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Aussichtslos

von Jana

Ungebetene Gäste

Leise Klänge eines Vivaldikonzertes erklangen im Hintergrund und die Beleuchtung war auf das Minimum hinunter geregelt. Nur drei Kerzen in der Mitte des dekorativ gedeckten Tisches spendeten ansonsten Licht. Es war ein angenehmer Schein, der ab und an flackerte und verschwommene Schatten an die Wand des Quartiers warf, wenn sich die beiden Personen, die zusammen zu Abend aßen, bewegten.
Janeway legte ihr Besteck auf den Rand ihres Tellers, faltete mit einem weit entfernten Blick die Serviette auf und tupfte sich damit den Mund ab. Sie griff nach ihrem Glas und nahm einen kleinen Schluck des Cidres, den Chakotay mitgebracht hatte. Für kurze Zeit beließ sie die herb nach Apfel schmeckende Flüssigkeit im Mundraum, damit jede Sinneszelle das Aroma aufnehmen konnte. Verträumt beobachtete sie ihren Ersten Offizier, wie er von dem von ihr replizierten Auflauf aß. Ein altes Familienrezept, noch von ihrer Großmutter - Kartoffelscheiben in süßer Sahne, belegt mit allen möglichen Gemüsesorten und selbstverständlich mit viel Käse überbacken. Janeway wusste um Chakotays vegetarische Ernährung und achtete peinlich genau darauf. Zwar hatte sie nie Vergnügen am Kochen verspürt, aber einmal in der Woche - zu ihrem gemeinsamen Abendessen - programmierte Janeway ein fleischfreies Gericht und jedes Mal sah sie ihrem Ersten Offizier erwartungsvoll in die Augen, ob es ihm mundete. Es stellte sie auf unergründliche Weise zufrieden, wenn ihm ihre Wahl zusagte. Wie auch heute wieder und erneut hatte sie bei seinem Lob Befriedigung verspürt und sich geschmeichelt gefühlt, auch wenn der Replikator die Hauptarbeit geleistet hatte.
Immer noch haftete ihr Blick an ihm, sie vermochte nicht, ihn zu lösen. Das Gefühl, welches in ihrem Magen dabei entstand, war viel zu angenehm, als dass sie es missen wollte. Langsam fuhr sie mit ihrem Finger den Rand des Glases nach, während sie sich die Lippen befeuchtete.
Ihm war die eingehende Musterung, der er unterzogen wurde nicht entgangen, und so hob er ebenfalls den Kopf. Für einen Augenblick spielten ihre Augen miteinander und die Luft fühlte sich an, als ob sie elektrostatisch aufgeladen wäre. "Es ist wirklich ausgezeichnet. Schmecke ich da einen Hauch Oregano heraus?", fragte Chakotay und griff seinerseits zum Glas.
"Ja", antwortete sie mit einem Anflug leichter Enttäuschung und senkte die Augen auf ihren Teller. Früher wäre er nie so ausweichend gewesen, er hätte alles dafür gegeben, diesen Moment so lange wie möglich zu halten. Sein Verhalten entsprach den Beobachtungen, die sie über einen weitreichenden Zeitraum hinweg gemacht hatte. Immer seltener waren Anzeichen für seine Gefühle ihr gegenüber geworden. Dies war wie eine Bestätigung, dass sie ihn verloren hatte, und es versetzte ihr einen Stich ins Herz. Sie hielt kurz die Hand über den Mund und blinzelte mehrmals schnell hintereinander. Dass es sie so mitnehmen würde, hatte sie nicht erwartet. Das Paradoxe an der ganzen Angelegenheit war, dass sie sich mehr und mehr zu ihm hingezogen gefühlt hatte, je offensichtlicher sein Desinteresse an ihr wurde. Und auch jetzt war sie der starken Anziehung ausgesetzt, die er auf sie ausübte. Musste sie erst seine Liebe verlieren, um zu erkennen, dass er ihr mehr bedeutete als nur ein guter Freund?
Plötzlich verspürte sie keinen Appetit mehr, sie wünschte sich, nur noch allein zu sein. Ihre Haltung verkrampfte sich. Es war zu spät, um das unkontrollierte Zittern ihrer Lippen zu unterdrücken.
Eigentlich hatte ihr für diesen Abend eine ganz spezielle Abwandlung vorgeschwebt, aber daran war jetzt nicht mehr zu denken. Sie würde ihm nicht etwas aufzwingen, das er nicht wollte. Er sollte glücklich sein, das war ihr vordringlicher Wunsch. Wenn dies beinhaltete, dass es sie aus seinem Leben ausschloss, würde sie es schweren Herzens akzeptieren.
Glücklicherweise hatte Chakotay seine Mahlzeit beendet und sie musste nicht länger ein Lächeln auflegen, nach dem ihr überhaupt nicht mehr zumute war. "Ich danke Ihnen für das Essen", meinte sie so gefasst wie möglich.
"Sie haben es repliziert", wies Chakotay mit einem Lächeln hin. Mit einem Lächeln, das ihr jetzt noch mehr weh tat, da ihr bewusst geworden war, dass es nicht mehr dasselbe bedeutete wie vor einigen Jahren. Ihre Mundwinkel zuckten unwillkürlich.
Mit einem schwermütigen Lächeln erwiderte sie, "Dann danke ich Ihnen für den Cidre."
Wieder trafen sich ihre Blicke, aber diesmal war es Janeway, die den Kontakt brach, denn sie fürchtete, die Enttäuschung in ihr nicht länger verbergen zu können. Sie wollte ihn um keinen Preis belasten. Leise schob sie ihren Stuhl zurück und erhob sich.
Chakotay tat es ihr gleich, ein wenig verwundert darüber, dass der Abend bereits beendet sein sollte, denn normalerweise saßen sie noch lange nach dem Essen auf der Couch und redeten einfach nur. Gerade wollte er zu einer Frage dies betreffend ansetzen, da wurde er vom Interkom unterbrochen.
"Roter Alarm, alle Mann sofort auf die Kampfstationen. Captain zur Brücke", ertönte die Stimme des Sicherheitschefs Tuvok über das interne Kommunikationssystem.
Von einer Sekunde auf die andere war Janeway wie ausgewechselt. Mechanisch klopfte sie auf den Communicator an ihrem kurzärmeligen, grauen Shirt und aktivierte ihn damit, "Janeway an Brücke, ich bin unterwegs." Sie nickte Chakotay kurz zu, ihr zu folgen und griff im Hinausgehen nach ihrer Uniformjacke.



Der Maschinenraum wurde in Rotlicht getaucht. Ein seltsamer Brummton veranlasste die Chefingenieurin der Voyager, sich umzudrehen. Zehn Borg hatten gerade in ihrem Maschinenraum materialisiert. In ihrem Maschinenraum!
Ein Borg hatte sich schon an einer der Konsolen zu schaffen gemacht und ein anderer zog gerade eine Injektionsnadel aus der Halsschlagader von Lieutenant Hoffram. B'Elanna konnte nichts mehr für ihn tun. Seine Augen waren gläsern und er starrte an die Decke. Kurz darauf sank er auf die Knie und hielt sich die linke Gesichtshälfte fest. Er schrie angstvoll und als er die Hand wieder sinken ließ, sah man, wie das Borgimplantat aus seiner Haut drang.
"Sicherheitsdienst zum Maschinenraum, alle anderen sofort raus hier", schrie B'Elanna und eilte zu einer Abdeckplatte an einer Wand. Sie zog einen Phaser heraus und feuerte ohne Zögern auf den erstbesten Borg. Ohne jedes Anzeichen von Schmerzen fiel dieser zu Boden. Sie feuerte erneut. Das Schiff erbebte und ihr Schuss verfehlte sein Ziel.
"Lieutenant, wir müssen hier raus, es sind zu viele!", rief ihr ein Crewman zu.
"Seven, passen Sie auf, hinter Ihnen", rief die Halbklingonin, zielte auf den Borg hinter der Blondine, wagte aber nicht zu schießen, da sie befürchtete, sie könnte neuerlich daneben treffen.
Seven of Nine drehte sich betont gelassen um ihre Achse und stoppte den Arm des Borg. Für einen kurzen Moment musste sie im Glauben gewesen sein, sie hätte ihre alten Kräfte und könnte diesen Kampf gewinnen. Doch schon im nächsten Augenblick musste sie erkennen, dass dies ein fataler Irrtum gewesen war. Lässig schüttelte der Borg ihren Arm ab und packte sie hart, damit sie nicht entkommen konnte, er wollte sein Werk endlich vollenden und sie assimilieren. Sie sah nur noch eine einzige Chance, nämlich ihm zuvor zu kommen. Schnell führte sie ihren Arm an seine Halsschlagader und fuhr ihre Assimilationsröhrchen aus. Die Nadeln drangen mühelos in den aschfarbenen Hals ein und Seven injizierte ihre Nanosonden. Wenn sie sich im Kreislauf der Drohne ausgebreitet hätten, würde sie ihren Anweisungen folgen.
Plötzlich neigte der Borg ruckartig seinen Kopf und Seven überkam ein merkwürdiges Gefühl. Es war fast so, als ob die Drohne sie bewusst anstarrte, obwohl sie das nie zu tun pflegten. Auf einmal fühlte sie einen brennenden Schmerz die Röhrchen zu ihrer linken Hand hinauf steigen. Wie ein Lauffeuer breitete er sich in ihre Schulter und dann über ihren ganzen Körper aus. Die Agonie war unerträglich, sie glaubte ihre Augäpfel würden von innen heraus verglühen. Zu spät erkannte Seven, dass der Borg den Injektionsprozess umgekehrt hatte und nun die Nanosonden der Drohne in sie eindrangen und die Überhand gewannen. Sie wollte die Verbindung trennen, die Nadeln aus seiner Halsschlagader ziehen, doch sein kräftiger Griff verhinderte, dass sie sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle bewegen konnte. Machtlos war sie ihm ausgeliefert. Beinah glaubte sie, dass Hive schon zu hören, da sah sie einen orange glühenden Phaserstrahl an ihr vorbei zucken. Augenblicklich hörte der Transfer von fremden Nanosonden in sie hinein auf und der Borg gab sie frei. Erleichtert zog sie die Assimilationsröhrchen wieder ein und rieb sich die immer noch schmerzende Hand.
"Ist alles in Ordnung mit Ihnen?" B'Elanna war zu ihr geeilt.
Sevens Blick war stur auf ihre linke Hand gerichtet, die immer noch Reste von ihren früheren Implantaten zeigte. Der Schmerz hallte weiterhin nach.
"Ich bin unversehrt", behauptete die Ex-Borg, nur damit ihr Körper sofort darauf das Gegenteil kundtun sollte. Es begann mit epileptischen Zuckungen, ging aber schnell über in Krämpfe, wenig später musste Seven sich bei B'Elanna abstützen, was der ansonsten stets unabhängig und effizient funktionierenden Frau sehr unangenehm war. Doch von dieser Last wurde sie kurz darauf befreit, reglos sank sie zu Boden von den Armen der Chefingenieurin im Aufprall gebremst.
"Carey", rief die Halbklingonin den Ingenieur durch das Chaos von flüchtenden Crewmen und geschäftigen Borgdrohnen, hinzu kam das permanente Beben des Schiffes. Ein wahrer Funkenregen schoss aus einer der Stationen, an denen der blond gelockte Mann vorbei musste. Schützend hielt er sich die Hand vor das Gesicht und drang zu den beiden Frauen vor.
"Bringen Sie sie auf die Krankenstation", befahl sie ihm und richtete sich dann wieder auf.
Carey nickte bestätigend und hob die bewusstlose Seven an. B'Elanna sah ihm noch hinterher und wandte sich dann wieder den Borg zu. Obwohl sie vorhin bereits drei von ihnen getötet hatte, wurde sie von ihnen nicht als Gefahr angesehen. Vermutlich hätte sie noch mehr von ihnen zur Strecke bringen können, aber auch sie musste erkennen, dass es einfach zu viele waren.
Langsam ging sie rückwärts aus dem Maschinenraum, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie die letzte war, "Computer, alle Maschinenraumkontrollen auf die Brücke transferieren und alle Zugangsterminals auf diesem Deck sperren, Genehmigung: Torres, Gamma, 45621." Augenblicklich erloschen alle Stationen im Maschinenraum. Die Borg blickten auf, schienen sich einige Sekunden still über das Hive auszutauschen und wandten sich dann alle gleichzeitig zu ihr um. Sie hatten bemerkt, dass B'Elanna ihr angestrebtes Ziel gefährdete, nun musste sie assimiliert werden. Langsam, aber unaufhörlich bewegten sie sich auf sie zu und sie wich stetig zurück. Sie war so voller Wut, dass sie die Borg am liebsten mit ihren bloßen Händen getötet hätte, aber sie unterdrückte ihre Instinkte.
Da öffnete sich die Tür zum Maschinenraum und ein Sicherheitstrupp geführt von Commander Tuvok kam herein.
"Treten Sie zur Seite Lieutenant, wir übernehmen das jetzt", hörte sie Tuvok sagen.
Orangefarbene Phaserstrahlen zuckten den Borg entgegen, doch sie hatten sich bereits angepasst und die Waffen der Sicherheitsoffiziere trafen nur noch auf die Schutzschilde.
"Tuvok an Brücke, wir müssen den Maschinenraum aufgeben. Ich veranlasse eine Evakuierung des gesamten Decks."



"Ausweichmanöver teta neun, Mr. Paris, bringen Sie ein wenig Distanz zwischen uns und den Kubus", rief Janeway durch das Zischen von entweichendem Wasserdampf und dem allgemeinen Getöse, während sie sich verkrampft an den Lehnen ihres Stuhles festhielt, um nicht hinausgeschleudert zu werden.
Tom Paris musste seinen Befehl nicht bestätigen, jeder auf der Brücke merkte, dass sich die Voyager schräg legte und sich die Geschwindigkeit erhöhte.
Ein neuerlicher Schuss schüttelte die Voyager.
Harry erstattete sofort Bericht, "Schilde auf vierundvierzig Prozent gefallen, Captain."
"Jeder Schuss ein Treffer, Lieutenant Ayala", befahl Janeway mit einem ironischen Unterton in der Stimme und blickte weiterhin starr auf den Hauptbildschirm, der die Heckansicht darstellte und auf dem ein gewaltiger taktischer Borgkubus rotierte.
Die Türen des Turbolifts glitten zischend auf und brachten Commander Tuvok und Lieutenant Torres zurück auf die Brücke. Sofort nahmen sie ihre Stationen ein. Tuvok löste Ayala ab, der zur Seite wich, um ihn zu unterstützen.
"Bericht", forderte Janeway ihren Sicherheitschef auf. Ihr Haar und auch die Brücke zeigten deutliche Anzeichen von Kampfhandlungen.
"Der Maschinenraum ist in der Gewalt der Borg, das Deck ist völlig versiegelt."
Janeway wandte sich zu B'Elanna, "Haben die Borg die Möglichkeit, Einfluss auf die Schiffsysteme zu nehmen?"
"Ich bin mir nicht sicher. Zwar war es mir möglich die Kontrollen rechtzeitig hierher zu transferieren, aber Lieutenant Hoffram wurde assimiliert. Mit seinem Wissen könnten sie vielleicht doch etwas bewirken."
Die Voyager erbebte erneut. Funken sprühten aus einer der unbesetzten Stationen.
Janeway überwand ihre Frustration über den Verlust eines ihrer Crewman. "Nun mir scheint, dass die Borg im Maschinenraum momentan unser kleinstes Problem sind. Wir müssen uns um den Kubus kümmern", nickte Janeway Richtung Hauptschirm.
"Captain, es handelt sich hierbei um einen taktischen Kubus des Typs zwei. Seine Hüllenpanzerung ist extrem stark und an Feuerkraft ist er uns weit überlegen." Tuvok packte die Aussage, dass sie in einem Kampf keine Chance hatten, in rein sachliche Informationen, wie es seine Art war.
"Hintere Schilde kurz vor dem Kollaps, Mikrorisse auf den Decks elf und zwölf", kamen weitere Hiobsbotschaften von Harry.
"Leiten Sie Hilfsenergie in die Achterschilde Mr. Kim. Irgendwelche Vorschläge?", fragte Janeway in die Runde.
"Da ist ein Mond ganz in unserer Nähe. In seinem Schatten könnten wir auf Warp gehen, so dass es für einen Sekundenbruchteil so aussehen würde, als seien wir verschwunden. Bis sie unsere Warpsignatur entdecken, könnte es uns etwas Zeit verschaffen", erläuterte Paris und gab weiterhin ein Ausweichmanöver nach dem anderen ein.
"Tun Sie es", meinte Janeway. *Und was danach?*, stellte sie sich in Gedanken die schwerwiegende Frage. Die offene Konfrontation war aussichtslos wie Tuvok dargestellt hatte. Bereits jetzt hatten sie schwerwiegende Schäden davon getragen.
"Captain?" Chakotay hatte sich zu ihr hinüber gebeugt und kramte einen seiner berühmten Maquistricks aus der Tasche. "Wenn wir mehrere Warpschatten an verschiedenen Stellen hinter dem Mond erzeugen, wäre unser eingeschlagener Kurs nicht sofort ersichtlich."
"Hervorragende Idee", lächelte Janeway ihn kurz an und dankte ihm zugleich damit. "Mr. Paris ...", gerade wollte Janeway Tom unterrichten, doch sie wurde gleich am Anfang von ihm unterbrochen.
"Hab's vernommen, Ma'am."
"Das Borgschiff hat Torpedos abgefeuert, bei unseren hinteren Schilden ...", Kims Stimme war trotz der kritischen Situation fest und sicher. Er war nicht mehr der junge, unerfahrene Fähnrich wie vor sechs Jahren, als er an Bord kam.
"Abfangtorpedos starten, Tuvok!"
"Abfangtorpedos gestartet", bestätigte Tuvok. Bei ihm musste selbst in einer solchen Gefahrensituation alles streng nach Vorschrift ablaufen. "Abfangen in drei, zwei, eins ..."
Janeway schloss kurz die Augen und wartete auf eine leichte Detonation in der Nähe des Schiffes, die zwar zu verspüren sein würde, aber nur geringfügig im Gegensatz zum Einschlag der Torpedos. Doch etwas Derartiges blieb aus. Schlagartig öffnete sie wieder die Augen.
"Die Abfangtorpedos haben ihr Ziel verfehlt. Die Borgwaffen scheinen über eine eigenständige Navigation zu verfügen, sie sind unseren ausgewichen und haben ihren ursprünglichen Kurs aufgenommen." Die Furchen zwischen Tuvoks Augenbrauen waren ungewöhnlich tief für den Vulkanier. Sein Gesichtsausdruck konnte beinah schon als besorgt beschrieben werden.
"Alle Mann auf Einschlag vorbereiten!", gab Janeway im letzten Augenblick über das schiffsweite Interkom hinaus.

Sie spürte genau, auf welcher Seite ihr Schiff getroffen wurde - Hinten rechts, vermutlich in der Nähe der Warpgondel. Schlagartig trudelte die Voyager nach links. Kathryn wurde aus dem Kommandosessel geschleudert. Explosionen ertönten und beißender Rauch breitete sich auf der Brücke aus. Aus einer Wissenschaftsstation loderte unentwegt Feuer, das automatische Löschsystem hatte versagt. Leitungen hingen von der Decke herab und ein stetiger Funkenregen prasselte auf den Boden.
Janeway stemmte sich auf ihren linken Unterarm und wollte sich gerade vollends erheben, als sie einen helfenden Arm vor sich sah - Chakotay.
"Danke", hauchte sie und wischte sich über das schmutzige Gesicht, als sie wieder auf den Füßen stand.
Unaufgefordert - wie es sich gehörte - erstattete Harry Bericht, "Hüllenbrüche auf den Decks dreizehn und zwölf, Notkraftfelder sind aktiv und halten. Lebenserhaltung auf Deck vierzehn droht zu versagen. Ich leite Energie von den anliegenden Decks um."
Janeway nickte, das war alles mehr oder weniger halb so schlimm und ließ sich reparieren. Aber sie spürte, dass das nicht die Spitze des Eisberges gewesen war.
"Der Warpantrieb ist ausgefallen. Impulsantrieb ist schwer beschädigt, wir haben maximal zwei Drittel Impuls zur Verfügung."
Chakotay sah seinen Captain fragend an, als diese nur für ihn hörbar einen Fluch zischte.
"Was soll ich jetzt tun, Ma'am? Unser Fluchtplan ist damit zerschlagen."
Eine Hand in die Hüfte gestemmt stand Kathryn neben ihrem Ersten Offizier. Nachdenklich betrachtete sie sein Gesicht, jedoch war ihr Geist diesmal frei von jeglichen romantischen Gedanken. "Wir fliegen weiter auf den Mond zu", sagte sie fest und strahlte damit Vertrauen aus. Mit einer eisernen Miene und wild entschlossen, dieses Schiff nicht kampflos aufzugeben, nahm sie wieder in ihrem Sessel Platz.
"Mr. Paris, schaffen Sie eine Wende um hundertachtzig Grad während einer halben Umlaufbahn um den Mond?" Kathryn spürte den fragenden Blick Chakotays auf sich ruhen und nur zu gerne hätte sie diesen jetzt erwidert, einfach nur, um ein wenig Kraft aus ihm zu schöpfen. Aber es galt jetzt hoch konzentriert zu sein. Sie konnte sich Ablenkungen dieser Art nicht gestatten, ganz davon abgesehen, dass es ihm nicht das Gleiche bedeutet hätte wie ihr.
"Ja, Ma'am. Wir werden alle ein wenig in die Sessel gequetscht werden, aber ich kriege das hin."
"Captain, darf ich Sie darauf hinweisen, dass die Borg von diesem taktischen Manöver nicht überrascht sein werden. Sie kennen keine Existenzängste und werden uns nicht ausweichen, um ihrer drohenden Vernichtung durch einen Frontalzusammenstoß zu entgehen." Tuvok meldete sich mit seiner unbestechlichen vulkanischen Logik zu Wort.
"Wir treten in den Mondschatten ein", kündigte Tom an und rutschte auf seinem Pilotensessel ein Stück nach vorn. Gleich würde er innerhalb weniger Sekunden einige heikle Manöver durchführen müssen.
"Dessen bin ich mir bewusst, Tuvok. Und ich versichere Ihnen, dass ich nicht vorhabe, das Schiff zu rammen."
Tuvok hob eine Augenbraue, denn etwas Derartiges hätte er seiner langjährigen Freundin niemals zugetraut. Für sie wog das Leben der Besatzung viel zu viel, als das sie in den sicheren Tod schicken würde. Daher erachtete er Janeways Information als redundant.
"Wir haben dem Borgschiff ebenfalls Schäden zugefügt - zwar nicht so viele wie sie uns", fügte sie sarkastisch hinzu, "aber dennoch so viele, dass wir eine Schwachstelle in ihren Schilden erzeugt haben. Mr. Paris wird im allerletzten Augenblick über den Kubus hinweg fliegen und Sie werden eine gebündelte Salve Photonentorpedos abschießen."
"Aye, Captain", erklang es von vorne und hinten.
"Hoffen Sie mit einer einzigen Angriffssequenz, den Kubus zu zerstören?" Chakotay hatte diese skeptische Frage gestellt, aber so laut, dass nur sie ihn hatte vernehmen können.
"Ich mag draufgängerisch sein", meinte sie mit einem selbstparodierenden Lächeln, "aber ich bin nicht naiv." Kurz drückte sie seine Hand und konnte nicht verhindern, dass sie von Wehmut gepackt wurde, da er sie nie so berühren würde, wie sie es sich immer erträumt hatte. Doch sofort darauf wandte sie sich wieder dem Hauptschirm zu.
"Alles klar zur Wende. Festhalten!", stieß Tom die letzte Warnung aus. In einem so engen Bogen wie möglich zog er das Schiff Grad für Grad in die entgegen gesetzte Richtung. Das strukturelle Integritätsfeld arbeitete nicht mehr mit voller Effizienz und so spürte man das leichte Vibrieren des Bodens unter der extremen Beschleunigung, die bei dem Wendemanöver entstand. "Auf Kurs", signalisierte er den erfolgreichen Abschluss.
Mit erschreckender Geschwindigkeit wurde der winzige Borgkubus immer größer.
"Zehntausend Kilometer", gab Harry den Abstand an.
"Noch nicht", wies Janeway den blonden Piloten ruhig und hoch konzentriert an, den Kollisionskurs fortzusetzen, "Noch nicht."
"Fünftausend."
Der Kubus füllte nahezu die gesamte Bildschirmfläche aus. Immer noch saß Janeway mit einem Pokerface in ihrem Sessel und hielt die Lehnen fest umfasst, "Noch nicht."
Chakotay begann zu schwitzen wie alle anderen. Die Voyager war kein Shuttle und benötigte einfach eine gewisse Strecke, um bei dieser Geschwindigkeit noch ausweichen zu können. Anscheinend wollte sie mit dem Kiel über die Außenfläche des Kubus schrammen. Doch der Indianer tat nichts von seiner Besorgnis kund. Er vertraute seinem Captain wie jeder andere auch auf der Brücke. Sie wollte diesen Bluff so lange wie möglich durchhalten, um möglichst nah an den feindlichen Borgwürfel zu kommen. So würde die Zerstörungskraft ihrer Torpedos höher sein, als wenn sie aus größerer Entfernung feuern würden.
"Zweitausend."
"Jetzt!"
Gleichzeitig riss Paris das Schiff nach oben und Tuvok feuerte die Photonentorpedos ab.
"Ja! Volltreffer!", freute sich Harry hinter seiner Station.
Die Voyager ritt vor der Wolke aus Flammen hinweg, die durch die Explosionen auf der Oberfläche ausgelöst wurden. Tom hatte den Eindruck, dass die Hitze ihnen das Heck ansengte, so nah waren sie dem Detonationsursprung und die Druckwelle war momentan schneller, als er die Voyager weg bringen konnte. Die Flammen lechzten schon an den Warpgondeln.
"Mr. Paris, bringen Sie uns hier weg, maximal verfügbaren Impuls, zurück zu dem Trabanten", presste Janeway hervor, die durch das Beschleunigungsmanöver in den Sessel gedrückt wurde.
"Nichts lieber als das, Captain", meinte Tom salopp, obwohl er überaus angespannt war, und ließ seine Finger über die Schaltflächen huschen.
"Wir konnten die äußere Hülle in der beschossenen Sektion beschädigen. Unser Angriff hat jedoch keine primären Systeme in Mitleidenschaft gezogen", lautete der ernüchternde Bericht Tuvoks auf Harrys euphorischen Zwischenruf hin.
"Sie haben einen Traktorstrahl auf uns gerichtet, Captain", meldete Harry jetzt wieder sehr ernst.
Janeway warf Chakotay einen etwas verängstigten Blick zu - ihnen waren die Optionen ausgegangen.
"Tuvok, erfassen Sie die Traktorstrahlemitter und feuern Sie die Phaser ab", gab Kathryn eine letzte verzweifelte Anweisung, sie wusste nur zu gut, dass es keine Wirkung zeigen würde. Sie hatte versagt in ihrer Aufgabe und ihrer Funktion als Captain. Diese Crew würde nicht nach Hause zurück kehren, vielleicht den morgigen Tag nicht erleben. Verbitterung machte sich in ihr breit und mit einem traurigen Glitzern in den Augen wandte sie sich wieder dem Hauptschirm zu. Wie durch einen Nebel hatte sie vernommen, dass der Versuch, freizukommen, wie erwartet, gescheitert war.
Gerade wollte sie den Befehl geben, die Fluchtkapseln aufzusuchen, da begann der Borgkubus von innen heraus grün zu glühen. Noch niemand auf der Brücke hatte so genau begriffen, was dies zu bedeuten hatte, da zerstob das feindliche Schiff in einer gigantischen Explosion in tausende Bestandteile.
Die Voyager wurde durch die Druckwelle steuerlos mitgerissen. Tom schaffte es kurz darauf, das Schiff wieder zu stabilisieren. Janeway hatte sich wieder aufgerafft und strich sich mit einem Blick auf den Hauptschirm, der nur noch Trümmerteile zeigte, über die Uniform.

"Mr. Paris, alten Kurs wieder aufnehmen. Bringen Sie uns so schnell wie möglich hier weg, bevor weitere Schiffe erscheinen."
"Aye Ma'am."
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