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5x08 - Into the Fire

von Julian Wangler

Kapitel 1

U.S.S. Stormrider

„Das sieht nicht gut aus.“ Unruhig sah Fähnrich Zeitman von ihrer Konsole auf. „Die Seile sind extrem angespannt.“

Hoshi Sato, die ihre mittlerweile schmerzenden Beine daran erinnerten, wie sehr sie einen Sitz auf der beengten Brücke der Stormrider vermisste, spürte Hitze hinter ihren Wangen glühen. „Sie werden reißen. Das war beim letzten Mal auch schon so.“ Ihre Erinnerungen verwiesen zurück an den Aufenthalt der Enterprise im Castborrow–Graben. Und wieder einmal war dieser Neutronenstern dafür verantwortlich.

Nein, eigentlich eine Meute Romulaner…

Crewman Miranda Petzold verdrehte die Augen. „Dann lautet jetzt die Alternative: Verglühen oder vorher vom Feind zerschossen werden?“

Hoshi hasste die ratlose Stille, die in diesen Sekunden im Kommandozentrum entstand, denn sie wusste, dass es eigentlich an ihr war, die vorherrschende Situation zu korrigieren.

Umso mehr Verdruss spürte sie, als Captain Erika Hernandez (die sich spontan bereit erklärt hatte, diese Mission zu begleiten), an einer der Achterstationen stehend, sich räusperte. „Nicht so voreilig. Ich glaube, ich hab’ da ’was gefunden. Könnte interessant sein. Auf der Koordinate eins–drei–zwei–Punkt–vier–zwei.“

Zeitman setzte sich in Bewegung, und ihre Finger tanzten virtuos über Schaltelemente. „Sie haben Recht, Sir.“, sagte sie mit Huldigung in der Stimme. „Ein Graben, der sich in einen Tunnel zu vertiefen scheint. Der Asteroid müsste genügend Eigengravitation erzeugen, dass wir dort drinnen vor den Auswirkungen des Pulsars geschützt sind.“

„Und ein Schlupfloch haben.“, fügte Hernandez hinzu.

Hoshi konnte es nicht länger ertragen, dass über ihren Kopf hinweg die Dinge ihren Lauf nahmen. Sie zeigte auf einen angrenzenden Monitor, der – in Ermangelung des eigentlichen Hauptschirms – einen der größten auf der Brücke darstellte. „Zeigen Sie’s uns.“

Zeitman stellte die visuelle Übertragung durch, und Hoshi betrachtete das Bild mit verschränkten Armen. „Sieht ziemlich eng aus. Sulu, meinen Sie, Sie kommen da durch?“

Die asiatische Navigatorin schmunzelte. „Der allgemeine Einsatz scheint mir nicht besonders hoch. Ich kann’s ja versuchen. Aber ich werde dafür zumindest die Manöverdüsen brauchen.“

„Dafür müssen wir die Hauptenergie reaktivieren.“, wusste Petzold. „Und dann werden die Romulaner uns im Nu orten.“

Hoshi adressierte sich an Kelby, welcher die technische Station bediente. „Wäre es möglich, die Manöverdüsen unabhängig von der Hauptenergie zu benutzen?“

Der Chefingenieur überlegte. „Wären wir auf der Enterprise, würde die Antwort ‚Nein’ lauten.“

„Und hier?“

„Sie lautet ‚Jein’.“

Na klasse…

Kelby setzte seine Ausführung fort: „Weil sie in gefährlichen Raumregionen operieren muss, ist die Stormrider mit sekundären und tertiären Aggregaten und Stromkreisen ausgerüstet worden. Theoretisch können sie unabhängig betrieben werden.“

„Worauf warten wir dann noch?“, fragte Petzold.

„Das kann ich Ihnen sagen, Fähnrich.“ Ein Hauch von Abfälligkeit zeichnete Kelbys Stimme. „Die entsprechenden Generatorsysteme sind noch nicht installiert worden.“

Hoshi senkte die Kinnlade. „Verstehe ich das richtig? – Gardner hat uns mit einem halbfertigen Schiff losgeschickt?“

„Erinnern Sie mich daran, dass ich dagegen protestiere.“, kam es von Hernandez.

Der Cheftechniker war bereits weiter. „Es könnte trotzdem klappen, dass wir für ein paar Minuten Energie ins Manövertriebwerk bekommen, ohne die Hauptenergie hochzufahren.“

„Wie?“

Er konsultierte seine Instrumente und spurte kurz darauf auf dem Display eine diagnostische Grafik nach. „Fragen Sie mich nicht, warum in Dreiteufelsnamen, aber da gibt es eine Einspeisungsverbindung zwischen den Umweltsystemen und der Zusatzenergiematrix.“

Zeitman blähte die Backen. „Muss sich um einen Konstruktionsfehler handeln.“

Kelby grinste keck. „Oder der Erbauer dieses Schiffes war ein Sadist.“

„Sagen Sie’s doch gleich, Commander.“, sagte Petzold. „Um ohne Hauptenergie in diesen Felsbrocken dort zu fliegen, müssten wir nur für ein paar Minuten die Luft anhalten.“

„Wie lauten Ihre Befehle, Captain?“

Anspannung schien ihre Nerven zu paralysieren. Hoshi verkrampfte sich noch mehr.

„Sir,“, drängte Zeitman wieder, „die Seile werden jeden Moment reißen.“

Da hatte sie es: Ihr bot sich überhaupt keine Wahl, und das nicht bloß, weil ihr nicht einmal mehr Zeit blieb, um darüber nachzudenken. Hoshi nahm eins und eins zusammen: „Kelby, Umweltsysteme abschalten und sämtliche Energie in die Manöverdüsen leiten. Sulu, wir verlassen uns auf Sie.“

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, durchfuhr bereits eine Erschütterung die Stormrider. Eine Meldung seitens Zeitman führte zutage, dass die Stränge, an denen das Schiff in den letzten Minuten gehangen hatte, ausnahmslos gerissen waren. Nun zog sie der Neutronenstern mit geballter Kraft an, und ihnen blieb sogar noch weniger Zeit, weil sie schon in knapp einer Minute außerhalb des Asteroidenfelds sein und vom romulanischen Schiff geortet würden.

Kelby reagierte dankenswerterweise blitzschnell. Als die ambientalen und Lebenserhaltungssysteme, mit Ausnahme der Gravitation, vom Netz genommen und ihre Leistung dazu verwendet wurde, die Manöverdüsen aufleuchten zu lassen, schien die Stormrider leise zu seufzen. Sulu übernahm das Steuer und schob die Sternenflotten–Korvette langsam von ihrer Position. Natürlich war der tödliche Sog des Pulsars viel zu stark, sodass sie immer noch mit hohem Tempo angezogen wurden. Allerdings bewirkte der Drift der eingeschalteten Manöverdüsen, dass – wenn man es richtig anzustellen wusste – jenes Tempo genutzt werden konnte, um die erforderlichen Kurskorrekturen in kurzer Zeit zu bewerkstelligen.

Sie flogen an die Oberfläche des Asteroiden heran, und auf einem visuellen Schirm sah Hoshi zerklüftetes Gelände; ein schattenhaftes Gebiet, das wie ein Krater von immensen Ausmaßen aussah. Sulu schien sich auf ihre Pilotenintuition zu verlassen und dirigierte die Stormrider hinunter, direkt in Richtung Krater, dessen schüsselförmige Wände plötzlich rings um das Schiff aufragten.

Obwohl das Schiff wie von Geisterhand wegzugleiten schien, gelang es Sulu auf den letzten zig Metern, einen halbwegs sauberen Einflugwinkel in das Felsloch zu erhaschen. Problematischerweise reichte das nicht, um einem nachgelagerten Vorsprung gänzlich auszuweichen. Die dorsale Steuerbordhülle schrammte über den Fels, und der Kontakt riss Verkleidungsmaterial und einige unbedeutende Komponenten der Lateralsensorphalanx vom Schiff.

„Das war knapp…“, ließ sich Sulu vernehmen.

Sie bremste die Stormrider ab, surfte mit dem letzten Saft im Manövertriebwerk weiter hinein in den Tunnel, der nun von den Positionslichtern rudimentär erhellt wurde. Eine halbe Minute später erreichten sie eine Grotte, die als vorübergehendes Versteck geeignet schien.

„Voller Stopp.“, rief Hoshi. „Manöverdüsen abschalten, Umweltsysteme reaktivieren.“

Das wäre geschafft. Welche Krise steht als nächstes auf dem Programm?

– – –

Romulanische Relaisstation

Auf der romulanischen Relaisstation war die Dunkelheit allgegenwärtig. Zumindest galt das für die obere Sektion, in der Amanda Cole materialisiert war, bevor die rätselhafte Transportblockierung auch in diesem Bereich der Konstruktion hochgefahren worden war. Dass jene Beamsperre funktionierte war insofern interessant, als die Instrumente der Stormrider eigentlich festgestellt hatten, dass die Energie auf der Station ausgefallen war. Cole vermutete, verantwortlich für diesen Umstand war ein unabhängiges Aggregat, hinter dem wiederum ein ausgeprägtes Sicherheitsdenken steckte, was irgendwie zum bisherigen Auftreten der Romulaner passte. Jedenfalls nahm es jetzt für sie nicht mehr Wunder, dass kein Kontakt zur Stormrider herstellbar war. Es mochte gut sein, dass auch hier ein der Transportsperre nachgeordneter Mechanismus gegriffen hatte, der nun verhinderte, dass sie mit dem Schiff oder Doktor Phlox Kontakt aufnehmen konnte.

Wegen der Ionisierung war auch ihr Scanner nutzlos. Wie sollte sie den Arzt auf konventionellem Wege in diesem Gewirr finsterer Gänge nur finden?

Verzweifelt schüttelte Cole hinter ihrem Schutzhelm den Kopf. T’Pol hätte jetzt ganz bestimmt eine mathematische Optimierungsformel parat – und ein Ergebnis mit drei Nachkommastellen, wie lange ich suchen muss., dachte sie zynisch und ging weiter ins Ungewisse…

– – –

„Bitte antworten Sie. Stormrider, bitte kommen.“

Phlox seufzte und beschloss, der langen Reihe von Versuchen, Hoshi und die anderen zu erreichen, vorerst ein Ende zu setzen.

Er hatte den Tatsachen ins Gesicht zu blicken: Er befand sich höchstwahrscheinlich alleine auf der Station, und dass niemand hinterherkam und die Stormrider nicht zu erreichen war, mochte auf irgendein Unglück hindeuten. Das wäre angesichts der zurückliegenden Erfahrungen der Enterprise in dieser Raumgegend keine Neuigkeit, aber der Denobulaner hatte insgeheim gehofft, diesen Auftrag bündig abwickeln zu können.

Wenn hier doch irgendwo ein Fenster gewesen wäre…

Ohnehin war er zurzeit mental überstrapaziert und mit seinen Gedanken woanders. Die Sorgen, welche nun hinzukamen, brachten ihn langsam, aber sich wieder an den Rand des Erträglichen, soviel kündigte sich in seinem Gespür an.

„Es ist nur ein kurzer Zwischenfall. Sie werden sich ganz bestimmt gleich melden. Reiß Dich zusammen.“, zwang Phlox sich zur Raison, aktivierte die Illuminatorbatterie an seinem Helm und folgte wieder dem von ungenügender, matter Notbeleuchtung angestrahlten Korridor.

Obwohl er hier ständig daran erinnert wurde, versuchte er möglichst nicht daran zu denken, dass Denobulaner finstere, enge Orte fast genauso unangenehm fanden wie die Monogamie.

Das letzte Mal, als er sich in einer vergleichbar unangenehmen Lage befunden hatte, war während der Zeit in der Delphischen Ausdehnung gewesen, als die Enterprise sich auf dem Weg nach Azati Prime befunden hatte. Um Zeit zu sparen, hatte sich Captain Archer entschlossen, eine Abkürzung durch einen Nebel zu wählen. Da dieser allerdings den menschlichen Neokortex angriff, hatte Phlox die Crew in den Tiefschlaf versetzen müssen. Ihm war die wenig rühmliche Aufgabe zuteil geworden, wochenlang ein Schiff zu bevölkern, das wie ausgestorben und auf dem alle energieintensiven Systeme abgeschaltet worden waren – einschließlich der Hauptbeleuchtung. Phlox hatte mit niemandem über diese Tage gesprochen, aber die Stille, Einsamkeit und Dunkelheit hatten ihn damals beinahe in den Wahnsinn getrieben. Die Korridore und Schotts der Enterprise hatten sich seltsam um ihn herum zusammengezogen, bis die Enge (trotz der Unterstützung durch Porthos) kaum noch zu ertragen war. Schließlich hatte er Dinge zu sehen begonnen, die gar nicht existierten.

Diesmal wirst Du ein besseres Beispiel abgeben.

Plötzlich hielt er den Atem an. Da war noch gerade etwas gewesen. Ein kratzendes Geräusch. Erschrocken wandte der Arzt sich um.

„Hallo, ist hier jemand?“

Die Station antwortete mit Echos von Leere und Stille.

„Es ist immer wieder verblüffend zu beobachten, wie Du auf die gleichen Dinge hereinfällst.“, maßregelte Phlox sich und setzte seinen Weg fort.
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