TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Geteiltes Leid ist halbes Leid

von Xella Sky

1/1

Chakotay gesellte sich zu B’Elanna, die allein an einem Vierertisch saß und ihr halbvolles Wasserglas anstarrte. Als sie sein Kommen bemerkte, sah sie auf und schenkte ihm ein schmales, ein wenig verkrampft wirkendes Lächeln, das fast sofort wieder von ihren Gesichtszügen verschwand.

„Ist ne Weile her“, versuchte er bemüht neutral ein Gespräch in Gang zu bringen, nachdem er sich unaufgefordert auf einem Stuhl ihr gegenüber niedergelassen hatte.

„Eine verdammt lange Weile“, erwiderte B’Elanna und lachte kurz und rau auf.

Einem spontanen Impuls folgend, streckte Chakotay ihr die Hand über den Tisch entgegen und zu seiner Freude ergriff seine frühere Freundin und Kameradin sie und drückte sie.

„20 Jahre!“ Mehr musste er nicht sagen, denn beide wussten, worauf sich diese Zahl bezog. Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren war die Voyager heimgekehrt in den Alpha-Quadranten. Sie waren inzwischen länger wieder hier als sie fort gewesen waren und doch würden sie sich für immer an diese prägenden Jahre im Delta-Quadranten erinnern – im Guten und im Schlechten. Und wie jedes Jahr fand eine Erinnerungsfeier statt, eine Party für die ehemaligen Voyagers und deren Familienangehörige. Das Besondere war lediglich, dass sie beide dieses Mal dabei waren – gleichzeitig. Chakotay hatte viele Veranstaltungen versäumt, ebenso wie B’Elanna. Er wusste es nicht genau, aber er vermutete, dass sie es genauso bewusst vermieden hatte herzukommen wie er.

Zu viel war geschehen, Beziehungen waren zerbrochen, das Leben war weitergegangen.

Er suchte den Blickkontakt zu ihr und B’Elanna erwiderte ihn aus großen braunen Augen. Noch immer waren ihre Finger miteinander verschränkt.

„Wie geht es deinem Mann?“ Ein Versuch von Smalltalk und gleichzeitig ein ehrliches Interesse an ihrem Leben.

„Gut. Und deiner Frau?“

„Ebenfalls gut.“

Beide Partner waren nicht anwesend und scheinbar waren sie beide nicht gewillt, ausführlich über private Details zu sprechen. Zumindest nicht im Moment, hier in diesem großen Festsaal, während ehemalige Crewmitglieder, Sternenflottenangehörige und Kinder in verschiedenen Altersstufen um sie herumwuselten, sich am Buffet bedienten oder tanzten.

Eine Weile lang schwiegen sie einträchtig und beobachteten nebenbei das Geschehen.

„Fällt es dir leicht?“, ergriff irgendwann B’Elanna wieder das Wort.

Chakotay verstand nicht, was sie meinte, daher hob er fragend die Augenbrauen.

„Hier zu sein“, präzisierte sie.

Chakotay dachte einen Moment lang über die Frage nach. „Ehrlich gesagt, nein. Aber ich habe die Leute vermisst. Dich ganz besonders.“

Diesmal war ihr Lächeln etwas breiter und offener. „Ich dich auch … alter Mann.“

Chakotay musste schmunzeln. Dies war schon immer ihr Spitzname für ihn gewesen und es hatte ihm nie etwas ausgemacht, dass sie ihn so nannte. Auch wenn er inzwischen einen großen Teil Wahrheit enthielt. An manchen Tagen fühlte er sich alt – besonders dann, wenn seine deutlich jüngere Ehefrau mal wieder ein Tagespensum geplant hatte, das ihm im wahrsten Sinne des Wortes den Atem nahm.

„Wie ist es mit dir?“

B’Elanna schnaubte. „Ich bin ein P’Tach.“

„Erzähl mir was Neues“, scherzte Chakotay, was B’Elanna dazu brachte, ihm die Hand zu entziehen und in kurz anzuknurren. „Und weswegen genau?“

Sie zögerte und er sah, dass es in ihr arbeitete. „… dass ich hergekommen bin. Zu viele Erinnerungen. Damit hätte ich nicht gerechnet.“ Sie sah hinüber zu einem Mann, der einem Teenager-Jungen die Hand auf die Schulter gelegt hatte und auf ihn einredete. Es waren Tom Paris, ihr Ex-Mann und dessen Sohn aus zweiter Ehe. Chakotay folgte ihrem Blick und verstand.

„Geht mir genauso.“ Sein Blick streifte für einen Moment Janeway und er sah sofort wieder weg. B’Elanna hatte es nicht bemerkt, sie hing ihren eigenen Gedanken nach.

„Was macht Miral?“, versuchte er sich selbst abzulenken, obwohl er ahnte, dass dies ein heikles Thema und wahrscheinlich ein Teil der unguten Erinnerungen seiner Freundin war.

„Befindet sich am anderen Ende des Universums und wird Pilotin.“ Sie seufzte leise. „Hast du gewusst, dass ich inzwischen Großmutter bin?“

„Ein Vögelchen hat es mir gezwitschert“, gab er zu und dachte an den Tag zurück, als Seven es ihm erzählt hatte. Sie hatte sich damals empört ereifert, wie es sein könne, dass im 24. Jahrhundert Teenager schwanger werden können, und hatte aufgezählt, was sowohl Tom als auch B’Elanna in ihren Augen alles falsch gemacht hatten, so dass es dazu gekommen war. Als er die beiden und auch Miral verteidigt hatte, war es zu einem tagelangen Ehekrach gekommen, aber das lag inzwischen auch schon Jahre zurück.

„Ihr Name ist Sascha“, fuhr B’Elanna fort und riss ihn damit aus seinen Erinnerungen. „Und ich habe sie noch nie live gesehen, … nur am Bildschirm.“ Sie begann, heftig zu blinzeln und es war offensichtlich, dass sie versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken. Chakotay ahnte, warum sie das tat. Es wäre eine Schande für einen Klingonen, sich in der Öffentlichkeit die Blöße zu geben und zu weinen. „Chakotay, denkst du, dass sich Geschichte wiederholt?“

Er schüttelte nachdenklich den Kopf.

„Meine Mutter und ich, … wir hatten am Ende ein ähnlich schlechtes Verhältnis zueinander, wie ich nun mit meiner Tochter“, meinte sie leise.

„Aber du und Miral, ihr seid noch nicht am Ende“, versuchte er sie zu trösten.

„Mag sein“, gab sie zu, es klang allerdings nicht sonderlich überzeugt. „Vielleicht sind wir einfach zu verschieden, und müssen unseren eigenen Weg gehen.“

„Vielleicht seid ihr euch aber auch nur zu ähnlich und braucht deshalb Abstand voneinander.“

B’Elannas Gesichtsausdruck wurde grimmig. „Ein wenig taktlos, findest du nicht?!“, bemerkte sie spitz.

„In meiner Erinnerung war meine älteste und wichtigste Freundin immer für ein offenes Wort dankbar“, hielt er dagegen.

„Komm mir nicht mit Schmeicheleien“, brummte sie, aber gleichzeitig glätteten sich ihre Gesichtszüge wieder. „… hast ja recht.“

„Das hört man gern“, konnte er sich nicht verkneifen und erhielt prompt einen Boxschlag gegen den Oberarm.

„Willst du tanzen?“, fragte sie da unerwartet.

„Ich weiß nicht … wirst du denn dann von weiteren Misshandlungen absehen?“

„Kann schon sein“, versprach sie vage.

Auf Chakotays Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Es tat gut, seine alte Kameradin wieder bei sich zu haben und wenn es nur für diesen Abend war. An ihrem Leben und ihrem Schicksal konnten sie nichts ändern, aber Freundschaft und Verständnis halfen.

Er erhob sich und hielt ihr auffordernd den Arm hin. B’Elanna stand ebenfalls auf und hängte sich bei ihm ein. Zu zweit bildeten sie ein Team und konnten sich ihrer Vergangenheit stellen und vielleicht sogar ein wenig Spaß haben.

Rezensionen