TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Targala Prime

von Brigitte, Jana

Der gelbe Kreis

"Wie geht es ihr, Dr. Trewis?", fragte der Premierminister von Targala in der Tür zum gemeinsamen Schlafzimmer mit seiner Frau stehend, als ihm sein Leibarzt entgegen kam.

Der zierliche Mann war für einen Targaleaner ungewöhnlich blass. Sein ganzes Erscheinungsbild erweckte eher den Eindruck, dass der Mann krank war, so zerbrechlich wirkte seine Statur.

"Sie ist hohem emotionalen Stress ausgesetzt. Wenn man bedenkt, was geschehen ist, ist das nachvollziehbar." Trewis nahm die schwere Arzttasche in die andere Hand, was deutlich in seiner Körperhaltung zu sehen war, denn sofort neigte sich sein hagerer Körper nach links, um das Gewicht auszubalancieren. "Sie braucht viel Ruhe und sollte sich nicht aufregen."

Der Blick des Staatsoberhauptes war auf die schlafende Gestalt seiner Frau gerichtet.

"Ich werde mich jetzt um die anderen drei kümmern", brummelte der Arzt noch und verließ dann die Räume. Leise schloss er die Tür hinter sich.

Erschöpft setzte sich Turat auf das Bett neben seine Frau. Seine müden Augen brannten. Das sonst so lebhafte Gesicht Jewars war von den Strapazen des Tages und ganz besonders des Abends gezeichnet. So als ob sie seinen Blick gespürt hätte, schlug sie plötzlich die Augen auf.

"Ich dachte, du schläfst", flüsterte er leise.

"Das kann ich nicht." Selbst in ihrer Stimme konnte er die Niedergeschlagenheit vernehmen. "Ich will mein Kind zurück."

Turat schluckte schwer, denn es traf ihn, dass sie nur von ihrem Kind sprach, war es doch ihre gemeinsame Tochter und er wünschte sie sich ebenso zurück.

"Wir werden sie finden, das verspreche ich dir." Ein gequältes Lächeln stand in seinem Gesicht und zärtlich drückte er die Hand Jewars.

"Nein. Tu' das nicht."

Verwirrt blickte er in ihr verbittertes Gesicht. "Wie meinst du das?"

"Du hast keinen Einfluss darauf. Versprich' mir nicht etwas, das du nicht halten kannst."

Ein Seufzen verließ seine Brust. So sehr es ihn auch frustrierte, sie hatte Recht. Er konnte nicht gewährleisten, dass ihre Tochter unbeschadet zu ihnen zurück kehrte.

Stille durchzog das Zimmer, während der jeder seinen dunklen Gedanken nachhing.

"Gib' ihnen, was sie wollen", sagte Jewar plötzlich.

Schockiert blickte ihr Mann zu ihr, in ihrem Gesicht stand geschrieben, dass sie das eben Gesagte todernst meinte. "Das... das kann ich nicht."

"Ist dir dein Amt wichtiger als unser Kind?", schrie sie ihn an, vorwurfsvoll vibrierte ihre Stimme.

"Jewar, ich würde alles tun, aber das... - Was wäre das für ein Zeichen für das Volk?"

"Das Volk... Das Volk!" Jewar gestikulierte wild. "Es geht um unser Kind!"

"Ich bin der demokratisch gewählte Vertreter dieses Planeten und ich kann nicht zurück treten, nur weil ein paar Extremisten es verlangen."

"Ich hätte es wissen müssen." Jewar rollte sich vom Bett und verschränkte die Arme vor dem Körper. "Wir sind dir vollkommen egal! Du denkst nur an dich und deinen Posten! Wir haben dir nie etwas bedeutet!" Sie redete sich in Rage.

Turat war ebenfalls aufgestanden und vor seiner Frau zurück gewichen. Ihre Anschuldigungen trafen ihn schwer und lähmten ihn nahezu. Er konnte nicht glauben, diese Worte aus ihrem Mund zu hören. Hatte er ihr je Anlass gegeben an seiner Liebe zu zweifeln? Sicher, er hatte viel zu tun als Regierungsoberhaupt, doch stets fand er Zeit für seine kleine Tochter und seine Frau. Jedenfalls hatte er immer dieses Gefühl gehabt. Sollte er sich derart geirrt haben?

"Lass' mich allein! Verschwinde! Tritt mir nie wieder unter die Augen", tobte Jewar weiter, doch Turat nahm es nur noch durch einen Schleier wahr. Der Kloß in seinem Hals begann zu schmerzen, ein Druck baute sich auf seinen Brustkorb auf. Jewar verdiente jemand Besseren als ihn. Langsam und wie in Trance wankte er auf den Ausgang zu. Die Kissen, die ihm Jewar in ihrer Wut gegen den Rücken warf, bemerkte er nicht mehr. Mit einem Klicken fiel die Tür zum Schlafzimmer hinter ihm zu.


Das Wecksignal ertönte, doch wecken tat es Kathryn Janeway nicht, denn sie lag bereits seit einer Stunde wach. Ihre gestrige Vision ließ ihr keine Ruhe. Nicht einmal in ihren Gedanken hatte sie es fertig gebracht, ihn zu duzen, geschweige denn ihn zu küssen. Sie hatte sich eingeredet, dass sie es nicht getan hatte, weil es nicht der reale Chakotay war, der ihr gegenüber gestanden hatte.

Und dann war dort selbstverständlich noch die Entführung des Babys. Janeway hatte versucht sich vorzustellen wie sich Jewar im Augenblick fühlen musste. Sie fragte sich, wie sie es empfinden würde, wenn ihr ihr Baby genommen werden würde. Doch sie fand keine Antwort auf die Frage. Sie hatte nicht die geringste Vorstellung von der Tragweite der Emotionen, die mit einer solchen Situation einher gingen. Sie hatte überhaupt keine Vorstellung davon, wie es sich anfühlte Mutter zu sein und das schnürte ihr die Kehle zu. Chakotay hatte in ihrer Vision behauptet, sie würde eine gute Mutter sein. Würde sie das wirklich? Wie konnte er das wissen? War es nicht vielmehr so, dass er dies nur zu ihrer Beruhigung gesagt hatte? Doch diesen Effekt hatte es nur für kurze Zeit und die war vorüber. Jetzt stand sie wieder vor diesem schwarzen Loch und drohte hinein zu fallen. *Zeit ist, was du daraus machst.* Als sie sich an seine Worte erinnerte, musste sie schmunzeln. Sie mochte seine verschlüsselten Botschaften. Es verlieh ihm eine so geheimnisvolle Aura. Doch sogleich verblasste dieses Zeichen von Freude von ihrem Gesicht. Nein, ihre Zeit war abgelaufen. Unzählige Chancen waren verstrichen. Inzwischen gab es keine Hinweise mehr darauf, dass ihr Chakotay noch die Gefühle entgegen brachte, die er damals auf New Earth für sie empfunden hatte. Zwar war dort Fürsorge, aber darüber hinaus erkannte sie nichts mehr.

Nur in ihren gestrigen Visionen war mehr gewesen. Aber hatte dies nicht zum Grund, dass die Bilder ihrem Geist entsprungen waren? Wer wusste schon gänzlich wie dieser Mechanismus funktionierte.

Das Wecksignal erklang zum zweiten Mal und diesmal forderte sie den Computer auf, es zu beenden. Betrübt schlug sie die Decke zurück und stand auf, um sich im Badezimmer für den kommenden Tag zurecht zu machen.


Die Tür des Besprechungsraumes öffnete sich mit dem typischen leisen Zischen und Neelix kam hereingeflitzt.

"Verzeihen Sie die Verspätung, Captain", die Stimme des Talaxianers überschlug sich fast vor Hetze und schlechtem Gewissen, "aber Naomi kam noch mit einem dringenden persönlichen Problem, wie sie es nannte, zu mir. Ich erklärte ihr, dass ich sofort zum Breefing muss, aber..."

"Schon gut Neelix", unterbrach Janeway den Redeschwall, "wir wollten gerade erst anfangen. Sie haben also noch nichts versäumt."

"Danke, Captain." Neelix ließ sich erleichtert in seinen Sessel plumpsen, was Tom mit einem Grinsen zur Kenntnis nahm.

"Nun, meine Herren," wandte sich der Captain der Voyager an Tuvok und Harry Kim, "fangen wir mit den Scanergebnissen des Planeten an. Was haben Sie herausgefunden?" Tuvok stand auf und reichte Janeway ein Padd über den Tisch.

"Wir konnten bis jetzt leider keine bedeutenden Erkenntnisse erzielen." Er machte eine kurze Pause, um Janeway Gelegenheit zu geben, die Notizen zu überfliegen. "Wir haben die komplette Oberfläche des Planeten gescannt. Danach wurde noch ein Tiefenscan bis auf fünf Kilometer unter die Oberfläche durchgeführt. Alle bisher gesammelten Daten liegen im Bereich normaler Parameter. Wir konnten keine nennenswerten Besonderheiten feststellen. Es ist für uns leider noch nicht ersichtlich, was diese Naturkatastrophen auslöst. Ich schlage vor, dass Seven of Nine im astrometrischen Labor weitere intensive Scans durchführt."

Der Captain legte das Padd beiseite und wandte sich an die ehemalige Borg, die sich in ihrer unterkühlten und leicht arrogant wirkenden Art sofort zu Wort meldete.

"Captain, Mr. Kim und ich arbeiten zur Zeit an Verbesserungen im astrometrischen Labor. Damit könnten noch genauere und tiefere Scans durchgeführt werden. Leider sind diese Modifikationen noch nicht fertig, da der Fähnrich mir zu selten zur Seite steht. Diese Arbeiten sind sehr komplex und können nicht von einer einzelnen Person ausgeführt werden. Außerdem lässt er sich nicht von meinen Verbesserungsvorschlägen für eine effizientere Arbeitsweise überzeugen."

Harry Kim, dem bei Sevens Worten eine leichte Röte ins Gesicht geschossen war, versuchte sich zu verteidigen.

"Captain, ich habe so oft es mir möglich war, im astrometrischen Labor gearbeitet. Aber ich habe auch meine Brückenschichten zu erfüllen. Sevens Vorschläge, um effizienter zu arbeiten, lassen sich nicht durchführen, da ich keine Drohne bin und auch keine werden will."

Allgemeines Gelächter machte sich im Besprechungsraum breit, welches die Blondine mit einer hochgezogenen Augenbraue skeptisch zur Kenntnis nahm und von Kathryn Janeway sofort wieder unterbrochen wurde.

"In Ordnung, Mr. Kim. Sie werden ab sofort vom Brückendienst befreit. Die Arbeit im astrometrischen Labor hat absoluten Vorrang. Ich möchte, dass die Änderungen der Sensoren so schnell als möglich abgeschlossen werden. Vielleicht finden wir dann heraus, was mit diesem Planeten los ist. Commander Chakotay, teilen Sie bitte die Schichten für die OPS neu ein."

Seven, Harry und Chakotay bestätigten diese Anweisungen mit einem knappen "Aye, Captain."


"Brücke an Captain Janeway", meldete sich Lieutenant Ayala, der ehemalige Maquis, der im Moment das Kommando inne hatte.

"Janeway hier, was gibt es", antwortete Kathryn leicht gereizt, nahm sich aber sofort wieder zusammen, da sie wusste, Ayala würde das Meeting nicht ohne triftigen Grund stören.

"Captain, Premierminister Turat möchte Sie dringend sprechen."

Kathryn wechselte einen überraschten Blick mit Chakotay. So schnell hatte sie nach den gestrigen Vorfällen auf dem Planeten nicht mit ihm gerechnet.

"Stellen Sie das Gespräch in den Besprechungsraum durch", ordnete sie an und nickte Tom zu, der sofort aufstand und einige Schaltflächen an der großen Wandkonsole betätigte.

Sekunden darauf erschien Turats Gesicht auf dem Bildschirm. Kathryn erschrak, als sie das müde und eingefallene Gesicht des Regierungsoberhauptes sah. Die Augen lagen tief in den Höhlen, wodurch die Augenwülste noch mächtiger erschienen. Sein Gesicht wirkte fahl und grau. Er hatte bestimmt die ganze Nacht nicht geschlafen. Tiefes Mitgefühl machte sich in Janeway breit und sie begrüßte den Targaleaner mit sanfter Stimme.

"Premierminister Turat, was können wir für Sie tun?", fragte sie teilnahmsvoll. Dieser antwortete sofort mit harter, fester Stimme, die im Moment so gar nicht zu seinem Aussehen passen wollte.

"Captain, ich brauche Ihre Hilfe. Der Ministerrat verlangt von mir, mein Amt niederzulegen. Sie sind überzeugt, dass ich nur so das Leben meiner Tochter retten könnte. Das kann ich aber nicht tun. Ich habe Verpflichtungen meinem Volk gegenüber, ich kann meine persönlichen Belange nicht vor das Wohl meiner Untergebenen stellen. Diese Anzeichen von Schwäche darf die Regierung nicht zeigen. Wenn ein Staatsoberhaupt sich einmal erpressen lässt, gibt das doch diesen Terroristen freie Hand, dasselbe mit meinem Nachfolger zu tun, wenn ihnen der Führungsstil wieder nicht zusagt. Captain, es muss etwas geschehen! Können Sie mir helfen?" Je länger Turat sprach, desto lauter und verzweifelter wurde seine Stimme und er hob beschwörend seine mageren Arme.

Kathryn Janeway lächelte dem Regierungsoberhaupt beruhigend zu.

"Selbstverständlich werden wir Ihnen helfen, so weit wir können. Wir arbeiten bereits an verschiedenen Untersuchungen über die Flutwellen und ..." Der Captain wurde von Turat unterbrochen.

"Bitte, wir müssen zuerst meine Tochter finden."

Kathryn erschrak. Wie konnte sie nur so unsensibel sein. Natürlich hatte das Wohl seines Kindes absoluten Vorrang. Alles andere konnte warten. *Ich wäre bestimmt keine so gute Mutter, wie Chakotay meinte.* Entschuldigend antwortete sie dem Premierminister.

"Minister Turat, bitte verzeihen Sie. Sie haben natürlich Recht. Hat Ihr Sicherheitsminister schon neue Erkenntnisse gewinnen können?"

Turat ruderte verzweifelt mit den Armen.

"Deshalb wende ich mich ja an Sie. Targor hat noch gar nichts herausgefunden. Er weigert sich aber, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Meinen Vorschlag, Sie um Hilfe zu bitten, hat er sofort abgelehnt. Er möchte nicht, dass Sie als Außenstehende sich in innere Angelegenheiten einmischen. Ich will jedoch Ihre Hilfe, da ich das Gefühl habe, dass wir so nicht weiterkommen. Nur, Targor darf nichts davon erfahren, hören Sie."

Kathryn hatte sich wieder gefangen, überlegte kurz und nickte Turat zu.

"Premierminister, haben Sie Leute in Ihrem Stab, denen Sie absolut vertrauen können und die nichts gegen unsere Einmischung haben?", fragte sie.

"Meine persönlichen Assistenten, Molot und Rigar. Sie sind meine engsten Vertrauten und unterstützen mich in jeglicher Art und Weise", antwortete Turat überzeugt.

Der Captain nickte ihm zufrieden zu.

"Gut, halten Sie die Leute bereit. Wir werden bald auf Ihren Planeten hinunter beamen, um Ihnen zu helfen. Ich melde mich vorher noch bei Ihnen, um die Details mit Ihnen durchzugehen. Bis dahin: Verlieren Sie den Mut nicht!" Sie gab Tom mit einem kurzen Kopfnicken die stumme Anweisung, die Verbindung zu beenden.


Kathryn Janeways messerscharfer Verstand hatte bereits einen Plan ausgearbeitet, noch während sie mit Turat sprach. Sie wandte sich nun an den holographischen Arzt, der das Ganze bisher schweigend verfolgt hatte.

"Doctor, Ihre Künste als plastischer Chirurg sind wieder einmal gefragt. Sie müssen ein Außenteam chirurgisch so verändern, dass wir wie Targaleaner aussehen."

Der Arzt erwiderte darauf. "Selbstverständlich, Captain. Das ist kein Problem. Es wird nur einige Stunden Zeit in Anspruch nehmen, damit auch wirklich alles perfekt aussieht. Darf ich fragen, wer dem Außenteam zugeteilt wird?"

Kathryn hatte hierzu natürlich schon konkrete Vorstellungen und gab diese auch gleich bekannt.

"Ich werde das Außenteam zusammen mit Commander Chakotay anführen. Lieutenant Paris, Sie kommen ebenfalls mit, so lange wir in der Umlaufbahn sind, ist an der Steuerung nicht viel zu tun. Commander Tuvok, auf Sie muss ich leider verzichten. Ich brauche Sie an Bord der Voyager, falls wir unten auf dem Planeten Schwierigkeiten bekommen und Hilfe benötigen."

"Selbstverständlich, Captain", antwortete Tuvok daraufhin in seiner kühlen vulkanischen Art, die keine Regung erkennen ließ, "aber darf ich vorschlagen, dass Sie statt meiner Person dann Lieutenant Ayala mitnehmen, er ist ein hervorragender Offizier und wird Ihnen sicher von Nutzen sein."

"Ein ausgezeichneter Vorschlag, Tuvok", antwortete Kathryn ihrem Sicherheitsoffizier, "somit wäre das Außenteam komplett. Doctor, wann dürfen wir Sie in der Krankenstation zur Verschönerung aufsuchen?" Bei dieser Anfrage konnte sich Kathryn ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

Das MHN überlegte kurz und sagte dann: "In einer Stunde habe ich meine Vorbereitungen abgeschlossen, bedenken Sie aber, dass die Gesichtsveränderungen bestimmt dann noch drei Stunden in Anspruch nehmen werden. Danach können Sie auf den Planeten beamen und dort, was immer Sie auch vorhaben, ausführen." Der Doctor machte eine kurze Pause. "Captain, Lieutenant Torres könnte meinen mobilen Emitter so modifizieren, dass auch ich den äußerlichen Vorstellungen eines Targaleaners entsprechen würde. Meine Teilnahme an der Außenmission könnte von Nutzen sein, falls wir das Baby finden."

"Wenn wir das Baby finden, Doctor, nicht falls", antwortete Kathryn bestimmt. "Gut, Doctor, Sie sind mit von der Partie. B'Elanna, schaffen Sie die Modifikationen des Emitters, bis wir aufbrechen?"

Die bildschöne Halbklingonin erwiderte sofort: "Selbstverständlich, Captain, das ist kein Problem. Ich werde mich sofort an die Arbeit machen."

Neelix, der schon länger unruhig auf seinem Sessel hin- und hergerutscht war, sah nun endlich die Gelegenheit gekommen, sich zu Wort zu melden. "Captain, Sie wollen doch nicht ohne mich auf den Planeten? Ich konnte in meiner Tätigkeit als Botschafter während der ganzen Verhandlungen beste Kontakte zu den Targaleanern knüpfen. Ich weiß sehr viel über ihre Mentalität und Lebensweise. Sie würden ohne meine Hilfe dort sehr schnell verdächtig erscheinen. Die Targaleaner haben viele Rituale, die in jedem Falle strikt eingehalten werden müssen. Ich weiß darüber genauestens Bescheid. Bitte lassen Sie mich mitkommen."

Der kleine Talaxianer blickte hoffnungsvoll zu Kathryn Janeway, die ihm mit dem Kopf nickend milde zulächelte und sich dann an den holographischen Arzt wandte. "Doctor, können Sie auch Neelix in einen Targaleaner verwandeln?"

Das MHN rückte sich gerade zurecht und antwortete: "Chirurgische Gesicht- und Körperveränderungen bei Mr. Neelix erfordern ein wenig kreatives Denken. Es wird sehr viel schwieriger, als bei Ihnen. Ich muss natürlich auch seine Hände und Füße dem targaeleanischen Aussehen anpassen. Daher werde ich auch mehr Zeit benötigen. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass Sie ihn nach meiner Behandlung nicht mehr wiedererkennen werden."

"Danke Doctor, dann fangen Sie am besten mit Neelix an", ordnete Kathryn Janeway an und sah zufrieden in die Runde.

Immer wenn sie ihre Leute erblickte, war sie glücklich und stolz, diese ausgezeichnete Mannschaft befehligen zu dürfen.

"Gut, dann wäre alles geklärt. Wegtreten."

Die Offiziere verließen der Reihe nach den Besprechungsraum, nur Chakotay blieb zurück.

Janeway stützte sich noch immer mit beiden Händen auf den Tisch. Durchdringend musterte sie ihren Ersten Offizier.

"Captain, ich halte es nicht für empfehlenswert, dass Sie das Außenteam anführen."

Kathryn senkte den Blick. Ein Schmunzeln formte sich auf ihren Lippen und leicht schüttelte sie den Kopf. Dem Commander war seine Irritation förmlich ins Gesicht geschrieben, als sie wieder zu ihm aufblickte. "Ich wusste, dass Sie dies sagen würden", erklärte sie immer noch mit einem Lächeln im Gesicht.

Chakotay stimmte in die allgemeine Heiterkeit ein, wobei er näher trat. "Und ich nehme an, dass Sie wie immer all meine Bedenken in den Wind streichen werden. Gehe ich recht in dieser Annahme?", fragte er.

Plötzlich wich jeder Hinweis von Freude und Ausgelassenheit aus ihrem Gesicht. Schnell wandte sie sich ab und stellte sich an das Panoramafenster. "Ich muss mit."

"Warum?", wollte er wissen.

Sie spürte, dass er von hinten an sie heran trat. "Ich kann Ihnen das nicht erklären, Chakotay, ich weiß nur eins: Ich muss mit", sagte sie beinah beschwörend und blickte ihn bittend an. "Nennen Sie es ein Gefühl, eine Ahnung...", sie gestikulierte.

"Es ist bereits ein Kind entführt worden, Captain..."

Ihre Augenbrauen zogen sich leicht nach oben, "Das ist es ja eben: Es ist ein Kind entführt worden."

"Fühlen Sie sich verantwortlich?"

Wieder suchte sie in der Schwärze des Alls nach Halt. "Auf gewisse Weise - Ja." Ihre Stimme war rau und sie musste sich räuspern.

Eine warme Hand legte sich auf ihre Schulter und so gut ihr die Berührung auch tat, sie wusste, dass nicht mehr dahinter verborgen war als reine Freundschaft. "Wir werden sie finden."

Der Captain der Voyager wandte ihr Gesicht wieder ihrem Ersten Offizier zu. Zwischen ihren immer noch hochgezogenen Augenbrauen hatten sich nun leichte Falten gebildet, "Das hoffe ich, Chakotay. Das hoffe ich."


Die Gegenstände vor ihm waren nur unscheinbare Schemen und die Farben gingen ineinander über ohne die sonst vorhandenen klaren Konturen. Turat fühlte sich, als wäre ihm der Boden unter den Füßen weggerissen worden. Abwesend starrte er auf einen nur für ihn sichtbaren Punkt. Nicht nur, dass ihm sein einziges Kind genommen worden war, nein, zu allem Überfluss, hatte sich Jewar auch von ihm abgewandt und ihn mit dieser seelischen Belastung allein gelassen. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. Und noch nie war ihm so deutlich bewusst geworden wie sehr er Jewars Nähe benötigte. Sie hätten sich in dieser schweren Stunde gegenseitig beistehen können. Doch nun war er sich nicht einmal sicher, ob Jewar ihn wieder in ihr Leben zurück lassen würde. Solch harte Worte hatten sie niemals gewechselt. Überhaupt waren sie in ihrer bisherigen Beziehung niemals in Streit geraten.

Ein verhaltenes Räuspern erklang, woraufhin Turat schwerfällig den Kopf hob. Seine Augen brannten, weil er ihnen in der Nacht keine Ruhe gegönnt hatte. Rigar stand mit auf dem Rücken verschränkten Armen vor seinem Schreibtisch und schien auf etwas zu warten. Er hatte gar nicht bemerkt, wie er eingetreten war.

"Ja?", kam es müde über Turats Lippen.

"Dr. Trewis schickt mich, Premierminister. Die Leibwache Ihrer Tochter ist wieder zu Bewusstsein gekommen. Sie sind jetzt bereit, eine Aussage zu machen. Sicher wollen Sie bei dieser selbst zugegen sein."

"Ja, das möchte ich." Das Regierungsoberhaupt von Targala schob den Stuhl zurück und schloss sich seinem persönlichem Assistenten an, der bereits an der Tür wartete. Auf dem Weg zur medizinischen Station kehrten Turats Lebensgeister allmählich zurück und als sie den sterilen Raum betraten, war er wieder voll konzentriert. Endlich würden sie mehr erfahren.

Targor, sein Minister für innere Sicherheit, stand am Fuße eines Bettes, in dem einer der Männer der Leibgarde lag. Er führte ein Gespräch mit einem Mann, der ebenso zur Sicherheit gehörte, doch Turat konnte nicht verstehen, worum es bei der Unterhaltung ging. Und als Rigar und er in Hörweite traten, unterbrachen die beiden Männer ihre Konversation und der Uniformierte verließ eiligen Schrittes das Zimmer.

"Premierminister", das Gesicht von Targor war etwas aufgehellter als sonst, "Wir haben erste Anhaltspunkte gefunden." Alle im Raum Anwesenden hoben neugierig die Köpfe. "Der Tatort ist noch einmal untersucht worden und man fand unter der Nachricht eine Art Unterschrift."

Bei der Bezeichnung 'Tatort' für das Zimmer seiner kleinen Tochter zog sich bei Turat der Magen zusammen. "Ich höre", erwiderte er jedoch, ohne sich etwas anmerken zu lassen.

"Man könnte es auch als Bekennerschreiben auffassen. Unter der Forderung befand sich ein kleiner gelber Kreis. Er war uns zuerst nicht aufgefallen."

"Ein kleiner gelber Kreis?", fragte Turat und seine Augen weiteten sich. "Aber ich dachte..."

"Sie sind nicht der einzige, Premierminister. Mein Stab und ich gingen ebenfalls davon aus, dass der Gelbe Kreis inaktiv geworden sei, nachdem die Rädelsführer allesamt im Gefängnis sitzen oder bei Selbstmordanschlägen ums Leben kamen." Der überaus korrekt gekleidete Targaleaner holte Luft und fuhr dann fort, "Ich habe bereits meine Männer auf die uns bekannten Personen angesetzt. Sie werden die damaligen Mitglieder noch einmal verhören. Anscheinend befinden sich noch Angehörige 'des gelben Kreises' in Freiheit."

"Sehr gut", meinte Turat, mit einem Mal fühlte er sich gleich viel optimistischer. Das musste er sofort Jewar berichten.

"Bitte verzeihen Sie, meine Herren." Dr. Trewis räusperte sich im Hintergrund. "Ich möchte meine Patienten nicht zu lange strapazieren, sie benötigen noch Ruhe. Sie sollten mit Ihrer Befragung jetzt beginnen."

"Oh ja, natürlich, Doktor. Bitte verzeihen Sie. Targor...", nickte der Premierminister seinem Berater zu, als Zeichen er möge beginnen.

Dieser trat näher an das Bett des Leibwächters, welcher halb die Augen geöffnet hatte und immer noch einen recht mitgenommen Eindruck erweckte. "Bitte schildern Sie uns die Geschehnisse letzten Abend. Haben Sie jemanden gesehen?"

Der Mann öffnete schon den Mund, schien aber Artikulationsschwierigkeiten zu haben, so als ob die Leitungsbahnen vom Sprachzentrum blockiert waren. "Zylinder...", war das einzige, was er hervor brachte und das nur unter großen Anstrengungen.

"Konnten Sie die Angreifer erkennen?", bohrte Targor erneut nach.

Der Mann rollte mit den Augen unfähig einen klaren Satz hervor zu bringen, "Zylinder."

Das Regierungsoberhaupt runzelte die Stirn und wandte sich fragend an den Arzt.

"Er war einer extrem hohen Dosis von Lekortoxin ausgesetzt. Dies ist ein sehr seltenes Nervengift in Gasform", erklärte Dr. Trewis.

"Wir haben diese Zylinder am Tatort gefunden." Targor zog einen zylindrischen Gegenstand aus seiner Hose und überreichte ihn Turat, der ihn von allen Seiten beäugte. "Insgesamt waren es fünf Stück."

Der Targaleaner im Bett gab einige unverständliche Lalltöne von sich und verlor dann wieder das Bewusstsein. Dr. Trewis nahm den nur fingerlangen Zylinder in die Hand, "Hieraus ist das Gas innerhalb von Sekunden ausgetreten", er hob den Gegenstand in Augenhöhe und deutete auf einen winzigen Schlitz, "Es ist ein Wunder, dass sie bei der Menge, die sie eingeatmet haben überhaupt noch am Leben sind. Der Frau geht es bedauerlicherweise noch schlechter, ihr Metabolismus kommt mit dem Gift noch weniger klar."

"Vermutlich ist dies...", Rigar mischte sich in die Unterhaltung ein und nahm den kleinen Zylinder an sich, "... das einzige, was unsere Männer von den Angreifern gesehen haben. - Wir sind also kein Stück weiter."

"Nicht ganz", verlautete Dr. Trewis geheimnisvoll, "Lekortoxin ist ein sehr seltenes Neurotoxin. Es ist extrem schwer herzustellen. - Finden Sie das Gas und Sie finden die Attentäter."


"Captain, diese Farben .... sie sind so langweilig." Neelix zupfte an seinem Gewand herum, welches ihm den letzten Schliff zum Aussehen eines Targaleaners verleihen sollte. Auch sonst war der kleine Talaxianer kaum mehr wieder zu erkennen. Alle Flecken waren aus seinem Gesicht und von seinen Händen verschwunden und machten der blassen, feinen targaleanischen Haut Platz. Auch seine Haare waren angepasst worden, Neelix trug nun den typischen blonden Borstenhaarschnitt dieser männlichen Planetenbewohner.

"Außerdem bin ich Hosen gewöhnt. Diese, diese ... Tunika, es ist ein so merkwürdiges Gefühl. Mir ist, als würde irgendetwas fehlen."

Janeway musste unwillkürlich grinsen, als sie ihren Moraloffizier so ansah. Wäre da nicht seine unverkennbare Stimme, sie hätte nie angenommen, dass hier der Koch der Voyager vor ihr stand.

"Sie sind doch sehr flexibel, Neelix. In Kürze werden Sie gar nicht mehr merken, dass Sie keine Hosen tragen. Sie wissen doch, mit Ihren Kontakten sind Sie auf Targala Prime unersetzlich für mich."

Kathryn versuchte immer noch, sich beim Anblick ihres Moraloffiziers das Lachen zu verkneifen.

Sie selbst fühlte sich nach ihrer Veränderung durch den Doktor auch noch etwas unwohl. Da waren ihre Augenwülste, die für targaleanische Frauen typischen hüftlangen glatten Haare in eben demselben Blond, welches bei den Frauen allerdings einen goldenen Schimmer hatte. Die targaleanischen Frauen waren allesamt sehr stolz auf ihre Haarpracht, sie pflegten sie entsprechend und versahen diese mit einem Zusatz, der ihre Haare golden glänzen ließ. Alle Einwohner dieses Planeten hatten diese blonden Haare und die feine, helle Gesichtshaut, wobei die mächtigen Augenwülste beinahe fehl am Platz wirkten.

Sie blickte sich in der Krankenstation um, der Doktor war noch mit den letzten Feinheiten am Gesicht von Lieutenant Ayala beschäftigt. Die anderen Mitglieder des Außenteams, Tom Paris und Chakotay waren, wie sie selbst, bereits fertig. Auch der holographische Arzt war von B'Elanna samt Kleidung in einen Einheimischen verwandelt worden. *Chakotay wäre wirklich ein verdammt gutaussehender Targaleaner.* Kathryn merkte, dass sie ihren Ersten Offizier anstarrte, sie drehte sich abrupt um und klopfte auf ihren Communicator.

"Janeway an Tuvok. Commander, versuchen Sie bitte Premierminister Turat zu erreichen. Wir sind hier unten beinahe fertig. Ich muss mit ihm noch unser Vorgehen besprechen."

Der Vulkanier antwortete kurz und emotionslos: "Aye, Captain."

Während Kathryn auf die Verbindung mit dem targaleanischen Regierungsoberhaupt wartete, musste sie wieder an das Kind denken. *Das arme kleine Mädchen, wie mag es wohl aussehen. Hoffentlich hat es den Gasanschlag überlebt. Nicht auszudenken, dass es tot sein könnte. Ich muss es positiv sehen, wir werden das Kind finden, lebend. Hat Turat jemals seinen Namen erwähnt?* (Weiß die Voyagercrew da schon, dass es ein Gasanschlag war?)


Ihre düsteren Gedanken wurden von Tuvok unterbrochen, der Turat erreicht hatte und das Gespräch nun in die Krankenstation legte.

Der Captain setzte sich an den Schreibtisch des Doctors, betätigte einige Schaltflächen und aktivierte damit den Bildschirm. Das Gesicht, das ihr entgegenblickte, war immer noch fahl, Turat schien um Jahre gealtert zu sein. Aber der Glanz in seinen Augen ließ auf gute Neuigkeiten schließen, sie strahlten neuen Willen und Hoffnung aus. Als der Minister Janeway erblickte, wirkte er wegen ihres veränderten Aussehens ausgesprochen überrascht.

"Captain, sind Sie das wirklich? Was haben Sie gemacht, Sie sehen perfekt targaleanisch aus."

"Danke Premierminister. Das ganze Landeteam hat sein Aussehen Ihrer Physiologie angepasst bekommen, damit wir unerkannt ermitteln können. Unser Schiffsarzt ist ein wirklicher Könner, wenn es um chirurgische Gesichtsveränderungen geht." Sie lächelte kurz zu dem Hologramm hinüber, der dank ihrer Worte vor lauter Stolz um mindestens zehn Zentimeter größer wirkte. Danach wandte sie sich sofort wieder dem Bildschirm zu.

"Herr Minister, wir sind in Kürze so weit, zu Ihnen hinunter zu beamen. Ich sehe Ihnen an, dass es Neuigkeiten gibt."

Turat nickte heftig. "So wie es aussieht, steckt der Gelbe Kreis hinter der Entführung meiner Tochter. Das ist eine Widerstandsbewegung, von der wir dachten, dass sie nicht mehr aktiv ist. Mein Assistent Molot wird Ihnen alle weiteren Informationen hierüber geben, wenn Sie bei uns angekommen sind. Außerdem hat Dr. Trewis herausgefunden, dass die Wachen mit einem seltenen Nervengas namens Lekortoxin betäubt worden sind."

Der Doctor war neben Janeway getreten. "Premierminister, wissen Sie mehr über dieses Nervengift? Aus welchen Komponenten ist es zusammengesetzt? Wie gefährlich ist es?"

Turat antwortete ihm: "Dieses Gift kann nur aus den Wurzeln einer sehr seltenen Pflanze gewonnen werden. Dem Kurbylea-Strauch. Soweit ich weiß, gibt es in unserem Kontinent nur einige wenige Exemplare davon, sie sollen im großen Wald nördlich von Targala Prime wachsen. Dr. Trewis hat Daten hierüber für Sie zusammengestellt, ich werde Ihnen diese sofort übermitteln."

Der Premierminister holte kurz Luft und musste schlucken.

"Captain, Doktor, dieses Gift ist gefährlich. Die Wachen wurden außerdem einer extrem hohen Dosis ausgesetzt. Es geht ihnen noch immer sehr schlecht."

Kathryn Janeway erschrak zutiefst. Wenn es den Wachen, zwei erwachsenen Targaleanern so schlecht ging, wie war es dann um das Kind bestellt? Dieses kleine Wesen musste zwangsläufig die selbe Menge Gift eingeatmet haben. Konnte der kleine Körper das verkraften? Lebte das Kind überhaupt noch? Offenbar hatte Turat daran noch gar nicht gedacht. Sie wollte ihn nicht beunruhigen und versuchte, ihre erschreckenden Gedanken nicht in ihrem Gesicht widerspiegeln zu lassen.

"Danke Premierminister", antwortete Kathryn so ruhig wie möglich, "wir werden die Daten von Dr. Trewis analysieren und versuchen, über unsere Scanner die Kurbylea-Sträuche ausfindig zu machen. Wir beamen dann direkt dort hin, vielleicht finden wir dort noch Spuren."

Der Captain unterbrach die Verbindung, erhob sich und ließ den Doctor an seinem Arbeitstisch Platz nehmen.

"Doctor, bitte transferieren Sie die Daten auch gleich zu Seven ins astrometrische Labor, damit wir die Pflanzen auf dem Planeten lokalisieren können."

Dieser rief sofort die Daten an der Computerkonsole vor ihm ab, kopierte sie und leitete ein Exemplar mit entsprechender Anweisung an die ehemalige Borg weiter. Dann studierte er die Angaben auf dem Bildschirm einige Zeit schweigend.


Nach einigen Minuten nutzte der Captain die Zeit, um Verbindung mit Seven of Nine und Harry Kim im astrometrischen Labor aufzunehmen.

"Janeway an Seven of Nine. Haben Sie die Daten über den Strauch auf Targala, die Ihnen der Doctor übersandt hat, bereits auswerten können?"

Die ehemalige Borg antwortete sofort. "Die Daten wurden analysiert, sie sind nicht sehr komplex." Sevens arrogante Art kam wieder zum Vorschein und spiegelte sich in ihrer Stimme wieder. "Ein Scan der Oberfläche ist bereits im Gange. Wir haben diesen im Moment auf einen Radius von einhundert Kilometer um Targala Prime eingegrenzt, damit wir schnellere Ergebnisse erzielen können."

Es war im Hintergrund zu hören, wie sie mit raschen Fingern die Schaltflächen bediente.

"Einen Moment bitte ... ja, hier ist es. Die Pflanzen wurden gefunden. Es sind nur einige Exemplare, aber sie wachsen dicht beisammen."

Kathryn lächelte zufrieden.

"Transferieren Sie die Koordinaten bitte sofort an Transporterraum zwei, wir werden unsere Suche dort beginnen. Und ... Danke Seven."

"Es war mir ein Vergnügen", antwortete diese ungerührt.


Das Lächeln verschwand augenblicklich von Kathryn Janeways Gesicht, als sie sich wieder dem Arzt zuwandte.

"Doctor, was ist das für ein Gift? Wie gefährlich ist es wirklich, kann das Kind diesen Angriff überhaupt überlebt haben?"

Während dieser die Daten auf dem Bildschirm vor sich weiter studierte, antwortete er seiner Vorgesetzten.

"Schwer zu sagen, Captain, da ich die Physiologie der Targaleaner nicht so gut kenne. Ich denke, es ist aber auf jeden Fall Grund zu großer Sorge angebracht."

Kathryn versteifte sich und antwortete tonlos. "Danke Doctor."

Sie wandte sich von dem Arzt ab und schritt auf das Außenteam zu.

"Meine Herren, die Koordinaten sind gefunden worden. Wir beamen in einer halben Stunde auf den Planeten. Wir treffen uns in Transporterraum zwei."

Ein allgemeines "Aye, Captain", erklang und die Männer verließen der Reihe nach die Krankenstation.

Kathryn Janeway wandte sich noch mal an den holographischen Arzt: "Doctor, Sie werten bitte die Informationen über das Gift noch fertig aus, bis wir starten. Genauere Kenntnisse darüber können uns auf dem Planeten sehr nützlich sein."

"Selbstverständlich, Captain", antwortete der Angesprochene, ohne den Blick von der Computerkonsole zu nehmen.


Kathryn Janeway verließ die medizinische Abteilung und ging langsamen Schrittes den Gang entlang. Plötzlich legte sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter. Sie liebte diese Berührungen inzwischen über alles.

Chakotay hatte ihre Sorgen bemerkt, sie abgepasst und war unbemerkt hinter sie getreten.

"Kathryn, ich weiß, was Sie jetzt denken. Ich habe Ihre Gespräche mit dem Doctor und dem Premierminister mit angehört. Glauben Sie mir, wir finden das Kind rechtzeitig. Ich bin mir sicher, dass die Entführer das Mädchen sofort aus dem Zimmer gebracht haben, um es nicht zu lange dem Gas auszusetzen. Ich bin auch überzeugt, dass sie dem Mädchen keinen ernsthaften Schaden zufügen wollen, sie brauchen es doch als Druckmittel, damit Turat zurücktritt. Ein totes Kind würde ihnen da nichts helfen."

Kathryn Janeway war stehen geblieben, sie genoss die Berührung seiner Hand auf ihrer Schulter. Von ihr aus durchströmte ein warmes, wohliges Gefühl ihren Körper, welches gleichzeitig auch beruhigend auf sie wirkte. Sie hätte ewig so stehen bleiben können. *Ich wünschte, ich würde wissen was wirklich in seinem Kopf vorgeht, was empfindet er für mich, Freundschaft oder doch .... mehr?* Sie wagte nicht, diese Gedanken zu Ende zu führen. Das Kind hatte absoluten Vorrang, über seine Gefühle und auch über ihre Empfindungen konnte sie später nachdenken. Sie mussten auf den Planeten beamen und mit der Suche beginnen.

Kathryn bewegte sich leicht nach vorne, so dass er seine Hand von ihrer Schulter nahm. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihm in die Augen.

"Ihre Zuversicht tut gut, Chakotay. Ich danke Ihnen dafür. Ich denke, wir haben noch Zeit für eine Tasse Kaffee. Sonst kann ich auf dem Planeten keinen klaren Gedanken fassen."

Chakotay lächelte sie warm an. "Natürlich, Captain. Ich begleite Sie ins Casino."

Nebeneinander gingen Sie langsam, jeder in seine Gedanken versunken, den Gang entlang auf den Turbolift zu.


Zögernd stockte eine targaleanische Hand und verharrte für einen Augenblick in der Luft, dann klopfte Turat doch an die Tür zu den Zimmern seiner Frau. Schrecklich lange Sekunden vergingen, bis sich die Tür einen winzigen Spalt breit öffnete und er Wilur, die Amme seiner Tochter, erblickte.

"Kann ich zu ihr?", fragte Turat leise und versuchte einen Blick vorbei an Wilur zu erhaschen.

Die Amme, die schon in die Jahre gekommen war, zauderte, "Sie... sie möchte Sie nicht sehen." Es war ihr offensichtlich unangenehm dem Oberhaupt von Targala eine solche Nachricht zu überbringen, man widersprach nicht gerade jeden Tag dem Wunsch des Premierministers. "Es tut mir leid", sagte sie ehrlich und wollte bereits die Tür schließen, aber Turat verhinderte dies, wenn auch nicht vehement.

"Bitte, Wilur, es gibt Neuigkeiten", flehte er die ältere Frau an.

"Sie hat es mir ausdrücklich gesagt", beharrte die Amme noch einmal schwach darauf, Turat nicht vorzulassen. Aber sie kannte ihn bereits seit seiner Jugend, war damals, in seinen Kinderjahren, seine Amme gewesen und hatte seine Familie stets begleitet. Zu sehen, wie an dieser Tragödie seine Ehe zerbrach, schmerzte sie. Außerdem hatte Jewar nicht gesagt, dass sie Turat nicht einlassen sollte, wenn er Neuigkeiten mitbrachte. "Also schön, kommen Sie", lenkte sie schließlich ein und manövrierte den jungen Vater ins Zimmer. Sie schob ihn in die Richtung einer weiteren Tür, verharrte kurz vor dieser, klopfte leise und als von drinnen ein dumpfes 'Herein' zu hören war, öffnete sie sie und signalisierte Turat mit einem verschwörerischen Blick, dass es nun bei ihm lag. Dann raffte sie ihr Kleid ein wenig hoch und machte sich von dannen.


Jewar stand am Fenster und blickte hinaus auf die weitreichenden grünen Parkanlagen des Regierungsgebäudes. Sie suchte Ruhe und etwas zum Festhalten und glaubte der Anblick der liebevoll gepflegten Grünanlagen könnte ihr diesen Frieden wieder bringen. Doch das war nur vorübergehend und vielmehr eine Illusion als alles andere. Sie drehte sich nicht zu ihrer Amme um, von der sie glaubte, dass sie eingetreten war. Noch ein paar Augenblicke länger wollte sie ihre Erinnerungen der letzten Stunden verdrängen.

"Was gibt es, Wilur?", fragte sie schließlich und nahm alle Kraft zusammen, das Bild der unberührten Frau aufrecht zu erhalten. Als keine Antwort erfolgte, drehte sie sich um. "Du?", kam es ihr entsetzt über die Lippen.

Turat glaubte, einen stummen Vorwurf in ihrer Stimme mitschwingen zu hören und sofort bereute er, so in ihre Privatsphäre eingedrungen zu sein. So würde er ihr gestörtes Verhältnis bestimmt nicht bereinigen können.

"Was willst du?", fragte Jewar hart und machte keinen Hehl daraus, ihre Abneigung zu zeigen.

"Targor hat mir vorhin Neuigkeiten überbracht."

"Ybelinia?", Jewar gab ihre starre Haltung auf und Hoffnung schimmerte in ihren Augen, erwartungsvoll näherte sie sich ihrem Mann, "Haben sie sie gefunden?"

"Nein, noch nicht."

Sofort versteifte sich die junge Frau erneut, ihr Gesicht nahm wieder die verhärmten Züge an. Als ob sie fror, schlang sie ihre Arme um den Oberkörper.

"Aber wir wissen jetzt, wer dahinter steckt. Der Gelbe Kreis hat sich zu der Entführung bekannt", Turat, immer noch zuversichtlich, die Kluft zwischen ihnen zu überwinden, trat langsam näher, doch Jewar wich vor ihm zurück und wandte ihm wiederum den Rücken zu. "Sie haben ein Nervengas in den Raum geworfen, mit dem sie die Wachen betäubt haben", berichtete Turat weiter, "Es ist schwer herzustellen und Dr. Trewis meint, es könnte uns zu den Attentätern führen."

"Sie haben Nervengas in den Raum geworfen?", wiederholte Jewar fassungslos, doch ihre Stimme verriet keine emotionale Regung.

"Ja, Lekortoxin hieß es, glaube ich", antwortete Turat, ohne sich darüber bewusst zu sein, worauf seine Frau anspielte.

"Du kommst zu mir und erzählst mir, dass mein Baby Nervengas eingeatmet hat?", sie sprach ruhig, beinah unterkühlt.

Plötzlich wurde Turat kreidebleich. Wie konnte er das nur übersehen haben? Nur aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie seine Frau zum Schrank ging und etwas heraus nahm. Als er sich wieder zu ihr drehte, sah er, dass sie sich einen Umhang übergeworfen hatte, der so ähnlich aussah wie die Tunikas, die die Männer auf Targala trugen.

"Wo gehst du hin? Jewar?", fragte Turat verzweifelt.

"Ich gehe fort von hier. Fort von dir!" Hart schlug sie die Tür hinter sich zu.

"Jewar? Bitte geh' nicht, lass' mich jetzt nicht allein."


Kathryn blickte in die schwarze Flüssigkeit. Ihre Hände hatten sich um den wärmenden Becher geschlungen. Sie genoss die Stille, obwohl es nicht gänzlich ruhig war, denn die Gespräche der anderen Crewmitglieder im Casino ergaben eine leise Geräuschkulisse. Chakotay saß neben ihr und respektierte ihren Wunsch vor dieser Außenmission ihre Gedanken zu sammeln, obwohl sie eine derartige Bitte niemals laut ausgesprochen hatte. Doch er schien genau zu spüren, in welcher Gemütslage sie sich befand.

Die Türen hissten auf und Naomi, welche vor Energie geradezu übersprühte und ihre Mutter hinter sich herzog, betrat das Casino. Kathryn beobachtete die beiden. Die kleine Wildman strahlte über das ganze Gesicht und schleifte ihre Mutter zu einem Tisch, an den diese sich brav hinsetzen musste. Dann verschwand Naomi hinten in der Küche, wo sie sich bestens auskannte, weil sie oft Neelix half. Kurz darauf kehrte sie mit einem Teller zurück, dessen Inhalt sie offensichtlich selbst zubereitet hatte. Und jetzt musste ihre Mutter als Vorkoster herhalten. Erwartungsvoll stand das jüngste Mitglied der Crew vor seiner Mutter und achtete auf jede nur ach so kleine Änderung in deren Mimik. Samantha Wildman machte anfangs einen doch recht skeptischen Eindruck, war doch niemand Geringeres als Neelix Naomis Lehrmeister gewesen.

Kathryn verfolgte die traute Szene traurig. In den Jahren auf der Voyager hatte sie Naomi heranwachsen sehen. Sie hatte das Mädchen dazu verurteilt, getrennt von ihrem Vater aufzuwachsen. Doch Naomi hatte wenigstens die Chance groß zu werden. Kathryn fühlte sich verpflichtet, dem Baby auf Targala diese Chance ebenfalls zu ermöglichen. - Ein kleiner Ausgleich dafür, dass sie niemals selbst Kinder haben würde. Schwermut erfasste sie und sie musste schnell einen Schluck Kaffee nehmen, um nicht von diesen Gedanken erdrückt zu werden. Sie vermied es, wieder aufzusehen und ließ ihren Finger den Rand des Bechers entlang streichen.

"Sind Sie in Ordnung?", unterbrach Chakotay sanft ihre melancholischen Gedanken, ihm waren ihre Gemütsregungen, die sich teilweise in ihrem Gesicht widergespiegelt hatten, nicht entgangen.

Sie blickte zu ihm auf und verlor sich einige Sekunden in seinen braunen Augen, "Ja", erwiderte sie schlicht. Schnell flackerten ihre Augenlider mehrere Male hintereinander. Mit einem letzten Schluck leerte sie ihren Becher und erhob sich, "Es ist Zeit, aufzubrechen. Lassen Sie uns gehen."


Fähnrich Jenkins saß auf dem Pilotensessel der U.S.S. Voyager. Da sich das Schiff derzeit in einer Umlaufbahn um Targala befand, hatte sie nicht viel zu tun und deshalb bestand ihre Tätigkeit hauptsächlich aus routinemäßigen Checks der Antriebssysteme. Und denen ging sie gründlich nach, denn hinter ihr saß Commander Tuvok auf dem Sessel des Captains und nicht, wie sie es sonst gewöhnt war, ein rangniedrigerer Offizier oder gar Harry Kim. Bei dem Gedanken an ihn musste sie kurz schmunzeln. In ihrer Gegenwart war er immer ein wenig überdreht und versuchte Eindruck bei ihr zu schinden, dabei hatte er das gar nicht nötig. - Obwohl... schmeicheln tat ihr dieses Verhalten schon.

Ein leises akustisches Signal und das Blinken mehrerer Schaltflächen ließen sie ihre momentane Beschäftigung unterbrechen. Sie runzelte ein wenig die Stirn. - Die Voyager hatte eine geringere Umlaufbahn eingenommen, dabei konnte sie sich gar nicht daran erinnern, dies in die Wege geleitet zu haben. Behänd huschten ihre Finger über die glatte Oberfläche der Konsole und tippten zielsicher die richtigen Schaltflächen an, womit die ursprüngliche Höhe um den Planeten wieder hergestellt war.

Jenkins drehte ihren Stuhl leicht nach links, setzte ihre Analyse des Impulsantriebes fort und begann wieder, von Harry Kim zu träumen.


Neelix drehte seinen Kopf, um sich besser in der Kontrolltafel sehen zu können. Diese war als Spiegel leider vollkommen ungeeignet wie er fand, nur schwer konnte er sich und seine entstellte Haarpracht sehen. Seine Hand tastend zur Hilfe nehmend versuchte er, das ganze Ausmaß der Verunstaltungen durch den Doctor zu erkunden. Die kurzen Stoppelhaare pieksten ihn.

Mit einem Zischen öffneten sich die Türen zum Transporterraum und die Lieutenants Paris und Ayala traten ein. Ayala ging sofort zum Ausrüstungsschrank und öffnete diesen, während Tom grinsend den 'Botschafter' der Voyager beobachtete, welcher sich immer noch frisierte.

"Sie sind doch nicht etwa eitel, Neelix?", scherzte Tom und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Machen Sie sich ruhig über mich lustig, Mr. Paris", fuhr Neelix herum und kam hinter der Transporterkonsole hervor. Er war vollkommen aufgelöst, "aber ich möchte Sie einmal sehen, wenn Sie plötzlich Ihren Bart verloren haben."

"Besser den Bart, als den Kopf", witzelte Tom weiter und nahm den Phaser und Tricorder entgegen, den Ayala verteilte.

Neelix wollte schon zu einer Erwiderung ansetzen, als der Captain in Begleitung des Commanders den Transporterraum betrat, hinter ihnen schlüpfte noch schnell der Doctor durch die Tür, ehe diese sich schloss. Auch die drei wurden mit der Standardausrüstung für Außenmissionen ausgestattet.

"Vielen Dank, Lieutenant Ayala", nickte Janeway dem Mann von der Sicherheit zu. "Wenn Sie die Tricorder benutzen, achten Sie darauf, dass es von Einheimischen nicht bemerkt wird. Phasereinsatz nur in Notfällen", instruierte der Captain ihre Männer. "Mr. Neelix, den Communicator sollten Sie unter Ihrer Tunika anbringen. Denken Sie immer daran: Dies ist eine verdeckte Ermittlung und wir sollten so wenig wie möglich auffallen."

"Oh, ähm, natürlich Captain, bitte entschuldigen Sie", sogleich begann Neelix, dem der Hinweis äußerst peinlich zu sein schien, an seiner Kleidung herum zu fuhrwerken.

Janeway musterte alle Mitglieder des Außenteams noch einmal und nickte schließlich anerkennend. "Dann kann es ja losgehen." Während sie dies sagte, versammelten sich die Anwesenden, bis auf den derzeitigen Transporterchief auf der Plattform.

"Energie." Und in einem schimmernden Gleißen lösten sich die sechs Gestalten auf.

Rezensionen