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Invented in Russia

von Janora

~Oneshot~

„Alle Mann festhalten!“
Die Enterprise beschrieb einen engen Bogen und drehte sich in einer 360° Schraube nach oben.
„Keptin, bei diesem Kurs streifen wir das unbekannte Sturmkraftfeld“, informierte Chekov Kirk erneut.
„Zur Kenntnis genommen“, erwiderte dieser bloß und sah über den Außenbildschirm mit angestrengter Miene dabei zu, wie Sulu das Ausweichmanöver durchführte. „Schutzschilde aufrecht erhalten.“

Sie waren auf ihrer Fünfjahresmission irgendwo an den Rand des Beta-Quadranten gelangt und dort auf ein unbekanntes Feld gestoßen, das sie nicht genauer definieren konnten, und das dort auch noch nicht lange sein konnte. Zumindest war es zuvor nie verzeichnet worden. Also hatten sie Halt gemacht, um es zu untersuchen. Vor allem Spock schien an dieser Anomalie interessiert.
Eben hatte es plötzlich eine Explosion an der Außenhülle der Enterprise gegeben, die sie unangekündigt überrascht hatte. Sie stellten fest, dass es eine wild umher fliegende Mine gewesen war, die aus einem längst vergangenem Krieg stammte. Und dass es noch weitere gab, die mit hoher Geschwindigkeit die gleiche Bahn bestritten. Sie waren bereits sehr nahe gewesen und das Ausweichen dementsprechend knapp.

Sulu schaffte es. Er hatte das Schiff mittlerweile sehr gut unter Kontrolle, wie sein Captain bereits mehrmals erleichtert feststellen konnte. Doch wie angekündigt kamen sie partiell in den unbekannten Sturm. Ein Ruck ging durch das Schiff und obwohl die Schilde stabil blieben, flackerte das Licht auf der Brücke unheilvoll. Irgendwo hörte man es Krachen.

Aber Jim ließ sich davon nicht beirren. „Mienen auf den Schirm und mit gezielten Schüssen kontrolliert sprengen.“
„Aye, Captain.“
Während sie die Explosionen aus sicherer Entfernung beobachteten, meldete sich Scotty über Intercom.
„Maschinenraum an Brücke. Captain, wir haben beträchtliche Schäden an der Außenhülle. Das kann ein paar Stunden dauern, in denen wir festsitzen.“
„Erklären, Scotty. Geht das nicht ein wenig schneller?“, fragte Kirk.
„Das ist nicht so einfach. Wir müssen das von außen verschweißen und einige der Männer wurden eben bei der Erschütterung verletzt. Hier herrscht also Fachkraftmangel“, kam es von dem Schotten.
Da drehte sich Chekov in seinem Stuhl zu Kirk um.
„Ich kann das. Das hab ich schon mal gemacht“, verkündete er.
Jim sah ihn an. „Sehr gut. Mr. Scott, Chekov wird Ihnen unter die Arme greifen.“
„Aye. Maschinenraum Ende.“
Der Russe stand auf und räumte seinen Platz.
„Wo hast du das denn gelernt?“, fragte Sulu ihn, als er an ihm vorbei ging.
„Die Methode wurde in Russland entwickelt“, erwiderte dieser stolz.
Niemand sagte etwas daraufhin. Man hatte den blonden Lockenkopf schon oft genug darüber philosophieren hören, was alles aus seinem Heimatland kommen soll. Ob man dem allem Glauben schenken durfte oder nicht, das war eine andere Sache.
Pavel bekam davon nicht viel mit. Er machte sich motiviert auf den Weg in den Turbolift.

Die Enterprise wurde repariert und alles ging wieder seinen normalen Lauf nach.
McCoy kümmerte sich um diejenigen, die sich bei dem kurzen Zwischenfall verletzt hatten, hielt Jim einen zwei Minuten Vortrag darüber, dass er bei unbekannten Kraftfeldern mehr aufpassen sollte, und Spock protokollierte seine wissenschaftlichen Untersuchungen.
Alles in allem ein normaler Tag an Bord des Schiffes.

~~

Wenn man so lange im Weltraum unterwegs war und sich ständig den psychischen und physischen Belastungen aussetzte, war es wichtig, dass man sich körperlich und geistig fit hielt. Daher war es eine inoffizielle Vorschrift, dass man mehr oder weniger regelmäßig einen der Trainingsräume aufsuchte.
Zum Glück fühlten sich die meisten Crewmitglieder in der Enge des Schiffes auf Dauer so beklemmt, dass sie sich nur zu gerne etwas bewegten. Und so waren diese Räume zwischen den Schichten immer gut gefüllt.
Sie boten eine Vielzahl an verschiedenen Sportmöglichkeiten, sodass für jeden etwas passendes dabei war. Sulu baute zum Beispiel seine Fechtkünste auf. Der Sport war für ihn mittlerweile ein Hobby geworden und es wurde schwierig, Trainingspartner auf seinem Niveau zu finden.

Kirk dagegen war heute am Boxsack, bearbeitete ihn mit gezielten Schlägen und Tritten, während er auf seinen Sparringpartner wartete. Chekov verspätete sich ein wenig und tauchte erst nach einiger Zeit in seiner Trainingsuniform auf.
„Da sind Sie ja endlich, Chekov. Machen Sie sich warm und dann können wir anfangen.“
Kirk gab dem jungen Ensign hin und wieder Stunden im Nahkampf. Chekov hatte zwar die nötigen Grundkurse auf der Akademie alle belegt, war aber ansonsten recht unerfahren darin. Ihm fehlte die Übung. Und die gab Jim ihm gerne. Außerdem sah der junge Russe zu ihm auf und Kirk gab auch gerne ein wenig vor ihm an. Es war also eine Win-Win Situation.
„Aye, Keptin“, erwiderte Chekov, lehnte aber die dargebotenen Boxhandschuhe ab und griff stattdessen lieber zum Springseil zum Aufwärmen.
Knappe zehn Minuten später standen beide dann endlich auf den Trainingsmatten gegenüber.
„Nun, Chekov, was für eine Nahkampftechnik möchten Sie heute gerne durchnehmen?“, fragte Kirk den Jüngeren. Dieser blickte zum Boxsack. „Wissen Sie, bei uns in Russland kämpft man seit jeher mit bloßen Fäusten. Nennt man auch russisches Boxen. Wurde im 13 Jahrhundert erstmals dokumentiert“, erzählte er fröhlich.
Jim legte den Kopf schief. „Wenn Sie das schon so lange machen, müssten Sie ja ein Experte darin sein.“
Etwas kleinlauter murmelte Chekov etwas, das sich wie „Naja ...“ anhörte.
Kirk ging in Ausgangsposition zum Kämpfen und winkte ihn herbei. „Greifen Sie mich an.“
Chekov nickte und nahm die gleiche Pose ein. Dann machte er einen Schritt auf den Captain zu und holte gleichzeitig zum Schlag ins Gesicht aus. Doch Kirk tauchte darunter hinweg, packte dafür Chekovs Arm, stellte ihm ein Bein und brachte ihn mit ein wenig Schwung zum Fall.
„Na, das mit dem russischen Boxen üben wir noch mal ein wenig“, meinte er, als er zu ihm auf die Matte herabschaute.
Chekov nickte bloß und strich sich ein paar Haare aus dem Gesicht.

~~

Nach Ende einer Beta-Schicht saßen Chekov und Sulu zusammen beim Essen und unterhielten sich über dieses und jenes. Im Laufe der Zeit hatten sich zwischen den beiden eine Freundschaft entwickelt. Angefangen hatte es wohl damit, dass sie sich auf der Brücke gut verstanden und nach einiger Zeit herausgefunden hatten, dass sie beide gerne den einen oder anderen Befehl, den sie bekamen, hinterfragten. Da war einmal dieser Vorfall gewesen, als es einen ständigen Kurswechsel von Kirk zwischen zwei Planeten gegeben hatte, die in völlig verschiedenen Sektoren lagen. Hinterher hatte sich herausgestellt, dass der Captain zum Opfer eines Nachahmers in Form eines außerirdischen Wesens, das sich an Bord geschlichen hatte, geworden war. Original und Kopie waren abwechselnd auf der Brücke erschienen und hatten die Koordinaten stets ändern lassen. Sehr zum Leidwesen des Steuermanns und des Navigators. Irgendwann hatte Sulu die Enterprise einfach gestoppt und seinem Captain höflich erklärt, dass er sein Ziel anfliegen würde, wenn dieser sich denn endlich auf eines festlegen würde. Die Kopie war ihm daraufhin an die Kehle gesprungen, konnte aber zum Glück aufgehalten und enttarnt werden. Nach dieser Schicht hatte Chekov einen Schnaps für sich und Sulu hervorgezaubert und der Stein für die Freundschaft war gelegt gewesen.

Nach einer Weile setzten sich Uhura und Spock mit an den Tisch. Für den Vulkanier war das recht ungewöhnlich, aber Uhura unterhielt sich gerne mit den jungen Männern. Es lag die Vermutung nahe, dass er sich ihretwegen bemühte mehr unter Leute zu kommen. Oder weil sie sich nicht immer entscheiden müssen wollte, mit wem sie ihre Zeit verbrachte, sondern gerne alle zusammen an einem Fleck hatte. Während Spock sich ebenfalls etwas zu essen geholt hatte, reichte ihr im Moment nur eine Tasse Kaffee.
„Na, Jungs, was gibt es Neues““, fragte sie die beiden im gelben Shirt lächelnd.
„Wir fliegen im Weltraum“, erwiderte Sulu, worauf Uhura die Augen verdrehte und ihm einen freundschaftlichen Stoß mit dem Ellenbogen verpasste.
„Ach wirklich? Sachen gibt’s ...“
„Wusstet ihr, dass das Fliegen eigentlich eine russische Erfindung ist?“, warf Chekov ein und zeigte mit seiner Gabel auf. „Igor Sikorski hat die ersten antiken Hubschraubermodelle und Flugzeuge gebaut.“
Die anderen am Tisch tauschten einen Blick aus. Uhura war schließlich die erste, die wieder etwas sagte.
„Holografie basiert auf der Erfindung eines Russen aus dem 20. Jahrhundert.“
„Oh, und die erste Atomenergie mit kontrollierter Kernspaltung hat doch auch russische Wurzeln“, warf Sulu ein.
Chekov schaute die beiden verwirrt an. Bevor er aber einen Kommentar dazu abgeben konnte, kam Scotty an den Tisch. Sein rotes Hemd war voll mit Öl- und anderen Flecken von Maschinen, und er brachte eine dampfende Tasse Tee mit sich.
„Redet ihr von russischen Erfindungen?“, fragte er, da er den letzten Teil des Gespräches wohl mitbekommen hatte. „Vergesst nicht die historischen Fernseher. Die kommen auch aus Russland. Von einem Typen namens Vladimir irgendwas.“
Spätestens als Chekov sah, wie die drei sich ihr Grinsen verkneifen mussten, hatte er wohl gemerkt, dass sie ihn aufs Korn nahmen. Aber das fand er nicht fair. Er war stolz auf sein Heimatland und dessen Errungenschaften. Das war kein Grund ihn dermaßen aufzuziehen.
Er blickte zu Spock, der ihn mit erhobener Braue anschaute.
„Haben Sie auch noch etwas dazu zu sagen?“, fragte er den Vulkanier missmutig.
Spock schien für einen Moment zu überlegen. „Ich glaube, in dieser Situation wäre das, meines Wissens nach, russische Sprichwort: 'Wer satt ist, wird nie einen Hungernden verstehen' treffend“, erwiderte er dann und aß seelenruhig seinen Salat weiter, während alle bis auf Chekov in Lachen ausbrachen.


Bei starkem Frost gib auf die Nase Acht. Russisches Sprichwort
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