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Ungleiche Schwestern

von Harald Latus

Kapitel 16

Kapitel 16

Der Captain hatte dem Schiff die volle Antriebsleistung abgefordert. Obwohl diese immerhin deutlich mehr als Warp 9,75 betrug, war er dennoch nicht damit zufrieden. Es war bereits 4:30 Uhr am Morgen und er hatte sich vorgenommen sein Ziel möglichst bald zu erreichen. Der Maschinenraum musste damit klarkommen, dass der Captain eben die Entscheidung darüber hatte, wie schnell man flog. Es war bis auf die Brücke zu hören und nicht nur das, man konnte es auch fühlen, dass die Aggregate einer extrem hohen Belastung unterlagen, die schon weit hinter der Schmerzgrenze lag. Kurze aber harte Vibrationen, die dem Pulsieren des Antriebs entsprachen waren allgegenwärtig. Mehrmals schon hatte der Chefingenieur die Brücke informiert, dass man diese hohe Geschwindigkeit nicht mehr lange würde aufrechterhalten können, aber der Captain hatte eine Reduzierung der Antriebsleistung wiederholt abgelehnt.

„Sir, ich empfange zwei Schiffe voraus, das Schiff der Akira Klasse ist eines davon.“ Captain John Devero der entspannt in seinem Stuhl auf der Brücke saß, gab sofort die entsprechenden Kommandos.

„Lieutenant, gehen Sie so unter Warp, dass wir möglichst nah rankommen. Fähnrich, eine Kommunikation mit dem Führungsschiff.“ In seiner Überheblichkeit hatte er gar nicht daran gedacht zu fragen, wer denn das andere Schiff sei, er konnte sich auch nicht vorstellen, dass es für ihn überhaupt von Interesse gewesen wäre. Umso mehr war er überrascht zu sehen, dass die Brücke des anderen Schiffes, die nun auf dem Bildschirm erschien, scheinbar ein Ebenbild seiner Brücke war.

„Hier ist die U.S.S. Scimitar, willkommen im Kareyas Sektor.

Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie die Verstärkung sind, die man uns angekündigt hat?“, war die Stimme einer Vulkanierin zu hören, die vor dem zentralen Stuhl stand und die Arme hinter dem Rücken verschränkt hatte.

Captain Devero war für einen Moment völlig sprachlos, aber dann überwältigte ihn ein unbändiger Zorn auf Admiral Winters und seinen Auftrag. Es war klar, dass der Admiral ihm speziell diesen Auftrag erteilt hatte. Er hätte ihm Hunderte, ach was, Tausende eiliger und wichtigerer Dinge befehlen können, aber nun kam er wieder genau dahin, wo er am allerwenigsten sein wollte, nämlich in die Nähe dieses aufgeblasenen Widerlings, der sich etwas auf seine Leistungen einbildete.John Devero wollte gerade fragen ob denn nicht auch ein hochrangigerer Offizier verfügbar war. Ohne Zweifel wäre es ihm ein Fest gewesen diesen jungen Schnösel aus dem Bett zu schrecken, aber nicht einmal dieses Vergnügen war ihm gegönnt. Denn Frank Dekkers betrat die Brücke der Scimitar.

„Guten Morgen Captain Devero. Wie ich sehe, haben Sie ihr neues Schiff bereits erhalten. Ich bin erstaunt, dass Sie die Avatar doch so schnell fertig stellen konnten. Es sind gerade einmal ein paar Wochen vergangen. Wir hatten die Fertigstellung zu einem viel späteren Zeitpunkt veranschlagt.“

Devero machte eine abfällige Handbewegung, deren Sinn Frank verborgen blieb.

„Nun, meine Leute sind vielleicht in der Lage anfallende Aufgaben etwas schneller zu erledigen wie Andere. Das liegt vielleicht auch an der Motivation und daran wie sie geführt werden.Aber nun zu unserem Auftrag. Ich hörte von Admiral Winters, dass es vier  Schiffe seien, die zur Sternenbasis aufgebrochen sind, haben Sie vielleicht einige davon verloren?“ Ließ Captain Devero seinem Sarkasmus freien Lauf.

„Nun aus Ihrem Mund klingt das, als hätte ich einige meiner Spielsachen auf dem Nachhauseweg verloren. Aber seien Sie versichert, es ist weitaus schlimmer. Gehen Sie längsseits, wir erörtern das in Kürze.

Lassen Sie Ihr Schiff in volle Bereitschaft bringen, die Sensoren sollen nach weiteren Schiffen scannen, größtmögliche Reichweite. Ich bin um 08:00 Uhr bei Ihnen.“ Obwohl es Captain Devero nicht in den Kram passte, dass Frank Dekkers Ihn erst um Acht Uhr informieren wollte, war es ihm wichtig zu kontern.

„Nein, nein, machen Sie sich keine Mühe. Ich werde kommen. Pünktlich um Acht Uhr stehe ich in Ihrem Besprechungsraum.“ Der Captain der Avatar wollte es auf jeden Fall vermeiden, dass dieser Mann noch einmal auf sein Schiff kam. Dieser Offizier könnte etwas aufdecken, dass er mühevoll unter den Teppich gekehrt hatte.

Frank nickte dem Captain auf dem Schwesterschiff zu. „In Ordnung, dann bis später!“

Damit verschwand die Bildkommunikation und Captain Devero nutze die Gelegenheit um sich auch noch für ein paar Stunden aufs Ohr zu legen. Er übergab das Kommando an seinen ersten Offizier und verließ die Brücke.

 

a a a

 

Die Scimitar und die Avatar flogen einträchtig neben einander her, während die Okinawa noch immer mit dem Traktorstrahl gezogen wurde. Auch trotz großer Anstrengungen war es dem Team um Chefingenieur Edward Williams noch nicht gelungen den Fehler im System einzugrenzen, so dass man sichergehen konnte, dass sich ein ähnliches Szenario nicht noch einmal ereignen konnte. Es war von existentieller Bedeutung genau herauszufinden, wie dieses Kaskadenfeedback entstanden war, denn nachdem Eddie vom Captain über die Sachlage aufgeklärt worden war, hielt er es für durchaus möglich, dass die Breen bereits auf der Suche nach der Okinawa waren. Schließlich wäre es ein unentschuldbarer Fehler, wenn man nicht alle Informationen über diese neue Waffe geheim halten würde, bis man sie voll ausgereift zum ersten Mal einsetzen würde. Unter diesen Umständen würde man beim ersten Angriff das maximale Schadenspotential erwarten können. Genau das war der Grund, warum der Chefingenieur und seine Leute so fieberhaft an den Systemen der Akira Klasse arbeiteten.

„Sie wollen mir also wirklich erzählen, dass die Breen, von denen wir bislang so gut wie nichts gehört haben, sich auf die Seite des Dominion gestellt haben? Was macht Sie da so sicher? Etwa diese nichts sagenden Eintragungen im Tagebuch des Deltaners? Nicht einmal der Geheimdienst der Sternenflotte hat etwas ähnliches Verlauten lassen!“, antwortete Captain Devero schroff, nachdem er den Bericht von Frank Dekkers gehört und die dazugehörenden Aufzeichnungen gesehen hatte.

„Captain, Sie können sich diesen Fakten nicht verschließen. Die Beschädigungen der drei Schiffe, die Situation auf der Okinawa sowie die Tatsache, dass man sich nur die neuesten Schiffe ausgesucht hat. Das sind klare Beweise.“, erklärte Shelar die Leiterin der Wissenschaftsgruppe emotionslos.

„Beweise? Annahmen vielleicht, Vermutungen bestenfalls. Aber Sie können wohl kaum von Fakten sprechen.

Ich sehe diese ganze Sache viel einfacher. Wer weiß was das für ein Schiff war und ob dieser energetische Strahl überhaupt eine solche verheerende Wirkung haben könnte. Vielleicht waren es nur Piraten, Plünderer die sich an Föderationseigentum vergreifen wollten? Was weiß ich denn.“, wetterte der altgediente Captain. Schon oft hatten sich die Dinge in seiner langen Dienstzeit auf den Schiffen der Föderation als banale Sachen herausgestellt.

„Und wenn schon, die sind bestimmt schon über alle Berge. Wir sollten zusehen, dass wir dieses Schiff da draußen wieder flott bekommen und dann machen, dass wir nach Hause kommen.“, ergänzte Captain Devero.

Captain Dekkers konnte seinen Kollegen nicht verstehen, schließlich lagen alle Informationen klar auf der Hand.

„Captain, ich möchte, dass Sie mit der Avatar in Bereitschaft bleiben und gehen Sie auf Alarmstufe gelb. Wenn es zutreffen sollte, was wir ‚vermuten’ dann sollten wir auf alle Fälle gerüstet sein. Lassen Sie das Scoutschiff besetzen, dann können wir im Ernstfall aus unseren zwei Schiffen eine kleine Flotte machen und haben wenigstens den Überraschungseffekt auf unserer Seite. Ihr Captains Shuttle im vorderen Frachtraum ist ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Trumpf. Wir sollten auch ihn nicht vergessen. Wenn wir wirklich angegriffen werden sollten, dann müssen wir alle Kräfte mobilisieren die wir haben.“, meinte Frank Dekkers.

„Wenn es denen wirklich nur darum geht, die Okinawa auszulöschen, dann sollten wir Sie ihnen vielleicht einfach überlassen, es wäre nur ein kleines Opfer für die Sternenflotte, denn wenn sie wirklich so stark sind, wie Sie das annehmen, dann könnte unsere Präsenz hier zu noch viel mehr Opfern führen. Zu unnötigen Opfern, möchte ich betonen. Vorausgesetzt, das was Sie hier Präsentiert haben würde überhaupt stimmen.

Wir sollten möglichst schnell von hier verschwinden und das Schiff einfach aufgeben.“, versuchte Captain Devero nun eine andere Taktik. Er wechselte seine Meinung so schnell wie eine Fahne ihre Richtung im Wind.

„Nein, wir werden bleiben. Ich lasse mir die Möglichkeit nicht entgehen die Okinawa wieder zur Basis zurückzubringen. Ist es Ihnen vielleicht auch schon mal in den Sinn gekommen, dass dieses Schiff möglicherweise ein Prototyp ist, dass man, wenn wir ihn eventuell zerstören können, eine ganze Weile brauchen wird um einen neuen zu Bauen? Dass wir in der Zwischenzeit versuchen können unsere Schiffe mit Gegenmaßnahmen auszustatten? Vielleicht bedenken Sie auch mal diesen Nutzen für die gesamte Flotte anstatt nur in so kleinen Dimensionen zu denken. Außerdem habe ich eine Mannschaft an Bord der Okinawa die den Warpantrieb wieder funktionsfähig machen wird. Wenn das der Fall ist, können wir uns gerne mit Warpgeschwindigkeit wieder in Richtung Heimat auf den Weg machen.“

Frank war ein wenig gefrustet, dass Captain Devero dem Urteil und der Bewertung seiner Crew nicht vertrauen wollte. Nein, er war nicht gefrustet, er war sauer.

„Hören Sie junger Mann. Ich empfehle Ihnen dringend Ihre Umgangsweise zu überdenken. Sie haben hier kein Greenhorn sitzen, ich habe längere Zeit als Captain gedient, als Sie überhaupt in der Flotte sind. Also erzählen Sie mir nicht was ich zu tun oder zu lassen habe.“, sagte John Devero und gab sich keine Mühe seinen ärgerlichen Unterton zu verbergen. Er stand auf und warf das Padd abfällig auf den Tisch, so als wären die darauf gespeicherten Informationen es nicht wert überhaupt beachtet zu werden. Mit wenigen Schritten hatte er den Raum verlassen. Er kannte ja den schnellsten Weg zum Turbolift und wusste wo man den nächsten Transporterraum finden würde. Captain Dekkers schüttelte den Kopf. Er war sich sicher, dass sie die Gefahrenlage richtig eingeschätzt hatten. Dass John Devero so uneinsichtig sein würde, damit hatte er nicht gerechnet.

„Captain, dürfte ich einen Vorschlag machen?“, fragte Jonathan West, der ebenfalls der Besprechung beigewohnt hatte, sich aber die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte.

Frank machte eine winkende Handbewegung die bedeuten sollte, dass er sprechen könne.

„Sie hatten vorhin den Wunsch geäußert möglichst gut vorbereitet zu sein. Auf der Okinawa sind nicht nur Shuttles stationiert. Es gibt dort auch acht Verteidigungsjäger und wir haben einige Piloten, die in der Sternenflotte eine Staffel geflogen sind. Es sind keine wirklichen Kampfpiloten, sie kommen schließlich direkt von der Akademie aber sie sind es gewohnt als Gruppe aufeinander Acht zu geben. Vielleicht wäre es ein Gespräch wert.“

Frank war überrascht woher kam plötzlich dieses Interesse? Bislang hatte der erste Offizier noch nie mit solchen Vorschlägen geglänzt. Aber in der momentanen Situation war alles was ihnen zum Vorteil gereichte nützlich.

„In Ordnung Nummer Eins, veranlassen Sie das Nötige, aber denken Sie daran, dass wir auch einen guten Mann für die Agadem und nicht zuletzt auch Männer für die Okinawa brauchen.“

„Aye Sir. Ich werde mich sofort darum kümmern!“, antwortete Jonathan West und eilte auf die Brücke um diese Aufgaben sofort persönlich in die Hand zu nehmen.

Es hatte mehr als einen Tag gedauert, den Auslöser des Kaskadenfeedbacks in dem Schiff der Akira Klasse ausfindig zu machen. Aber letztendlich hatte die Suche der Ingenieure und Wissenschaftler zum Erfolg geführt.

Gleich drei Systeme hatten durch den überaus starken Energiestrahl des Gegners Schaden genommen. Zwei Systeme, die eigentlich als Zwischenpuffer ausgelegt waren hatten sich bei dem plötzlichen Energiebeschuss des Schiffes wie ein Kondensator aufgeladen. Beim Aktivieren des Warpantriebs hatten sie sich schlagartig entladen und dabei das Tragheitsdämpfungsfeld lahm gelegt. Obwohl die Offiziere nach wie vor von dem tragischen Tod Ihrer Kameraden geschockt waren, schien es sie ein wenig zu erleichtern, dass sie endlich die Ursache gefunden hatten. Die beschädigten Systeme waren inzwischen bereits ausgetauscht und es stand der Verwendung des Warpantriebs nichts mehr im Wege.

Jonathan West hatte am Abend eine Videobotschaft erhalten, die nur von einem stammen konnte. Carl Rychek. Der erste Offizier hatte es sich an seiner Computerkonsole gemütlich gemacht und war gespannt, wie der Offizier auf seine Mitteilung reagieren würde. „Computer, Nachricht von Commander Rychek abspielen.“

Aus der Audioanlage ertönten einige Verarbeitungstöne, dann war auf dem Schirm die Nachricht zu sehen.

Der Commander saß in seinem Quartier und hatte die Kamera eingeschaltet, während er auf einem Padd die Nachricht des jungen Offiziers durchlas. Mit einem freundlichen Lächeln schaute er auf und legte das Padd ab.

„Wissen Sie Jonathan, Sie haben ein Problem. Sie sind wie verbissen hinter diesem Titel her. ‚Commander, Nummer Eins, Ausführender Offizier.’

Ich kann Ihnen nur eines sagen. Namen, Titel, Auszeichnungen. Das ist alles Schall und Rauch, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie sind nicht von Bestand. Wichtig allein ist Ihre Leistung. Respekt von der Mannschaft, oder vom Captain, den bekommen Sie nicht einfach so, oder durch ein oder zwei Glanzparaden. So etwas erhält man durch gute anhaltende Leistung, da kann man sich auch mal einen Fehler erlauben. So etwas passiert, das zeigt, dass man noch ein Mensch ist. Eben ein unvollkommenes Wesen. Aber Sie müssen sich auf Ihre Erfahrungen stützen, auf das was sie gelernt haben. Jonathan, Sie sind doch kein Dummkopf. Ich weiß was Sie drauf haben und seien Sie sich sicher, Captain Dekkers weiß das auch. Er hat es mir selbst gesagt. Aber Sie wollen mit dem Kopf durch die Wand. So funktioniert das nicht. Wenn Sie Respekt vom Captain erwarten, dann müssen Sie sich auch seinen Respekt verdienen. Es ist wie ich es Ihnen schon damals auf der ersten Mission gesagt habe. Tun Sie das, was der Captain von einem guten ersten Offizier erwarten darf. Seien Sie ihm immer einen Schritt voraus. Vielleicht fragen Sie ihn auch einmal, was er damals gemacht hat, um in seinem Posten sattelfest zu werden. Beziehen Sie ihn ein, fragen Sie nach seinen Hobbies, ergründen Sie seine Gewohnheiten und versuchen Sie das Bindeglied zwischen Ihm und der Crew zu werden. Dann wird alles wie von Alleine gehen.

Vergessen Sie ihren Ärger über den Rang. Stellen Sie sich einfach vor, sie wären längst Commander und achten Sie nicht mehr darauf wie man sie anspricht. Ich wünsche Ihnen alles Gute und drücke Ihnen die Daumen, Commander! Rychek Ende.“

Jonathan war ein wenig enttäuscht. Commander Rychek hatte ihm nichts anderes erzählt, als der Captain, wenn auch mit anderen Worten. Dennoch hielt er diese Worte für glaubhafter als die seines Captains.

„Computer, deaktiviere das Terminal.“, wies er den Hauptrechner an und begab sich dann zur Nachtruhe. Er lag noch lange wach und überlegte, was Rychek gesagt hatte und welche Schlüsse er daraus für sich ziehen konnte. Die ganze Sache beschäftigte ihn so stark, dass er in einen unruhigen Schlaf sank, aus dem er immer wieder für kurze Zeit erwachte.

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