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III. Jon: Wahrheiten

von Steffi Raatz

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Während ich auf meinem Bett liege und die Decke anstarre, wird mir einmal mehr bewusst, dass das Schicksal nicht beeinflussbar ist, sondern mit einem nach gut Dünken spielt. Hat sich eigentlich schon jemals jemand darüber Gedanken gemacht, dass wir nur Spielfiguren auf einem riesigen Schachbrett sein könnten. Vielleicht sind wir ja auch nur Darsteller in einer gigantischen galaktischen Soap und dienen zur Belustigung von weitaus höheren Wesen. Eine vage Theorie, die ich nicht beweisen kann, deren fantastische Stützpfeiler jedoch nahezu direkt vor mir stehen, greifbar nah.

Wenn ich je gewusst hätte, dass diese Reise in einer derartigen persönlichen Katastrophe enden würde, hätte ich vielleicht das Kommando abgelehnt - Kindheitstraum hin oder her.

Der Verlust von Integrität und Selbstachtung sind es nicht wert.

Dennoch kann ich nicht leugnen, dass ich nicht selbst an meiner Misere Schuld bin. Ein einziges "Nein" hätte verhindern können, was jetzt eine ganze Crew zu zerreißen droht.

Wenn ich jemals behauptet habe, ich sei stark genug, um mir meine Selbstachtung zu wahren, dann habe ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen können, wie leicht der Fall zu Disziplinlosigkeit und Kriminalität ist.

Nicht, dass ich mich selbst als kriminell bezeichnen würde oder irgendwen anders an Bord. Doch Fakt ist, dass die Situation als solches als kriminell tituliert werden könnte. Nicht verzwickt, verworren oder unheilschwanger, nein, kriminell trifft es am besten.

Mein Blick fixiert weiterhin ununterbrochen die Decke, obwohl ich eigentlich nicht sehe, was dort oben ist. Vielmehr studiere ich fast mit ungebrochener Geduld die Leere, die sich in meinem Inneren auszubreiten scheint.

Porthos' Kläffen und seine Betteleien gehen spurlos an mir vorbei, so als würde ich in einem Kokon liegen und von allem abgeschirmt sein.

Eigentlich keine schlimme Vorstellung. Nicht augenblicklich.

Völlige Isolation und Selbstabschottung beginnen einen gewissen Reiz auf mich auszuüben. Und langsam frage ich mich, warum ich beizeiten nicht einfach meine kleinen grauen Zellen eingeschaltet habe, um einer weisen Vorausahnung nach, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass ich Fehler machen werde, wenn ich handle, wie ich gehandelt habe.

Schluss. Die Zeit für "Was-wäre-wenn" Fragestunden ist vorbei. Entscheidungen sind gefällt worden. Nicht aus dem Verstand heraus, sondern aus dem Bauch heraus... nein tiefer.

Sich herausreden zu wollen, wäre sinnlos. Ein elendiger Versuch von Selbstschutz, der nicht funktionieren würde. Selbstschutz und Feigheit.

Feigheit, den Tatsachen und Gegebenheiten nicht ins Auge zu sehen. In wirklich wunderschöne Augen, die jedoch genauso verhängnisvoll zu sein scheinen, wie ein Angriff der Xindi. Nur, dass ich in diesem Fall weiß, womit ich zu rechnen habe.

Und genau in diesem Augenblick schleicht sich mir die Frage ein, ob ich es nicht eigentlich so verdient habe.

Er ist mein bester Freund, sie seine beste Freundin. Was in mich gefahren ist, als ich mich dazu entschloss, mich auf sie einzulassen, steht außer Frage. Es waren seine regelmäßigen Besuche bei meinem Sub-Commander, die mich dazu brachten. Eifersuchtsgesteuert, nicht zurechnungsfähig sagt man, glaube ich, dazu. Dabei würde ich nie offen zugeben, dass ich mehr als Vertrauen für die Vulkanierin empfinde. Nicht mal mir selbst gegenüber gestatte ich mir diese Freiheit.

Ich frage mich, ob sie sich im Klaren darüber war, dass ich wusste, warum sie mich damals in der Nacht aufsuchte. Hoshi ist hübsch und hat eine Art an sich, die den Beschützerinstinkt eines jeden Mannes weckt, aber nicht deshalb nahm ich ihr Angebot so bereitwillig an. Es war vielmehr der Gedanke an Genugtuung. Richtig, Genugtuung.

Ich bin der Captain dieses Raumschiffes, ich habe eine Führungsposition, bin Vorbild, Musterbeispiel für alle niederen Ränge und dennoch ließ ich meinen Urinstinkten die Kontrolle und vögelte die Frau, von der ich genau wusste, dass sie meinem besten Freund alles bedeutete. Ich will nicht abstreiten, dass ich in dem Moment die Bezeichnung "Bester Freund" im Zusammenhang mit ihm komplett verdrängt hatte. Aber ich war mir durchaus bewusst, dass ich etwas tat, was ihn verletzen würde.

Ungeachtet der Tatsache, dass der Sex mit Hoshi unbeschreiblich war, was ich darauf zurückführe, dass aufgestaute Gefühle vollkommen ausgelebt wurden, erkannte ich nach nur einem Blick in ihre Augen, dass sie mich ebenfalls nur ausnutzte.

Der Sex zwischen uns glich dem Thema "Eine Hand wäscht die andere". Eine Katastrophe durch unser Handeln herbeizuführen, war mehr als unausweichlich.

Und genau hier hätten wir alles andere unterbinden müssen. Geschehen war geschehen. Sex hin oder her. An diesem Punkt hätte es enden müssen.

Eine einmalige Angelegenheit entstanden aus Frustration, Eifersucht und Rache.

Ich begreife nicht, warum ich nicht in der Lage war, von da an nein zu sagen. Ein kleines, fast unbedeutendes Wort mit so erheblicher Wirkung.

Nein.

Stattdessen empfange ich sie jeden Abend mit unvergleichlicher Ruhe und mit einem Verlangen, dass droht, mich zu überrennen.

Woraus es entstanden ist, bleibt mir unbekannt. Ich will und kann es nicht darauf zurückführen, dass ich mit ihr den besten Sex meines Lebens habe. Unbegreiflicherweise ist dort noch mehr. So ein dumpfes Stechen, welches mir signalisiert, dass ich etwas falsches tue. Dass ich die Kehrseite der Medaille noch kennen lernen werde, ganz gleich was geschieht. Und zugleich so ein warmes flaues Gefühl, dessen Ursprung mir noch irrealer erscheint. Es ist diese Wärme, diese Unerschütterbare was ich fürchte. Etwas so zerbrechliches und zugleich starkes, was sich dort aufbaut und mir doch eigentlich eine Warnung sein sollte, dass die Situation noch stärker außer Kontrolle geraten wird, sollte ich dem nicht Einhalt gebieten.

Doch ich kann es nicht mehr aufhalten. Ich bin über den Punkt hinaus, dass ich sagen könnte, es ist eine dumme Affäre, die auf Selbstschutz, Rache und unterdrückten Sexgelüsten aufbaut. Ich empfinde etwas für Hoshi, so seltsam es klingen mag, und ich glaube fast, es ergeht ihr nicht anders.

Trotzdem frage ich mich, ob die Empfindungen, die mich zu diesem Punkt geführt haben, spurlos verschwunden sind. Und je tiefer ich in mich hineinsehe, desto klarer wird mir, dass es noch immer eine gewisse Vulkanierin gibt, die es schafft, dass ich mich unzureichend fühle und wegen der ich alles aufgeben würde, was mir lieb und wichtig ist.

Gleichzeitig ist mir mehr als bewusst, dass Hoshi etwas für Trip empfindet. Ein Band, stärker als das unsere, doch weitaus leidenschaftsloser. Ich frage mich ernsthaft, wie er ignorieren kann, was so deutlich in ihren Augen zu lesen ist. Wie er dabei so kalt bleiben kann. Und dann erinnert er mich wieder an T'Pol, die meine Signale ebenfalls nicht missverstehen dürfte. Nicht jedenfalls, wenn ich ein Mensch wäre.

Während ich mir mit meiner Hand über die Stirn fahre, denke ich darüber nach, dass Trip und T'Pol eigentlich doch ein gutes Paar wären. Die gleiche Emotionslosigkeit dem Offensichtlichen gegenüber. Vermutlich ist sich keiner der beiden darüber im Klaren, dass zwei Menschen ihr komplettes Leben ruiniert haben, nur weil sie sich nicht erhört fühlten. Habe ich mein Leben ruiniert?

Einerseits würde ich diese Frage mit einem klaren ja beantworten, andererseits empfinde ich in Hoshis Nähe nichts, was Reue gleicht. Ich bedauere unsere Zusammenkünfte nicht. Nicht, wenn wir zusammen sind. Lediglich anschließend. So wie jetzt.

Vielleicht sollte ich einfach nur die Tatsache akzeptieren, dass wir uns unsere Möglichkeiten selbst verbaut haben. Dass wir glaubten, mit dieser Fehlentscheidung, miteinander ins Bett zu gehen, etwas wie Eifersucht oder Wut bei der Gegenseite zu erreichen, gründlich daneben lagen. Vermutlich könnten wir einander akzeptieren, wenn wir endlich der Wahrheit ins Auge sehen würden. Einer unausweichlichen Wahrheit, die uns bei näherer Betrachtung als einziges geblieben ist. Doch ich weiß es nicht und werde es eventuell auch nie wissen. Eine Situation, die mich nachdenklich werden lässt. Und wieder diese Frage, ob wir nicht nur Spielfiguren wären, die man wahllos mit Situationen konfrontiert, um ihre Fähigkeiten zu prüfen.

Wenn dem so ist, frage ich mich, ob ich diese Prüfung bestanden habe oder ob ich eiskalt am Versagen bin. Ich vermute letzteres und das macht mich unendlich traurig.

Ende

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