1.
Kira verließ das Büro von Dukat und verließ auch fast fluchtartig die Ops.
Erst draußen, als sie unterwegs in ihr Quartier war, gestattete sie sich, die Anspannung zu lösen und begann zu zittern.
Vor Wut und…Furcht.
Dies war schon lange nicht mehr der umgängliche Dukat, mit dem sie seine Tochter gerettet und mit dem sie das klingonische Schiff erobert hatte.
Schon als er seine Tochter verstoßen hatte, weil sich diese mit Garak traf und nicht mit ihm kommen wollte, als er sich dem Dominion angeschlossen hatte, wusste Kira, dass dieses neue Bündnis zwischen ihnen drei wohl auf Immer verloren war.
Als dann die Cardassianer im Namen des Dominion die Station eingenommen hatten, war sein Verhalten schon wieder fast so unerträglich arrogant gewesen wie zur Zeit der Besatzung.
Seine Reden, mit dem Dominion den Alpha Quadranten beherrschen zu wollen, grenzten an Größenwahn. Konnte er es denn nicht sehen, dass die Cardassianer nur ein Mittel zum Zweck für das Dominion waren?
Dazu war seine Rede dort in dem Büro noch gepaart mit einem Annährungsversuch, sein Vorschlag es ihr sehr viel angenehmer auf der Station zu machen und dann noch so zu tun, als ob es nur eine Frage der Zeit wäre, dass sie dieser Bitte/Aufforderung nachkommen würde…
Was war nur los mit ihm?
Es hätte für ihn so viele Möglichkeiten gegeben, sich ihr zu nähern, auf ihren beiden Missionen waren sie des Öfteren allein gewesen. Natürlich hatte er ihr viele Komplimente gemacht und war sehr umgänglich geworden, hatte versucht sie für seinen Kampf gegen die Klingonen zu gewinnen…aber nie war er ihr wirklich zu Nahe getreten…bis heute.
Er hatte nun wieder Macht. Sie hatte keine Waffe, wenn er es wirklich darauf anlegen würde, ihr Gewalt anzutun, konnte sie sich dann verteidigen? Wer würde ihr beistehen? Odo natürlich, aber der konnte nicht überall sein. Weyoun...vielleicht, er war sehr daran interessiert, dass Bajor und das Dominion miteinander klarkamen.
Zum 100dertsten Mal dankte sie Sisko im Stillen, dass er den Nichtangriffspakt mit dem Dominion für Bajor befürwortet hatte. Sonst hätten sie hier Cardassianer und Jem’hadar auf Bajor und es wäre vielleicht schlimmer, als zur Zeit der Besatzung.
Kira betrat ihr Quartier.
Sie entledigte sich ihrer Uniform, ihrer Unterwäsche und ließ alles auf dem Boden liegen und lief ins Bad.
Sie nahm eine ausgiebige Sonic Dusche, griff nach einem seidenen Morgenmantel und ging wieder in ihre Wohnräume.
Zu ihrem Entsetzen saß Dukat an ihrem Esstisch, eine Flasche Wein und zwei Gläser vor sich, so selbstverständlich, als würde er hier wohnen.
2.
Kira versuchte, ihren Schreck zu überspielen und sagte leise:
„Dukat, was wollen Sie hier und wie sind sie hereingekommen?“
Sie war sich sicher, dass sie die Tür auf Privatsphäre Modus eingestellt hatte.
Er grinste sie an.
„Nun, es hat seine Vorteile, wenn man als Kommandant der Station das höchste Freigabelevel innehat. Alles untersteht mir hier, Major. Niemand ist vor mir sicher.“
Sie ging langsam zu ihrer auf dem Boden liegenden Uniform um an ihren Kommunikator ranzukommen, aber er war so schnell bei ihr, dass sie es nicht schaffte und packte sie unsanft am Arm.
„Major, wen wollen Sie rufen, wer sollte Ihnen hier zu Hilfe kommen?“
Die Furcht, welche sie vor einer Weile in seinem Büro verspürt hatte, stieg wieder in ihr auf.
„Odo…ich wollte Odo verständigen.“
„Nun, das hätte klappen können, aber der befindet sich momentan in seiner liquiden Form und könnte Ihnen sowieso nicht helfen.“
Er betrachtete sie anzüglich.
„Kommen Sie, Major Kira, setzen Sie sich zu mir, wir wollen etwas trinken und uns unterhalten.“
Sie beschloss auf Zeit zu spielen und erst Mal mitzumachen.
„Also gut Dukat, darf ich mir vorher noch etwas anziehen?“ fragte sie in gezwungenem, neutralen Ton.
Er sah sie wieder unverschämt an und sie wusste, der dünne, leicht durchsichtige Stoff verbarg wenig.
„Nein, ihr Anblick gefällt mir. Setzen Sie sich, Nerys.“
Immer wenn er sie beim Vornamen nannte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken, aber sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Er schenkte den Wein ein, bajoranischer Frühlingswein.
„Als wir den zum letzten Mal getrunken haben, hatten wir ein vergnügliches Essen zusammen, erinnern Sie sich noch, Major?“
Kira betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit in ihrem Glas und seufzte.
„Natürlich, Dukat, mein Gedächtnis ist ausgezeichnet.
Ich dachte eher, Sie hätten dass alles vergessen, denn Sie verhalten sich jetzt wieder, als hätte es unsere Missionen nie gegeben. In den zwei Monaten, in denen Sie hier sind, haben Sie noch nicht einmal nach Ziyal gefragt,“ meinte Kira vorwurfsvoll.
Er prostete ihr zu und nahm einen Schluck Wein.
„Oh ich weiß genau, wo auf Bajor sie sich befindet und wenn ich wollte, könnte ich mit ihr Kontakt aufnehmen. Aber sie hat mich verraten.
Sie hat gewählt, der Schneider und ihre bajoranische Hälfte waren ihr wichtiger als…ich. Vielleicht hätte ich sie nicht in Ihre Obhut geben sollen, Major. Aber damals hielt ich ihre Idee für gut…“
„Sie war gut und richtig, Dukat und ich habe Ziyal nie gegen Sie aufgehetzt, falls Sie das glauben. Ich habe auch Garak gewarnt, sich von ihr fernzuhalten, aber leider hatte ihre Tochter ihren eigenen Kopf und ich konnte sie nicht 24 Stunden beaufsichtigen.- Dukat es ist noch Zeit, Sie könnten sie immer noch wieder zurückgewinnen, ich glaube nicht, dass sie Ihnen nicht verzeihen würde.“
Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas und hoffte, das er ihr Zittern nicht bemerkte.
‚Ich muss das Thema bei Ziyal halten, das macht ihn friedlicher und nachdenklich.,‘ dachte sie.
Er trank aus und schenkte beide Gläser wieder nach.
Nachdem sie eine Weile über Ziyal geplaudert hatten, stand er auf und meinte.
„Major, ich muss mal ihr Bad benutzen, der Wein…sie verstehen.“
„Dukat, es ist spät, ich habe morgen Dienst, wäre es nicht besser, wenn Sie in ihr eigenes Quartier…?“
Er lächelte.
„Oh nein, wir sind noch nicht miteinander fertig. – Ach übrigens, kommunizieren können Sie vergessen, ich habe ihr Quartier abgeschirmt. Und sollten Sie einen Fluchtversuch wagen und den Türmechanismus kurzschließen oder dergleichen…prügle ich nacher Ihren hübschen Hintern grün und blau, so dass Sie eine Woche nicht mehr sitzen können.“
Er lachte über ihren geschockten Gesichtsausdruck und ging ins Bad.
3.
Sie wusste, er würde höchstens ein, zwei Minuten brauchen, das würde nicht reichen um den Türmechanismus zu schrotten. Und wo hätte sie hingehen sollen?
Gerade als sie überlegte, ob sie wenigstens ihre Uniform wieder anziehen sollte, kam er wieder.
Fast enttäuscht stellte er fest, dass sie keinen Fluchtversuch unternommen hatte.
„Sie wären nicht dazu gekommen, mich zu verprügeln, Dukat. Ich hätte mich gewehrt und ich bin eine gute Kämpferin.“
„Ich weiß. Am Ende wäre es noch zu schweren Verletzungen gekommen. Darum hätte ich meine beiden Wachen, die vor der Tür stehen, reingeholt, die hätten Sie festgehalten.“
Er sagte das im Plauderton, als würde er über das Wetter reden.
Kiras Geduld war am Ende.
„Schluss damit, du kranker, fieser Bastard! Dukat, es wird hier keine Intimitäten irgendeiner Art geben!“
Wütend stand sie vor ihm, mit blitzenden Augen, so wie er sie liebte…
Er lächelte wieder unergründlich.
„Oh doch, liebe Nerys, das wird es. Heute Nacht…Ich war sehr geduldig die letzten Wochen. Aber auch meine Geduld ist mal am Ende…Ich habe eine Droge in den Wein getan. Für Männer wirkungslos aber für Frauen…macht sie gefügig, wenn du verstehst. In ein paar Minuten wirst du in meine Arme sinken und ich werde alles mit dir machen können!“
Sein Grinsen wurde diabolisch und Kira wurde übel.
Der Stress der letzten Wochen, die Isolation von fast allen ihren Freunden, jeden Tag fast nur Cardassianer, Jem’hadar und Weyoun zu Gesicht bekommen…die Angst, dass das Dominion siegen würde am Ende…und jetzt noch die Aussicht, von Dukat verführt zu werden, ohne dagegen kämpfen zu können, war zu viel für sie.
Sie brach zusammen und begann zu wimmern und zu weinen.
Dukat war bestürzt, das hatte er jetzt nicht erwartet.
Er konnte sie gerade noch halten, bevor sie zu Boden gestürzt wäre und trug sie zum Sofa.
Sie rollte sich zusammen und weinte weiter, ob aus Wut oder wegen einem Nervenzusammenbruch, er konnte es nicht sagen.
Er holte aus dem Bad ein Glas Wasser und sorgte dafür, dass sie es in langsamen Schlucken trank.
„Nerys, ich …habe dich noch nie weinen sehen. Es tut mir leid…“
Sie flüsterte:
„Es ist mir egal, mach mit mir, was du willst Dukat, ich werde mich nicht wehren.“
Er lächelte freudlos.
„Und halte dann eine Puppe in den Armen? Nein, danke. Ich habe dir schon einmal gesagt, ich hatte es noch nie nötig, Gewalt bei Frauen anzuwenden.“
„Aber Drogen? Das ist doch genauso gewalttätig!“
Bestürzt meinte er:
„Ach so…ähm…das war gelogen. Es waren keine Drogen im Wein. Ich…wollte nur sehen…ich wollte einmal Angst in deinen Augen sehen…ich weiß auch nicht. Ich denke, ich bin zu weit gegangen…“
Sie wischte sich die Tränen weg und richtete sich auf.
„Nun…hast du mich schwach gesehen, Gratuliere! - Warum, Dukat, warum immer diese…perversen Spielchen?“ schniefte sie.
„Ich…weiß es nicht, aber du hast eine Art an dir…die mich reizt,“ seufzte er.
„Was kann ich tun, damit Sie mir verzeihen, Major?“ meinte er wieder mit förmlichem „Sie“.
Eindringlich sah sie ihn an.
„Beenden Sie das Bündnis mit dem Dominion. Schließen Sie sich uns an, gegen das Dominion! Lassen Sie uns Friedensverträge mit der Föderation und den Klingonen gegen das Dominion treffen! Es ist noch nicht zu spät, dies ist Ihre letzte Chance!“
Er sah sie stirnrunzelnd an und richtete sich wieder auf.
„Das …ist leider nicht möglich, Major. So gern ich Sie habe, aber das kann ich nicht tun. Cardassia ist auf der Seite des Dominion, zusammen werden wir Großes erreichen. Wir werden als gleichberechtigte Partner über den Alpha Quadranten herrschen!“
Träumerisch schien er in die Zukunft zu schauen.
Dann beugte er sich noch einmal zu ihr und wische eine letzte Träne fort.
„Nicht einmal Ihre Tränen können mich umstimmen und auch nicht meine…Zuneigung für Sie, Major Kira Nerys. -
Ich werde Sie jetzt allein lassen, Major. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass ich mit Ziyal in Kontakt treten werde, um unser Verhältnis wieder zu bereinigen.
Und ich freue mich auf unsere nächste Begegnung, Major und hoffe, dass unser Verhältnis doch irgendwann einmal…inniger wird.
Gute Nacht.“
Daraufhin hob er die Türblockade auf und ging.
Er war fort. Für den Moment hatte sie ihn irgendwie besänftigt, aber wie lange?
Sie atmete erleichtert aus.
Dann murmelte Sie:
„Ein inniges Verhältnis?
Wenn der Tempel der Propheten einfriert, du Bastard…Deine letzte Chance hast du gerade verspielt.“
E N D E