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Nach all den Jahren

von Emony

Kapitel 5

Kapitel 5

Die Krankenstation der Romulaner war vollkommen überfüllt, als McCoy dort eintraf. Sein Blick schweifte über unzählige Verwundete, die auf primitiven Feldbetten auf dem Boden lagen, so dicht beieinander, dass man kaum dazwischen hindurch gehen konnte. "Nichts gegen eine gute Herausforderung, Subcommander", sagte er und wandte sich an Sorkal, die zwei ihrer nicht verletzten Crewmitglieder zu sich winkte, die in ihrer Funktion als Sanitäter ihre Arbeit unterbrachen und sich einen Weg zu den Neuankömmlingen bahnten. "Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll." McCoy sprach im Grunde zu sich selbst und versuchte auf den ersten Blick die Verletzten in Gruppen zu unterteilen.

"Sie behandeln zunächst den Captain", entschied Sorkal kurzer Hand und führte McCoy zu einem der hinteren Betten. "Er wurde von der Explosion einer Konsole getroffen und fortgeschleudert."

"Offenbar auf eine geborstene Leitung...", fügte McCoy hinzu, als er den Romulaner näher betrachtete. In seiner Brust steckte eine Art metallische Röhre. "Sie hätten ihn nicht bewegen sollen."

"Er war dabei zu verbluten", entgegnete Sorkal. "Unsere Sanitäter brachten ihn her und gaben ihm einige Transfusionen."

"Haben Sie denn nur einen Arzt an Bord gehabt, verdammt? Sanitäter sind nicht befugt solche Entscheidungen ohne ärztliche Bestätigung zu treffen." So war es zumindest auf Schiffen der Föderation und das war auch gut so. McCoy nahm seinen medizinischen Tricorder vom Gürtel und scannte den Mann.

"Dies ist ein kleines Erkundungsschiff. Mehr als ein Arzt wäre überflüssig." Ihre Tarnvorrichtung schützte sie sonst vor jeglichem Feindkontakt, doch das brauchte der Mensch nicht zu erfahren.

"Überflüssig?" McCoy sah die Romulanerin einen Moment fassungslos an, dann schüttelte er den Kopf. "Nicht zu fassen wie arrogant Sie sind." Sorkal schwieg zu dem Thema. "Ich brauche weitere Blutkonserven. Aber erst muss ich die Verletzung behandeln. Der Mann sieht aus wie ein verdammtes Sieb. Was für eine Blutgruppe hat er?"

"Es gibt nur eine", sagte Sorkal gleichgültig und wies einen ihrer Offiziere an, entsprechend McCoys Wunsch weitere Blutkonserven zu holen.

"Christine, Sie und Tanaka behandeln die kleineren Verletzungen. Wir müssen hier Platz schaffen." Die Luft in der Krankenstation war stickig. Und es war hier weitaus wärmer als auf der Enterprise. McCoy schob die Ärmel seiner Uniform hoch.

Chapel und Tanaka folgten McCoys Befehl und teilten sich auf. Uhura stand ein wenig ratlos neben McCoy und schaute ihm dabei zu, wie er den Fremdkörper aus dem Romulaner entfernte.

"Hören Sie, ich könnte Ihren Captain auf der Enterprise effizienter behandeln, als hier. Ich weiß nicht mal, wie die verdammte Diagnoseliege funktioniert. Und mit Ihren seltsamen Instrumenten fange ich auch nicht viel an."

Sorkal straffte die Schultern. "Sie werden mit dem arbeiten, was wir hier haben. Unser Captain wird nicht auf Ihr Schiff gebracht."

Uhura machte sich an der Konsole der Diagnoseeinheit zu schaffen. "Ich kann Ihnen das übersetzen, Doktor." Sie wusste mit den medizinischen Begriffen nichts anzufangen, aber McCoy würde wissen was sie bedeuteten.

"Daran zweifle ich nicht. Aber wir verlieren kostbare Zeit."

"Das tun Sie auch, indem Sie hier stehen und reden, Doktor McCoy", wandte sich Sorkal an den Arzt. "Hier", sagte sie und reichte ihm einen romulanischen Kommunikator. "Damit können Sie mich jederzeit rufen. Erst wenn der Captain stabil ist, kümmern Sie sich um den Rest. Der Captain hat oberste Priorität." Damit wandte sie sich ab und verließ die Krankenstation.

"Fantastisch", grummelte McCoy und starrte auf die Anzeigen seines Tricorders. "Das ist wie puzzeln, ohne das fertige Bild je gesehen zu haben."

"Sie schaffen das, McCoy." Uhura versuchte aufmunternd zu lächeln. Angesichts der vielen Verletzten um sie herum, wollte es ihr nicht so recht gelingen.

Erneut brummte McCoy. "Wenigstens ist ihr Blut grün wie bei Spock. Dadurch kann ich davon ausgehen, dass ihre Physiologie der Vulkanier ähnelt. Demnach ist diese Leitung", sagte McCoy und inspizierte die Wunde genauer, "mitten durch seine Leber und einen Teil des Darms gegangen." Uhura wurde schlecht, als sie McCoys Blick folgte und die perforierten Innereien genauer sah. Schnell wandte sie sich ab und konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe. Sie musste McCoy die diversen Operationsgeräte reichen, um die er sie bat, da seine beiden Krankenschwestern mit der Versorgung der übrigen Patienten beschäftigt waren.

***

Kirk konnte Spocks bohrenden Blick in seinem Rücken fühlen. Er versuchte das Gespräch zu vermeiden, das der Halbvulkanier mit ihm führen wollte. Selbstverständlich hätte er Spock mit auf die Vintra schicken können, aber seiner Ansicht nach hatten gleich mehrere Gründe dagegen gesprochen. Sein Bauchgefühl war nur einer der Gründe gewesen, aber ausschlaggebend. Auf seinen Instinkt hatte er sich schon immer verlassen können. Er war sein sechster Sinn.

Seit das Außenteam auf den romulanischen Kreuzer gebeamt wurde und er zusammen mit Spock wieder die Brücke besetzt hatte, waren fast zwei Stunden vergangen. Dass Bones sich nicht meldete, machte ihn allmählich nervös. Immerhin hatte er darum gebeten regelmäßig Berichte zu erhalten. Er kannte den Arzt jedoch gut genug um zu wissen, dass er Zeit und Raum vergaß, wann immer er in seiner Arbeit aufging. Zweifellos hatte er einfach so viel zu tun, dass er nicht bemerkte wie die Zeit verging.

Scotty hatte sich zwischendurch einmal mit einem kurzen Statusbericht gemeldet und Ersatzteile und weiteres Werkzeug geordert. Auch der Chefingenieur hatte mehr als genug auf der Vintra zu tun. Und da bei Scotty soweit alles in Ordnung zu sein schien, ging Kirk davon aus, dass es dem Medoteam ebenso gut ging.

"Spock, Sie haben die Brücke", sagte Kirk schließlich und stemmte sich aus seinem Sessel. Sein Hintern begann ihm wehzutun. Außerdem begann sich sein Magen zu melden. Er würde eine Kleinigkeit essen und sich die Beine vertreten. Seine Anwesenheit auf der Brücke war nicht wirklich erforderlich.

"Ich würde Sie gern begleiten." Spock stand ebenfalls auf, sah Kirk abwartend an.

Der junge Captain wusste nur allzu gut, dass das unausweichliche Gespräch mit Spock folgen würde. Und auch wenn er gehofft hatte dem zu entgehen, nickte er, sein Einverständnis zum Ausdruck bringend. "Chekov, dann sind Sie jetzt die Nummer eins."

"Aye, Keptin", sagte der Russe als er sich umwandte, Kirk in die Augen sah und lächelte. Die Brust des jungen Mannes schwoll jedes Mal vor Stolz an, wenn Kirk ihm das Kommando überließ, selbst wenn es stets nur von kurzer Dauer war.

Die Türen des Turbolifts schlossen sich hinter ihnen. Kirk sah aus dem Augenwinkel zu seinem Ersten Offizier hinüber, der angespannt auf die Farbindikatoren an der rechten Turboliftwand starrte.

"Spucken Sie es schon aus, Spock. Ich weiß, dass es Ihnen unter den Nägeln brennt."

Spock hob eine Braue und betrachtete seine Fingerkuppen. Menschliche Redewendungen kamen ihm meist so unlogisch vor. Er atmete einmal tief ein und dachte sorgfältig über seine nächsten Worte nach. "Ich verstehe nicht, warum ich dem Außenteam nicht zugeteilt wurde."

Der Lift stoppte auf der gewünschte Etage. Die beiden Männer stiegen aus und bogen in den Korridor, der zur Mannschaftsmesse führte. "Ich habe Sie aus mehreren Gründen hier behalten, Spock", erwiderte Kirk. Gemeinsam betraten sie die Messe, nahmen sich etwas zu essen und trinken aus der Ausgabe und setzten sich etwas abseits der übrigen Offiziere. Zwar hatte Kirk einen privaten Speiseraum, doch bevorzugte er es meist nicht vom Rest der Mannschaft getrennt zu essen. Es schmeckte ihm in Gesellschaft besser.

"Na schön", sagte Kirk und begann zu essen. Spock ließ den Salatteller vor sich unangerührt, wartete gespannt auf die Erklärung seines Kommandanten. "Unsere erste Begegnung mit den Romulanern war ein Fiasko, Spock. Ein Fiasko in dem Sie eine nicht gerade kleine Rolle spielten. Nicht absichtlich, aber dennoch..." Kirk schob sich hastig eine Gabel voll Fleisch und Kartoffel in den Mund, kaute und erwiderte dabei den stummen Blick des Halbvulkaniers. "Wir wissen nicht, ob Nero den Romulanern irgendwas hinterlassen hat. Schon allein deshalb würde ich es bevorzugen, wenn Sie etwas im Hintergrund bleiben, wenn wir es mit dem Imperium zu tun haben. Es ist eine Vorsichtsmaßnahme, bis wir sicher sein können, dass sie nichts über das wissen, was in einiger Zukunft mit ihrer Heimat geschieht."

"Wir könnten es verhindern."

"Ja, das könnten wir. Aber dies zu entscheiden obliegt Starfleet Command, nicht uns. Und solange halten wir uns etwas zurück."

"Sie sprachen von mehreren Gründen." Spock schob einige Salatblätter auf dem Teller herum, hatte aber eigentlich keinen Appetit etwas zu essen.

Kirk aß unbeirrt weiter. "Ich halte es für unklug, wenn Sie mit Uhura zusammen auf Außenmissionen gehen. Sie sind ein ausgezeichneter Offizier, Spock. Aber ich fürchte, trotz Ihrer vulkanischen Abstammung, dass Sie Ihre Objektivität verlören, geriete Uhura je in Gefahr. Ich weiß, wie viel sie Ihnen bedeutet und ich weiß, wie schwer der Verlust Ihrer Mutter Sie belastet hat. Ich brauche einhundert Prozent Ihres Verstandes, nicht nur fünfzig."

Spock war sich sicher, dass er sehr wohl objektiv bleiben würde. Andererseits war es denkbar, dass er sich selbst überschätzte. In dieser Hinsicht war es vielleicht klug die Entscheidung seines Captains nicht zu hinterfragen. Kirk kannte sich mit Gefühlen aus. Er wusste, wie man Angst und Schmerz und selbst Sorge um einen anderen Menschen ausblendete. Er hatte als Kind viel Leid erfahren, war dadurch härter als manch anderer Mensch geworden. Spock war bis auf Hänseleien durch andere Kinder in einem sicheren Zuhause aufgewachsen. Er hatte Liebe und Zuversicht erfahren, Führung und Logik. Mit dem Tod seiner Mutter hatte sich auch die Sicherheit seines Zuhauses aufgelöst.

"Ich verstehe Ihre Gründe", sagte Spock schließlich und wischte die Gedanken fort. Jedes mal, wenn er an seine Mutter dachte, schmerzte ihn der Verlust von neuem. Er wusste, dass er sich nie an den Gedanken gewöhnen konnte, dass sie niemals wieder kehren würde.

"Es gibt noch einen Grund." Spock hob erneut eine Braue und musterte seinen Captain. "Uhura kann diesen Schub für ihr Selbstvertrauen gut gebrauchen. Wären Sie dabei, würde sie sich stets an Ihnen orientieren, ihre eigenen Entscheidungen anzweifeln. Sie muss lernen, notfalls auch mal allein auf eine Mission zu gehen, als Führerin einer Außenmission, nicht nur als Begleitung. Sie soll sich nicht immer zu einem von uns umwenden, wenn sie unsicher wird. Jeder von uns musste das lernen. Uhura hatte dazu noch keine Gelegenheit."

Auch wenn Spock es nie zugeben würde, so musste er Kirk doch Recht geben. Seine Gründe waren logisch nachvollziehbar. Trotzdem vermochte Spock es nicht, seine innere Unruhe abzuschütteln.
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