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Verrat

von MariaMagdalena

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Lieutenant Malcolm Reed schluckte und atmete tief durch, bevor er sich zu T’Pol an den Tisch setzte.

„Subcommander“, grüßte er so gleichgültig wie möglich.

„Lieutenant“, erwiderte die Vulkanierin den Gruß nickend.

Malcolm sah in ihr Gesicht und suchte nach Anhaltspunkten, obwohl er wusste, dass er sich das bei dieser Frau sparen konnte. T’Pol sah ihn nur einen kurzen Moment lang ausdruckslos an und wandte sich dann wieder ihrem Essen zu.

Alles in ihm sträubte sich dagegen, diese Frage zu stellen, aber er musste es wissen. „Sie waren es, die meinen PC durchsucht und die gelöschten Daten wieder hergestellt hat, nicht?“

T’Pol sah auf. „Auf Befehl des Captains, ja.“

„Nun…“ Wie sollte er die Frage formulieren? Malcolm hatte keine Idee.

„Ich habe mir nur die Daten angesehen, die ich für relevant hielt“, half der Subcommander ihm aus. Offenbar wusste sie, worauf er hinauswollte. „Zur Sicherheit habe ich eine Kopie aller gelöschten Dateien gemacht und sie dem Captain gegeben. Ich bin mir sicher, Sie können ihn bitten, die Daten nun zu löschen, da die Angelegenheit geklärt ist.“

Malcolm atmete die Luft aus, von der er nicht wusste, dass er sie angehalten hatte. Er nickte, bedankte und verabschiedete sich. Es war besser, diese Sache sofort in den Angriff zu nehmen.

~*~

Captain Jonathan Archer saß in seinem Bereitschaftraum und tippte an dem Bericht, den er Admiral Gardner würde vorlegen müssen. Zumindest sagte er sich, dass er das tat. Im Augenblick betrieb er eher eine Vermeidungstaktik, indem er die für den Anhang nötigen Dateien erst chronologisch nummerierte und sich dann doch für eine alphabetische Reihenfolge entschied.

Als er damit fertig war – vielleicht war die chronologische Ordnung doch besser, doch ein drittes Arrangement konnte er dann doch mit seinem Gewissen nicht vereinbaren – fiel sein Blick auf das Padd, das T’Pol ihm gegeben hatte. Hatte sie wirklich alle relevanten Dateien von Reed berücksichtigt? Er konnte seinen Sicherheitsoffizier nicht völlig raushalten, schließlich hatten sich in den drei Tagen, in denen Reed in der Zelle gesessen hatte, genügend Bemerkungen und Hinweise im Logbuch und anderen Protokollen niedergeschlagen. Aber vielleicht gab es da noch etwas, das es ihm leichter machte, der offiziell nicht erklärbaren Situation einen plausibleren Anschein zu verleihen.

Er lud die Daten des Padds auf seinen Rechner und studierte die Dateinamen. Sein Blick fiel auf einen Ordner mit dem Titel „Taktische Protokolle“. Warum hatte Malcolm solche Aufzeichnungen gelöscht? Gerade als er den Ordner öffnete, ertönte der Klingelton der Tür. Jon war im Dienst, also rief er: „Herein!“

Aufrecht und ein wenig steif wie üblich, trat Reed in den Raum. „Sir“, grüßte er förmlich.

„Malcolm“, grüßte Jon zurück, noch immer etwas verunsichert von dem Wandel, dem sich sein persönliches Bild des Sicherheits-Chefs hatte unterziehen müssen. „Gut, dass Sie hier sind. Dann können Sie mir gleich einmal helfen und erklären, was es hiermit auf sich hat.“ Er deutete auf seinen Monitor.

Reed trat um den Schreibtisch herum, warf einen Blick auf den Bildschirm, und prompt wich alle Farbe aus seinem Gesicht.

Verwundert wandte Jon sich von seinem taktischen Offizier ab und wieder seinem Computer zu. Erst jetzt sah er, dass der Ordner nicht wie erwartet Textdateien, sondern Graphiken mit kryptischen Benennungen enthielt. „Was sind das für Bilder?“, fragte er verständnislos.

„Sir!“, fiel Reed ihm ins Wort, bevor er den Satz ganz beendet hatte. Es lag nun eindeutig Panik in seinen Gesichtszügen. All die Gefühlsregungen, die Jon an ihm vermisst hatte, als er ihn des Verrats beschuldigen musste, traten nun zu Tage. „Ich bitte Sie, Sir, öffnen Sie die Dateien nicht!“

„Noch mehr Geheimnisse, Malcolm?“, fragte der Captain bitter und klickte entschlossen auf die Graphik, Reeds entsetztes Wimmern ignorierend.

Eine Sekunde später wünschte er, er hätte es nicht getan.

Es war nicht so sehr das Bild des außerordentlich gut bestückten nackten Mannes, das augenblicklich den Bildschirm füllte.

Es hatte mehr mit dem dumpfen Aufprall zu tun, mit dem Reeds Kopf auf dem Boden aufschlug.

~*~

Er hörte noch das Klicken des Hyposprays, als er die Augen öffnete. Er sah in T’Pols Gesicht, das ausdruckslos war wie eh und je. „Dr. Phlox ruht sich aus“, erklärte sie. „Ich wollte ihn wegen so einer Lappalie nicht stören.“

„Danke“, murmelte Reed, obwohl er das Gefühl hatte, nie wieder etwas sagen zu können, ohne vor Scham im Boden zu versinken.

„Der Captain lässt Ihnen sagen, dass es ihm leid tut“, fuhr der Subcommander fort. „Er will gleich nach Ihnen sehen, aber er hielt es für besser, zuerst das zu tun, um was Sie ihn ohnehin bitten wollten.“

Scheiße, dachte Reed, sie weiß Bescheid. Oder wussten es vielleicht sogar schon alle? Ewige Schande und Verdammnis warteten auf ihn. Was waren Hochverrat und Kriegsgericht gegen diese Schmach?

„Sie sollten Ihren privaten Dateien eindeutigere Bezeichnungen geben“, riet T’Pol in unbeteiligtem Tonfall. „Einen Ordner mit dem Titel ‚Nacktfotos’ hätten weder ich noch Captain Archer geöffnet.“ Dann fügte sie hinzu: „Obwohl ich zugeben muss, dass mich die Physiognomie besonders des Dunkelhäutigen in Holzfällerpose sehr beeindruckt hat.“

Reed schloss die Augen und wünschte sich sehnlichst in die Ohnmacht zurück.

~*~

Am späten Abend saß Archer in seinem Quartier. Da war immer noch der Bericht, der darauf wartete, geschrieben zu werden. Aber seine Gedanken kreisten und kreisten seit dem frühen Nachmittag um die eine Frage, die er sich nicht erklären konnte.

Warum hatte Reed diese Porno-Bilder gelöscht? Die waren doch exzellent!

ENDE
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