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Dschungelfieber

von Eva

Kapitel 2

Ein Auge auf den Tricorder in ihrer Hand, strebte Kathryn vorwärts. Das dichte Grün um sie herum lichtete sich ein wenig, und in weniger als dreihundert Meter Entfernung müsste, wenn das kleine Gerät aufgrund einer Umgebungstemperatur von mehr als dreißig Grad nicht in Streik getreten war, ein Fluss ihren Weg kreuzen. Und momentan wünschte sie sich nichts sehnlicher als eine Abkühlung. Reflexartig schlug ihre Hand gegen ihren rechten Oberarm. Seit mehreren Minuten wurde sie von kleinen Insekten, die in ihrer Angriffslust den heimischen Mücken sehr nahe kamen, attackiert. Je näher sie dem Flussufer kam, desto zahlreicher stürzten sich diese kleinen Plagegeister auf sie. So, als hätten sie sich Kathryn als ihr ganz persönliches Opfer für den heutigen Tag ausgewählt. Ihre Oberarme wiesen bereits eine ganze Reihe rötlicher Punkte auf, die höllisch juckten. "Könnt Ihr Euch nicht", schimpfte sie, "ein anderes Ziel suchen?" Kathryn wedelte mit der Hand, als sie ein Summen an ihrem Ohr vernahm.
Chakotay, der wenige Meter hinter Kathryn ging, verfolgte mit einem schmalen Lächeln ihren verzweifelten Kampf, der umherschwirrenden Angreifer Herr zu werden. Und allem Anschein nach würde sie wohl diesmal keinen Sieg davontragen. Der Feind war eindeutig in der Überzahl.
Doch regte sich auch Sorge in ihm. Sie hatten einmal erfahren, was ein unbedeutender Insektenstich für Folgen haben konnte.
Gefangen zu sein auf einen Planeten, der als Einziger ihnen die Chance zum Weiterleben gab. Getrennt von Crew, Schiff und der Hoffnung, jemals die Heimat wiederzusehen. Er hatte es damals akzeptiert, im Gegensatz zu Kathryn, die Wochen benötigte, um sich dieser Tatsache zu stellen. Danach - sie fanden eine neue Basis zueinander. Behutsam bewegten sie sich aufeinander zu. Jeden Tag gab sie ein wenig mehr von jener Person preis, die bis dahin hinter dem Captain versteckt geblieben war. Sie erinnerte ihn an eine Rosenknospe, die sich unter den sanften Berührungen der goldenen Sonnenstrahlen, langsam, Blatt für Blatt entfaltete, um am Ende in voller Schönheit zu erstrahlen.
Chakotay schluckte schwer, als er bemerkte, in welche Richtung seine Gedanken ihn trugen. Zurück an einen Ort und in eine Zeit, von der ihm nur noch die Erinnerung geblieben war. "Probleme, Captain?" Er versuchte, seiner Stimme einen möglichst neutralen Klang zu geben. Kathryn musste nicht bemerken, welche Erinnerungen dieser Planet in ihm weckte.
"Wie kommen Sie denn darauf?", giftete Kathryn und hieb erbost gegen die Zweige eines kleinen Busches an ihrer rechten Seiten. Ein Fehler, wie sie sofort feststellte. Ein Schwarm grünlicher Insekten, eben noch verschmolzen mit dem Grün des Strauches, stieg jetzt bedrohlich summend auf. So groß wie ihr Daumen, mit vier schimmernden Flügeln und zwei riesigen Fühlern am Kopf, erweckten sie keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck. Wie eine Wolke schwebten sie über dem Busch und Kathryn erwartete fast, dass diese sich jeden Moment in ihre Richtung bewegen würde. Sekunden, die ihr wie endlos lange Minuten vorkamen, verstrichen. Gebannt hing ihr Blick an dem bizarren Gebilde, das bedrohlich und gleichzeitig doch so majestätisch wirkte. Kathryn hatte nicht bemerkt, dass sie unbewusst den Atem angehalten hatte. Erleichtert stieß sie die Luft aus, als sie sah, dass sich die Insekten, ohne weiter von ihr Notiz zu nehmen, summend im dichten Grün des Strauches niederließen und somit für ihre Umgebung wieder unsichtbar wurden. "Puh." Sie strich sich über die schweißnasse Stirn, die nicht nur von der hohen Temperatur herrührte Sie wand sich zu Chakotay um, der immer noch gebannt auf den Busch starrte. "Chakotay, sind Sie noch da?", fragte sie und trat ein Stück auf ihn zu.
"Ja, natürlich." Er löste seinen Blick von der Pflanze. "Es ist nur faszinierend. Sie können einen Feind anvisieren, ohne selbst wahrgenommen zu werden."
Kathryn betrachtete den Strauch, der nun wieder völlig harmlos aussah. "Dies wünschte ich mir auch."
Chakotays Mundwinkel verzogen sich ein wenig, als sie bei diesen Worten über ihre Arme rieb, die mittlerweile das Aussehen eines Streuselkuchens angenommen hatten. Und wenn er sich nicht sehr täuschte, waren auch einige Stellen in ihrem Gesicht Ziel der kleinen Angreifer geworden.
Einen Blick auf den Tricorder werfend, wand sich Kathryn von dem Strauch und dessen Bewohnern ab und strebte dem Ort entgegen, die ihr Linderung gegen den fast übermächtigen Juckreiz versprach. Sie wollte nichts anderes, als ihre Arme in das kühlende Nass zu tauchen, um endlich dieses Kribbeln, das sie fast wahnsinnig werden ließ, erträglicher zu machen. Erleichtert seufzte sie, als es zwischen den Sträuchern zu flimmern begann. Ihr Schritt beschleunigte sich, als eine kleine Lichtung sichtbar wurde, die nach einer Seite sanft zu einem gemächlich dahinfließenden Fluss abfiel. Langsam ließ Kathryn sich am Ufer nieder. Ihre Hände tauchten in das Wasser, welches so klar war, dass man bis auf den Grund, der nicht nur verschiedenartig schimmernde Steine, sondern auch kleine Lebewesen beherbergte, blicken konnte. Das Wasser war kühl wie Seide und Kathryn schloss die Augen, als die ersten Tropfen aus ihrer Handfläche über ihren Arm rannen. Sie hörte, wie Chakotay sich neben ihr niederließ.
"Strecken Sie die Arme aus!", wies er sie an, während seine Hände bereits ins Wasser glitten.
Ein angenehmes Frösteln durchfuhr ihren Körper, als Sekunden später Wassertropfen über ihre Arme perlten und den Juckreiz milderten. Sie schaffte es gerade noch, einen verräterischen Laut zu unterdrücken, als Chakotays Hände sanft über ihre Arme fuhren, um die Feuchtigkeit zu verstreichen.
"Besser?", fragte Chakotay, nachdem er diese Prozedur mehrmals vorgenommen hatte.
Kathryn, die während dieser Minuten nicht einmal die Augen geöffnet, sich ganz dem angenehmen Gefühl, welches seine Hände in ihr auslösten, hingegeben hatte, hob langsam die Lider. "Viel besser", erwiderte sie leise und zog die Arme zurück. "Vielleicht hätte ich mich doch nicht so voreilig meiner Jacke entledigen sollen", stellte sie fest und betrachtete ihre Arme. Sie sahen zwar immer noch zerstochen aus, aber wenigstens hatte dieses Kribbeln nachgelassen. Sie streckte die Beine aus und ließ sich rittlings in das weiche Gras fallen, welches das Ufer säumte. Ihre Augen musterten Chakotay, der sich ein wenig vorgebeugt hatte und Wasser über Gesicht und Schultern laufen ließ. Die silbernen Tropfen glänzten auf seinem schwarzen Haar und rannen ihm den Rücken hinab. Dass sein Shirt dabei nass wurde, schien ihn nicht weiter zu stören. Sie betrachtete seine braunen Arme, die das kurzärmlige Shirt freigaben. Nichts wies darauf hin, dass auch er Opfer dieser hinterhältigen Insekten geworden war. "Chakotay", konnte sich Kathryn nicht verkneifen zu fragen, "können Sie mir erklären, warum es diese Biester nur auf mich abgesehen hatten?"
Chakotay lachte bei dieser Frage auf. "Nun, wahrscheinlich mögen sie keine Indianer", gab er zurück und warf ihr einen Blick über die Schulter zu.
"Natürlich", brummte Kathryn, schloss die Augen und ließ die Strahlen der Sonne über ihr Gesicht gleiten, "warum bin ich nicht selber darauf gekommen."
Chakotays drehte sich zu ihr um und grinste. So wie sie dalag, völlig entspannt, erweckte sie den Eindruck, dass es nicht lange dauern würde, bis sie im Land der Träume angelangt war. Und dies war nicht unbedingt empfehlenswert. Die Sonne brannte heiß und sie hatten kein Mittel, um ihre Haut, die mehr an das gleichmäßige Klima eines Raumschiffes gewöhnt war, davor zu schützen. Er biss sich auf die Lippen, um das aufsteigende Lachen zu unterdrücken, während seine aneinandergelegten Hände in den Fluss tauchten. Leise, um sich nicht zu verraten, stand er auf und platzierte seine mit Wasser gefüllten Hände über Kathryns Gesicht. Vorsichtig öffnete er einen Spalt zwischen seinen Händen.
"Was zum Teufel...", fuhr Kathryn erschrocken auf und wischte sich über das Gesicht. Kurz davor, in einen leichten Schlaf zu fallen, hatte sie von Chakotays hinterhältigen Angriff nichts bemerkt. Flammen loderten in ihrem Blick, als sie zu ihm aufschaute. "Was sollte das werden?", fauchte sie böse.
"Oh, ich wollte nur verhindern, dass Sie sich einen Sonnenbrand holen", schmunzelte Chakotay. "Ich dachte mir, die Insektenstiche reichen bereits." Unschuld stand in seinen Augen, als sich ihre Blicke trafen.
Kathryn kniff die Augen zu einem schmalen Spalt zusammen. "Schön, dass Sie um mein Wohlergehen besorgt sind. Aber ein einfaches ‚Aufwachen' hätte auch ausgereicht."
"Beim nächsten Mal", versprach Chakotay und hielt ihr die Hand entgegen, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein.
Kathryn klopfte sich das Gras von Hose und Shirt, während sie brummte: "Es wird kein nächstes Mal geben."
"Da", hielt Chakotay entgegen, "wäre ich mir nicht so sicher."
"Ich schon." Kathryn schnappte wütend Phaser und Tricorder. "Wo lang nun?"
Chakotay blickte sich um. Grün, grün und nochmals grün. Somit war es eigentlich gleichgültig, welche Richtung sie einschlugen. "Ich würde sagen, einfach immer der Nase nach."
Kathryn rollte bei dieser sehr hilfreichen Auskunft die Augen, erwiderte aber nichts. Es war egal, wo lang sie gingen. Solange sie nur den Weg zum Shuttle wiederfanden. "In Ordnung. Dann setzen wir unseren Weg Richtung Süden weiter fort."

****

Es änderte sich nichts an der Umgebung, nachdem sie die kleine Lichtung verlassen hatten. Der einzige Unterschied war, dass die Bäume nicht mehr ganz so dicht aneinander gedrängt standen und die Sträucher ein dunkleres Grün mit wesentlich größeres Blüten aufwiesen. Eine halbe Stunde waren sie bereits unterwegs, doch noch immer gab es keinen Hinweis, dass dieser Planet bevölkert war. Sah man einmal ab von der Anzahl der verschiedenartigsten Insekten, die sich hier tummelten. Und bis auf die bunten Vögel, denen sie am Anfang ihrer Erkundungstour begegneten waren, hatten sie auch noch keine anderen tierischen Lebewesen zu Gesicht bekommen.

"Vielleicht ist dieser Planet wirklich nicht besiedelt. Oder die Bewohner haben ihn irgendwann verlassen. Vielleicht waren sie der Insekten, die sich hier breit machen, überdrüssig", überlegte Kathryn laut. "Obwohl es doch, sieht man einmal von der Hitze ab, wunderschön hier ist." Sie drehte sich um, als eine Erwiderung von Chakotay, der hinter ihr ging, ausblieb. Doch da war niemand. Ihr Erster Offizier hatte sich in Luft aufgelöst. "Chakotay?" Die Hände in die Hüften gestemmt, blickte sie sich suchend um.
"Falls Sie mich vermissen, ich bin hier", tönte es plötzlich über ihr und ein leises Rascheln war zu hören.
Kathryn runzelte die Stirn, als ihre Augen dem Klang der Stimme folgten. "Das darf doch nicht wahr sein." In luftiger Höhe, fast zehn Metern über ihren Kopf, saß Chakotay auf einem Baum und schirmte seine Augen mit der Hand gegen das Sonnenlicht ab. "Können Sie mir erklären, was Sie da tun?"
"Ich versuche herauszufinden, ob es noch etwas anderes gibt, als nur Bäume, Sträucher und Insekten", erklärte er sein Vorhaben.
"Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?", fragte Kathryn gedehnt und trat näher an den Stamm heran.
Chakotay blickte zu ihr hinab. "Das weiß ich noch nicht so genau. Ich kann zwischen all dem Grün etwas Weißes schimmern sehen, dass, zumindest von hier aus, wie ein Gebäude oder so etwas in der Art aussieht. Luftlinie ungefähr fünfhundert Meter entfernt."
In stiller Verzweiflung schüttelte Kathryn nur den Kopf. "Aha. Wenn dort wirklich etwas sein sollte, verrät Ihnen das sicherlich auch der Tricorder. Ohne dass Sie auf Bäume klettern müssen."
Ein tiefes Lachen drang durch die Zweige.
Kathryn rollte die Augen. Tom Paris hätte sie diesen Unfug, ohne mit der Wimper zu zucken zugetraut. Aber Chakotay? "Kommen Sie wieder herunter oder wollen Sie den Ausblick noch eine Weile genießen?"
"Nein, natürlich nicht. Ich komme." Vorsichtig kletterte Chakotay Ast für Ast abwärts. Doch wider Erwarten gestaltete sich der Abstieg schwieriger, als er gedacht hatte. "Ich werde für so etwas langsam zu alt", murmelte er vor sich hin und atmete erleichtert auf, als er den letzten Ast, der ihn vom Erdboden trennte, erreicht hatte. Elegant wollte er sich am Stamm hinabgleiten lassen, als sich sein rechtes Hosenbein in einem der Zweige verfing und er den Halt verlor. Bevor er wusste, was geschah, setzte das Gesetz der Schwerkraft ein.
Kathryn stöhnte auf, als sie unsanft zu Boden geschleudert wurde und etwas Schweres ihr fast den Brustkorb zerquetschte. Es dauerte einen Moment, ehe sie registrierte, dass Chakotay es war, der ihr beinahe die Luft abdrückte. "Chakotay", stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und stemmte ihre Hände gegen seine Schultern, "nehmen Sie es mir nicht übel, aber Sie sind nicht unbedingt ein Fliegengewicht."
Chakotay blinzelte verwirrt, als er ihre Stimme vernahm, die nicht nur atemlos, sondern auch wütend klang. Er spürte ihren stoßweißen Atem dicht an seinem Gesicht und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er Kathryn bei seinem unfreiwilligen Sturz mit zu Boden gerissen hatte. Dies erklärte auch den weichen Aufprall. Verschwommen bemerkte er die Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach über ihnen fielen und sich in ihren Augen widerspiegelten.
Kathryn wurde langsam zornig, als Chakotay keine Anstalten machte, sich von ihr zu erheben. Reichte es nicht, dass jede ungeschützte Stelle an ihrem Körper mit Insektenstichen übersät war, sie sicherlich mehr als nur einen blauen Fleck bei ihrer Bruchlandung davongetragen hatte? Musste Chakotay ihr jetzt auch noch die Rippen brechen? "Chakotay, zum Donnerwetter. Stehen Sie endlich auf!" Aufgebracht schlug ihre flache Hand gegen seine Schulter.
Chakotay hätte noch eine ganze Weile so verharren können. Es war angenehm, Kathryn so nah zu spüren. Doch scheinbar sah sie das etwas anders. Ein Laut des Bedauerns schlüpfte über seine Lippen, als er sich von ihr herab rollte und vorsichtig aufstand. Zögernd streckte er ihr die Hand entgegen und zog sie auf die Füße.
Kathryn stöhnte leise auf, als sich ihr Rücken nach dem unfreiwilligen Aufprall auf schmerzhafte Weise meldete. *Was passiert noch alles*, dachte sie, *ehe wir diesen Ort wieder verlassen?*
"Sind Sie verletzt?" Prüfend betrachtete er sie und atmete auf, als sie stumm verneinte. "Es tut mir leid", entschuldigte sich Chakotay.
Kathryns Wut schwand so schnell, wie sie gekommen war. Sie wusste, dass Chakotay ihr niemals absichtlich weh tun würde. "Das weiß ich." Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. "Aber streichen Sie diese Art von Akrobatik bitte für die Zukunft aus Ihrem Programm. Sie tun uns damit beiden einen Gefallen."
Erleichtert atmete Chakotay auf. Er hätte es ihr nicht verdenken können, wenn sie ihn für die nächsten drei Wochen zur Reinigung der Abfallbehälter abkommandiert hätte. "Beim nächsten Sturz achte ich darauf, wen ich unter mir begrabe", versprach er und kleine Teufel tanzten bereits wieder in seinen Augen.
"Ich denke, es wäre besser, wenn Sie beim Boxen bleiben", korrigierte sie mit sanfter Stimme. Ihre Mundwinkel glitten ein Stück aufwärts, als sie den entrüsteten Ausdruck auf seinem Gesicht sah.
"Sie denken, ich bin für so etwas zu alt?", forschte er nach und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Dass ihm während seines Abstieges genau dieser Gedanke durch den Kopf gegangen war, vergaß er geflissentlich.
Kathryn versuchte verzweifelt ernst zu bleiben, als sie den beleidigten Ausdruck sah, der in seinem Blick lag. "Nein, natürlich nicht", gab sie todernst zurück und tätschelte beruhigend seinen Arm. "Wie kommen Sie denn zu so einer Annahme?"
Chakotay musterte sie bei diesen Worten scharf. Warum hatte er das Gefühl, dass sie sich gerade lustig über ihn machte?
"Lassen Sie uns", wechselte Kathryn das Thema und wand sich zum Gehen, "sehen, was es wirklich war, was Sie entdeckt haben."
Chakotay war sich sicher, dass das, was er zwischen den Ästen der Bäume hatte schimmern sehen, ein Gebäude oder etwas in der Art war. Er wusste aber auch, dass Kathryn ihm dies erst glauben würde, wenn sie mit der Nase darauf stieß.


****

"Chakotay, kann es sein, dass Sie sich bei der Entfernung ein klein wenig verschätzt haben?" Kathryn blieb so abrupt stehen, dass Chakotay, der dicht hinter ihr ging, gegen sie prallte. Mit einer gemurmelten Entschuldigung trat er einige Schritte von ihr weg. *Das wird langsam zur Gewohnheit*, dachte er und fuhr sich über das feuchte Gesicht.
"Ich sagte, ungefähr fünfhundert Meter Luftlinie", gab er zurück, wobei er auf das letzte Wort eine besondere Betonung legte.
Kathryn stützte die Hände in die Hüften und betrachtete die Umgebung. "Wir sind bereits seit zwanzig Minuten unterwegs. Alles, was ich zu Gesicht bekomme, sind Bäume und Sträucher. Noch nicht einmal der Tricorder zeigt etwas an, was nicht pflanzlich ist."
"Ich weiß, was ich gesehen habe", gab Chakotay brummig zurück.
"Vielleicht sollten Sie", schlug Kathryn vor und wand ihm das Gesicht zu, "vom Doctor Ihre Augen überprüfen lassen, sobald wir wieder an Bord sind."
Chakotay schnappte bei diesen Worten nach Luft. "Meine Augen sind...", fuhr er auf, schluckte jedoch den Rest des Satzes hinunter, als er ihr Grinsen sah.
"Na dann", schlug Kathryn freundlich vor und streckte den Arm aus, damit Chakotay die Führung übernahm, "zeigen Sie es mir."
"Sie werden schon sehen", gab er pikiert zurück und trat hocherhobenen Hauptes an ihr vorbei. Entschlossen, dieses Gebäude, oder was auch immer es war, zu finden, setzte er sich in Bewegung.
Kathryn blickte ihm schmunzelnd hinterher, ehe sie mit langsamen Schritten folgte.

****

Immer noch säumte dichtes Grün ihren Weg. Keine Spur von einem Gebäude. Mittlerweile fragte sich Kathryn, ob es nicht nur eine Fata Morgana gewesen war, was Chakotay gesehen haben wollte. Plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen. Aus den Augenwinkeln hatte sie eine leichte Bewegung wahrgenommen. Ohne den Kopf zu heben, blickte sie nach oben und sah entsetzt, wie sich etwas auf dem unteren Zweig des Baumes bewegte. Ein Reptil, fast zwei Meter lang und von beinahe dem selben Grün wie die Blätter. Hätte es sich nicht bewegt, Kathryn hätte es niemals wahrgenommen. Während sie das Wesen beobachtete, hob es den breiten, gefleckten Kopf, öffnete den Rachen und richtete sich mit einem bösartigen Zischen auf. Zwei lange weiße Zungen schnellten aus dem geöffneten Rachen und visierten Kathryn an. Regungslos beobachte sie jede Bewegung des Reptils, das sich immer näher schob.
Plötzlich spürte sie, wie ihr jemand einen Stoß versetzte, so dass sie seitwärts ins Gebüsch fiel.
"Liegen bleiben", befahl Chakotay leise, während er mit einem abgebrochenen Ast nach dem Reptil warf. Ein böses Zischen ertönte, gefolgt von einem Rascheln. Das Reptil hatte den Rückzug angetreten. Erleichtert drehte er sich zu Kathryn, die bereits wieder auf den Füßen war und nun zu ihm trat.
"Alles in Ordnung?" Prüfend glitt sein Blick über sie.
"Nichts passiert", gab Kathryn zurück und entfernte einige Blätter von ihrem Shirt. "Höchstens die Anzahl der blauen Flecken auf meinem Körper hat sich erhöht. Ich frage mich, wie ich das dem Doctor erklären soll", meinte sie humorvoll.
"Dazu fällt uns bestimmt etwas ein", gab Chakotay trocken zurück und zuckte zusammen, als ein Schlag seinen Oberarm traf.
"Wo kamen Sie überhaupt so plötzlich her?", erkundigte sich Kathryn neugierig. Chakotay war aus ihrem Blickfeld verschwunden gewesen, als sie auf jenes Reptil traf.
"Aus den Büschen", erklärte er und grinste, als Kathryn die Augen aufriss. "Ich wollte Sie gerade von meiner Entdeckung unterrichten, als ich Sie mit diesem schlangenähnlichen Reptil plaudern sah."
"Lästern Sie nur", gab Kathryn zurück und schaute ihn fragend an. "Was für eine Entdeckung?"
Chakotay stöhnte leise auf. "Habe ich Ihnen nicht von diesem Gebäude erzählt, das ich zwischen den Baumwipfeln gesehen habe?"
"Und?", hakte sie vorsichtig nach. So recht wollte sie noch nicht daran glauben.
"Folgen Sie mir einfach", forderte Chakotay sie auf und ein leichter Hauch von Genugtuung spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder. Sacht schob er Kathryn in die Richtung, aus der er vor wenigen Minuten aufgetaucht war, damit sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen konnte, dass jenes Gebäude keine Sinnestäuschung seinerseits gewesen war.

****

Staunend betrachtete Kathryn das Gebilde, das sich vor ihr in den Himmel erstreckte. Die Konstruktion erinnerte sie an alte ägyptischen Pyramiden, über die sie vor vielen Jahren einmal ein Buch gelesen hatte. Vorsichtig fuhr sie mit den Fingern über die spiegelglatte Oberfläche, die wie marmoriert wirkte und sich trotz der Sonneneinstrahlung kühl anfühlte. Langsam begann sie, das Bauwerk zu umkreisen. Suchte nach einem Anhaltspunkt, der darauf hinwies, wer der Erbauer dieses Werkes war. Doch so sehr sie danach suchte, immer wieder mit dem Tricorder über die Oberfläche fuhr, sie fand nicht einen Hinweis. Selbst das Material, welches verwendet wurde, konnte durch den Tricorder nicht analysiert werden. Plötzlich stieß sie auf etwas, dass die bisher gerade Oberfläche unterbrach.
"Ich habe etwas entdeckt", rief sie Chakotay zu, der unweit von ihr stand und nun zu ihr trat. "Sehen Sie sich das an."
Interessiert musterte Chakotay die Stufen, die wie eingemeißelt wirkten und bis nach oben führten. Der Tritt war schmal und für einen Menschen nur zu bewältigen, wenn er seitlich ging.
"Ob wir dort hinaufsteigen können?" Erwartungsvoll blickte Kathryn auf.
Chakotay verzog das Gesicht in gespielter Verzweiflung. "Ich hatte gehofft, Sie würden diese Frage nicht stellen."
"Sie sollten mich eigentlich besser kennen." Sie beugte sich ein wenig vor und strich mit den Fingern über die glänzende Fläche. "Na so was", entfuhr es ihr, als sie die feinen Rillen an ihren Fingerspitzen spürte, die mit bloßem Auge fast nicht auszumachen waren. Wer immer diese Konstruktion erschaffen hatte, wollte sichergehen, dass derjenige, der diese Stufen erklomm, sicheren Halt hatte. Sie richtete sich wieder auf und stellte den Fuß auf die unterste Stufe, als Chakotays Ruf sie innehalten ließ.
"Warten Sie." Sanft aber bestimmt schob Chakotay sie beiseite. Er zog es vor, sich selber davon zu überzeugen, dass ihnen die Einkerbungen genug Sicherheit für den Aufstieg gaben. Er bewegte seinen Fuß mehrmals hin und her und nickte zufrieden. Es würde wohl einige Zeit dauern, bis sie an ihrem Ziel angelangt waren, da sie seitlich gehen mussten, aber zumindest boten die Stufen einen guten Halt.
Entschlossen erklomm er die ersten Stufen und streckte Kathryn die Hand entgegen.
"Ich kann...", setzte sie zum Widerspruch an, kam aber nicht weiter, da Chakotay ihr einfach ins Wort fiel: "Entweder, Sie halten sich an mir fest oder Sie bleiben unten."
Kathryn starrte ihn einen Moment an. Der Ausdruck, der auf seinem Gesicht lag, zeigte deutlich, dass er es ernst meinte. Wollte sie hinauf, blieb ihr nichts anderes übrig, als seiner Forderung nachzukommen. Sie schluckte die Verwünschung, die ihr auf der Zunge lag, hinunter und griff nach seiner Hand.
Ein zufriedener Zug umspielte Chakotays Lippen, als er die Wärme ihrer Hand spürte.
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