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Ungleiche Schwestern

von Harald Latus

Kapitel 20

Kapitel 20

Für Frank war es das bange Warten auf die erlösende Meldung, dass der Antrieb bereit und das Scoutschiff der Avatar verankert war. Shelar zählte langsam die Entfernung der Breen Schiffe rückwärts, während Captain Dekkers momentan nichts weiter tun konnte als in seinem Stuhl zu sitzen und zu warten. Die Minuten zogen sich zäh wie ein Kaugummi und Frank hatte das Gefühl jede Sekunde würde in extremer Zeitlupe vergehen.

„Dekkers an Scoutschiff, docken Sie an. Wir werden, so hoffe ich, bald los fliegen können. Auch die Avatar wird gerade angekoppelt.“ Der Erste Offizier bestätigte.

„West hier, verstanden Captain. Wir kommen zurück!“

Das Scoutschiff, welches immer noch in Bereitschaft war um eventuell gemeinsam mit der Scimitar das Schiff mit der Breen Waffe in Schach zu halten, beschleunigte leicht und zog einen engen Bogen um sich auf das Hauptschiff zu setzen. Captain Dekkers konnte hören wie die Pumpen anliefen um die Verriegelungen auszufahren und wie sich das Schiff mit einem dumpfen Geräusch auf die Scimitar setzte. Das Zischen des Druckausgleiches war zu hören und dann ging die Tür zur Brücke auf und der erste Offizier trat ein.

„Captain, das Scoutschiff ist angekoppelt und gesichert. Haben Sie weitere Befehle für mich?“

Frank Dekkers schüttelte den Kopf und wies auf den verwaisten Stuhl des ersten Offiziers. Jonathan West kam die wenigen Meter zu seinem Stuhl herüber und setzte sich.

„Noch drei Minuten bis uns die Schiffe der Breen erreicht haben.“, sagte Shelar emotionslos. Für Frank war die Spannung schon jetzt unerträglich. Er wusste, dass er mit dem Ankoppeln des Scoutschiffes einen wichtigen Vorteil vergeben hatte, wenn es tatsächlich zum Kampf kommen würde. Aber er wollte das Schiff komplett haben, wenn er auf Warpgeschwindigkeit ging. Das hatte seinen guten Grund.

„Commander Williams, wie weit, wir haben nur noch etwas mehr als eine Minute!“, rief Frank in die Kommunikationsverbindung, nachdem er sein Emblem an der Brust angetippt hatte.

„Wenn Sie wollen, können wir schon auf Impulsgeschwindigkeit gehen, aber der Warpantrieb wird noch eine Weile dauern.“ Der Captain wurde ein wenig ungeduldig und versuchte den Chefingenieur, der sich auf der Avatar befand, die Lage klar zu machen. „Eddie, wir haben keine ‚Weile’ mehr entweder jetzt oder nie!“

Währenddessen konnte Frank sehen wie die Avatar, die rechts von ihnen lag beschleunigte. Frank wies Emilio Sanchez an. „Lieutenant, gehen Sie auf Verfolgungskurs. Shelar, alle Sensoren nach hinten ausrichten.“

Die Scimitar beschleunigte ebenfalls auf volle Impulsgeschwindigkeit und gemeinsam glitten die Schiffe der Sternenbasis entgegen.

„Ich kann nur hoffen, dass sich der erste Offizier der Okinawa nicht geirrt hat und dass die Breen Schiffe tatsächlich nur Warp sechs schaffen, sonst werden wir in Kürze ein Problem haben. Fähnrich Walters, dehnen Sie die Schilde über das Schiff der Breen aus, damit bei der Beschleunigung nicht der Traktorstrahl durch die hohen Scherkräfte abreißt.“ Shelar beobachtete die näher kommenden Schiffe.

„Captain, es reicht nicht aus, wir müssen so bald wie möglich auf Warp gehen, sie werden in dreiunddreißig Sekunden hier sein.“ Sofort baute Captain Dekkers wieder eine Verbindung zur Avatar auf.

„Eddie, es brennt uns unter den Nägeln. Wenn wir nicht sofort auf Warp gehen können, sind wir verloren.“

Wie durch eine lange Röhre kam die verzerrte Stimme des Ingenieurs der dem Captain antwortete.

„Ich kann nichts versprechen, aber wir werden es versuchen gleich, einen Moment noch...“, dann brach die Verbindung ab. Chris Kester schüttelte den Kopf, der Kontakt war nicht mehr aufzubauen.

„Unsere Funksignale werden gestört Captain!“

„Sie sind in zehn Sekunden in Waffenreichweite.“, meldete sich Shelar.

Frank zählte im Gedanken herunter, als er bei drei war verschwand die Avatar plötzlich mit einem Blitz im Warptransfer.

„Mister Sanchez, Hinterher, aber denken Sie an unser Anhängsel!“

Sofort war auf dem Schiff das Verzerren der Sterne zu sehen, die zu Strichen wurden, die beständig immer länger wurden und schneller auf einen zuzukommen schienen. „Warp sieben Captain!“ meldete Lieutenant Sanchez.

„Lieutenant Shelar, unsere Verfolger?“ Die Wissenschaftsoffizierin prüfte ihre Kontrollen.

„Derzeit reicht die Energie noch aus die Geschwindigkeit aufrecht zu erhalten.“

Es war ein zähes Ringen um den Vorteil und die schnellere Antriebsleistung. Die Schiffe der Föderation hatten einen kleinen Vorteil, denn die Geschwindigkeit war um ein paar Prozentpunkte schneller, aber auch die Angreifer versuchten alles um den flüchtenden Schiffen wieder so nahe zu kommen, damit sie ihre Waffen einsetzen konnten.

„Können wir schneller fliegen?“, fragte Captain Dekkers den jungen Lieutenant an der Conn.

„Sanchez tippte auf seinem Display einige Werte ein.

Aye Captain, ein wenig geht noch, aber ich weiß nicht ob die Avatar mithalten kann.“

„Steigern sie die Geschwindigkeit um den Faktor null Komma eins pro Minute, wir werden sehen, ob die Avatar mithält. Shelar, geben Sie mir ständig die Geschwindigkeit der Avatar an.“

Die Offiziere waren etwas verwundert über den Befehl des Captains, dennoch führten sie ihn aus.

Shelar begann die Geschwindigkeitsangabe wiederzugeben.

Scimitar Warp Sieben Komma Eins… Avatar Sieben Komma Null…

Scimitar Sieben Komma Zwei… Avatar Sieben Komma Null…

Scimitar Sieben Komma Drei… Avatar Sieben Komma Null.“

Im Warptransfer multiplizierte sich die Geschwindigkeit recht schnell. Bereits ein Faktor von null Komma eins machte auf kurze Zeit eine entsprechend lange Strecke aus. Die Avatar fiel zurück, war aber immer noch genauso schnell wie die Verfolger.

„…Scimitar Warp Sieben Komma Fünf… Avatar Sieben Komma Eins…

Sieben Komma Zwei… Warp Sieben Komma Drei… Warp Sieben Komma Sechs!“

 

Langsam vergrößerte sich der Abstand zu den Verfolgern.

„Captain, ich empfange Funkverkehr zwischen den Breen Schiffen.“ Frank sah mit fragendem Blick zu seinem taktischen Offizier.

„Ich registriere auch einen Energieanstieg im Reaktor des geschleppten Schiffes. Ich kann das nicht unterbinden. Wenn ich auf die Kommunikationsemitter feuere, fliegen wir alle gleich mit in die Luft!“

Frank reagierte sofort, ihm blieb nur eine Wahl, auch wenn er diese nur höchst ungern traf.

„Fähnrich Walters, Traktorstrahl lösen, sofort!“

Mit einem einfachen Schlag der flachen Hand auf die Konsole, hatte die junge Frau die Verbindung gelöst.

Die Zeit reichte gerade noch aus, damit die Scimitar und die Avatar der Explosion entkommen konnten. Mit einem gigantischen Blitz und einer gewaltigen Druckwelle hatten die Breen einen Warpkernbruch provoziert. Und all das nur um diese besondere Waffe nicht in die Hände der Föderation fallen zu lassen.

Im selben Moment meldete Shelar, dass die Breen die Verfolgung abgebrochen hatten. Die Schiffe der Föderation eilten der Sternenbasis entgegen, die sie in spätestens zwei Tagen erreichen sollten, wenn sie die Geschwindigkeit beibehalten konnten.

 

*  *  *

 

Mehrere Stunden waren sie problemlos in Richtung Sternenbasis 491 unterwegs gewesen.

Im Moment schien keine direkte Gefahr mehr zu bestehen. Frank Dekkers erhob sich daher aus seinem Stuhl.

„Nummer Eins, bitte übernehmen Sie. Ich bin in meinem Raum und werde die Berichte lesen, die Sie angefertigt haben. Ich will mich über den Status informieren und auf den aktuellen Stand bringen.“

Jonathan West kannte dieses Vorgehen. Schon oft hatte er beobachtet, dass der Captain selbst wenn er auf der Brücke war noch ein Padd bei sich hatte und verschiedene Berichte las. Teilweise sogar Informationen, die überhaupt nichts mit der Scimitar zu tun hatten, sondern aus Computerlogbüchern anderer Schiffe stammten.

Nachdem Frank Dekkers sich im Bereitschaftsraum in seinen Stuhl gesetzt hatte, las er die Eintragungen durch, die sein erster Offizier über die Vorgänge des vergangenen Tages verfasst hatte.

Wie in den letzten Berichten, begann der Text mit den üblichen Einleitung: „Bericht über den Status der befehligten Schiffe, Meldung der Verluste und Verletzten sowie Empfehlung für die anstehenden Aufgaben. Jonathan West.“

Dem Captain fiel erneut auf, dass der erste Offizier seinen eigenen Rang und seine Position in den ganzen Berichten bislang nicht mehr erwähnt hatte. Auch war ihm unklar, warum sich Lieutenant Commander West in den letzten Tagen so sehr verändert hatte. Er war nicht so vermessen zu denken, dass diese Wandlung auf sein kurzes Gespräch mit dem Offizier zurückzuführen war, welches er vor nicht allzu langer Zeit mit ihm hatte. Dennoch nahm er es mit Wohlwollen zur Kenntnis. Was auch immer passiert war, er hatte scheinbar endlich den richtigen Weg gefunden.

Frank Dekkers staunte nicht schlecht über die Angaben in diesem Bericht. Der Status der Avatar war in nur einer Nacht von fünfundzwanzig ausgefallenen Systemen auf nur noch sieben Defekte zusammengeschrumpft.

Auch die Informationen zur Okinawa waren für ihn neu. So stand auf der Verlustliste eine große fette Null, obwohl Frank das vermeintliche Verbrennen eines Fighterpiloten mit eigenen Augen zu sehen geglaubt hatte.

In Wirklichkeit, so erfuhr er nun, war es eine Notbeamvorrichtung, die den Piloten unversehrt zur Okinawa zurückgebracht hatte. Einem zweiten Piloten war diese besondere Rettung ebenfalls zuteil geworden.

Lediglich der dritte Pilot, dessen Jäger sich so plötzlich in die Okinawa zurückgezogen hatte, wurde derzeit noch auf der Krankenstation behandelt. Die starken G-Kräfte hatten Ihn bewusstlos gemacht und das hatte die ständige physische Überwachung erkannt. Das Schiff wurde daher per Autopilot sofort zur Okinawa zurückgeführt. Eine clevere Vorrichtung. Jetzt wusste Frank auch, warum diese Jäger in der Flotte so begehrt waren.

Nach vielen weiteren Informationen zu den einzelnen Schiffen und deren technischem Status hatte der erste Offizier einen Absatz gemacht und im Anschluss eine Empfehlung ausgesprochen. Er ließ den Captain wissen, dass sich Lieutenant Brownfield in der Kampfsituation auf der Okinawa bestens bewährt habe und dass er die gesamte für die Okinawa abgestellte Crew für eine Belobigung vorschlagen würde, aus Gründen der Motivation der Truppe. Damit schloss er seinen Bericht. Frank schaute von dem Padd auf und tippte seinen Kommunikator an.

„Lieutenant Brownfield, kommen Sie bitte in meinen Raum!“, rief er den Offizier zu sich, der auch bereits nach wenigen Sekunden vor der Tür stand und vom Captain eingelassen wurde. Der junge Mann trat vor bis zum Schreibtisch des Captains und straffte sich dann.

„Mr. Brownfield, wie ich dem Bericht meines ersten Offiziers entnehmen kann, haben Sie und ihre Crew sich bei der Führung der Okinawa gut bewährt.“, begann der Captain und lehnte sich in seinem Sessel zurück.

„Nun Sir, Ihr Urteil freut mich, aber ich habe das sicherlich nicht verdient. Schließlich habe ich den Fehler gemacht und das Schiff einfach an Captain Devero übergeben.“ Frank musste für einen Moment lächeln.

„Nun vergessen wir das einmal für eine Weile. Captain Devero kann ein sehr überzeugender Mann sein und in seinem Alter ist er eine Respektsperson, der man sich nicht traut zu widersprechen. Das gilt jedenfalls für die Meisten. Aber Sie haben sich im Einsatz gegen die Breen richtig gut geschlagen, da brauchen Sie ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen.“ Alan Brownfield räusperte sich.

„Ähm Sir, ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich das alleine erreicht hätte, Sir. Nicht nur die Crew hat mir geholfen.“ Jetzt war Frank ein wenig aus der Fassung geraten. Eben noch hatte er gelesen, dass der erste Offizier diesen Mann uneingeschränkt gelobt hatte und nun das?

„Wie darf ich das verstehen Mr. Brownfield?“, fragte der Captain interessiert. Auf die Antwort war er jetzt wirklich gespannt.

„Sir, unser erster Offizier Mr. West hat mich gründlich in die Führung der Akira Klasse eingewiesen, bevor ich auf diesem Schiff die Führung übernommen habe. Er hat sich dafür fast eine ganze Nacht um die Ohren geschlagen. Zudem hat er während der Kämpfe in ständigem Nachrichtenkontakt mit mir gestanden, wie er das gemacht hat bei all seinen anderen Aufgaben weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich ohne seine Hilfe diese Aufgabe bei weitem nicht so gut hätte erledigen können.“ Captain Dekkers nickte langsam mit dem Kopf.

„Nun, wie auch immer, Sie haben gute Arbeit geleistet und unser erster Offizier hat Sie und Ihre Kollegen für eine Belobigung vorgeschlagen. Ich bin geneigt diesen Wunsch zu erfüllen und denke, diese Motivation können wir alle recht gut gebrauchen. Wenn Sie wollen, können Sie das Ihren Kollegen, die auf der Okinawa gedient haben auch schon mal unter dem Mantel der Verschwiegenheit andeuten, dann ist die Vorfreude länger. Vielen Dank, Sie können dann wegtreten.“

Alan Brownfield hatte den Raum des Captains verlassen und Frank Dekkers arbeitete an seinem Bericht, den er an Admiral Winters senden wollte. Es war eine Gratwanderung die richtige Formulierung zu finden mit der er das Verhalten von Captain Devero neutral und emotionslos beschreiben konnte. Wiederholt musste er einige Passagen löschen und neu beginnen, da er immer wieder einmal in Polemik verfiel. Aber letztendlich hatte er es geschafft und war nach dem Durchlesen zufrieden mit seiner Wortwahl. Jetzt blieb ihm noch eine weitere Aufgabe zu erledigen. Er stand erst einmal auf und sah zum Fenster hinaus. Die Sterne flogen ihm inzwischen mit Warp acht entgegen und die Avatar lag inzwischen längsseits voraus und hielt die gleiche Geschwindigkeit.

In den letzten Tagen war viel passiert, sie hatten gesehen, welche verheerenden Folgen der Krieg mit dem Dominion haben konnte, sie waren vom Jäger zum gejagten geworden und hatten sich nur mit Mühe behaupten können.

Frank fragte sich, ob er seinen ersten Offizier nicht vielleicht doch falsch eingeschätzt hatte. In den letzten zwei Tagen schien er wie ausgewechselt zu sein. Entweder hatte er sich inzwischen wirklich gefangen, oder jemand hatte ihm einmal gehörig ins Gewissen geredet. Schließlich hatte er in den vergangenen Missionen schon öfter gute Leistung gezeigt, war aber störrisch wie ein Esel immer wieder auf die alte Grundeinstellung zurückgefallen, in der er auf seiner Beförderung zum Commander bestand. Es war weniger die Tatsache, dass er es nicht verdienen würde, oder nicht qualifiziert gewesen wäre. Es war eher sein Starrsinn gepaart mit einigen Unarten, wie zum Beispiel die völlig überflüssige Aktion mit der ungefragten Umstellungen der Konsolen.

Wie auch immer, Captain Dekkers wollte auch nicht, dass er von seinen Crewmitgliedern nicht akzeptiert werden würde. Inzwischen war mehr als ein halbes Jahr vergangen und selbst ihm war diese Situation inzwischen unangenehm. Er beschloss einen letzten Versuch zu machen, dafür war ihm gerade eine gute Idee gekommen.

Frank tippte an seine Brust und aktivierte den Kommunikator.

„Mr. West, ich habe eine Frage zu ihrem Bericht, können Sie bitte kurz in meinen Raum kommen?“

Fast ohne Verzögerung kam die Bestätigung aus der Audioanlage. „West hier, ich bin auf dem Weg Captain.“

Frank drehte sich um, ging zum Replikator und orderte zwei Gläser mit Fruchtsaft. Noch während sich die Getränke materialisierten hörte er das Türsignal. „Herein“, rief Frank und der erste Offizier trat ein.

Der Captain wies auf die Sitzecke und stellte die beiden Gläser mit Fruchtsaft auf den niedrigen Tisch.

„Ich habe Ihren Bericht gelesen, vielen Dank er war sehr informativ.

Sie haben Recht, die Crew hat in den letzten Tagen hervorragende Arbeit geleistet und damit meine ich jeden hier an Bord, Sie eingeschlossen. Ich habe mir überlegt Ihrer Empfehlung zu folgen und einige Belobigungen auszusprechen. Ich habe gerade mit Lieutenant Brownfield gesprochen, der mir sagte, dass er unerwartete Hilfe hatte. Davon stand nichts in Ihrem Bericht“ Johnathan West hob das Glas vom Tisch und nahm einen Schluck Fruchtsaft.

„Nun Captain, ich denke nicht, dass so etwas in den Bericht gehört. Es war nicht nötig das zu erwähnen. Ein gutes Missionsbriefing ist selbstverständlich und wird vom ausführenden Offizier erwartet. Es zählt zu meinen Aufgaben, deshalb habe ich versucht so viele Informationen wie möglich weiterzugeben.“ Frank nickte dem ersten Offizier zu.

„Jaja, das weiß ich schon, aber ist es denn auch notwendig das auch noch während der laufenden Mission ständig im Auge zu behalten?“ West ließ sich davon nicht beeindrucken.

„Captain, Sie tragen die Verantwortung für das ganze Schiff, ich habe die Mitglieder für die Okinawa ausgesucht und bin logischerweise in einer ebensolchen Verpflichtung. Wir alle müssen unsere Pflichten erfüllen, manche werden dabei ins kalte Wasser geworfen und es hat noch keinem geschadet wenn man ihm zumindest zeigt wie er schwimmen muss.“ Frank Dekkers nickte.

„Das stimmt. Ich habe überlegt, ob wir nicht noch mehr tun können als nur eine einfache Belobigung auszusprechen. Der Lieutenant hat sich wirklich gut bewährt. Er hat seine Aufgabe sehr ernst genommen und sie mit Bravour erfüllt, auch wenn er von Captain Devero ein wenig überfahren wurde.

Aber Fehler können schließlich jedem einmal passieren. Davon geht die Welt nicht unter. Man muss sich nur dazu bekennen. Ich hatte die Idee ihn neben der Belobigung vielleicht zum Lieutenant Commander zu befördern. Wir haben schließlich sehr viele Jungoffiziere hier an Bord und es gibt kaum Führungsoffiziere die einen Rang höher stehen. Und wer will schon immer nur Teamführer sein ohne sich im Rang von den anderen zu unterscheiden?“

So, jetzt hatte Frank seine Falle aufgestellt und war gespannt, was nun passieren würde. Solche Gelegenheiten hatte Jonathan West bislang immer wieder genutzt, um den Captain auf seine vermeintliche Rangproblematik hinzuweisen. Aber dieses Mal wurde der Captain überrascht.

„Eine gute Idee Captain. Ich bin sicher dass Lieutenant Brownfield die Befähigung hat, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Haben Sie schon entschieden wann Sie die Zeremonie vornehmen wollen?“

Der erste Offizier schien endlich die Abgeklärtheit zu besitzen, die ein Commander brauchte um sich in solchen Situationen nicht provozieren zu lassen.

„Ja, wo Sie es gerade ansprechen, ich hatte mir gedacht, dass wir die Crews der drei zerstörten Schiffe in einer kleinen Zeremonie ehren wollen, vielleicht im Shuttlehangar, so dass wir gleichzeitig auch diese Sache im familiären Kreis durchführen können. Ich dachte daran, die Crew der Okinawa, die Piloten der Jäger zu belobigen und im Anschluss den Lieutenant zu befördern.“ Jonathan West nickte zustimmen.

„Ich denke, der Crew wird ein besinnlicher Moment gut tun denn einige von ihnen hatten Freunde unter den Verstorbenen. Schade nur, dass wir nicht auch für die Crew der Okinawa sprechen können. Ein solcher positiver Abschluss wird sicherlich allen gefallen. Wenn Sie nichts dagegen haben würde ich gerne anfangen die Vorbereitungen zu treffen.“

„In Ordnung Mr. West. Geben Sie mir Bescheid, wenn alles bereit ist, ich möchte dann auch die Crew der Avatar zu uns holen.“

Jonathan West nickte dem Captain zu und erhob sich. Mit zügigen Schritten war er durch die Türen verschwunden.

Er würde sich wohl bei dieser Aktion noch ganz schön wundern, dachte sich Frank im Gedanken daran was er noch vorhatte. Der Rest des Tages verlief mit Routineaufgaben. Die Avatar meldete ein System nach dem anderen Betriebsbereit, bis alle Instandsetzungen erledigt waren. Obwohl das Schiff im Kampf recht schwer beschädigt worden war, hatte es die Crew innerhalb von nicht ganz drei Tragen geschafft, fast alles wieder zum Laufen zu bringen. Es war also nicht im entferntesten so, dass Captain Devero mit seiner Aussage auch nur annähernd Recht gehabt hätte. Chefingenieur Edward Williams kam auf die Brücke um sich zurückzumelden.

„Captain, wir haben die Systeme der Avatar so weit in Stand gesetzt. Jetzt sind noch die Innenarchitekten gefragt. Aber aufgrund der Modularbauweise sollte es nicht länger als zwei Tage dauern um die Schäden zu beseitigen.

Aber mit Verlaub gesagt, die andere Crew waren ganz schöne Dilletanten…“

Er vermied es absichtlich Captain Devero zu erwähnen, denn er war der Ansicht, dass er dieses Schiff viel zu schnell aufgegeben hatte.

„…die haben nach dem Energieausfall doch tatsächlich den durchgebrannten magnetischen Flusskonverter verkehrt herum eingebaut. So was lernt man doch im ersten Jahr an der Sternenflottenakademie. Wenn wir das nicht rechtzeitig festgestellt hätten, dann hätte die Notenergie keine halbe Stunde gehalten und was dann mit der Eindämmung für die Antimaterie passiert wäre, möchte ich mir lieber nicht vorstellen.“

Frank Dekkers durchzuckte es kurz, aber er ließ sich nichts anmerken. Der Chefingenieur musste nicht wissen, dass der Captain den bestimmten Verdacht hatte, dass diese Vorgehensweise möglicherweise kein Versehen war.

„Das war gute Arbeit Eddie, Sie sollten sich frisch machen und ein wenig ausruhen. Eine neue Uniform könnte auch nicht schaden.“ erklärte Frank und lächelte den Ingenieur an, der erst jetzt an sich heruntersah und feststellte, dass die Uniform bei dem ständigen Einsatz in Jeffreysröhren, Tunneln, Konsolen und den engen Zwischenräumen unter den Decken extrem gelitten hatte. Er lief ein wenig rot an als ihm bewusst wurde, dass er so gar nicht erst seinem Captain hätte unter die Augen treten dürfen. Aber Frank lächelte weiter und erklärte dem Techniker:

„Nun machen Sie schon dass Sie wegkommen, wir haben noch etwas vor und bis dahin sollten sie fertig sein. Das gilt übrigens auch für den Rest Ihrer Mannschaft.“

Der Chefingenieur verschwand von der Brücke und Frank wandte sich an die junge Bolianerin, die zur Zeit Dienst an der OPS hatte.

„Lieutenant Nilan, lassen Sie einen vollen Stopp beider Schiffe ausführen. Wir sind nicht mehr weit von der Sternenbasis entfernt und uns bleibt noch eine wichtige Sache zu tun. Wenn die Schiffe gestoppt haben, dann möchte ich dass alle Offiziere für einen kurzen Moment auf die Scimitar kommen. Sie sollen sich bereithalten, wir informieren sie dann noch genauer. Das ist erst einmal alles.“ Als wäre es ein per Gedankenübertragung transportiertes  Stichwort gewesen, meldete sich der erste Offizier beim Captain.

„Captain, wir sind fertig mit den Vorbereitungen, wenn Sie wollen, können Sie in den Shuttlehangar kommen, wir sind soweit.“

Frank stand aus seinem Sessel auf und übergab seinem taktischen Offizier das Kommando.

Er verließ die Brücke und eilte zum Turbolift. Innerhalb weniger Sekunden stand er im Shuttlehangar der Scimitar und fand sich direkt vor einer großen Anzahl von Torpedohüllen wieder. Sie waren in drei Reihen übereinander aufgestellt und man konnte so gut wie nichts sehen. „Captain? Hier oben im Scoutschiff!“, rief der erste Offizier

Erst jetzt schaute Frank nach oben und sah, dass die Durchladeluken geöffnet waren. Schnell hatte er sie seitliche Leiter erreicht und kletterte nach oben, durchstieg die Doppelschotten und kam im Shuttlehangar des Scoutschiffes durch die Bodenöffnung nach oben. Er wusste nicht wie es der erste Offizier gemacht hatte, aber es war eine geniale Idee. Im Shuttlehangar des Hauptschiffes waren in den Torpedohüllen die ganzen Verstorbenen aufgebahrt, alle die man noch hatte finden können standen hier im Hangar. An den Shuttletoren stand einer der Fighter, alle anderen Shuttles hatte Jonathan West verschwinden lassen. So ergab sich im Scoutschiff bei der geöffneten Durchladeluke die Möglichkeit oben zu stehen und wie von einer Galerie herunter zu blicken. Über jedem Sarg lag eine Fahne der Föderation es war ein beklemmender Anblick.

Frank trat an den Rand der Bodenplatte und sah hinab.

„Ich wollte, dass alle hier sind, es ist zwar etwas beengt, aber wir haben keinen im Laderaum gelassen.“, sagte Jonathan West leise.

„Hervorragende Lösung. Alle Offiziere bis auf die Diensthabenden sollen in fünfzehn Minuten hier sein. Sorgen Sie dafür, dass diejenigen, die eine Belobigung erhalten in der Nähe stehen, damit sie sich nicht durch die Menge kämpfen müssen.“

Der erste Offizier nickte und ging gemeinsam mit dem Captain noch einmal kurz zur Brücke um die nötigen Anweisungen umzusetzen.

 

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