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Unter der Sonne Georgias

von Emony

Wenn der Sommer ruft

San Francisco lag in goldenem Licht, die Nachmittagssonne malte lange Schatten auf die makellosen Wege des Campus. Die Luft vibrierte vor Wärme und Erleichterung. Die Prüfungen waren vorbei, das erste Jahr an der Starfleet Academy lag hinter ihnen, und Jim Kirk lief mit einer Leichtigkeit über den Platz, die selbst die Gravitation nicht zu stören schien.

„Ich sag’s dir, Bones – drei Wochen an einem Strand irgendwo auf Risa. Drinks mit Schirmchen, Menschen mit minimaler Kleidung, und keinerlei Pflichtveranstaltungen.“
Jim wirbelte seinen Rucksack über die Schulter, während Leonard McCoy neben ihm herging, als würde ihn jeder ihrer gemeinsamen Schritte ein bisschen mehr nerven – oder einfach müde machen.

„Du weißt schon, dass Risa ein verdammter Touristenplanet ist, oder?“, murmelte Leonard, die Stirn in Falten gelegt. „Überfüllt, laut, überteuert… klingt nach der Hölle.“

„Du meinst, es klingt nach Spaß. Du hast vergessen, was das ist, Bones. Ich wiederhol’s dir gern.“ Jim deutete mit beiden Händen eine unsichtbare Tafel an. „S–P–A–ß.“

Leonard rollte mit den Augen, aber sein Lächeln verriet ihn. Es war schwach, fast unmerklich, doch Jim kannte es. Er hatte in den letzten Monaten gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen, besonders bei McCoy.

„Was ist los?“, fragte er nach einer Weile. Sie hatten den Academy-Platz längst hinter sich gelassen, liefen durch die kleinen Straßen des Campusviertels, an Cafés und Buchläden vorbei, in denen nun leere Stühle von der Sommerpause kündeten.
Leonard schüttelte den Kopf. „Nichts. Ich – ich hab einfach keinen Kopf für einen Strandurlaub.“

Jim runzelte die Stirn. „Du meinst Joanna.“

Leonard blieb stehen. Sein Blick wanderte zur Seite, zu einem kleinen Park, in dem ein paar Kadetten die ersten warmen Tage mit Picknick und Lachen begrüßten.
„Ja“, sagte er leise. „Ich hab sie seit Weihnachten nicht gesehen, dafür hat unter anderem Dr. Fisher gesorgt. Und...“ Er zuckte die Schultern. „Ich kann nicht einfach wegfliegen, als gäbe es da keinen Teil meines Lebens, der mir verdammt noch mal fehlt.“

Jim nickte langsam, ein warmes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er an Joanna dachte. Er hatte sie schon einmal getroffen – vergangenen Herbst, an Halloween. Leonard hatte Nachtschicht im Lehrkrankenhaus und Jim war kurzfristig eingesprungen, um mit Joanna „Süßes oder Streich“ zu spielen. Gaila und Uhura hatten sie zu einer gruseligen Untoten geschminkt, ehe er mit ihr auf Beutezug ging.

Er erinnerte sich noch genau, wie sie durch die Straßen gerannt war, energisch an Türen klopfte, sich über jede noch so kleine Süßigkeit freute – und wie er ihr irgendwann einfach nur hinterher gelächelt hatte, als wäre sie ein kleiner Komet in seinem Orbit. Mit ihren zehn, beinahe elf Jahren, war Joanna schon fast ein Teenager – quirlig, klug, mit einem spitzen Humor, der verdächtig an ihren Vater erinnerte.

Jim mochte sie sehr. Mehr noch, sie hatte sich in diesen wenigen Stunden einen festen Platz in seinem Herzen erobert.

„Warum fliegst du dann nicht zu ihr?“, fragte er schließlich, leise. Keine Forderung, kein Urteil – nur echtes Mitgefühl. Ein Versuch, zu verstehen, was Leonard zurückhielt, wenn so viel Zuneigung so greifbar war.

Leonard warf ihm einen Blick zu, halb skeptisch, halb überrascht. „Weil… ich dachte, du wolltest mit mir irgendwo hin. Weg aus dem Alltag. Nicht in die Südstaaten zu meinen Eltern auf die Veranda mit Schaukelstuhl.“

Jim grinste. „Weißt du was, das klingt gar nicht so schlecht. Veranda, Schaukelstuhl, ein süßer Mini-McCoy, der mich wahrscheinlich innerhalb von fünf Minuten unterbuttert… ich bin dabei.“

„Jim.“

„Bones.“

Leonard seufzte. „Das ist nicht dein Ernst.“

„Doch.“ Jim klopfte ihm auf die Schulter. „Komm schon. Ich war noch nie in Georgia. Vielleicht verlieb ich mich ja in deinen Heimatstaat. Außerdem… du bist mein Freund. Wenn du Sehnsucht nach deiner Tochter hast, dann will ich dabei sein, wenn du sie wiedersiehst.“

Leonards Blick wurde weich, nur für einen Moment. Dann sah er wieder geradeaus. „Meine Eltern haben ein altes Haus auf dem Land. Groß, aber... es ist ruhig. Langweilig, vielleicht.“

Jim grinste, aber da war auch etwas anderes in seinem Gesicht. Ein Ernst, den er selten zeigte. „Mir tut ein ruhiger und erholsamer Urlaub vielleicht mal ganz gut.“

Leonard sah ihn lange an. Dann, mit einem resignierten Lächeln, sagte er: „Okay. Aber beschwer dich nicht, wenn du die ersten drei Tage lang gegrillten Mais, süßen Eistee und die Geschichten meines Vaters über seine Studienzeit serviert bekommst.“

„Klingt traumhaft.“ Jim schob sich die Sonnenbrille ins Haar. „Wann geht’s los?“

Leonard zog sein PADD hervor, tippte ein paar Befehle. „Es gibt einen Flug morgen Vormittag. Direkt nach Atlanta. Von da aus holt uns mein Vater ab.“

„Perfekt. Ich pack meine Badehose.“

„Es gibt einen Pool, ja. Aber wenn du da drin irgendwelche Wasserbomben machst, leg ich dich trocken wie einen alten Fisch.“

Jim lachte. Laut, ungehindert, der Klang eines Menschen, der das Leben liebte. Leonard konnte nicht anders, als ebenfalls zu schmunzeln. „Du bist unmöglich“, sagte er.

„Und trotzdem nimmst du mich mit.“

„Vielleicht bereu ich’s auch schon.“

„Nein, Bones. Das hier wird der beste verdammte Sommer seit der Erfindung des Warpantriebs.“

Sie gingen weiter, Seite an Seite. Die Sonne stand tief, warf ihr Licht wie geschmolzenes Gold über die Häuser. Und irgendwo dazwischen, zwischen Jim Kirks grenzenlosem Optimismus und Leonard McCoys stiller Sehnsucht, begann etwas, das keiner von ihnen so schnell vergessen würde: Ein Sommer, der nach Sonne, Heimat und Freundschaft schmecken würde.

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