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Ungleiche Schwestern

von Harald Latus

Kapitel 15

Kapitel 15

Captain Devero lief nun schon seit mehr als zwei Stunden langsam auf der Brücke der Avatar auf und ab und wartete darauf seinen Auftrag zu erhalten. Admiral Winters hatte ihm zugesagt, dass er, wenn alles so weit in Ordnung war sein Schiff in Dienst stellen würde. Das war vor fast genau drei Stunden gewesen.

Aber obwohl es sicherlich hunderte von dringlichen Aufträgen gab, saß er immer noch hier auf der Antares Flottenwerft inmitten des Dockbereiches fest. Es musste doch einfach sein, eine Aufgabe für ihn zu finden. In den letzten Tagen hatte er intensiv mit seiner Crew trainiert. Alle Handgriffe saßen, jeder wusste wo sein Platz war und wo man ihn ihm Notfall brauchen würde. All diese Kleinigkeiten hatte er inzwischen erledigt, nur damit man ihn nicht abwimmeln konnte mit der fadenscheinigen Ausrede, seine Crew sei noch nicht bereit mit dem neuen Schiff auf eine anspruchsvolle Mission zu gehen. Er hatte genug von diesem Leben auf der Sternenbasis, er wollte wieder hinaus in das kalte All, wo ihn keiner gängelte, sich über ihn hinwegsetzte oder ihm Vorschriften machte. Schon gar keiner von der Sorte wie dieser junge Captain, der glaubte, nur weil er ein neues Design für die Flotte entwickelt hatte, sei er nun etwas Besonderes. Er hatte schließlich nicht alle Schwierigkeiten überwunden um nun doch nicht zum Zuge zu kommen. Es hatte lange gedauert Captain Fascari davon zu überzeugen, dass er seinen Gefallen auf diese Weise von ihm einfordern wollte. Aber er hatte letzten Endes zugestimmt. Er war auch der Einzige der einen Tellariten an Bord hatte, der das nötige Geschick besaß diese Aufgabe zu bewältigen ohne Spuren zu hinterlassen. Schließlich hatte auch die Sternenflotte Sicherheitsprotokolle, die man nicht so einfach umgehen konnte. Aber ein geschickter Programmierer konnte es fertig bringen, beim standardmäßigen Sichern der Daten einfach eine falsche Datei abzustellen. Und tatsächlich, beim Besuch des Admirals mit seinem Stab hatte heute morgen alles perfekt funktioniert, obwohl Captain Devero gesehen hatte, dass Admiral Winters fast jede Angabe mit denen seines Padds verglich, ohne jedoch eine einzige Abweichung feststellen zu können.

Der anschließende Test des Kopplungsmanövers war reine Routine und ließ nicht den Hauch einer Unsicherheit erkennen. Bevor der Admiral das Schiff verließ hatte ihn Captain Devero noch einmal höflich an ihr Gespräch erinnert, bei dem er zugesichert hatte das Schiff in Dienst zu stellen, sofern alles in Ordnung war.

Aber der Admiral ließ sich Zeit. Zuviel Zeit nach Meinung von Captain Devero.

„Captain, eine Nachricht von Admiral Winters!“, in diesem Moment meldete sich die junge Frau an der Kommunikationskonsole.

„Verdammt, das wird aber auch Zeit!“, wetterte der Captain, trat vor den zentralen Stuhl und nickte dem Fähnrich zu. Auf dem Bildschirm verschwand der Blick in das Dock und Admiral Winters Büro war zu sehen. Der Admiral stand vor seinem Schreibtisch.

„Captain, vielen Dank noch einmal für die Mühe, die Sie sich bei unserem Rundgang und mit der anschließenden Bewirtung gemacht haben, das wäre nicht nötig gewesen.

Nun, nachdem ich mir Ihr Schiff angesehen habe und es den Erwartungen entspricht, Sie alle Tests abgeschlossen und sogar die Crew eingewiesen haben bleibt mir wohl nichts anderes mehr übrig, als Sie mit diesem neuen Schiff wieder in den aktiven Dienst zu versetzen. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass Sie ein wenig zu viel des Guten getan haben um uns davon zu überzeugen, dass wir Sie und Ihre Crew wieder da hinaus schicken. Aber das scheint wohl bei allen Captains gleich zu sein, sie scheinen sich auf einer Basis einfach nicht wohl zu fühlen.

Wir haben eine kleine Flotte im Kareyas Sektor verloren. Eines unserer Schiffe ist bereits dahin unterwegs, aber ich möchte die Avatar auch gerne dort wissen. Das Waffenpotential und die Möglichkeit zwei unabhängig arbeitende Schiffe zu bilden, könnte durchaus nützlich sein bei diesem Auftrag. Ich übertrage Ihnen die Daten der vermissten Schiffe. Die Leitung der Operation wird das Schiff übernehmen, welches bereits vor Ort ist. Viel Erfolg Captain!“

Damit war die Übertragung beendet. Captain Devero wollte zwar noch wissen, welches Schiff er denn nun treffen sollte und wer die Leitung über diese Operation haben würde, aber er wollte den Admiral deswegen auch nicht noch einmal erneut kontaktieren. Es würde sich schon zeigen und er mit seiner Kommandoerfahrung könnte seine Qualitäten dann sicher ausspielen. „Lieutenant Singer, informieren Sie den Dockmeister er soll die Raumtore öffnen und dann raus mit dem Schiff. Sowie die Tore offen sind ein viertel Impuls voraus. Wir setzen Kurs auf den Kareyas Sektor!“

 

*  *  *

 

 

Insgesamt acht Personen materialisierten sich in Schutzanzügen auf der Brücke der Okinawa. Es war stockdunkel und das erste was sie taten war die Scheinwerfer am Helm zu aktivieren.

Frank Dekkers hörte wie sich einer der Sicherheitsleute in seinen Helm übergab. Noch war im Scheinwerferlicht nicht viel zu erkennen, aber es reichte um einen besonders gruseligen Anblick zu bieten. Von den Stühlen auf der Brücke stand nur noch derjenige der Conn, alle anderen waren herausgerissen und lagen an der hinteren Wand der Brücke, zusammen mit den zerschmetterten Körpern der Brückencrew.

Shelar prüfte mit einem Trikorder die Atmosphäre und gab dann Entwarnung. Alle öffneten den Helm und Miguel Rivera ging zu der zunächst stehenden Konsole und schaltete das Licht auf der Brücke ein.

Der Anblick war grauenerregend. Kein Horrorfilm konnte diesem Szenario das Wasser reichen. Nicht einer der Körper, die an der hinteren Wand lagen war noch in seinem ursprünglichen Zustand.

Es sah fast so aus, als habe man die Männer und Frauen mit einer übergroßen Faust regelrecht zerquetscht. Überall waren Blut und Innereien verspritzt, hatten sich zu einem unkenntlichen Brei vermischt.

Das Team stand für einige Minuten nur schreckensbleich auf der Brücke und starrte den großen roten Fleck an der hinteren Wand an. Nur langsam erwachten sie aus ihrer Lethargie. Es war ein Glück, dass das Umweltsystem noch intakt war, denn sicherlich waren die Leichen oder das was noch von ihnen übrig war schon im fortgeschrittenen Stadium der Verwesung. Aber durch die Luftreinigungsanlage hing nur ein leicht süßlicher Geruch in der Luft. Shelar war inzwischen an die Wissenschaftskonsole getreten und suchte nach dem Computerlogbuch. Das Schiff schien tatsächlich unbeschädigt zu sein und so konnte Sie das gesuchte File recht schnell lokalisieren und aufrufen. Auf dem Hauptschirm erschien der Kahle Kopf von Captain Werantas.

Seine weiche, einfühlsame und ruhige Stimme passte irgendwie nicht zu dem was er berichtete und wie es nun hier aussah.

 

„Computerlogbuch der Okinawa, Nachtrag.

Die angreifenden Schiffe haben sich direkt auf die Wolga, die Kopenhagen und die Budapest gestürzt. Eines der fremden Schiffe hat die Wolga mit einer hochenergetischen Waffe beschossen. Aber unsere Schiffe waren noch nicht so stark beschädigt, dass sie keine Waffen mehr hätten abfeuern können. Sie und wir haben gekämpft und die Angreifer zurückgedrängt. Als wir sicher sein konnten, dass wir sie gestoppt hatten, sind wir dann alle auf Warp gegangen. Aber ich konnte unsere Schiffe im Warptransfer nicht ausmachen. Also habe ich allen Schiffen den vollen Stopp befohlen. Als wir unter Warp gingen waren die Fremden plötzlich wieder da, aber von unseren Schiffen war nichts mehr zu sehen. Ich muss davon ausgehen, dass sie unsere Schiffe aufgebracht und zerstört haben. Ich hatte noch keine Zeit um eines unserer Schiffe zu suchen. Unsere Rufe blieben bislang unbeantwortet.

Jetzt waren wir dran. Während vier der kleineren Schiffe die Okninawa umkreisten wie einen Bienenkorb, hat eines der anderen Schiffe wieder diesen hochenergetischen Strahl auf uns abgefeuert. Es hat ganz schön an unserem Schiff gerissen, aber scheinbar hat es nur einige Leitungen erwischt. Unsere Schilde halten wahrscheinlich mehr aus, als man allgemein hin annimmt. Unser Wissenschaftsoffizier hat die Schiffe anhand ihrer Antriebssignatur als Breen eingestuft. Das könnte möglich sein, denn ein solches Design habe ich noch nie gesehen.

Zunächst hatten wir in Erwägung gezogen sie anzugreifen, aber gegen fünf Schiffe hätten wir sicherlich nicht bestehen können. Doch Lieutenant Karasses konnte mir glaubhaft versichern, dass ihr Antrieb nur für Warp sechs gut genug ist. Wir werden daher auf Warp acht beschleunigen und hoffen damit Erst einmal aus ihrer Reichweite zu kommen. Unser Chefingenieur hat einen Weg gefunden unsere Antriebssignatur zu verbergen, so dass man uns nicht folgen kann. Danach werden wir uns noch einmal um unsere anderen Schiffe kümmern, in der Hoffnung, dass vielleicht nur wieder der Antrieb versagt hat. Captain Werantas, Eintrag Ende“

 

Shelar schaltete die Aufzeichnung ab. Alle sahen betroffen noch für eine Minute auf den bereits erloschenen Schirm und fanden keine Worte. Dann endlich ergriff der Captain das Wort und wandte sich an die Wissenschaftlerin.

„Lieutenant, überspielen Sie die kompletten Logbücher und auch das Systemlogbuch auf unser Schiff, wir müssen unbedingt herausfinden, warum es zu dieser Katastrophe gekommen ist.“

Die Frage was passiert war musste keiner stellen, zu deutlich sah man die Auswirkungen, vor denen man in der Sternenflottenausbildung immer gewarnt hatte und die inzwischen zum Glück nur noch in sehr seltenen Fällen wirklich auftraten. Eines der wichtigsten Lebenserhaltungssysteme hatte versagt. Obwohl es weder für die Aufbereitung der Atemluft, der Stabilisierung der Temperatur oder der Nahrungssynthesizer waren und somit nicht einmal tatsächlich zu den Lebenserhaltungssystemen zählte, so war doch das Trägheitsdämpfungsfeld eines der wichtigsten elementarsten Dinge, welches man auf einem Sternenflottenschiff mit Warpantrieb benötigte.

Bei Aktivierung des Warpantriebes wurde ein Raumschiff schlagartig auf hohe Überlichtgeschwindigkeit beschleunigt. Für das Schiff als solches war dies kein Problem, wohl aber für die Personen, die logischerweise nicht mit dem Schiff verbunden waren. Die gnadenlose Beschleunigung führte dazu, dass es jeden von den Füßen riss. Mehr noch, die Beschleunigung war so stark, dass man praktisch von seinem eigenen Körpergewicht regelrecht zerquetscht wurde. Die Crew war genau in dem Moment gestorben als sie auf Warp gegangen waren. Dabei war es unerheblich ob man den Faktor eins oder den Faktor acht gewählt hatte, da der Menschliche Körper nicht einmal den Aufprall aus einer Geschwindigkeit von fünfzig Kilometern pro Stunde überleben würde.

Das Trägheitsdämpfungsfeld verhinderte diesen Effekt. Mehr noch, die vielen Subsysteme und Unterprogramme, die Hilfsstabilisatoren und Notsysteme hätten bei einem Ausfall den Warpantrieb gar nicht erst in Betrieb genommen. Insofern war dieser Zwischenfall immer noch ein besonderes Rätsel, ein Rätsel, welches man möglichst schnell lösen musste, wollte man nicht Gefahr laufen selbst in diese Situation zu kommen.

 

„Lieutenant Rivera, ich möchte, dass Sie dieses Schiff wieder so weit Klar machen, dass es einer weiteren Verwendung der Flotte zugeführt werden kann. Ich kann mir vorstellen, dass dies eine besonders unangenehme Bürde ist. Aber auch ich habe meine Befehle und die lauten nun mal, dass ich jedes Schiff, sofern es noch zu gebrauchen ist zur Sternenbasis zur Reparatur bringen muss. Glauben Sie, dass Sie das schaffen werden?“

Frank machte dabei eine umfassende Handbewegung, die andeuten sollte, dass die gesamte Brücke und natürlich auch der Rest des Schiffes gemeint waren. Der junge Lieutenant nickte stumm.

„Nehmen Sie sich so viele Männer wie Sie brauchen, ich denke mal, dieser Anblick ist nichts für Frauen.

Erklären Sie die Situation in Einzelgesprächen und nur denjenigen, denen Sie zutrauen so einen Job zu übernehmen. Verpflichten Sie jeden zum Stillschweigen. Es ist schon hart genug für die Leute.

Wenn Sie die wichtigen Räume erledigt haben, schicken wir ein Technikerteam hierher, das den Antrieb prüft und wieder flott macht.“ Langsam fand Miguel Rivera wieder zu seiner Stimme.

„Aye Sir. Es wird schon gehen. Mit den entsprechenden Geräten werden wir recht schnell wieder alles sauber bekommen, auch wenn die Unordnung erst einmal warten muss!“

Damit meinte er natürlich all die anderen losen Gegenstände die sich überall im Schiff befanden. Auch ihnen wurde die extreme Beschleunigung zum Schicksal, man würde sie daher alle an der Wand finden die zum Heck des Schiffes zeigte. Aber dann schob er gleich noch eine Bitte hinterher.

„Wir werden einige mobile Transportverstärker benötigen, die auf molekularer Ebene die DNS identifizieren können, wenn Sie wissen was ich meine.“

Captain Dekkers wusste genau was damit gemeint war. Um die einzelnen Leichen zu trennen, was augenscheinlich kaum noch möglich war, konnte man die mobilen Verstärker dafür verwenden, dass nur all das beamte, was zu einer bestimmten DNS gehörte. So hatte man für jeden Sarg etwas, auch wenn dass was man darin aufbewahrte nicht mehr an einen Menschen erinnern würde.

Während der Lieutenant des Rescue & Recovery Teams zusammen mit einigen Ärzten und speziell ausgewählten Personen an die Arbeit gingen um die Okinawa wieder flott zu machen, hatten sich Frank Dekkers, sein erster Offizier und die Leiterin der Wissenschaftsabteilung Shelar in den Besprechungsraum zurückgezogen um zu analysieren, was dieses Unglück tatsächlich verursacht hatte. Man hatte noch einige weitere Eintragungen aus dem Logbuch des Captains angesehen, die teilweise sogar bis zu dem Kampf an der Frontlinie zurückgingen. Aber man hatte immer noch keinen wirklichen Ansatzpunkt, bis Shelar die Sensorenwerte und die Systemlogbücher auswertete.

„Captain, ich gehe davon aus, dass wir die Ursache und auch die Motivation eingrenzen können.“, erklärte die Vulkanierin. Der Captain sah vom Logbuch des Chefingenieurs auf, in dem er Verschiedene Angaben zur Antriebsenergie und –Verteilung prüfte.

„Was haben Sie?“, wollte er wissen. Er war ein wenig erschöpft, das konzentrierte Suchen nach einer Antwort, die hier irgendwo verborgen sein musste ermüdete einen sehr stark.

„Ich schätze mal meine Theorie wird Ihnen nicht gefallen, aber es scheint mir die einzig logische Alternative zu sein.“ Der erste Offizier und Captain Dekkers schauten auf und Shelar begann zu erklären: „Captain Sanders erklärte uns, dass es die Jem’Hadar entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten nur darauf angelegt hatten einige unserer Schiffe zu beschädigen, aber nicht zu zerstören. Man wollte also, dass die Schiffe so stark beschädigt sind, dass eine Reparatur nur in einem Raumdock erfolgen konnte. Bei den Logbucheintragungen von Captains Werantas ist mir aufgefallen, dass man sich bei den Gefechten nur auf neue Schiffe konzentriert hat. Die Norway Klasse, Steamrunner und Sabre Klasse. Dazu als Schutz auch noch eines der leistungsfähigsten Schiffe, eines der Akira Klasse. Sie werden das nicht gerne hören, aber es war eine Falle. Eine gut durchdachte und perfide Falle.

Es darf wohl als gesichert gelten, dass die Breen mit dem Dominion sympathisieren. Ihr Einflussgebiet liegt nahe an der Grenze zur Föderation, bislang gab es keinen besonderen Grund, diese Grenze so stark abzusichern.

Eine perfekte Gelegenheit eine neue Waffe an unseren aktuellsten Schiffen zu testen, ohne die Gefahr einer Niederlage zu riskieren. Sie wollten nicht unsere Schiffe verfolgen um eventuell die Operationsbasis auszukundschaften oder womöglich zu zerstören. Unsere Schiffe dienten den Breen als Versuchsobjekte und sie haben sie so lange mit ihrer neuen Waffe beschossen, bis sie letzten Endes auseinander gebrochen sind, deshalb auch das hohe Niveau an Strahlung welches wir an den Bauteilen gemessen haben. Das hat aber bei der Akira Klasse mit intakten Schilden und nicht beschädigter struktureller Integrität nicht vollständig funktioniert.

Aber den Sensorenwerten zufolge ist es bei der Aktivierung des Warpantriebs zu einem Kaskadenfeedback im System der Trägheitsdämpfer gekommen, was das System kollabieren ließ, ohne die Sicherheitsprotokolle auszulösen. Das Schiff ist mit hoher Warpgeschwindigkeit für die Dauer, von dreißig Minuten und zweiundzwanzig Sekunden los geflogen. Da es kaum einen Sinn gemacht hätte die Verfolgung mit unterlegenem Antrieb aufzunehmen, haben sich die Breen zurückgezogen. Die Sensoren zeigen, dass beim Auftreffen der Waffe an der  Okinawa stark wechselnde magnetische Felder erzeugt wurden, welche zunächst die Schilde durchdringen und letztendlich die Struktur des Schiffes regelrecht zerreißen können. Ich vermute, die Waffe ist noch nicht vollständig ausgereift. Das Kaskadenfeedback war sicherlich nur eine ungewollter Nebeneffekt!“

Jonathan West sprang von seinem Stuhl auf und seine Stimme überschlug sich fast als er der Vulkanierin entgegenrief: „Ein ungewollter Nebeneffekt? Ich bitte Sie. Da drüben sind fünfhundertundzwölf Männer und Frauen ums Leben gekommen, einige davon habe ich persönlich gekannt und Sie sagen uns, dass war nur ein ungewollter Nebeneffekt?“

Der Captain hatte die Ausführungen seiner Wissenschaftsoffizierin  genau verfolgt. Es machte Sinn was sie vortrug, auch wenn es bisweilen etwas herzlos war, was bei Vulkaniern allerdings nicht sehr verwunderlich war.

„Jonathan bitte, setzten Sie sich wieder hin. Ich bin mir sicher sie hat es nicht so gemeint. Sie wollte uns nur die Fakten präsentieren. Sie wissen doch, Vulkanier neigen dazu alles rein pragmatisch zu sehen. Mit Gefühlen und Emotionen können sie nicht viel anfangen. Das sollten Sie wissen, Sie sind lange genug in der Flotte.“

Da hatte der Captain Recht. Normalerweise war alles was die Vulkanier taten, sagten und vorschlugen immer nur von reiner Logik geprägt. Aber in diesem Fall, wo es um Bekannte, Freunde und Kameraden ging, da war die Haut recht dünn geworden, die einen normalerweise davor schützte allzu viel Anteil an diesen Dingen zu nehmen.

„Wir müssen leider davon ausgehen, dass die Breen ihr Werk vollenden wollen, denn sie können es sich nicht leisten, dass die Föderation das Wissen über diese Waffe zu früh erhält. Es ist anzunehmen, dass sie das Schiff suchen werden und früher oder später hier auftauchen werden.“, erklärte Shelar dem Captain.

„Na dann hoffentlich besser später, wenn wir die Okinawa wieder klar gemacht haben und unsere Verstärkung kommt. Dann haben wir wenigstens eine gewisse Chance.“, sagte Frank ein wenig resigniert, in der Aussicht auch noch in einen Kampf verwickelt zu werden. Aus der Audioanlage war die Stimme vom Leiter des Rescue Teams, Lieutenant Rivera zu hören.

„Captain, wir können den Antrieb der Okinawa jetzt abschalten. Die Reparaturen sind so weit fortgeschritten, dass der Warpkern zumindest vom Maschinenraum aus wieder bedient werden kann. Allerdings würde ich vorerst davon abraten ihn für den Antrieb zu verwenden, bevor wir nicht sicher sein können, dass das Trägheitsdämpfungsfeld wieder voll funktionsfähig ist. Es wäre nett, wenn Sie uns mit dem Traktorstrahl ins Schlepp nehmen würden, damit wir nicht verloren gehen.“ Der Captain nickte dem ersten Offizier zu der sofort aufstand um auf die Brücke zu eilen und die entsprechenden Anweisungen zu geben.

 

*  *  *

 

Es war ein harter Tag gewesen und Jonathan West hatte sich schwer zurückgenommen. Nicht nur weil er ständig darauf achten musste, das er sich keinen weiteren Lapsus leisten wollte, sondern auch um dem Captain nicht ständig in die Parade zu fahren. Er sah viele Dinge anders als der Captain, aber bei seinen bisherigen Versuchen ihm seine Meinung klar zu machen hatte er immer das Gefühl als wenn er wie ein Kind oder ein unreifer Erwachsener behandelt werden würde. Heute hatte er sich vorgenommen, jemanden zu kontaktieren, den er respektierte, auch wenn er ihn nur kurz kennen gelernt hatte. Aber er war der Meinung dass er eher von ihm eine ehrliche Einschätzung erhalten würde, als vom Captain. Während aus dem Nebenquartier zu seiner rechten nicht ein Laut zu hören war, wahrscheinlich weil die Vulkanierin wieder einmal meditierte, konnte er von links deutliche Jazzmusik hören, die vom Quartier des Doktors zu kommen schien. Diese Art von Musik machte ihn irgendwie nervös aber er versuchte es zu unterdrücken und wandte sich seiner Nachricht zu, die er allerdings nur als Text verfasste. Er begann damit einige einleitende Worte zu schreiben und schilderte dann was in der letzten Zeit vorgefallen war. Es war nicht zu übersehen, dass er eine deutliche Portion Ironie und Sarkasmus in seine Zeilen einfließen ließ aber er wollte auch seinen Ärger und seinen Unmut darüber zum Ausdruck bringen, dass man ihn nun schon seit Monaten am ausgestreckten Arm verhungern ließ. Zwar schien es der Mannschaft egal zu sein, welchen Rang er begeleitete, aber er sah sich in seinen Rechten als erster Offizier beschnitten, weil man ihn nicht in den Rang eines Commanders versetzte. So füllten sich die Zeilen und zum Schluss blieb nur noch die Bitte, ihm doch einen Rat zu geben, wie er sich nun verhalten solle, damit ihn der Captain endlich akzeptieren würde.

Er schloss die Nachricht ab und stellte sie in den Speicherbereich ab, der bei der nächsten Kommunikation mit der Sternenbasis automatisch mit übertragen wurde. Er wusste, dass Captain Dekkers immer spät abends seinen Bericht zusammenstellen und dann an die Basis absenden würde. So würde Commander Rychek sicher schon morgen früh seine Botschaft erhalten. Mit etwas Glück konnte er dann vielleicht schon morgen Abend mit einer Antwort rechnen.

 

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