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Wahnsinn

von Bareil

Kapitel 2

Wahnsinn

Captain Sisko betrat die OPS. Sofort spürte er die auf ihn gerichteten Blicke der anwesenden Offiziere, während er die Stufen hinabstieg.

“Soeben erhielt ich eine Nachricht vom Sternenflottenhauptquartier: man hat einen verstümmelten Funkspruch der seit einer Woche im Gamma-Quadranten vermissten U.S.S. Event Horizon aufgefangen. Die Admiräle schließen einen Hinterhalt des Dominions nicht aus und beauftragen uns mit den weiteren Nachforschungen bezüglich ihres Verbleibs. Major Kira, bitte schalten Sie den Funkspruch auf Lautsprecher.“

„Aye, Sir.“ Sie nickte ihm zu.

Sekunden später erklang lautes, statisches Rauschen und Knistern, vermischt mit vereinzelten, hysterischen Schreien mehrerer Personen und Worten, die entfernt wie „Mayday“ klangen. Darauf folgte Stille.

„Sie gehen von einem Angriff aus, Sir?“, fragte die Bajoranerin.

Sisko nickte. „Seit den Spannungen mit dem Dominion halte ich das für am wahrscheinlichsten. Es könnte sich bei der Ursache für die plötzliche Panik aber auch um einen medizinischen Notfall an Bord handeln. Ich werde Doktor Bashir ebenfalls verständigen. Auch eine technische Störung könnte die Notlage verursacht haben.“

„Sir…“, meldete sich der Chief zu Wort, „Ich kann das Rauschen im Hintergrund dämpfen und die Stimme herausfiltern. Laut Computer gehört sie Captain Angela Christian. Bin ich der einzige Anwesende hier, der die Wortwahl „Mayday“ für eigenartig hält? Ich habe den Ausdruck zum letzten Mal auf der Akademie in einem Geschichtskurs gehört und ich bin schon lange kein Kadett mehr.“

Erneut spielte der Computer den Funkspruch ab. Diesmal war die Frauenstimme klar und deutlich zu hören.

Sisko nickte abermals. „Üblicherweise werden im Krisenfall kodierte, automatische Notrufe an die Sternenflotte gesendet, die, die letzten bekannten Koordinaten und die Art des Notfalls enthalten, aber Worte wie „S.O.S“, „Mayday“ oder „CQD“ sind in dem Zusammenhang völlig obsolet. Major Kira, Dax, Chief O’Brien, wir treffen uns in einer halben Stunde startklar an Bord der Defiant.“

Er betätigte eine Taste auf der Konsole. „Sisko an Doktor Bashir…“
„Krankenstation, Bashir, ich höre Captain?“, meldete sich der junge Arzt.
„Ich erwarte Sie ebenfalls an Bord der Defiant. Bitte hören Sie sich zuvor den Funkspruch der U.S.S. Event Horizon an und bereiten Sie sich auf einen eventuellen medizinischen Notfall an Bord des Schiffes vor.“

„Aye, Sir.“

Wenig später war die Crew, inklusive Constable Odo, auf der Brücke der Defiant versammelt und traf letzte Startvorkehrungen. Die Offiziere nahmen ihre Positionen ein; Kira bemannte die taktische Station, Dax nahm an der Navigationskonsole Platz, Bashir an der wissenschaftlichen Station, Sisko im Kommandosessel und der Chief begab sich in den Maschinenraum. Einzig Odo, an einer abgeschalteten Konsole, schien etwas verloren.

„Dax, setzen Sie Kurs auf die letzten von der Event Horizon übermittelten Koordinaten.“
„Aye, Sir.“
„Kira, gehen Sie auf Gelben Alarm und aktivieren Sie die Schilde, sobald wir das Wurmloch passieren.“
„Aye, Captain.“
„Doktor, ich möchte, dass Sie alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen für das Außenteam treffen, sollte sich ein exotischer Krankheitserreger an Bord befinden.“

„Ja, Captain, ich begebe mich sofort auf die Krankenstation. Ich werde passende Breitbandfilter für die Standardschutzanzüge vorbereiten und mich mit einem kleinen Medo-Team auf das Abnehmen von Bioproben der Crew an Bord des havarierten Schiffes vorbereiten.“

Eine weitere Möglichkeit kam dem Captain in den Sinn, die er aber vor der Crew ungern laut aussprechen wollte. Er kannte weder Captain Christian, noch die ihr untergebenen Offiziere, so dass er Meuterei nicht gänzlich ausschließen konnte.

„Deep Space Nine löst die Andockklammern und erteilt Startfreigabe, bereit für vollen Impuls“, meldete Dax.

„Voller Impuls voraus, gehen Sie dann auf Warp fünf bis wir unser Ziel erreicht haben.“

„Aye, Sir.“

Die Defiant entfernte sich rückwärts vom Andockring, flog eine weite Kurve und tauchte dann in das sich in einem Farbenwirbel öffnende Wurmloch ein.

***
Zirka eine Stunde später erreichte das Schiff seine Zielkoordinaten im Gammaquadranten. Die U.S.S. Event Horizon war ein kleines Schiff der Miranda-Klasse, welches in diesem Sektor patrouillierte.

Sisko beschlich beim Anblick des bewegungslosen Schiffes ein mulmiges Gefühl. Captain Christian hätte die Defiant, bei ihrem Eintreffen, gemäß Protokoll, längst rufen müssen, doch sie blieb stumm. Nicht einmal ein automatischer Notruf wurde vom Bordcomputer gesendet.

„Dax, rufen Sie das Schiff.“

„Keine Antwort, Sir. Benjamin, mir gefällt das hier immer weniger.“

„Mir auch nicht.“ Seine Besorgnis wuchs, doch seine Stimme verriet nichts davon.

„Major Kira, scannen Sie den umliegenden Sektor permanent nach weiteren Schiffen. Weist die Event Horizon Beschädigungen auf, die einen Kampf vermuten lassen?“ Sisko fürchtete, eine unbekannte Partei könnte sie gekapert haben und nun als Lockvogel für größere Schiffe benutzen.

„Negativ, die Hülle ist unbeschädigt, keine Hinweise auf Phasertreffer oder Torpedoeinschläge. Antrieb und Lebenserhaltungssysteme intakt.

Aber, Sir….“ Kira dreht sich um und sah den Captain direkt an. „Ich empfange keinerlei Lebenszeichen von der Event Horizon, entweder wurde das Schiff evakuiert oder …“ Selbst Kira, die sonst kein Blatt vor den Mund nahm, wollte den Gedanken nicht laut aussprechen.

„Es sollten sich, laut Sternenflotte, über vierzig Personen an Bord befinden“, sagte Sisko. „Sie können nicht einfach verschwunden sein. Sisko an Doktor Bashir…“

„Bashir hier.“

„Wir registrieren an Bord keine Lebenszeichen, so dass wir vom Schlimmsten ausgehen müssen. Major Kira hat das Kommando über das Außenteam. Sie werden darüber hinaus von einem Sicherheitsteam, angeführt von Constable Odo, begleitet.“ Während er sprach, hielt er Blickkontakt mit dem Formwandler, welcher stumm nickte.

„Ich möchte das Außenteam so klein wie möglich halten, beschränken Sie sich daher bitte auf die absolut notwendigen Mitarbeiter. Es könnten sich nach wie vor feindliche Spezies an Bord verstecken, die sich unseren Scans entziehen, daher werden wir das Außenteam mit den Schiffssensoren überwachen. Seien Sie vorsichtig, Doktor.“

„Aye, Sir. Ich werde vorsichtig sein“, Bashir beendete die Verbindung. Als er nach Deep Space Nine versetzte worden war, hatte er sich insgeheim nach Abenteuern gesehnt, doch nun, da er kurz davor stand ein echtes Geisterschiff zu betreten, fühlte es sich alles andere als aufregend an. Sisko rechnete mit einem verlassenen Schiff. Was, wenn er sich irrte und dort eine Gruppe Jem’Hadar auf sie lauerte? War die Crew in die Gefangenschaft des Dominion geraten?

***
Im Transporterraum traf er auf Kira, Odo und zwei männliche Sicherheitsoffiziere der Sternenflotte, die, wie er und sein Medo-team, bestehend aus der bajoranischen Krankenschwester Batur Linas und einem terranischen Pfleger Michael McKenzie, Schutzanzüge mit speziellen Biofiltern trugen. Die Anzüge waren graue Einwegplastik-Overralls mit Kapuze, bei denen das Gesicht von einem an eine OP-Maske erinnernden Mundschutz mit verbundener Schutzbrille bedeckt wurde.

Captain Sisko ließ Odos Einwand, da er nicht atme, brauche er keinen Schutzanzug, nicht gelten und bestand zu dessen Frustration auf den Sternenflottenprotokollen für potentiell kontaminiertes Terrain.
Sekunden später materialisierte das Team auf der Brücke der Event Horizon.

Dem Außenteam bot sich ein Bild des Grauens und der Verwüstung. Soweit man die Brücke im Licht der flackernden Notbeleuchtung übersehen konnte, war sie mit den Leichen der getöteten Crewmitglieder übersät. Sie lagen an ihren Stationen neben ihren Stühlen auf dem Boden, oder hingen reglos vornübergebeugt auf ihren beschädigten Konsolen. Der Kommandosessel in der Mitte der Brücke jedoch war leer.

Major Kira fühlte sich durch diesen Anblick sofort in ihre Vergangenheit als Widerstandskämpferin zurückversetzt und griff instinktiv nach ihrer Waffe. Cardassianische Truppen richteten mit Vorliebe solches Gemetzel an. Für wenige Sekunden war ihr, als könne sie geriffelte Nasenrücken erkennen, aber als sie genauer hinsah, handelte es sich bei den meisten Opfern um Menschen oder Mitglieder anderer Föderationsspezies. Ihre Wahrnehmung musste ihr in diesem Zwielicht einen Streich gespielt haben.

Kira aktivierte ihren Insignienkommunikator. „Kira an Sisko, an Bord muss ein regelrechtes Massaker stattgefunden haben. Bisher keine Überlebenden.“

„Verstanden. Lassen Sie Ihren Kommunikator aktiviert, damit wir Sie im Notfall sofort zurückbeamen können, Sisko Ende.“

Doktor Bashir kniete derweil neben einem der männlichen Opfer, welches er mit einem medizinischen Tricorder untersuchte. Der Mann, ein Mensch, zirka Mitte zwanzig, hatte eine große Platzwunde am Hinterkopf. Das ausgetretene Blut verklebte sein hellblondes Haar.

Kira näherte sich ihm.
Der Arzt sah zu ihr auf. „Bisher sieht es nach Tod durch die Einwirkung stumpfer Gewalt auf den Kopf aus, die zu schweren Hirnblutungen führte. Der Offizier wurde mit einem schweren Gegenstand erschlagen, aber erst nach einer Autopsie kann ich hundertprozentig sicher sein. Wenn sich alle Tests auf Erreger als negativ erweisen, können wir auf die Anzüge verzichten.“

Er lächelte Kira aufmunternd zu, welche dankbar nickte. Die Anzüge hatten etwas Klaustrophobisches an sich, wodurch sich Kira noch unbehaglicher fühlte. Dem Doktor schienen sie, jedoch Nichts auszumachen.

„Können Sie Autopsie und Tests gleich hier auf der Krankenstation durchführen?“

Er nickte.

„In Ordnung, Sie und Ihr Team begeben sich zur Krankenstation und erstatten mir Bericht, sobald Sie zu einem Ergebnis gekommen sind.“

„Haben Sie Captain Christian bereits gefunden?“

„Nein, bisher nicht, vielleicht war sie zum Zeitpunkt ihres Todes in ihrem Bereitschaftsraum.“

„Dorthin gehen Odo und ich als nächstes, das Logbuch sollte uns etwas mehr über den Vorfall an Bord verraten.“

Kira sah zu Odo hinüber, der sich sofort in Bewegung setzte.
Er gestikulierte den beiden Sicherheitsoffizieren, die Tür zum Bereitschaftsraum des Captains zu öffnen. Er selbst ging mit gezogenem Phaser neben Kira in Stellung, die ebenfalls auf die Tür zielte.

Mit der freien Hand zählte er stumm bis drei, dann gab er den Offizieren das Zeichen zum Öffnen der Tür, welche mit einem leisen Zischen aufglitt. Zu seiner Erleichterung, stürmten ihnen keine Jem’Hadar-Truppen entgegen. Er nickte Kira zu, die den angehaltenen Atem langsam entweichen ließ. Gemeinsam betraten sie den Raum. Es war darin so dunkel, dass sie die mitgebrachten Taschenlampen einschalten mussten.

Der Bereitschaftsraum des Captains war verlassen und verwüstet. Kira ging ein paar Schritte vorwärts in den Raum hinein. Sie ließ den Lichtstrahl umherwandern, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Der Drehstuhl lag umgestürzt auf dem Boden, die schwarze, gläserne Platte des Schreibtischs war zersplittert, die Bilder von den Wänden gerissen.

Etwas berührte von hinten ihre Schulter, als sie einige Schritte zurücktrat. Um ein Haar hätte sie vor Schreck laut aufgeschrien. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie dreht sich um und richtete ihre Lampe schräg nach oben. Kira erstarrte bei dem Anblick. „Odo,… ich glaube, ich habe den Captain gefunden!“ Langsam ließ sie den Lichtstrahl über den Kragen der Leiche wandern. Sie hing mit einer Schlinge um den Hals von der Decke herab. Das lange, offene Haar verbarg ihr Gesicht.

„Kira an Sisko, wir haben den Captain gefunden, sie ist ebenso tot wie der Rest der Crew.“

„Sisko hier, verstanden, sowie eine vom Schiff ausgehenden Gefahr ausgeschlossen ist, beamen wir Sie zurück. Sisko, Ende.“

Derweil hatte Odo das Logbuch gefunden. Es befand sich in einem der verriegelbaren Schränke des Raumes. Er stellte den kleinen Computer auf den beschädigten Schreibtisch und aktivierte die automatische Wiedergabe des letzten Eintrags.

Auf dem Monitor erschien das Gesicht einer Frau mittleren Alters. Ihr langes, dunkles Haar war zu einem Zopf geflochten und hing über ihre linke Schulter. Das Gesicht war schmal mit hohen Wangenknochen, einer ebenfalls schmalen geraden Nase und vollen Lippen. Sie trug dezentes Make-up, welches ihre braunen Augen durch braunen Lidschatten betonte. Ein Hauch Rosé verlieh ihren Lippen einen lebendigen Glanz.

„Logbuch des Captains, Nachtrag, das Verhalten der Crew wird von Stunde zu Stunde aggressiver. Bewaffnete Sicherheitsteams rotten sich zusammen und bekriegen sich gegenseitig, Angst und Panik brechen aus. Ich habe bisher keine Erklärung für diese Vorfälle von undiszipliniertem, irrationalem Verhalten.“ Ihre Stimme klang ruhig und beherrscht, doch ihre Augen sahen sich ständig im Raum um, so als befürchte sie einen plötzlichen Angriff.

Beim nächsten Eintrag wirkte sie übernächtigt mit dunklen Ringen unter den Augen, ihr Lidschatten war verwischt, das Haar lose und ungekämmt.

„Ich bin von feindlichen Truppen der Wehrmacht umzingelt, die Verstärkung durch die US-Armee bleibt aus. Ich habe mich hier in diesem Bunker verschanzt. Es wird nicht mehr lange dauern, bis der Feind die Barrikaden durch...“ Plötzlich riss die Aufzeichnung ab. Das Emblem der Sternenflotte erschien auf dem Bildschirm.

Kira sah Odo irritiert an. „Wovon verdammt spricht sie, wer ist diese Wehrmacht?“

„Sie ist ein Mensch, vielleicht ergibt die Nachricht für Doktor Bashir einen Sinn. Er kennt sich laut eigener Aussage gut mit der Geschichte der Erde aus.“

„Ok, ich gehe zur Krankenstation und frage ihn persönlich. Sie nehmen das Logbuch, sowie wir zurückkehren dürfen mit zur Defiant. Sollen die von der Sternenflotte sich damit weiter befassen.“

Odo nickte.

Kira verließ den Bereitschaftsraum.

Vor Kiras Augen verschwammen die endlosen, dunklen Flure des Sternenflottenschiffs. Die Schatten ihrer Taschenlampe tanzten an den Wänden des Tunnellabyrinths, durch das sie kroch. Sie hörte Wasser in der Ferne von den nackten Felswänden tropfen. Es war feucht und kalt, sie fröstelte. Dann hörte sie ein Geräusch von den Wänden widerhallen. Die cardassianischen Patrouillen suchten sie. Sie sah sich in der Falle. Die Löffelköpfe waren überall, doch sie würde ihnen eine Lektion erteilen.
Sie musste ihre gefallenen Kameraden rächen, koste es, was es wolle. In wenigen Stunden würde die Sonne über den Bergen der Provinz Dhakur aufgehen und sie ihrer Deckung berauben. Bis dahin musste sie ihre Mission, Eindringen in die Basis der Cardassianer und Platzieren einer Sprengladung, erfüllt haben. Shakaar zählte auf sie.

***
Doktor Bashir war nun seit einigen Stunden mit der Autopsie der Leiche von Lieutenant Benson beschäftigt, während seine Mitarbeiter Blut-und Gewebeproben der Opfer analysierten. Bensons Organe wiesen keine Anomalien auf. Er schwitzte unter dem stickigen Plastik des Schutzanzuges und wünschte sich zurück auf die Defiant.

Plötzlich schepperte es im Nebenraum, so als sei etwas Metallisches zu Boden gefallen. Bashir zuckte vor Schreck zusammen. War in der Leichenhalle doch noch jemand am Leben?

„Batur?... McKenzie…?“, rief er nach seinen Mitarbeitern, erhielt jedoch keine Antwort. Auf Zehenspitzen schlich er sich in Richtung der Zwischentür, die die Leichenhalle vom Rest der Krankenstation trennte. Von hier war das Geräusch gekommen. Nun hörte er Schritte hinter der Tür. Er hielt den Atem an.

Sein Medo-team arbeitete im Labor auf der gegenüberliegenden Seite der Krankenstation. Keiner von ihnen schlich sich heimlich zu ihm herüber. Vorsichtshalber zog er den Phaser und betrat die Krankenstation.

Auf den ersten Blick erschien alles normal, gedämpftes Licht, abgeschaltete Konsolen, leere Diagnosebetten. Die Gläser seiner Schutzbrille beschlugen und trübten seine Sicht. Bashir atmete erleichtert tief ein und aus. Es waren wohl nur seine angespannten Nerven. Für einen Moment hatte er tatsächlich mit einem Zombie gerechnet, was ihm nun albern und kindisch erschien.

Er drehte sich um und…erbleichte. Kalter Schweiß lief ihm den Rücken hinab und ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Vor ihm stand Captain Christian, die zerfetzte Uniform von Blut durchtränkt, das aus einer tiefen Stichwunde in ihrer Brust sickerte. Aus den Überresten ihres linken Auges ragte das Heft eines Messers. Ihre weißen, abgebrochenen Zähne schienen im Halbdunkel zu fluoreszieren, als sie höhnisch lächelte. „Nun haben Sie mich gefunden, Doktor “, sagte sie mit unmenschlich klingender Stimme.

Bashirs Pupillen weiteten sich vor Schreck. Er war wie versteinert und starrte sie an. Dann schrie er aus Leibeskräften.
Als er sich etwas beruhigt hatte und wieder der Sprache mächtig war, zeigte er stotternd auf Kira „, ZZ oo..mbie, Zombie!“

Kira verstand nicht. Warum, um alles in der Welt, begann der cardassianische Soldat dermaßen hysterisch zu schreien? Und was in aller Welt war ein Zombie?
„Halten Sie den Mund!“, fuhr sie ihn an.

Just in diesem Moment betrat Odo die Krankenstation. Er hatte erfolglos versucht, sie über ihren Kommunikator zu verständigen und war dann dorthin gegangen. Kira zielte mit ihrem Phaser auf einen verängstigten Bashir, der ebenfalls seine Waffe auf sie richtete. Wieso um alles in der Welt taten sie das? Odo konnte nicht erkenne, ob die Waffe des Doktors auf betäuben oder töten justiert war. In letzterem Fall bestand echte Gefahr für Kira.

„Gul Tarel?!“, rief Kira entsetzt aus. Der Kommandant persönlich hatte ihr Eindringen bemerkt. Es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, ihn auszuschalten. Doch nun befand sie sich in der Falle, Gul Tarel schnitt ihr den Rückweg ab, der Soldat bedrohte sie von vorn.

Kira schien sich der Realität nicht bewusst sei, denn er sah nirgends einen cardassianischen Gul. Sie hatte den gehetzten Ausdruck eines in die Enge getriebenen Tieres. Odo gefiel die Situation immer weniger.

Er richtete seinen Phaser auf sie. „Major Kira, lassen Sie sofort die Waffe fallen, oder ich sehe mich gezwungen, auf sie zu schießen.“

Odo wollte nicht, dass es soweit kommt, doch wusste er, wozu die ehemalige Partisanin fähig war. Die bajoranischen Waffen, die Kira und er selbst benutzten, verfügten über keinen Betäubungsmodus.

Bashir, selbst weiß wie ein Gespenst, sah einen weiteren Zombie auf sich zu wanken.

Als sich Kira Odo zuwandte, duckte sich Bashir und nutzte die Ablenkung durch den Constable als Chance zur Flucht aus der Schussline. Doch Kira bemerkte die Bewegung im Augenwinkel und dreht sich blitzartig zu ihm herum. Die Mündung des Phasers verfolgte den Doktor. Der Major fixierte ihn mit starrem Blick. Ihr Finger lag am Abzug-

Odo konnte unmöglich riskieren Kira durch einen falsch platzierten Schuss zu töten. Sie war die einzige Person an Bord der Raumstation, für die er mehr als Freundschaft empfand. Doch konnte er genau so wenig zulassen, dass sie den Doktor erschoss.

Blitzschnell verlängerte er seinen rechten Arm und traf sie, einem Geschoß gleich, mit dem Kolben der Waffe am Hinterkopf. Kira sank sofort bewusstlos zu Boden.

Odo betätigte seinen Kommunikator. „Odo an Sisko, beamen sie sofort Major Kira, Doktor Bashir und mich herüber, wenn nötig in eine Quarantänezelle Die Situation ist außer Kontrolle.“

Sekunden später materialisierten sie gemeinsam auf der Krankenstation der Defiant.

Dax nahm sie in Empfang. Sofort hoben Batur und McKenzie die bewusstlose Kira auf ein Biobett, nahmen ihr den Mundschutz ab und injizierten ihr ein Medikament, ebenso dem Doktor.

Beide Medo-Offiziere waren bereits Stunden zuvor zurückgebeamt worden, nachdem sie die Proben an Bord der Event Horizon negativ auf Viren und Mikroorganismen getestet hatten.

Odo beobachtete die beiden schweigend aus einer Ecke des Raumes. Er hoffte, dass sich Kira durch den Schlag und ihren Sturz nicht mehr als ein paar Prellungen zugezogen hatte. Es war nicht seine Absicht gewesen, sie zu verletzen, doch ihr Verhalten hatte ihm keine andere Wahl gelassen.

Langsam kam der Major wieder zu sich. Mit schmerzverzerrtem Gesicht berührte sie ihren Hinterkopf und stöhnte.

„Was ist los, wo bin ich ?“ Kira sah sich benommen um. „Wo sind die Card…“, aber dann dämmerte es ihr. Sie hielt inne. „Ich bin auf der Defiant. Das war alles nicht echt, oder ? Ich…ich dachte plötzlich ich sei in der Provinz Dahkur mit Shaakar, aber das ist Jahre her…richtig?!“

Dax nickte. „Um es kurz zu machen, sie alle waren an Bord der Event Horizon einer aerosolen Droge ausgesetzt, die ähnlich dem auf der Erde bekannten LSD…-“

Sie sah zu Doktor Bashir herüber, welcher nickte.

„-…Halluzinationen, Paranoia und aggressives Verhalten, auslöst. Wir haben Rückstände in den Blutproben von den getöteten Crewmitgliedern gefunden. Das Gas muss sich über das Lüftungssystem unbemerkt im ganzen Schiff verteilt haben.“

Die Trill verschränkte die Hände hinter ihrem Rücken und fuhr mit den Erklärungen fort :

„Nachdem Batur sich eigenartig gefühlt und begonnen hatte etwas über fürchterliche Pagh-Geister zu erzählen, die Sicherheitsoffiziere über ähnliche, seltsame Wahrnehmungen berichtet hatten und McKenzie seltsame Ängste vor Bakterien entwickelte, bin ich schließlich auf die Rückstände der Droge in ihrem Blut gestoßen. Einzig Odo ist von der Wirkung verschont geblieben.“

„Aber wir haben doch Schutzanzüge getragen?“ Diese nichtsnutzige Sternenflottentechnik...

„Ja, aber leider waren die Biofilter nur für das Neutralisieren von Mikroorganismen und Viren ausgelegt, nicht für chemische Substanzen. Die darin enthaltenen Luftfilter mögen zwar die Aufnahme des Gases behindert und so den Wirkeintritt verzögert haben, aber einen wirksamen Schutz boten sie nicht.“

Die Trill zuckte bedauernd mit den Schultern.

„Die Zombies waren also nur eine Ausgeburt meiner sehr lebhaften Phantasie“, stellte der Doktor vom Biobett neben ihr etwas kleinlaut fest.

„Was ist ein Zombie? Wieso haben sie mich ständig so genannt?“ Sie sah zu Bashir herüber. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte Odo nicht rechtzeitig eingegriffen. Jedoch wünschte sie, er hätte nicht so fest zugeschlagen. Ihr Schädel dröhnte.

Dax schmunzelte. „Ein Zombie ist gemäß eines alten Erdenmythos‘ eine seelenlose, wandelnde Leiche. Die Literatur und Filmkunst des zwanzigsten Jahrhunderts befasste sich im Genre „Horror“ gern damit….Und fragen Sie nicht, welcher meiner Wirte sich mit dem Thema beschäftigt hat.“

***
Captain Sisko saß im Kommandosessel auf der Brücke der Defiant.

„Computerlogbuch der Defiant, Nachtrag, Nach eingehender Untersuchung des Vorfalls an Bord der U.S.S Event Horizon, kommen wir zu dem Schluss, dass ein halluzinogen wirkendes Gas, vermutlich aus einem der im Laderaum unsachgemäß gelagerten Behälter, ausgetreten ist und bei der Crew zu einem Ausbruch von Gewalt und Aggression gegeneinander geführt hat, dem sie schließlich zum Opfer fielen. Unklar ist bisher, wieso sich diese Substanz an Bord befand oder woher sie stammt.“

Er sah zu Major Kira und Dax herüber. „Wir fliegen zurück nach Deep Space Nine. Setzen Sie den Kurs. Die Sternenflotte übernimmt die weiteren Untersuchungen und wird ein Schiff schicken, dass die Event Horizon zurück in den Föderationsraum schleppt. Doch zuvor bitte ich Sie, um einen Moment des stillen Gedenkens, für die Opfer der Event Horizon.“

Er senkte den Blick.

***
Am Abend des gleichen Tages, suchte Major Kira den Doktor auf der Krankenstation auf. Er saß an seinem Schreibtisch und schrieb seinen medizinischen Bericht über den jüngsten Vorfall für die Sternenflotte.

Als er Kira bemerkte, sah er von seiner Arbeit auf.
„Major, ist mit Ihnen alles in Ordnung?“

Kira sah zu Boden. „Deswegen bin ich nicht hier…ich…möchte mich bei Ihnen entschuldigen…für, dass was ich beinah…an Bord des Schiffes getan hätte.“

Das überraschte Bashir. Er kannte den Major nicht als eine Person, die sich für ihre Taten rechtfertigte oder gar entschuldigte. „Aber Sie trifft keine Schuld, Sie standen unter Drogen, genauso wie ich. Ich hätte Sie ebenso erschießen können.“

„Ja,…natürlich.“

Kira bezweifelte dies, widersprach aber nicht. Bashir war kein Soldat, wie sie selbst. Er war ein unschuldiger Arzt, den sie um ein Haar getötet hätte. Wäre Odo nicht gewesen, sie hätte nicht gezögert, seinem Geschrei ein Ende zu setzen. Die Offiziere der Event Horizon waren zu ihrem Unglück Soldaten und hatten unter Stress auch dem entsprechend gehandelt.

„Oh, sie sahen wirklich zum Fürchten aus, als Geist von Captain Christian, mit dem Messer im Auge und der zerfetzten Uniform und…“
Kira winkte ab. „Ersparen Sie mir die Details.“

Sie wand sich zum Gehen. „Ich muss zurück zur OPS.“

„Ja, natürlich, hat mich gefreut, Major.“ Bashir lächelte ihr zu, vertiefte sich dann wieder in seinen Bericht. Dax würde sicherlich keine Gelegenheit auslassen, ihn mit der Zombie-Geschichte aufzuziehen.

Ende
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