TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

eMail für dich

von Amber, Emony

Woche eins

Bones

„Dieser verdammte Mistkerl!“

Wutentbrannt schritt Dr. Leonard McCoy in seinem Quartier auf und ab und fluchte dabei unablässig vor sich hin. An seinem Schreibtisch blieb er kurz stehen, nahm das Glas mit dem Bourbon und trank es in einem Zug aus.

„Von wegen, es kann nichts passieren, es sind nur drei Monate, ich hätte ja mitkommen sollen... pah! Da fliegt er einfach in den Weltraum, mit nichts an Bord als diesen Kurpfuschern und Idioten!“

McCoy schüttelte den Kopf und ließ den gestrigen Abend Revue passieren.

Er hatte sich mit seinem besten Freund, Jim Kirk - „Captain Kirk ...“, knurrte McCoy – gestritten. Oder angeschrien. Nichts hatte Jim umstimmen können, er wollte seinen verdammten Kopf durchsetzen und jetzt war er fort.

Der Arzt goss sich noch einen Whisky ein, seufzte und ließ sich auf sein Sofa fallen, auf dem er mit Jim unzählbar viele Abende verbracht hatte. Meist, um ihn erst zusammenzuflicken und dann zurechtzustutzen, manchmal auch umgekehrt.

„Jim, mach bloß keinen Scheiß da draußen ...“

Seine Wut verflog nach dem vierten – oder war es der fünfte? - Bourbon und Traurigkeit machte sich in seiner Brust breit. Er bedauerte, dass er am Morgen nicht zum Shuttleplatz gegangen war, um sich von Jim zu verabschieden. Er war so wütend gewesen.

Sein bester Freund hatte sich kurzerhand dazu entschlossen, die einmalige Chance zu ergreifen und eine dreimonatige Mission im All als Captain eines Schiffes zu leiten, ein Privileg, wenn man bedachte, dass er seine Ausbildung an der Sternenflotte noch nicht abgeschlossen hatte.
Mit allen Mitteln und Argumenten hatte Jim versucht, seinen Freund dazu zu überreden, als sein leitender Arzt mitzukommen. Aber Leonard wollte nicht in den Weltraum. Konnte nicht. Er hatte Verpflichtungen. Seine kleine Joanna sollte nicht alleine sein.

Und dann, gestern Abend, war ein heftiger Streit zwischen ihm und Jim entbrannt, mit Anschuldigungen und bösen Worten.

„Scheiße.“

Müde erhob sich McCoy und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er schaltete den Bildkommunikator ein und ohne weiter darüber nachzudenken, nahm er eine persönliche Nachricht auf:

Hey Jim,

ich hoffe, du bist noch in der Lage, diese Nachricht zu hören. Seit fast 12 Stunden bist du jetzt da draußen ohne mich und steckst wahrscheinlich mit dem Kopf ziemlich tief in der Scheiße.
Lass mich raten: Rippenprellung, Kieferbruch?
Ich hoffe, dieser Scharlatan von Arzt, hält sich an meine Anweisungen. Ich habe ihm deine Akte gegeben und ihm angedroht, sollte er dir nur ein Haar krümmen, würde ich ihm persönlich seinen Arztkittel in den Arsch stecken und anzünden.

Im Ernst, Jim, pass auf, was dieser Kurpfuscher mit dir anstellt, ich habe dir auch eine Liste mit all den Dingen geschickt, gegen die du allergisch bist. Ich kann ja kaum erwarten, dass dieser Grünschnabel sich alle Akten ansieht.

Womit wir beim nächsten Punkt wären: Du bist und bleibst mein Patient. Ich erwarte, über jede Kleinigkeit informiert zu werden, verstanden? Das habe ich deinem Doktor Möchtegern auch klar gemacht. Du wirst dich einmal die Woche bei ihm melden und eine Blutuntersuchung durchführen lassen und gnade dir Gott, findet sich darin auch nur eine Mangelerscheinung. Deinen Ernährungsplan findest du auch in deinen Unterlagen. Iss vernünftig, Jim, du bist Captain und musst auf dich achten.

Und, verdammt, es tut mir leid.

Es tut mir leid, dass ich dir nichts Nettes sage, wie stolz ich in Wahrheit auf dich bin, dir viel Spaß wünsche.

Aber, Jim, du wirst mir fehlen.

Pass auf dich auf,
Bones.


~*~

Jim

Jim starrte einigermaßen fassungslos auf das Terminal in seinem Quartier, von wo aus er sich nach einem relativ ereignislosen Tag schließlich Bones‘ Nachricht angesehen hatte. Er konnte kaum glauben, dass Bones ihn selbst durch die große Entfernung bevormundete. Natürlich wusste ein Teil von ihm, dass er es nur gut meinte, immerhin waren sie die besten Freunde, dennoch kam sich Jim in seiner Gegenwart so manches Mal noch wie ein Kind vor. Er war jedoch kein Kind mehr. Immerhin hatte er in diesem Jahr seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert.

Bones hätte außerdem auf dieser Mission mitkommen können. Sie waren schließlich im dritten Jahr an der Akademie. Eine dreimonatige Trainingsmission wie diese war eine einmalige Chance, die Jim sich nicht hatte entgehen lassen wollen. Er durfte drei Monate lang Captain der U.S.S. Republic sein und nicht nur seinem Herausforderer Christopher Pike beweisen, dass er die Ausbildung in nur drei, anstelle von vier Jahren schaffte, sondern auch allen anderen an der Akademie, die an ihm zweifelten.

Die Fußstapfen, die Jim auszufüllen versuchte, waren nicht gerade klein. George Kirk war nur sieben Minuten lang Captain der U.S.S. Kelvin gewesen, hatte unter Aufopferung seines eigenen Lebens das seiner Mannschaftskameraden gerettet und war als Held in die Geschichte der Sternenflotte eingegangen.

Jim hatte sich seit seiner Kindheit anhören müssen, dass er doch ein bisschen mehr wie sein Vater sein solle. Er hatte es nie leicht gehabt, die Erwartungen seiner Mutter zu erfüllen, ganz gleich, wie gut seine Noten in der Schule auch gewesen waren. Er war in seiner Freizeit ein kleiner Tunichtgut gewesen, hatte stets Abenteuern nachgejagt und war letztlich ganz vom Weg abgekommen.

Er wusste, dass er Christopher Pike viel verdankte. Aber noch mehr verdankte er Bones, dass er inzwischen so weit gekommen war. Bones hatte ihn immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, wenn er auf einem seiner Höhenflüge gewesen war. Bones hatte seine zahlreichen Wunden geheilt, wann immer es nötig gewesen war, körperliche und auch seelische.

An ihrem letzten gemeinsamen Abend hatte Jim ein letztes Mal versucht, Bones umzustimmen, damit er ihn auf diese Trainingsmission begleiten würde. Bones war hart geblieben, wie ein Fels in der Brandung. „Die Sternenflotte operiert nun mal im Weltall“, hatte Jim versucht, Bones klarzumachen und das nicht zum ersten und sicherlich auch nicht zum letzten Mal. Selbstverständlich hatte Bones eine kleine Verantwortung, die auf den Namen Joanna hörte, doch war das nach Jims Ansicht noch lange kein Grund, eine solche Gelegenheit auszuschlagen. Drei Monate hin oder her. Bones‘ Tochter hätte es verstanden. Sie war zwar noch klein, aber sehr verständnisvoll. Sie wusste, dass ihr Vater ein ausgezeichneter Arzt war und daher von anderen Leuten gebraucht wurde. Sie hätte Verständnis gehabt.

Jim hatte die Videonachricht von Bones erst nach ein paar Tagen erhalten. Die Zustellung über diverse Subraumtransmitter dauerte aufgrund der Entfernung eben.

Seufzend ließ sich Jim mit dem mobilen Bildkommunikator auf dem Bett in seinem Quartier nieder und begann nach einem nachdenklichen Moment mit der Aufnahme.

Hey Bones,

wie du siehst, geht es mir bestens. Wir sind auf einer Forschungsmission unterwegs, wie du sehr wohl weißt. Feinde der Föderation sind weit und breit keine zu sehen. Was soll mir hier draußen also passieren?

Abgesehen davon, hättest du mitkommen können, anstatt an den Qualitäten meines Bordarztes zu zweifeln. Du tust ja gerade so, als wäre ich ein Sensibelchen mit einem Haufen genetischer Defekte. Meine Allergien habe ich im Griff. Seit drei Jahren erinnerst du mich ständig daran, was ich alles nicht vertrage.


Jim machte eine Pause, seufzte leise, fuhr sich mit der linken Hand durchs Haar. In der rechten hielt er weiterhin den Kommunikator.

Ich weiß, dass du dir nur Sorgen um mich machst. Aber das ist vollkommen unnötig. Es gibt keinen Grund für dich, mich wie ein überempfindliches Kind zu behandeln. Ich bin doch schon ein großer Junge, Bones.

Allerdings fragte sich Jim manchmal, wie er früher ohne Bones an seiner Seite überlebt hatte. Er vermisste seinen besten Freund, dabei waren sie in der ersten Woche der Mission. Wie sollte er elf weitere überstehen?

Wir steuern einen Klasse M Planeten an, dessen Flora und Fauna bislang unberührt ist. Ich bin sicher, dass er dir gefallen würde. Ich weiß doch, wie naturverbunden du bist.

Er nahm sich fest vor, ein kleines Andenken von dieser Welt für Bones mitzubringen, die zu erforschen ihr Auftrag war.

Der Flug dahin kommt mir ewig lang vor. Ich wünschte, du wärst hier bei mir. Gemeinsam könnten wir uns die Zeit sicher angenehm vertreiben. Die Crew ist seltsam fremd. Ich kenne nicht eine einzige Person, obwohl wir fast alle im selben Jahrgang sind. Da wird einem erstmals klar, wie unglaublich groß die Sternenflotten-Akademie ist und wie viele Leute sich dort ausbilden lassen.

Ich hoffe, dass es dir und Joanna gut geht?

Versuch, dich nicht mehr so sehr aufzuregen, Bones. Das geht nur auf den Magen. Es geht mir gut hier draußen, keine Sorge.


Jim lächelte bemüht sonnig in das Display, auch wenn er innerlich traurig war, dass Bones nicht mit ihm auf diese Reise gegangen war.

Lass von dir hören!

Jim


Er beendete die Aufnahme und schickte sie direkt ab, damit sie möglichst bald bei seinem Freund ankäme. Dann überspielte er die Nachricht von Bones von seinem Terminal hinüber auf den mobilen Kommunikator, aktivierte sie, nur um die Aufnahme an einer Stelle anzuhalten, an welcher Bones nicht gar so grimmig aussah. Es war die Stelle, an der Bones sich entschuldigte, ihm nichts Netteres sagen zu können.

Erneut huschte ein trauriges Lächeln über Jims Züge. Nach einem langen Moment kuschelte er sich in sein Bettzeug, legte das Display so, dass er Bones auch weiterhin ansehen konnte, deaktivierte das Licht und schlief schließlich erschöpft ein.
Rezensionen