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STD 03 - Hinter des Maske (2)

von Adriana

Kapitel 9 - Captain Devereaux

Es war in der Tat ein kurzer Flug zur Raumstation DEEP SPACE FOUR. Als Lairis Captain De-vereaux kontaktierte, zeigte sein Gesicht eine Mischung aus Wiedersehensfreude und großer Sorge. Er konnte seine Emotionen fast so schlecht verbergen wie ein Bajoraner.
„Es ist schön, dich zu sehen, Ilana! Obwohl ich mir wünschte, die Umstände wäre etwas glück-licher.“
„Ich auch, Charles, ich auch!“ gab sie aufrichtig zurück. „Aber ich bin dankbar, dass du mir helfen willst.“
Er hob seine kräftigen dunklen Augenbrauen und stützte sein stoppeliges Kinn mit der Hand. Captain Devereaux’ Kinn sah immer stoppelig aus, egal, wie oft er sich rasierte, erinnerte sich Lairis. „Ich habe nicht versprochen, dass ich dir helfen werde – ich habe dir nur meine Andock-genehmigung erteilt“, stellte er klar und zwinkerte.
„Ich weiß, ich verlange viel von dir, aber ich würde dich nicht darum bitten ...“
„… wenn du nicht ganz genau wüsstest, dass ich dir nichts abschlagen kann.“ Er lächelte amüsiert. „Trotzdem würde ich gern wissen, worum es geht!“
„Das erzähle ich dir unter vier Augen.“
Devereaux seufzte leicht entnervt. „Du weißt genau, wie neugierig ich bin, und nutzt es weidlich aus, du gerissenes Luder! Na los: Rein mit dir und deiner Bande!“
„Die CASABLANCA ist kein Ort für konventionelle Captains“, erklärte Lairis auf das Schmunzeln einiger Crewmitglieder hin.
Die Raumstation stammte – genau wie die USS CASABLANCA – noch aus dem 23. Jahrhundert. Die Schalldämmung auf den Gängen war miserabel und Lairis empfand das Geräusch ihrer ei-genen Absätze als unangenehm. Es war irrational, aber sie wollte am liebsten weder gesehen noch gehört werden, bis sie ihre Mission vollendet hatte. Sie hatte das Gefühl, dass jeder, der nur einen kurzen Blick auf sie warf, erkannte, dass sie eigentlich nicht hier sein durfte. Dass sie im Begriff war, den Kommandanten dieser Basis in eine höchst riskante und illegale Operation zu verwickeln.
Um so erleichterter war sie, als sich endlich die Tür von Charles Devereaux’ Quartier hinter ihr schloss. Der Captain umarmte sie und streifte sie mit einem besorgten Blick. „Ich würde dir gern sagen, dass du fabelhaft aussiehst, aber das stimmt leider nicht“, erklärte er unverblümt.
Sie lächelte schwach. „Ich weiß, ich sollte mal wieder zum Friseur gehen.“
Devereaux schüttelte den Kopf. „Du verlierst deinen Humor nicht einmal im Angesicht des To-des. Dafür hab ich dich immer bewundert.“
Im Angesicht des Todes … War das nur eine leere Redewendung der Menschen oder hatte Devereaux einen unbestimmten Verdacht? Seine Ahnungen trafen fast immer ins Schwarze.
„Sie haben dich gefoltert, Ilana“, fuhr er mit ernster Miene fort. Seine Bemerkung über den Tod hatte sich offenbar auf die Vergangenheit und nicht auf die Zukunft bezogen. „Du warst schwer verletzt und musstest mehrmals operiert werden. Ganz abgesehen davon, was du seelisch zu verarbeiten hast … Du solltest dich erholen.“
„Ich lag vier Tage auf der Krankenstation. Das war genug Erholung für meinen Geschmack.“
„Und meinetwegen hättest du dort noch weitere vier Tage liegen können! Deine Haare sind wirklich das letzte, worum ich mir Sorgen mache!“ Das Klacken von Hundekrallen auf Laminat ließ ihn resigniert die Augen verdrehen. „Apropros Haare …“
Ein Golden Retriever mit riesigen Schlappohren schob sich durch den Türspalt zwischen dem Wohn- und dem Schlafzimmer. Er blinzelte verschlafen, aber als er Lairis roch, sprang er schwanzwedelnd an ihr hoch und versuchte, ihr Gesicht abzulecken. Sie wich ihm lachend aus, doch ihre Uniform war längst bedeckt mit goldbraunen Hundehaaren. Die Hund schubberte sich hemmungslos an ihr, stupste sie mit der Nase an und blickte mit treuen braunen Augen zu ihr auf, in der Erwartung von noch mehr Streicheleinheiten.
„Ist ja gut, Amadeus. Aus!“ rief Captain Devereaux, aber weil er so heftig lachen musste, klang sein Befehl nicht sehr energisch. „Tut mir leid, er befindet sich mitten im Fellwechsel“, entschul-digte er sich bei Lairis, deren Uniform mittlerweile einer Filzmatte glich. „Trotzdem will der ver-wöhnte Kerl in jeder wachen Minute geknuddelt werden! Ich sollte einen Praktikanten dafür an-stellen – und für’s Gassi führen natürlich.“
Lairis streichelte den wunschlos glücklichen, auf dem Teppich kugelnden Hund und lachte. „Früher hat er immer unser Arboretum vollgesch…“ Sie lächelte versöhnlich. „Gedüngt.“
Devereaux grinste. „Man sollte diese Uniformen in einer hundefreundlicheren Farbe gestalten, findest du nicht auch?“
„Marc hat eigens ein Gerät entwickelt, um Katzenhaare in drei Minuten aus seiner Uniform zu entfernen.“
„Es funktioniert aber auch leider nur bei Katzenhaaren“, entgegnete Devereaux. „Vielleicht woll-te mir der Schöpfer damit sagen, dass ich bei Katzen bleiben sollte. Dieses haarige Biest hört nicht mal richtig auf mich!“
Lairis blickte ihn verwundert an. „Deine Crew hört doch auch auf dich – warum nicht Amadeus?“
„Er gehörte meiner Ex-Frau“, erklärte Devereaux. „Aber sie hat keine Gelegenheit ausgelassen, ihn bei mir abzuladen – typisch!“ Er ließ seine Stimme ein paar Oktaven höher klettern. „Um Himmels Willen, Schatzi, mein neuer Designer-Teppich! Ein Unikat für fünftausend Krediteinhei-ten! Bedenke doch mal: Fünftausend Krediteinheiten, Charles! Ich würde tausend schreckliche Tode sterben, wenn diesem Teppich etwas geschieht!“
Lairis schüttelte sich vor Lachen, als Captain Devereaux eine perfekte Imitation seiner Ex-Frau gab. Melissa Devereaux war eine so genannte „Dame der Gesellschaft“, die Charles mit ihren perfekten Manieren zuerst schwer beeindruckt und zum Schluss unsäglich genervt hatte.
„Außerdem: Meiner Crew kann ich mit Kriegsgericht drohen, wenn sie nicht gehorcht – aber das klappt leider nicht bei dem verdammten Hund“, fügte er hinzu.
Lairis grinste. „Ich sehe, ich bin hier wirklich in guten Händen.“
Devereaux wurde schlagartig erst und tat etwas völlig Unerwartetes: Er ging zum Wohnzim-merschrank, holte eine Flasche Rotwein und zwei Gläser hervor.
„Ich bin im Dienst“, protestierte Lairis.
„Meine Nase sagt mir, dass du Ärger hast – und zwar solchen, bei dem dein Blutalkoholspiegel im Dienst zur Nebensache verkommen dürfte“, gab Devereaux trocken zurück. „Also, raus mit der Sprache!“
Sie prosteten einander zu, Lairis nippte lange schweigend an ihrem Wein, bevor sie Devereaux mit wohl überlegten Worten einweihte. Manchmal blickte sie skeptisch auf, immer in der Erwar-tung, er würde sie gleich aus seinem Quartier werfen. Doch er nickte nur, ermunterte sie mit stummen Gesten, weiter zu sprechen. Seine Miene verfinsterte sich immer mehr.
„Verdammt, es muss doch einen anderen Weg geben, Ilana!“ unterbrach er sie auf einmal lei-denschaftlich. „Versteh mich nicht falsch: je eher wir Layton aufhalten, desto besser! Dieser Idiot ist dafür verantwortlich, dass meine Schwester jetzt im Krankenhaus liegt! Wäre Celine, mein todesmutiges Baby, nicht gewesen, würde sie jetzt auf einer Wolke sitzen und Harfe spielen. Ich weiß genau, wie langweilig es ihr dort oben wäre …“
Lairis musste lachen, obwohl ihr beim besten Willen nicht fröhlich zumute war. Die meisten Menschen im 24. Jahrhundert hielten Religion für vorsintflutlich, aber Captain Devereaux gehörte zur aussterbenden Rasse der gläubigen Katholiken. Obwohl sich Lairis nicht vorstellen konnte, dass er ernsthaft an geflügelte Wesen glaubte, die mit Harfen auf Wolken saßen.
Die Hände in Amadeus’ Fell vergraben, kraulte sie den Hund mit abwesendem Blick. Amadeus hatte aufgehört, mit dem Schwanz zu wedeln. Stattdessen sah er sie aufmerksam und ein biss-chen traurig an. Charles Devereaux ebenfalls. Er hatte seinen Wein nicht einmal angerührt, seit sie mit ihren Enthüllungen herausgerückt war. Aber nun trank er sein Glas in einem Zug leer. Für den Genießer und Weinkenner Devereaux eine geradezu barbarische Handlung.
„Ich muss meine Uniform säubern“, murmelte Lairis. Einer der vielen zusammenhanglosen Gedanken die ihr gerade im Kopf herum schwirrten, weil ihr Verstand sich weigerte, die Realität einzulassen.
Eine Realität, die Captain Devereaux mit einem einzigen Satz auf den Punkt brachte: „Wenn du jetzt durch diese Tür gehst, sehe ich dich vielleicht nie wieder, Ilana.“
„Ja, das ist leider nicht ausgeschlossen.“ Ihre Stimme hatte einen rauen, spröden Klang bei die-sen Worten.
Devereaux starrte in sein Weinglas und nickte langsam. „Ich weiß aber auch, dass ich dich von deinem Plan nicht abhalten kann. Mir fallen ja nicht einmal vernünftige Argumente dagegen ein … Argumente, die nichts mit meinen persönlichen Gefühlen zu tun haben … merde, ich fürchte tatsächlich, du musst das durchziehen.“
„Also stehst du mir bei?“ hakte sie hoffnungsvoll nach.
„Natürlich. Ich wünschte, ich könnte viel mehr tun.“
Lairis sah ihn eindringlich an. „Die Andockgenehmigung, die du mir erteilt hast, musst du sofort aus deinem Logbuch löschen. Verstehst du: Ich und meine Crew – wir sind nie hier gewesen!“
„Verstanden“, antwortete Devereaux, während er neuen Wein einschenkte. Er hob sein Glas und Lairis tat das Gleiche. „Auf die CASABLANCA!“ sprach er mit einem Hauch von Pathos.
„Wenigstens bekommt sie jetzt einen würdigen Abgang.“
„Irgendwie hänge ich immer noch an der alten Fregatte … Verrückt, nicht wahr?“ Er lächelte wehmütig. „Trotzdem kann ich damit leben, wenn sie für immer futsch ist. Bei dir hingegen …“ Er ließ den Satz absichtlich unvollendet.
„Ich unternehme alles, damit es nicht soweit kommt“, versprach Lairis.
Er legte seine Hand auf ihre, die immer noch über Amadeus’ weiches Fell strich. Sein Lächeln war in einer Mischung aus Selbstironie und Angst eingefroren. „Ich hatte von Anfang an einen Narren an dir gefressen, Ilana. Aber ich war verheiratet, also …“
Sie lachte wider Willen über sein Geständnis. „Du warst seit fünf Jahren der erste vorgesetzte Offizier, der mir nicht das Leben zu Hölle gemacht hat. Dafür liebe ich dich noch heute.“
Unvermittelt fiel er in ihr Lachen ein. „Wie hast du es nur fünf Jahre unter Layton ausgehalten? War kein anderer Posten frei?“
„So zynisch es klingt – freie Stellen auf Schiffen der Sternenflotte gab es erst nach WOLF 359.“ Sie sah ihm prüfend in die Augen. „Hast du mich etwa deshalb befördert? Weil du einen Narren an mir gefressen hast?“
„Fragt dich dein Erster Offizier das auch manchmal?“
„Geht dich das was an?“
Sie prusteten beide fast gleichzeitig los. Ein Ausbruch halb erwürgter Fröhlichkeit, der Sekun-den später schon wieder abebbte.
„Jerad sitzt unschuldig im Gefängnis wegen diesem aufgeblasenen kleinen Möchtegern-Imperator!“ rief Lairis und ihre Stimme vibrierte vor unterdrücktem Zorn. „Ganz abgesehen von Belle, die fast gestorben wäre! Er hat so viele Leben ruiniert, er wird noch mehr Leben ruinieren … wenn ihn niemand stoppt, reitet er die gesamte Föderation in die Scheiße!“
„Natürlich muss ihn jemand stoppen“, erwiderte Devereaux. „Aber ein Teil von mir sieht nicht ein, dass ausgerechnet du das sein musst.“
Sie hielten sich zum Abschied fest umschlungen. „Bitte komm zurück“, sagte er nur.
„Keine Sorge. Ich glaube, in deinem Himmel wäre es mir auch zu langweilig.“
Er lachte mit feucht schimmernden Augen.
„Falls ich …“ Sie stockte. „Falls ich es nicht schaffe, sag Julianna, sie ist die beste Tochter, die eine Mutter sich nur wünschen kann und ich …“ Wieder war sie für einen kurzen Augenblick un-fähig, weiter zu sprechen. „… ich hoffe sehr, dass sie mir verzeiht. Ich will ihr das ganz gestimmt nicht antun … sie zu einer Waisen zu machen.“
„Sie wird stolz auf dich sein – egal, ob … wie die Sache ausgeht“, meinte Devereaux.
Erst nachdem sie gegangen war, ließ er seinen Tränen freien Lauf.
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