Tuvok waren in Sternenflottenuniform erschienen.

"... und der monatliche Abteilungsbericht von B'Elanna muss morgen noch einmal genau unter die Lupe genommen werden." Damit beendete Janeway ein berufliches Gespräch mit Chakotay. Eigentlich hatte sie jetzt vor, in ihren Bereitschaftsraum zu gehen, um sich über ein neues Projekt der interstellaren Kartographie zu informieren, doch sie wurde von Neelix aufgehalten.

"Ah, Captain, Commander, haben Sie schon eine von diesen Kokonkaröllchen probiert? Sie sind wirklich köstlich!" Typisch für Neelix, dass er Werbung für seine meist eigenartig schmeckenden Mahlzeiten machte. Janeway sowie Chakotay hatten natürlich bereits von den fühlingsrollenartigen Kreationen probiert... Und so berauschend hatten sie nicht geschmeckt. Daher lehnten beide einen zweiten Versuch ab. Nachdem sich Neelix weiter zu den anderen Gästen aufmachte, blieben Janeway und Chakotay an der Bar stehen und beobachteten den lustigen Versuch einiger Tanzpaare, den Rhythmus der Musik zu folgen. Besonders Tom und B'Elanna waren keine talentierten Tänzer. Dabei sprach weder Janeway, noch Chakotay ein Wort. Die beruflichen Themen waren alle schon abgeharkt.

"Darf ich Sie zu einem Tanz auffordern, Captain", versuchte Chakotay die Situation zu entspannen. Doch Janeway hatte andere Pläne. Sie wollte nicht ihre wertvolle und knappe Zeit verschwenden. Sie lehnte daher Chakotays Aufforderung mit der Entschuldigung ab, dass sie sich noch um das Projekt der interstellaren Kartographie kümmern müsse und verließ dann den Raum.



"Ich dachte immer nur an die Arbeit und an das Wohl der gesamten Crew. Aber habe ich jemals an unser Wohl gedacht? Habe ich jemals seine Gefühle beachtet, als ich ihn immer und immer wieder ablehnte? NEIN! Ich war wie eine Arbeitsmaschine ohne einen Hauch von Menschlichkeit. Und ich war es, die Seven das Menschsein lehren wollte. Eine schöne Lehrerin muss ich gewesen sein! Kein Wunder, dass ihre Entwicklung in eine ganz andere Richtung verlaufen ist. Der Blinde führt den Blinden...
Ich habe mir einreden wollen, dass ich Chakotay nicht liebte, dass ich ihn nicht lieben durfte. Als Captain muss man eben einen gewissen Abstand zu der Crew bewahren, um seine Integrität nicht zu verlieren. Immer habe ich verdrängt, was ich ihn und mir mit meinem sturen Grundsatzverhalten angetan habe.
Warum habe ich gerade bei Chakotay so sehr am Protokoll festgehalten? So oft habe ich schon gegen die Erste Direktive verstoßen. Die Zerstörung der Phalanx der Fürsorgers war nur ein Beispiel. Warum ausgerechnet bei der Beziehung zu Chakotay? Ich bin doch so dumm und kurzsichtig gewesen. Ein Feigling, der sich nicht traute, seinen wahren Gefühlen entgegenzutreten. Und nun, nun ist es zu spät."


Rückblick: Krankenstation

Captain Janeway betrat das Revier des Doktors. Das schrille Notlicht ließ den sterilen, menschenüberfüllten Raum unangenehmer wirken. Doch sie schenkte dieser Kleinigkeit keine Beachtung. Sie konnten froh sein, dass die Voyager als ein Ganzes erhalten geblieben war, denn man traf nicht alle Tage auf einen so starken und unberechenbaren Ionensturm. Durch Tom Paris vorbildliches Verhalten war eine Notlandung auf einem eisigen Planeten geglückt. Nun würden sie vielleicht Wochen in dieser unheimischen Umgebung verbringen, um nur das Notwendigste zu reparieren. Aber das war nicht das Schlimmste. Es waren die vielen Verletzten, darunter auch Chakotay.

Mit professioneller Miene trat ihr der Doktor entgegen."Es tut mir wirklich leid, Captain. Ich kann unter den gegenwärtigen Umständen nichts mehr für ihn tun. Er hat zu viele innere und äußere Verletzungen. Selbst wenn meine ganzen Geräte noch funktionstüchtig wären, könnte ich ihn sicherlich nicht retten."

Unfähig, nur eine Bewegung zu vollbringen, stand Janeway einfach nur da und starrte das Hologramm an. Der Schock war ihr sichtlich ins Gesicht geschrieben. Immer mehr wich die Rationalität des Captains und die verletzliche Frau Kathryn kam zum Vorschein. Der Doktor legte unterstützend seine Hand auf ihre Schulter und fuhr fort: "Er hat noch einen Wunsch geäußert. Er möchte mit Ihnen sprechen."

Kathryn nickte geistesabwesend und wurde dann in einen separaten Raum geführt. Und dort lag er: So verletzlich und schwach hatte sie ihn noch nie gesehen... ein schrecklicher Anblick. Nachdem das Hologramm das Zimmer verlassen hatte, näherte sie sich langsam dem Biobett und beugte sich über Chakotay. Mit schmerzverzerrtem Gesicht flüsterte er kaum hörbar: "Der Doktor hat mir meinen Zustand erklärt." Kathryn ergriff seine Hand. Sie gaben sich nun gegenseitig Beistand. "Aber bevor ich sterbe, sollst du eines wissen...Ich... ah...Ich liebe Dich."

Jetzt war es endlich ausgesprochen, doch warum gerade in den letzten Augenblicken seines Lebens? Ein Kloß bildete sich in Kathryns Hals und sie musste gegen ein Schwindelgefühl ankämpfen. Nun flossen die Tränen unaufhaltsam über ihre Wangen. Sie legte ihren Kopf auf den Oberkörper ihres Ersten Offiziers und strich mit ihrer Hand sanft durch sein kurzes, dunkles Haar. Ihre andere Hand war immer noch in fester Umklammerung mit Chakotays. Sie merkte, wie sein Atem immer flacher und unscheinbarer wurde, wie der Druck seiner Finger nachließ.



"Ich habe mir nie eingestehen wollen, dass ich mehr als nur freundschaftliche Gefühle für ihn empfand. Erst nach seinem Tode ist mir bewusst geworden, was er für mich bedeutet hat und wie sehr ich ihn doch liebte. In der Vergangenheit hätte ich nie erwartet, dass es so enden könnte. Und jetzt ist er tot. Jetzt ist alles zu spät. Er weiß noch nicht einmal, das ich ihn auch liebe und immer geliebt habe."


Rückblick: Kasino

Ein großer Teil der Voyagercrew war im Kasino versammelt, um dem Ersten Offizier Commander Chakotay die letzte Ehre zu erweisen. Kathryn war den ganzen Abend auffallend ruhig gewesen und hatte nur das getan, was von ihr als Captain erwartet wurde: Sie hatte die Trauerrede gehalten und durch den Abend geführt. Die Crew sollte nicht merken, wie sehr sie Chakotays Tod mitnahm. Als Captain wollte sie keine Schwäche zeigen. Doch in ihrem Inneren fühlte sie sich allein, selbst unter einer großen, beklemmenden Menschenmenge. Es war sehr beengend. Von allen Seiten sprachen Crewmitglieder ihr Beleid aus, fragten, ob es ihr gut ginge. Menschen redeten zu ihr aus der Ferne, doch sie verstand ihre Worte nicht mehr. Sie nickte nur als Antwort. Kathryn wurde schwindlig. Lange würde sie es nicht mehr aushalten. Sie musste hier weg, sie musste raus, je weiter, desto besser. Die Enge der um sie ragenden Menschen wurde immer bedrohender. Schnell drängte sie sich Richtung Turbolift. Dort war sie allein und brauchte nicht mehr stark zu sein. Sie kauerte sich auf den Boden. Tränen rollten ihr über ihre Wangen und sie begann hysterisch zu schluchzen.



"Durch meine egoistische Entscheidung mussten wir beide leiden und konnten nie wirklich glücklich sein. Erst nach seinem Tod ist mir das bewusst geworden... Ironie des Schicksals. So kann man es doch nennen, oder?" Gegenüber von Kathryn saß eine Frau mit dunkelbraunen, gelockten Haaren und hörte aufmerksam zu. "Ich habe immer gedacht, ich sei allein hier im Deltaquadranten. Jetzt, wo ich tatsächlich die wahre Bedeutung von Einsamkeit erlebe, weiß ich, dass ich mich geirrt habe. Jetzt weiß ich, was es heißt, wirklich allein zu sein. Erst jetzt beginne ich langsam zu begreifen, was seine Freundschaft, was ER für mich bedeutet hat. Ich habe es immer für selbstverständlich gehalten, dass er an meiner Seite sein würde. Es war ein Irrtum..." Kathryn spürte, wie Tränen in ihr aufstiegen. Der Kloß im Hals verhinderte, dass sie weiterredete.

Die ganze Zeit war die Frau passiv geblieben, hatte nur zugehört und ausgewertet. Doch nun war sie im Begriff, Kathryn zur Weiterführung des Gesprächs zu motivieren. "Was tun Sie nun, nach dieser Erkenntnis?"

Kathryn steigerte sich in Wut hinein. Verstand diese Frau denn nicht, wie sie sich fühlte, was eigentlich hinter ihrem ganzen Verhalten steckte? Wer war sie eigentlich, dass sie ihr "kluge" Ratschläge erteilte? "Ich will es nicht verarbeiten. Es ist meine Schuld, dass wir nie glücklich waren und ich soll auch dafür leiden. Ich verstecke mich hinter der Arbeit, schließe mich stundenlang in meinen Bereitschaftsraum ein und lese die Berichte durch. Ich kontrolliere das Schiff von dort aus. So werde ich wenigstens nicht daran erinnert, dass nun Tuvok zu meiner Linken sitzt... Isolation ist eine gerechte Strafe."

Was machte sie eigentlich hier? Sie erzählte ihre intimsten Gedanken und Gefühle einem lächerlichen Hologramm von Counsellor Deanna Troi. Ein Hologramm? Was konnte ein Hologramm schon ausrichten? Warum hatte sie nur den Befehl des Doktors befolgt und unterzog sich dieser sinnlosen Therapie. Um ihre Isolation und Entfremdung von der Crew zu verhindern? Er war doch selbst nur ein Hologramm ohne jegliche Fähigkeit Gefühle zu erleben.

"Computer Programm beenden!" Janeway stand auf und verließ das Hologitter. Sie hatte keine Zeit für solche Spielereien...


Ende
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