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STD 03 - Hinter des Maske (2)

von Adriana

Kapitel 3 - Das Verhör

Ein mulmiges Gefühl plagte Captain Benteen, als sie das Büro ihres Sicherheitschefs betrat. Der Gefangene blickte mit stumpfen, gleichgültigen Augen zu ihr auf. Er wirkte vollkommen er-schöpft, selbst sein Fleckenmuster schien blasser als sonst.
Seit Stunden wiederholten Commander Jerad Silgon und Counselor T’Liza immer und immer wieder die selbe Geschichte und Benteen bewunderte insgeheim ihre Hartnäckigkeit. Woher hat-ten die zwei nur gelernt, so überzeugend zu lügen? Denn was sie behaupteten, konnte niemals wahr sein.
„Irgendwas Neues, Commander Spencer?“ fragte Benteen ihren Sicherheitschef.
Der Offizier – ein grobschlächtiger, etwa vierzig Jahre alter Mann mit dünnem aschblondem Haar – schnaubte verächtlich. „Schön wär’s! Allmählich kann ich diesen Unfug nicht mehr hören! Von wegen, Admiral Layton will den Bluttest fälschen, um Captain Sisko hinter Schwedische Gardinen zu bringen … Und die Vulkanierin soll das zufällig mitbekommen haben? Dann gab es auch noch ‚zufällig’ einen Wechselbalgangriff, den die beiden ausnutzen konnten, um den Safe des Admirals zu plündern? Ein paar Zufälle weniger, und die Story wäre beinahe glaubhaft.“
Benteen runzelte die Stirn. „Was wollen Sie damit andeuten?“
„Als die Formwandler das erste Mal auf der Erde zugeschlagen haben, explodierte eine Bombe auf einer Konferenz mit siebenundzwanzig Besuchern, beim nächsten Mal wurden zwei Angehö-rige der Sternenflotte entführt und gefoltert und bei ihrem dritten Streich haben sie gleich das gesamte Energienetz lahm gelegt … Und was war gestern? Ein paar blaue Flecken hier, eine zerbrochene Kaffeetasse dort und es wurde nicht einmal etwas Wertvolles gestohlen.“
Zum Glück achtete keiner der beiden Offiziere auf Jerad – sonst wäre ihnen sofort aufgefallen, wie der Trill bei diesen Worten erbleichte.
Langsam dämmerte es Benteen, worauf der Sicherheitschef hinaus wollte, doch sie wagte es nicht, weiter zu denken. Sie durfte nicht weiter denken. „Unsere Leute konnten den verdammten Wechselbalg wohl rechtzeitig verjagen, bevor er noch mehr Unheil anrichten konnte.“
„Vielleicht.“ Der Sicherheitschef klang nicht sehr überzeugt.
„Oder es war ein Ablenkungsmanöver.“
„Ablenkungsmanöver.“ Spencer hob den Zeigefinger und setzte eine wichtigtuerische Miene auf. „Nur wovon sollte es ablenken? Während einer von den flüssigen Brüdern seine Gaukler-kunststückchen im Hauptquartier vorgeführt hat und die halbe Sternenflotte damit beschäftigt war, ihn zu jagen, hätten die anderen Wechselbälger eine weitere Bombe legen und unsere ge-samte Führung auslöschen können. Fast alle wichtigen Admiräle waren in einem Raum ver-sammelt und bumm …“ Spencer klatschte einmal in die Hände.
Jerad massierte seine Schläfen, als ob er Kopfschmerzen hätte, und starrte die Tischplatte an. Vor seinen Augen verschwamm die Holzmaserung zu einem wabernden, goldbraunen Brei … fast wie ein Wechselbalg in seinem Eimer … Der Trill hätte beinahe hysterisch aufgelacht. Jetzt sah er auch schon überall Formwandler – welch eine Ironie. Commander Spencer, ich sehe was, was du nicht siehst … Er wollte nicht loskichern, um keinen Preis … er wollte überhaupt keine Aufmerksamkeit auf sich lenken … die beiden waren gerade so schön beschäftigt und merkten nicht, dass er abwechselnd rot und blass wurde.
Trotzdem rollte ein glucksendes Lachen aus seiner Kehle. Er verfluchte sich dafür.
„Was ist so lustig?“ fuhr Spencer ihn an.
„Sie“, antwortete Jerad. Auf einmal musste er so heftig lachen, dass zwei einzelne Tränen über seine Wangen liefen. „Sie sollten Bösewicht werden, wissen Sie das? Bei Ihrer garstigen Fantasie … Bumm … das ist gar nicht mal schlecht! Ich raube wenigstens nur Tresore aus, aber Sie wol-len gleich die ganze Führung auslöschen … Mann o Mann …“
Spencer ballte die Hände zu Fäusten. Er musste sich schwer beherrschen, um Jerad nicht mit-ten ins Gesicht zu schlagen. „Wenn ich die Bösewichter fangen soll, muss ich auch manchmal denken wie sie. Oder ist das für Sie zu hoch?“
„Dann denken Sie doch mal wie ich. Vielleicht kommen Ihnen dann ganz verblüffende Er-kenntnisse. Zum Beispiel, dass Layton Ihnen die Taschen voll haut, ohne mit der Wimper zu zucken.“ Jerad grinste den Sicherheitschef herausfordernd an. Sein Rückrat war steif und schmerzte, und das lag nicht nur daran, dass er seit acht oder neun Stunden fast ununterbrochen auf diesem Stuhl saß. Dennoch packte ihn der Mut eines Mannes, der nichts mehr zu verlieren hatte. Spencer war auf dem besten Weg herauszufinden, dass Odo den Verschwörern geholfen hatte – und wenn er das auch noch beweisen konnte, wäre der Widerstand vorbei, ehe er über-haupt richtig begonnen hatte. Zum Glück war Spencer nicht auf die Idee gekommen, ein Wahr-heitsserum anzuwenden oder einen Telepathen zu holen, der die Wahrheit aus Jerad Silgons Kopf riss. Soviel Jerad wusste, hatte die Sternenflotte überhaupt kein Wahrheitsserum entwickelt und die einzige Telepathin weit und breit war T’Liza.
Vielleicht gab es doch noch so etwas wie einen Hoffnungsschimmer.
„Admiral Layton ist ein ehrbarer Mann!“ wies Benteen ihn zurecht. „Er mag einige Fehler ge-macht haben, aber das einzige, was ihn interessiert, ist das Wohl der Erde.“
Klar, und demnächst spendet Quark sein Vermögen für bajoranische Weisenkinder! Diesen Gedanken sprach Jerad nicht laut aus, aber er erlaubte sich ein spöttisches Lächeln.
„Also, von wem haben Sie Ihre Instruktionen?“ fragte Benteen scharf. „Sie und die Vulkanierin sind keine Wechselbälger – doch das muss nicht heißen, dass Ihr Instruktionsoffizier ...“
Der Trill stöhnte leise. „Captain, bitte, das hatten wir doch schon … wir sind keine Dominion-Spione, es gab keinen Instruktionsoffizier, wir haben auf eigene Faust gehandelt. Und ich über-nehme die volle Verantwortung dafür.“
„Wie nobel von Ihnen!“ Spencer hob seinen Zeigefinger erneut. „Captain Benteen, ich sehe, Sie denken, was ich denke …“
„Dass ein Wechselbalg die höheren Ränge der Sternenflotte infiltriert und den beiden eingere-det hat, sie müssten Layton unschädlich machen?“
Spencer hob die Augenbrauen. „Interessante Theorie.“
„Was dachten Sie denn?“
„Dass man diesem Odo ein wenig genauer auf die Finger schauen sollte. Vielleicht ist er dem
Charme seiner Artgenossen längst erlegen und arbeitet inzwischen gegen uns. Oder es gibt eine Verschwörung von Sternenflottenoffizieren, die mit dem Kriegsrecht und Laytons Politik nicht einverstanden sind. Odo könnte mit ihnen zusammenarbeiten. Schließlich gehört er zu Sisko – und der hat den Admiral schon offen kritisiert.“
Jerad massierte weiter seine Schläfen und hielt den Kopf gesenkt, damit niemand sein Gesicht sah. Allmählich bekam er wirklich Kopfschmerzen. Wäre die Wahrheit ein Himmelskörper und Spencer säße in einem Shuttle, hätte die Außenhülle jetzt ernsthaften Schaden genommen. Aber der Sicherheitsoffizier schien von seinem Frontalzusammenstoß nichts zu ahnen … oder doch? Jerad sollte es nicht herausfinden, denn Benteen räusperte sich energisch.
„Odo hat ein Alibi. Er regenerierte in seinem Eimer, als der Angriff passierte.“
„Hat das jemand gesehen? Jemand außer Sisko?“ hakte Spencer nach.
„Einer von der Reinigungskolonne.“
„Vielleicht sah es nur so aus wie Odo. Gelatine, Sirup, oder …“
„Es soll sich eigenständig bewegt haben.“
„Eine holographische Projektion möglicherweise. Mit einem tragbaren Generator erzeugt. Nur weil irgendwas Bräunliches in einem Eimer herumwabert, muss das nicht bedeuteten …“
„Der Junge hat den Eimer angehoben und meinte, er sei ziemlich schwer gewesen.“
Spencer überlegte und kratzte sich am Kopf. „Odo hat uns doch eine Probe seiner Flüssigkeit für wissenschaftliche Untersuchungen überlassen …“
„Und Sie meinen, er könnte auch größere Teile von sich abtrennen?“
Benteen war klüger, als es den Anschein hatte, erkannte Jerad. Ein Schauer wie kalter Niesel-regen lief über den Rücken des Trill. Odo hatte tatsächlich etwas Protoplasma im Büro zurückge-lassen, um notfalls ein Alibi zu haben. Nur eine geringe Menge, die einen Haufen von Kieselstei-nen, Deko-Sand und ausrangierten Chips bedeckte. Himmel, wenn Spencer herausfand …
Der Sicherheitsoffizier zuckte die Achseln. „Sisko behauptet zwar, das ginge nicht, ohne dass Odo dadurch empfindlich geschwächt würde … viel zu geschwächt, um so einen Angriff durch-zuziehen … aber wer weiß …“
„Wollen Sie etwa andeuten, Captain Sisko und Odo würden gegen uns arbeiten? Das ist lächer-lich!“ fiel Benteen ihm ins Wort. Es gibt keine Verschwörung innerhalb der Sternenflotte, hatte der Admiral gesagt. Derlei Gerüchte wären nichts als kontraproduktiv, denn die Sternenflotte müsste jetzt zusammenstehen wie ein Mann, um der Bedrohung durch die Wechselbälger endlich Herr zu werden. Das waren seine Worte gewesen.
„Admiral Layton hat mir befohlen, das Verhör zu unterbrechen.“
Commander Spencers Miene war bisher undurchdringlich gewesen, doch nun blickte er seinen Captain entgeistert an. „Aber ich war auf dem besten Weg …“
„Irrelevant. Die Sicherheit auf der Erde hat inzwischen eine heiße Spur.“
„Und was machen wir jetzt mit den beiden Helden hier?“
„Sie bleiben auf alle Fälle im Arrest und wir sehen weiter. Inwieweit sie schuldig sind oder nur benutzt wurden, wird sich herausstellen. Aber es macht nicht viel Sinn, die beiden weiter auszu-quetschen. Sie brauchen ohnehin eine Pause.“
Wie rücksichtsvoll! dachte Jerad voller Sarkasmus. Zumindest war Odo jetzt aus der Schussli-nie und eine schwere Last fiel von ihm ab. Was mit ihm und T’Liza geschah, hatte keine Bedeu-tung. Das Kriegsgericht wartete ohnehin auf sie.
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