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Der Brief

von Pala

Kapitel 1

Hallo Chakotay,

ich weiß, du wirst jetzt mehr als verwirrt sein nachdem du festgestellt hast, dass all´ meine Sachen aus deinem und meinem Quartier verschwunden sind. Und wahrscheinlich wirst du jetzt noch mehr verwirrt oder gar geschockt sein zu erfahren, dass ich dich verlassen habe. Mehr noch; wir werden uns niemals wiedersehen. Ich lasse mich auf diesem wunderschönen Planeten, bei dem wir gerade Station machen, nieder. Die Landschaft ist wundervoll und das Volk sehr sympathisch.

Ich weiß, du wirst dich nun mit der Frage quälen, warum und was du falsch gemacht haben könntest. Du hast gar nichts falsch gemacht, Chakotay. Bevor ich dir alles erkläre, möchte ich dir versichern, dass ich dies tue, weil ich dich liebe. Und du sollst wissen, die Zeit, die ich mit dir verbracht habe, war die Schönste meines Lebens.

Doch ich habe den Fehler begannen mir einzureden, dass dein Herz nur mir gehört und dass wir auf eine tiefe, einzigartige Weise miteinander verbunden wären. Ich habe gewisse Tatsachen immer wieder verdrängt, jeden Zweifel der in mir keimte verschüttet. Ich habe nie an deiner Liebe zu mir gezweifelt und doch ist mir nun endlich klar geworden, du wirst nie wirklich mir gehören.

Ich konnte es damals kaum fassen, als du begannst dich für mich zu interessieren. Ehrlich gesagt, hielt ich dich ganz zu anfangs nur für einen gewöhnlichen, arroganten Führungsoffizier. Doch mit der Zeit änderte ich meine Meinung und ich entdeckte den Menschen in dir. Nie jedoch hätte ich geahnt, dass wir irgendwann einmal mehr als Kollegen oder gar Freunde sein würden. Nachdem du und der Captain damals von New Earth zurückgekommen ward, spürten die meisten auf dem Schiff, dass zwischen ihr und dir mehr vorgefallen war, als ihr zu zeigen bereit wart.

Du hast nie gerne über euch gesprochen. Immer bist du mir ausgewichen, wenn ich dich darauf ansprach. Es hat mich innerlich getroffen, aber ich akzeptierte deine Entscheidung. Ich wusste es nie genau, doch ich konnte deine Verletzung durch Kathryn Janeway nach der Zeit auf New Earth erahnen. Ja, ich weiß, du hast geliebt - und tust es immer noch. Du verdrängst es, Tag für Tag. Und ich vermute sehr stark, sie auch. Wahrscheinlich wirst du mir jetzt widersprechen. Doch lies meinen Brief bitte weiter. Denn ich möchte dich überzeugen. Sonst wären meine Tat und die Schmerzen, die damit verbunden sind, umsonst gewesen.

Am Anfang unserer Beziehung waren sehr viele Crewmitglieder argwöhnisch mir gegenüber. Ich stellte eines Tages einen Crewmen zur Rede, welche gerade einer Kollegin gegenüber, eine abfällige Bemerkung darüber hören ließ und die ich mitbekommen hatte. Sie antwortete mir, wenn ich mich nicht so an dich heran gemacht hätte, wärst du mit Captain Janeway zusammen - das wäre doch klar.

Es ist nicht wichtig, wer das gesagt hat. Damals hörte ich einfach nicht darauf. Ich hielt sie für neidisch, weil sie auch schon von dir geschwärmt hatte. Vielleicht hätte ich ihren Worten mehr Beachtung beimessen sollen. Aber ich war so glücklich. Ich glaube sogar wir waren glücklich. Ich denke schon, dass du dich in mich verliebt hattest. Vielleicht wurde dir irgendwann bewusst, dass Janeway deine Gefühle niemals offen erwidern würde. Vielleicht wolltest du sie auch nur eifersüchtig machen oder es war der Frust. Aber das spielt nun auch keine Rolle mehr.

Jedenfalls nach einiger Zeit begann sich die Crew auch an uns zu gewöhnen und langsam akzeptierten sie unsere Beziehung. Ich war damals so glücklich. Ich bemerkte nichts, gar nichts. Nein, ich will dir nicht unterstellen, dass du mich hintergangen oder gar betrogen hast. Vielleicht aber tat es dein Unterbewusstsein. Die Erkenntnis, dass etwas nicht stimmte, überraschte mich von heute auf morgen. Ich besuchte Tom Paris und B‘Elanna Torres. Wir aßen gemeinsam zu Abend. Äußerlich verhielt sich das Paar augenscheinlich auch nicht viel anders als wir. Doch umso mehr ich sie beobachtete, umso mehr spürte ich eine Innigkeit und Vertrautheit, die ich bei uns vermisste.

Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich versuchte mich selbst zu beruhigen, indem ich mir einredete, ich würde mir unnötige Gedanken machen. Doch ich versprach mir, uns und unsere Beziehung etwas genauer zu beobachten. Vielleicht erinnerst du dich. Das war die Zeit in der ich besonders viele persönliche Gespräche mit dir begann. Damals schon sagte ich dir, du würdest mir gegenüber in manchen Dingen recht verschlossen wirken. Du widersprachst mir natürlich und entgingst weiteren Fragen, indem du mich verführtest. Sex war bis dahin immer etwas absolut Wunderschönes. Diese Nacht versprach nicht anders zu werden. Doch dann beobachtete ich dich und spürte sofort, du warst mit deinen Gedanken weit fort.

In dieser Nacht blieb mein Höhepunkt aus und du hast es nicht einmal bemerkt. In den darauffolgenden Tagen stürzte ich mich in die Arbeit. Wollte mich selbst vom Nachdenken abhalten. Was mir natürlich nicht sonderlich gelang. Ich wollte einfach nicht wahrhaben, dass bei uns etwas nicht stimmte. Du spürtest, wie ich dir aus dem Weg ging. Es folgten lange Gespräche. Aber ich habe dir nie die Wahrheit gesagt über meine Vermutung, dass deine Gedanken bei einer anderen Frau waren. Bei ihr - Captain Kathryn Janeway.

Und doch hatte ich nach diesen Gesprächen das erste Mal das Gefühl der wirklichen Vertrautheit zwischen uns. Du erzähltest mir Dinge, die du mir noch nie gesagt hattest. Da dachte ich, wir könnten es schaffen die Vertrautheit zwischen uns weiter auszubauen. Leider irrte ich mich erneut. Ich habe versucht unsere Beziehung mit Gewalt aufrecht zu erhalten und das habe ich falsch gemacht, Chakotay.

Eine Zeitlang ging alles gut. Ich fühlte mich wieder glücklich oder redete es mir zumindest ein. Dann kam der Tag als du zusammen mit Commander Tuvok und Captain Janeway mit dem Delta Flyer für drei Tage auf eine Außenmission gingst. Ich weiß noch, ich habe dich furchtbar vermisst in dieser Zeit und war so glücklich als ich dich wiedersah. Zunächst machtest du auf mich den gleichen Eindruck. Ich weiß nicht, was auf dieser Außenmission vorgefallen ist. Ich weiß nur, was ich in der anschließenden Nacht erlebte.

Weißt du noch? Wir hatten den wundervollsten und leidenschaftlichsten Sex seit langem überhaupt. Es war fantastisch. Zumindest für mich. Irgendwann schliefen wir erschöpft ein. Mitten in der Nacht wurde ich jedoch wach. Zuerst begriff ich nicht warum. Doch dann spürte ich, wie du dich im Schlaf unruhig hin und her wandtest. Ich fand es anregend, wie du nur halb zugedeckt neben mir gelegen hast. Im schwachen Lichtschein glitzerten Schweißperlen auf deiner Oberlippe. Was immer du träumtest, es muss sehr erregend für dich gewesen sein. Denn dein Atem ging immer schneller. Ein Albtraum schien es jedenfalls nicht zu sein. Da war ich mir sicher. Lächelnd beobachtete ich dich weiter. Sog jede Stelle deines Körpers in mir auf und das Verlangen dich zu berühren überwältigte mich. Und gerade als ich diesem Verlangen nachgeben wollte, stöhntest du ungehalten auf und stieß erregt einen Namen aus - ihren Namen: Kathryn!

Eigentlich hätte ich überrascht, geschockt oder wütend sein sollen. Doch ich war zuerst nur verwirrt. Dann breitete sich ein Gefühl der Enttäuschung in jeder Faser meines Körpers aus. Seltsamerweise habe ich nicht einmal geweint. Ich zog nur meine Hand fort, die ich gerade nach dir ausgestreckt hatte und rollte mich auf die andere Seite des Bettes. Zunächst dachte ich darüber nach in mein Quartier zurückzukehren. Doch ich überlegte es mir. Ich wollte nicht, dass du mich fragen würdest, ob etwas nicht in Ordnung wäre. Denn du hättest mich auf jeden Fall darauf angesprochen. Und das hätte ich noch weniger verkraftet, als den Vorfall in dieser Nacht.

Ab da war für mich klar, du wirst sie immer lieben. Auch wenn du krampfhaft versuchtest dich selbst davon zu überzeugen, dem sei nicht so. Seit diesem Tage wusste ich, es war vorbei zwischen uns. Ja, ich habe dir etwas vorgespielt. Ja, ich habe noch mit dir geschlafen, obwohl ich nun wusste, dass deine Gedanken bei ihr waren. Nach einer Weile tat es mir gar nicht mehr so weh. Ich liebe dich noch immer. Werde es wahrscheinlich auch immer tun.

Aber du darfst wegen mir nicht unglücklich werden. Ich will, dass du glücklich wirst - mit ihr: Kathryn Janeway. Deshalb gehe ich jetzt. Ich habe auf so eine Gelegenheit gewartet. Denn ich könnte dir nicht Tag ein Tag aus auf den Korridoren der Voyager begegnen und nicht daran denken, was zwischen uns war. Ich könnte den Schmerz nicht ertragen. Ich weiß, ich werde auf diesem Planeten zu meinem Glück finden. Aber das kann ich nur in dem Wissen, wenn ihr zu eurem Glück findet - du und Kathryn Janeway. Das bist du mir schuldig.

Ein letztes Mal dränge ich mich in dein Leben, indem ich eine Kopie dieses Briefes an Captain Kathryn Janeway geschickt habe. Sie wusste übrigens, dass ich das Schiff verlasse. Aber ich teilte ihr nicht die wahren Beweggründe mit. Bitte sie für mich um Verzeihung. Ich wollte sie nie belügen.

Stehe deinem - eurem - Glück nicht länger im Wege. Lass deine Gefühle für sie heraus.

Lebe wohl

In Liebe...


Chakotay starrte fassungslos auf das Pad in seiner Hand und auf die Zeilen, die er soeben gelesen hatte. Er wusste nicht, wie lange er dort stand und es anstarrte. Sekunden, Minuten, Stunden? Er nahm seine Umwelt nicht mehr wahr. Alles war fort. Weit fort. Deshalb bemerkte er auch erst sehr spät, wie auf einmal die Tür zu seinem Quartier geöffnet wurde und Captain Kathryn Janeway hereintrat. Irgendwie sagte ihm sein Verstand noch, Janeway musste sich mit ihren Autorisationscode Zutritt verschafft haben. Er hatte wohl nicht einmal mehr das Türsignal gehört. Kathryn Janeway stand dort, ohne etwas zu sagen. Sie hielt ein Pad in der Hand. Lange starrte er nun wortlos darauf. Denn er wusste, was sie dort in den Händen hielt: eine Kopie ihres Briefes.

Langsam sah Chakotay zu Kathryn auf und er sah Tränen in ihren Augen glitzern. Mit verzweifeltem Blick sah sie ihn an. Dann lösten sich seine Emotionen und er brach unvermittelt in Tränen aus. Er schwankte und ihm wurden die Knie weich. Doch zwei Arme fingen ihn auf. Kathryns Arme. Sie hielt ihn fest, einfach nur fest. Er schämte sich seiner Tränen nicht. Er ließ ihnen freien Lauf. Lange standen sie dort. Innig umarmt. Auch noch als Chakotay sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Nach gefühlt einer Ewigkeit lösten sie sich voneinander. Langsam. Chakotay sah in ihr Gesicht. Auch sie hatte geweint. Tränen hatten eine nasse Spur auf ihren Wangen hinterlassen. Liebevoll sah sie ihn an. Ihre Hände glitten zu seinem Gesicht und umrahmten es. Ganz sachte zog sie ihn schließlich zu sich heran und küsste ihm sanft auf die Lippen. Da spürte er, wie es sich in ihm befreite. Der Zwang fiel von ihm ab und er erwiderte ihren Kuss.

*Dein Opfer wird nicht umsonst gewesen sein. Wir werden deinen Wunsch erfüllen.*

Er bedauerte nur, dass er ihr erst so weh tun musste, um dann von ihr auf seine verschüttete Liebe zu Kathryn aufmerksam gemacht zu werden. Genauso wie Kathryn. Sie lösten ihren Kuss und lächelten einander an.

Nein, ihr Opfer würde nicht umsonst gewesen sein...

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