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Die Farben des Schmerzes

von Martina Bernsdorf

Prolog

Wer kann den Schmerz ermessen, eines Wesens, das weiß, dass es außerhalb der Natur existiert?

Wer kann seine Einsamkeit begreifen, das einzige seiner Art zu sein?

Wer kann die Angst mitfühlen, hier tief in der Dunkelheit, allein mit den verzerrten Erinnerungen an Licht und Farben?

Wer kann diesem Wesen, gefangen in Schmerz und Einsamkeit, seinen Zorn absprechen?

Wer kann ihm verdenken, zu hassen?



Die Dunkelheit hatte eine einzigartige, wunderbare Beschaffenheit. Dr. Aram starrte durch das Sichtfenster, er hatte nie begriffen, warum es so viele seiner Rasse in die Tiefen des Weltalls zog, statt in die Tiefen der Meere.

Kein Sternensystem konnte faszinierender und reicher an Überraschungen sein als die gewaltigen Ozeane, denen die meisten Völker so wenig Aufmerksamkeit zollten.

Dr. Aram hatte die Meere seines Heimatplaneten erforscht, auf Terra hatte er den Untiefen Geheimnisse entrissen, die man dort nie vermutet hätte.

Es erschien Aram mehr als rätselhaft, warum seine Art so nach den Sternen griff, ohne seine eigene Heimat wirklich zu kennen. Doch diesem Phänomen war er auf vielen Planeten begegnet, im Gegensatz zum Weltall waren die Tiefen der Ozeane auf dem meisten Welten noch weitgehend unerforscht und voller Geheimnisse.

Es schien, dass stets nur kleine Gruppen von Eingeweihten, einem Geheimorden gleich, dieses Wissen zu gewinnen suchten. Aram warf einen Blick zu dem bajoranischen Meeresbiologen, dessen Augen die gleiche Begeisterung ausdrückten wie die seinen.

Dr. Aram sah es als Ehre an, die gewaltigen Meere von Bajor erkunden zu dürfen, die kleine Crew des U-Bootes bestand ansonsten nur aus Einheimischen, aber er gehörte in gewisser Weise zu ihnen, verbunden durch dieselbe Liebe zum Meer.

"Normalerweise müsste es in dieser Tiefe noch Leben geben", der bajoranische Wissenschaftler Kresan Tal schüttelte nachdenklich den Kopf. Wo waren die Jamilfischschwärme?

Die Suchscheinwerfer des U-Bootes, die kleine, graue Lichtkleckse in das Dunkel warfen, waren normalerweise eine magische Anziehungsquelle für alles Leben.

Kresan erinnerte sich an die Berichte, die sich in letzter Zeit auf seinem Schreibtisch gehäuft hatten. Beschwerden der Fischer der südlichen Halbinsel darüber, dass die Fischbestände ständig abnahmen.

Die Funde von verstümmelten Bjanwalen, die tiefer als jedes andere Lebewesen von Bajor tauchen konnten und aufgrund ihrer Größe keine natürlichen Feinde hatten.

An diese Berichte erinnerte er sich unweigerlich, und mit einem Mal war die Dunkelheit, die er ebenso wie sein terranischer Kollege liebte, ein Hort der Gefahr und der Furcht.

"Wir haben etwas auf der Sonarabtastung", die Stimme des Steuermannes klang erstaunt. In dieser Tiefe hatte sich seit Unzeiten niemand mehr aufgehalten.

Unter der cardassianischen Besatzung hatte es kein Interesse an Meeresbiologen gegeben und die Erforschung der Ozeane war unwichtig geworden angesichts des täglichen Kampfes ums Überleben.

Die bajoranische Regierung gab erst jetzt wieder und nur sehr zögerlich, Gelder für die Forschung frei, und die meisten Mittel flossen in die Raumfahrtprogramme.

Wäre der Föderationswissenschaftler Dr. Aram nicht gewesen, dessen Budget diese Mission ermöglicht hatte, wären sie nicht hier, und Kresan fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre. Das U-Boot glitt tiefer in Richtung des Meeresgrundes, die regelmäßigen Strukturen der Abtastung und Scanner ließen nur einen Schluss zu - jemand war hier unten gewesen.

Im Licht der Suchscheinwerfer konnte man nun Metallverstrebungen erkennen, Ecken und Kanten einer Konstruktion, die sich hier tief verborgen auf dem Meeresgrund befand.

"Eine Station," Aram drückte sich an der Sichtscheibe fast die Nase platt. Soweit man es in der Dunkelheit feststellen konnte, musste sie recht weitläufig sein, und zu Arams Überraschung konnte man sogar den matten Schein von Licht durch das ein oder andere Sichtfenster einfallen sehen.

"Sie scheint sogar noch Energie zu haben," Aram beugte sich über den Bajoraner an den Scannern, dessen Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst waren.

"Die Lebenserhaltungssysteme sind noch intakt", Aram bemerkte erst jetzt die auffallende Schweigsamkeit der Bajoraner. "Was ist?"

Kresan bedeutete dem Kommunikationsspezialisten, eine Meldung an die Oberfläche abzusetzen, ehe er sich Aram widmete. Er deutete auf das Sichtfenster, durch das man die teilweise erleuchtete Konstruktion der Unterwasserstation sehen konnte. Es waren kühn geschwungene Bögen, ein nahezu anarchisch, düster anmutendes Gebilde.

"Das ist eine cardassianische Station, Dr. Aram", erklärte Kresan bitter und wünschte aufrichtig, sie nie entdeckt zu haben. Manche Geheimnisse sollten besser verborgen bleiben.

Einige Stunden später, während der apokalyptisch anmutenden letzten Sekunden seines Lebens, wünschte Kresan, nie die Meere erforscht zu haben.

Er wünschte mit den letzten Atemzügen, den Deckel zu diesem Hort des Verderbens nie geöffnet zu haben.

Die Entdeckung der Station war gemeldet, das bedeutete, es würden andere kommen, um sie zu suchen, um die Geheimnisse zu ergründen - und es waren bittere Geheimnisse.

Die Dunkelheit war nicht länger sein Freund, ihre Beschaffenheit war nur die der Furcht, des Schmerzes und Hasses.

In dem Sekundenbruchteil, ehe seine Seele sich an einen Ort begab, wo all diese Dinge nicht mehr von Belang waren, verstand Kresan alles.

Und er trauerte um dieses Wesen, so außerhalb von allem Leben, aller Liebe und ohne Hoffnung, je seinen Frieden zu finden..

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