TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

What really happened

von Brigitte

Kapitel 1

Als Kathryn Janeway die Kommunikation mit Lieutenant Tuvok, dem momentan amtierenden Captain der Voyager beendet hatte, blickte sie Chakotay ins Gesicht. Er sah sie mit einem gequälten Lächeln, das zuversichtlich wirken sollte, an. In seinen Augen erblickte sie jedoch Schmerz und Niedergeschlagenheit. Sie realisierte, dass es ihm genauso wie ihr erging. Auch er war über die offensichtlich guten Nachrichten nicht so glücklich, wie die Crew ihres Schiffes es von ihnen wohl erwartete. Langsam erst drang in ihr Bewusstsein vor, was sie soeben vernommen hatte. Ihre Mannschaft hatte entgegen ihres ausdrücklichen Befehles die Vidiianer kontaktet und ein Heilmittel gegen die Krankheit gefunden, die sie auf diesem Planeten festhielt. In dreißig Stunden würde die Voyager auf New Earth eintreffen, um sie wieder abzuholen.
Kathryn merkte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete, der so rasch an Intensität zunahm, dass es schmerzte. Sie ertrug den Blick Chakotays nicht mehr und sah nach unten. Starr fixierte sie die Tischplatte und den Communicator, den sie noch immer in ihrer Hand hielt. Unvermittelt ließ sie ihn fallen, als würde sie sich daran die Finger verbrennen.
"Kathryn, geht es dir gut?" Dieser einfühlsame und sanfte Ton seiner Stimme trieb ihr die Tränen in die Augen, sie konnte nicht verhindern, dass sich eine davon selbständig machte und ihre Wange hinab lief. Tuvok war kein Vorwurf zu machen, er hatte im Sinne der gesamten Mannschaft gehandelt, als er sich dazu durchrang, sich ihren Befehlen zu widersetzen, außerdem war er große Risiken für das Schiff und die Crew eingegangen, nur um sie und Chakotay vom lebenslangen Aufenthalt auf diesem Planeten zu befreien. Er hatte es nur gut gemeint, eigentlich müsste sie dankbar sein und sie bekam beinahe ein schlechtes Gewissen, weil sich diese Gefühle absolut nicht bei ihr einstellen wollten. Kathryn Janeway konnte sich noch gar nicht vorstellen, ihre neue Heimat wieder zu verlassen. Es erschien ihr so unwirklich.
"Nein, es geht mir nicht gut", antwortete sie ihm mit tränenerstickter Stimme, "ich weiß, ich bin egoistisch, aber ich wäre lieber auf New Earth geblieben. Wenigstens noch für eine Weile. Gerade erst habe ich mich an das Leben hier gewöhnt und gelernt, es zu genießen. Meine Tomaten...", sie sprang auf und rannte nach draußen. Vor dem kleinen Beet kniete sie nieder und strich mit den Fingern sanft über die zarten Pflänzchen. Kathryn blickte hoch zu Chakotay, der ihr gefolgt war. "Ich hatte mich so darauf gefreut, die ersten Früchte zu ernten." Wieder sah sie nach unten, damit er die Tränen nicht mehr sehen konnte, die sich unaufhörlich in ihren Augen sammelten. Sie musste schlucken und begann, mit eiserner Disziplin, ihren Kummer tief in ihrem Inneren zu vergraben. Nach einer Weile hatte sie sich so weit gefangen, dass sie ihn wieder ansehen konnte und stand auf. Mit brüchiger Stimme begann sie. "Wir müssen die Ausrüstungsgegenstände und unsere persönlichen Dinge zusammenpacken, dreißig Stunden sind schnell vorbei." Kathryn wollte an Chakotay vorbei in ihre gemeinsame Unterkunft gehen. Schnell fasste er sie am Arm, um sie von ihrem Vorhaben abzuhalten.
"Bitte", begann er mit leiser Stimme, "geh jetzt nicht ins Haus. Lass uns noch eine Weile hier draußen bleiben und spazieren gehen." Erwartungsvoll blickte er sie aus traurigen braunen Augen an, Kathryn erkannte, dass auch er lieber hier geblieben wäre, als zurück zur Voyager zu kehren. Sie hatten gerade begonnen, sich näher kennen zu lernen und sie wusste, was er für sie empfand. Diese Parabel von dem zornigen Krieger, die er ihr vor kurzem erzählt hatte, er hatte darin einwandfrei sich und seine Gefühle ihr gegenüber beschrieben. Sie erkannte es genau und er hatte es, wenn sie es richtig betrachtete, sogar zugegeben. Ihre eigenen Empfindungen für ihren Ersten Offizier waren im Moment noch etwas unklar und verwirrend für sie, aber wenn sie ehrlich sich selbst gegenüber war, musste sie zugeben, dass er einen Großteil ihrer Gedanken einnahm.
Aber da war immer noch Mark, ihr Verlobter. Die Tatsache, dass sie den Planeten jetzt doch wieder verlassen konnten, brachte sie auch der Erde, und damit der Heimat, wieder ein Stück näher. Es bestand für Kathryn erneut die Möglichkeit, nach Hause zu kommen und ihn wieder zu sehen. Nur - würde er nach so langer Zeit immer noch auf sie warten? Beinahe zwei Jahre war die Voyager jetzt im Deltaquadranten, keiner ihrer Freunde und Angehörigen wusste, dass sie noch am Leben waren. Sie vermutete, dass sie inzwischen alle für tot erklärt worden waren und das Leben auf der Erde ohne sie weiter ging. Die Menschen, die sie liebten, hatten sich bestimmt längst den veränderten Umständen angepasst.
Janeway schloss die Augen und versuchte, Marks Bild aus ihrem Gedächtnis hervor zu rufen, sie musste jedoch erkennen, dass es ihr nicht gelingen wollte. Auf sein verschwommenes Antlitz, das sie lediglich ausmachen konnte, schob sich sofort das markante braungebrannte Gesicht Chakotays, aus dem die Tätowierung an der Stirn hervorstach. Trotz sich einschleichendem schlechtem Gewissen wurde Kathryn klar, dass ihre Liebe zu Mark offenbar nicht mehr so stark war, wie noch vor zwei Jahren.
Sie öffnete langsam wieder ihre Augen und blickte dem Indianer ins Gesicht, zaghaft legte sie ihre Hand in seine, die sich ihr entgegen streckte. Er drückte sie kurz und sanft und die beiden gingen langsam in den Wald, der direkt an ihre Unterkunft angrenzte, hinein.



Beinahe eine Stunde liefen sie schweigend nebeneinander her, jeder tief in seine Gedanken versunken. Worte waren nicht nötig, um ihre Gefühle und ihren Kummer auszudrücken. Beide wussten, sie hatten keine andere Wahl, als zurück zur Voyager zu kehren, eine hervorragende Crew, die ihr Leben riskiert hatte, um sie beide zu retten, wartete auf sie.
Nur - was war mit ihnen? Sie hatten gerade begonnen, ihr eigenes Leben zu führen und zu gestalten, war ihnen kein Glück vergönnt?
Sie waren ohne Ziel durch den Wald gegangen und fanden sich nun am flachen Ufer des Flusses wieder. Kathryn löste ihre Hand von Chakotays, die sie während der ganzen Zeit gehalten hatte, und ging langsam in das seichte Wasser. Es störte sie nicht, dass ihre Schuhe nass wurden. Sie bückte sich und strich mit ihren Fingern durch das kühle Nass. Als sie sich wieder erhob, drehte sie sich zu dem Mann, der hinter ihr wartend stand, um und blickte ihn mit leicht nach unten gezogenen Mundwinkeln und unglaublich traurigen Augen an. "Das Boot ..., du wolltest mir ein Boot bauen, damit wir den Fluss erkunden können." Sie brach ab und blickte starr in das Wasser.
Der Indianer trat einen Schritt auf sie zu und fasste ihr zart unter das Kinn, um ihren Kopf zu heben. In ihren Augen las er Trauer, aber auch eine leise Spur Hoffnung. "Ich kann dir das Boot auch noch bauen, wenn wir wieder zuhause sind - auf der Erde." Chakotay sah sie prüfend an und suchte in ihrem Blickfeld eine Reaktion auf seine Worte. Ihm war natürlich die Tatsache klar, dass Kathryn einen Verlobten hatte, der vielleicht immer noch auf sie wartete, er glaubte, in ihren Augen den Wunsch nach einem baldigen Wiedersehen mit ihm zu erkennen. Er wollte gerne dieses Thema zur Sprache bringen, wusste aber im Moment nicht, wie er beginnen sollte. "Kathryn", begann er nach einiger Zeit erneut, "wir müssen es positiv sehen, wir sind nicht mehr dazu verdammt, unser Leben im Deltaquadranten zu verbringen, sondern können unser eigentliches Ziel wieder verfolgen. Die Rückkehr in den Alphaquadranten. Die Mannschaft baut auf uns."
"Ich weiß, Chakotay, ich weiß", Kathryn drehte sich um und sah wieder auf den Fluss hinaus, dessen Wasser in ruhigen und sanften Wellen an ihnen vorbei glitt und die Strahlen der Mittagssonne spiegelte, "irgendwie bin ich auch froh, zurück auf die Voyager zu können und all die Leute, die mir so sehr ans Herz gewachsen sind, wieder zu sehen. Aber gleichzeitig kommen auch wieder Erinnerungen in mir hoch, die ich hier verdrängt und vergessen habe."
"Mark?", hakte er kurz nach.
"Ja, Mark", antwortete sie ihm, ohne ihn anzusehen. "Durch dieses Leben hier auf New Earth habe ich seit Wochen nicht mehr an ihn gedacht. Jetzt plötzlich ist er in meinem Geist wieder anwesend und ich weiß nicht mehr, wie ich meine Gefühle für ihn einordnen soll."
Chakotay stand dicht hinter ihr im Wasser, auch seine Schuhe waren nass geworden, er fasste mit beiden Händen zart an ihre Schultern und begann, sie mit den Daumen sanft zu streicheln. Er dachte nach, stand dieser Mann noch immer zwischen ihnen? Auf der Voyager war seine Anwesenheit immer präsent gewesen, Bilder von ihm standen in Kathryns Bereitschaftsraum und in ihrem Quartier. Sie hatte auch einige Male von ihm gesprochen und Chakotay Geschichten über ihr gemeinsames Leben und ihren Hund Molly erzählt. Hier auf diesem Planeten, in der Abgeschiedenheit, hatten sie beide ihn vollkommen vergessen. Jetzt galt es, sich diesem Problem wieder zu stellen. "Höre auf dein Herz", begann der Indianer mit sanfter Stimme dicht an ihrem Ohr, "es wird dir sagen, ob es noch für ihn schlägt."
Janeway horchte in sich hinein, sie versuchte Erinnerungen über gemeinsame Stunden mit Mark hervor zu rufen. Sie realisierte, dass früher bei solchen Gedanken ein angenehmes Prickeln durch ihren Körper fuhr. Oftmals stieg ihr auch leichte Röte ins Gesicht, wenn sie daran dachte, wie sie sich leidenschaftlich und zärtlich geliebt hatten. Diese Reaktionen blieben nun aus, sie hatte das Gefühl, diese Bilder von außen zu betrachten, als würde es gar nicht sie selbst, sondern eine andere Person betreffen. Alles war plötzlich so fern, sie gehörte nicht mehr dazu - nicht mehr zu ihm. Ein letzter Zweifel blieb jedoch noch - wie würde sie reagieren, wenn sie plötzlich Mark leibhaftig gegenüber stünde. Was würde sie für ihn dann empfinden? Freundschaft - oder doch mehr? Konnte es nur eine endgültige Klärung geben, wenn sie zurück auf die Erde kommen würde, war ihr Herz vorher nicht frei für einen anderen Mann?
Plötzlich merkte Kathryn, wie ihr Körper von wohligen Schauern durchflutet wurde. War dies nun doch ihre Reaktion auf die Gedanken an Mark? Sie ging in sich und versuchte, diese Gefühle zuzuordnen. Plötzlich sah sie klar. Nein - sie spürte Chakotays Hände auf ihren Schultern, die sie sanft massierten. Diese Berührung erzeugte das Kribbeln und die Wärme. Es fühlte sich wundervoll an, endlich hatte sie wieder das Gefühl zu leben und nicht nur zu existieren. Janeway war eine Frau mit Gefühlen und Sehnsüchten, die ausgelebt werden wollten. Sie lehnte ihren Kopf leicht zurück, bis er die Schulter des Indianers berührte und schmiegte sich mit einem leisen Aufseufzen an ihn.
Chakotay hatte sie genau beobachtet, er spürte die Wandlung, die in Kathryn vorgegangen war. Als sie sich an ihn lehnte, wurde ihm langsam klar, dass sie dabei war, sich innerlich von Mark zu lösen. Glücklich schmiegte er seine Wange an ihre duftenden Haare. Eine Antwort von ihr war nicht mehr nötig.
Lange Zeit standen die beiden im knöcheltiefen Wasser des Flusses und blickten schweigend in die Ferne. Seine Hände, die bisher leicht massierend auf ihren Schultern ruhten, hatten sich selbständig gemacht und Kathryn von hinten umschlungen. Noch immer sprachen sie kein Wort, Janeway war es schließlich, die die Stille unterbrach.
"Chakotay?"
"Hmm?"
"Darf ich dich etwas fragen?"
"Kathryn, du weißt doch, dass du mich alles fragen kannst."
"Willst du überhaupt zurück nach Hause?"
Eine Weile schwieg der Indianer überrascht, bis ihm klar wurde, worauf ihre Frage anspielte. Wollte er sie nur für sich oder war er bereit, das Risiko einzugehen, sie auf der Erde wieder an Mark zu verlieren? Ihm wurde bewusst, dass er ohne zu zögern, ihr Wohl über seines stellen konnte und antwortete ihr, "Ja, ich will zurück, weil ich dich glücklichen sehen will. Nur dann bin auch ich glücklich. Und ich weiß, dass Glück für dich zuhause bedeutet. Dabei spielt es keine Rolle ob sich unsere Wege auf der Erde trennen oder wir uns weiter sehen würden. Dein Glück ist das wichtigste für mich." Er hauchte ihr einen zarten Kuss auf das lange Haar, was bei Kathryn bewirkte, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten und sich das wohlige Gefühl in ihrem Körper noch verstärkte. Das war die schönste Liebeserklärung, die sie jemals gehört hatte, wenn man von der Legende mit dem zornigen Krieger absah. Er stellte seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu ihrem Wohle zurück.
Langsam begann sie, sich in seiner Umarmung umzudrehen. Sie hob zaghaft ihre rechte Hand und ließ ihre Finger über seine Tätowierung an der Stirn schweben. Sie zeichnete jede Linie nach, bevor sie die Zeichnung sanft berührte. Seine Augen begannen zu strahlen und ein zaghaftes Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit, das all das Glück ausdrückte, das er in diesem Moment empfand.
"Das wollte ich schon immer tun", wisperte sie.
Chakotay, der bislang unbewegt vor ihr gestanden hatte, senkte nun langsam, wie in Zeitlupe, seinen Kopf, ohne den Blickkontakt von ihr zu lösen. Er war sich unsicher, ob er so weit gehen durfte und sah ihr fragend in die Augen. Ein stummes Einverständnis war die Antwort. Er fixierte ihre schimmernden, leicht geöffneten Lippen, die wie eine wortlose Einladung für ihn waren. Zart hauchte er ihr einen Kuss auf den Mund, zog sofort seinen Kopf leicht zurück und blickte Kathryn wieder an.
"Warum hörst du auf?", fragte sie ihn mit Sehnsucht in den Augen.
Nun konnte ihn nichts mehr halten, sein Herz schlug schneller, als er erkannte, dass all seine Träume, die die vergangen beiden Jahre sein Leben bestimmt hatten, Realität geworden waren. Vom ersten Moment an, da er Kathryn Janeway gesehen hatte, wusste er, dass diese Frau sein Leben und alle seine Einstellungen grundlegend verändern würde. Aus seiner anfänglichen Verliebtheit war ein tiefes, inniges Gefühl ihr gegenüber geworden, welches, und das wusste er genau, ein ganzes Leben anhalten würde.
Erneut senkte Chakotay den Kopf zu ihr, um sie zu küssen. Er konnte und wollte seine Gefühle und seine aufgestauten Leidenschaften nicht mehr zurück halten, da er jetzt wusste, sie würde ihn nicht zurück stoßen.
Als er seine Lippen hungrig auf die ihrigen presste und der Kuss schnell an Intensität gewann und intimer wurde, dachte der Indianer einen Moment daran, was wohl sein würde, wenn sie zurück an Bord der Voyager waren. Wäre Kathryn dann wieder nur sein Captain und er der Erste Offizier, oder gab es auch dort für sie beide eine gemeinsame Zukunft?


*****

Das Leben auf der Voyager hatte sie wieder. Janeway und Chakotay hatten auf New Earth ihre Sachen gepackt und waren nach einer erfolgreichen Behandlung ihrer Krankheit durch Kes, die mit dem Serum der Vidiianer auf den Planeten gebeamt war, an Bord zurückgekehrt. In stummer Übereinkunft waren sie im Dienst nun doch wieder nur Captain und Commander, kein Außenstehender konnte Einblick in ihre aufgewühlte Gefühlswelt nehmen. Chakotay hatte es tief in seinem Inneren befürchtet, dass es so kommen würde. Aber die gemeinsame Zeit auf New Earth konnte ihm keiner nehmen. Das war es, was ihn im Moment am Leben erhielt und ihn seine Aufgaben an Bord der Voyager erfüllen ließ.
Beide kommandierenden Offiziere saßen auf der Brücke auf ihren Posten und waren konzentriert mit den Diagnosen verschiedener Schiffssysteme beschäftigt. Die Voyager hatte erneut den Kurs auf den Alphaquadranten mit hoher Warpgeschwindigkeit aufgenommen.
Chakotay konnte jedoch nicht verhindern, dass während der Arbeit seine Gedanken abschweiften. Er fragte sich, wie Kathryn sich ihm gegenüber verhalten würde, sobald sie allein wären. Konnte sie außerhalb des Dienstes den Captain in sich ablegen und mit ihm eine persönliche Beziehung aufbauen, an deren für ihn unvergesslichen Beginn er mit leichtem Erschauern dachte? Er sah zu ihr hinüber, jedoch registrierte sie sein Augenmerk nicht oder ignorierte es. Er wurde etwas unsicher, was ihre Gefühle ihm gegenüber betraf und nahm sich vor, nach Dienstschluss ein privates Gespräch mit ihr zu suchen.
Janeway hatte seinen vorsichtig tastenden Blick sehr wohl bemerkt und absichtlich nicht darauf reagiert. Auch sie war sich nicht schlüssig, wie es nun zwischen ihnen beiden weiter gehen sollte. Ihre Gefühle für Chakotay waren ihr inzwischen vollkommen klar geworden. Sie liebte ihn mehr als ihr Leben und konnte sich ihre Zukunft ohne ihn nicht mehr vorstellen.
Für einen kurzen Moment musste Kathryn wieder an Mark denken, was ihr ein leichtes Unbehagen verursachte. Beging sie einen Verrat an ihm und seinen Gefühlen ihr gegenüber? Zwei Jahre waren eine lange Zeit, die sie jetzt abgeschnitten von allen Leuten in der Heimat, die ihr etwas bedeuteten, verbracht hatte. Realistisch gesehen, waren die Chancen sehr gering, in einem absehbaren Zeitraum zurück zu kehren. Es konnten noch Jahrzehnte vergehen, ehe sie nach Hause kamen, wenn es ihnen überhaupt jemals gelingen sollte.
Janeway konnte und wollte sich nicht mehr an den Gedanken klammern, dass sie im Alphaquadranten einen Verlobten hatte, der noch immer auf sie wartete. Diese Vorstellung war für sie so unwirklich geworden. Real hingegen waren die Gefühle, die sie ihrem Ersten Offizier entgegen brachte.
Die Statuten der Sternenflotte besagten jedoch, dass der Captain eines Raumschiffes keine intime Beziehung zu einem untergebenen Offizier haben durfte. Aber waren diese Regeln auch für einen Aufenthalt im Deltaquadranten gemacht? Wohl kaum, denn diese Möglichkeit war von der Föderation natürlich nie im Betracht gezogen worden. Trotzdem war die Situation hier auf dem Schiff eine ganz andere als auf dem Planeten. Dort waren sie beide Privatpersonen gewesen.
Sie beschloss, nach Dienstschluss ein Gespräch unter vier Augen mit ihm zu suchen.



"Captain, ich habe zur Feier Ihrer Rückkehr ein ganz besonders exquisites Dinner für Sie und Commander Chakotay vorbereitet." Neelix stand in seiner grellbunten Küchenschürze und dazu passender Mütze an ihrem Tisch im Casino und strahlte vor Freude über das ganze Gesicht. "Sie werden begeistert sein." Geschäftig wieselte der kleine Talaxianer zwischen seiner Theke und den Senior-Offizieren der Voyager hin und her, die sich an einer langen Tafel zum Abendessen und einer kleinen Wiedersehensfestivität eingefunden hatten. Keiner konnte den Blick von den zwei ranghöchsten Offizieren des Schiffes wenden, zu groß war die Freude, die beiden endlich wieder an Bord zu wissen. Sie alle hatten sich nie damit abfinden können, Janeway und Chakotay auf dem Planeten zurück lassen zu müssen.
"Neelix", versuchte Kathryn, ihren Moraloffizier ein wenig zu bremsen, "immer mit der Ruhe, wir verhungern bestimmt nicht. Und bitte, setzen Sie sich auch zu uns, sobald das Essen aufgetragen ist."
Nachdem der Tisch endlich mit, wie der Koch meinte, erlesensten Delikatessen über und über beladen war, nahm er sich auch einen Stuhl und ließ sich theatralisch aufstöhnend nieder. "Bitte", munterte er die Leute um sich auf, "greifen Sie zu. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei."
"Na, wenn Sie meinen", antwortete Tom Paris mit skeptischen Blick auf eine Schüssel, deren Inhalt wenig verlockend aussah. Er überwand schließlich seine Bedenken und begann, seinen Teller zu füllen. Harry Kim, der neben ihm saß, blickte ihn verwundert an, tat es ihm jedoch kurz darauf gleich. B'Elanna Torres ließ ab und zu einen forschenden Blick zwischen Captain und Commander hin- und herwandern. Sie kannte Chakotay zu gut, um nicht zu bemerken, dass irgendetwas in dieser doch relativ langen Zeit auf dem Planeten zwischen den beiden vorgefallen war. Auch waren der Halbklingonen die verstohlenen Blicke, die die beiden, wenn sie sich unbeobachtet fühlten, austauschten, nicht verborgen geblieben. Torres hatte das Essen noch nicht angerührt, sie stützte ihr Kinn in eine Hand und beobachtete das kommandierende Duo an der Stirnseite des langen Tisches. Nach einer Weile beschloss B´Elanna, eine vorsichtige Frage zu stellen.
"Captain, erzählen Sie uns doch ein wenig über Ihren Aufenthalt auf ..., wie haben Sie den Planeten noch gleich genannt? ... New Earth?" Alle Blicke richteten sich erwartungsvoll auf die Kommandantin der Voyager. Sogar Tuvoks Augen, die sonst keinerlei Emotionen verrieten, sahen forschend zu Janeway und Chakotay. Die hochgezogene Augenbraue und die leicht gerunzelte Stirn des Vulkaniers ließ ahnen, dass er sich seine eigenen Gedanken machte.
"Nun ja", begann Kathryn vorsichtig und bemüht, kein unbedachtes Wort fallen zu lassen, welches auf die Ereignisse zwischen ihr und Chakotay vor kurzem hinwies, "wir haben einen Primaten getroffen, der uns sehr zugetan war. Er hat mich sogar einmal vor einem schlimmen Unwetter gewarnt."
"Stimmt", bestätigte der erste Offizier der Voyager, "nur half das leider nicht viel, unsere Unterkunft und Teile der Ausrüstung wurden..."
Der Indianer wurde abrupt unterbrochen durch eine Erschütterung, die durch das ganze Schiff ging. Gläser auf dem Tisch fielen um und gingen zu Bruch, was aber niemand mehr zur Kenntnis nahm, denn alle waren sofort aufgesprungen und, nach einem raschen Blick aus den Fenster, wo nichts ungewöhnliches festzustellen war, zur Tür des Casinos gelaufen. Noch im Aufstehen betätigte Kathryn ihren Communicator. "Janeway an Brücke. Bericht."
"Captain", meldete Lieutenant Ayala, der im Moment die taktische Station von Lieutenant Tuvok inne hatte, sich sofort zu Wort, "wir wurden offenbar von einer Art Traktorstrahl erfasst. Die Sensoren verzeichnen allerdings kein fremdes Schiff, vermutlich ist es getarnt. Wir können im Moment nicht frei kommen."
"Roten Alarm, wir sind unterwegs zu Ihnen", gab Kathryn die kurze Antwort, während sie bereits, gefolgt von den anderen, zur Tür hinaus hastete.



Kurz darauf betraten die Führungsoffiziere der Voyager die Brücke und eilten sofort an ihre Stationen. Tuvok meldete sich nach wenigen Sekunden zu Wort. "Es handelt sich definitiv um einen Traktorstrahl, Captain. Allerdings von einer mir unbekannten Signatur, ich kann im Augenblick keine Zuordnung zu einer bestimmten Rasse und einem Schiffstyp erstellen. Auch ist es mir nicht möglich, den Angreifer zu lokalisieren, offenbar verfügt er über eine nahezu perfekt funktionierende Tarnung."
"Mr. Kim", befahl Janeway mit energischer Stimme, "rufen Sie das Schiff."
Chakotay, der bislang Daten von seiner Kommandokonsole abgerufen hatte, war aufgestanden und zur taktischen Station des Sicherheitsoffiziers getreten. Zusammen mit ihm suchte er nach einem Weg, den Fangstrahl des Fremden unschädlich zu machen.
"Keine Antwort, Captain", meldete sich der junge Asiate zu Wort.
"Können wir einen auf ein Streufeuer modifizierten Photonentorpedo abschießen, um das fremde Schiff sichtbar zu machen?" Kathryn war nun ebenfalls aufgestanden und hatte sich an Tuvok und Chakotay gewandt.
Der Vulkanier nickte bestätigend und betätigte rasch einige Schaltflächen auf der Konsole vor ihm. "Torpedo abschussbereit." Erwartungsvoll sah der Sicherheitschef der Voyager wenige Sekunden später zu seinem Captain.
"Feuer", befahl diese und wandte sich sofort an Harry, "Mr. Kim, führen Sie sofort einen Breitspektrumsscan durch. Identifizieren Sie das Schiff. Tuvok", sie blickte wieder zurück, "suchen Sie, sobald Sie etwas erkennen können, nach Schwachstellen im Schildgitter des Fremden, damit wir uns aus dieser Zange lösen können."
Ein allgemeines "Aye, Captain" war zu vernehmen. Kurz darauf erhellte der abgefeuerte Torpedo den Bildschirm und gab das verschwommene Bild eines fremden, ihnen unbekannten Schiffes preis.
Tuvok arbeitete ununterbrochen, unterstützt von Commander Chakotay, an seiner Konsole, beide riefen Daten ab und suchten nach Möglichkeiten, dem Angriff beizukommen. "Die Konfiguration des Traktorstrahles wurde identifiziert, wir können einen Feedback-Impuls aussenden, der uns befreien dürfte. Außerdem wird er die Deflektorphalanx des fremden Schiffes überlasten."
"Tun Sie es." Janeways Stimme hatte kühl und hochkonzentriert geklungen. Chakotay blickte sie einen Moment sinnierend an, nichts mehr war von der Frau zu erkennen, die vor kurzem noch auf New Earth so unglücklich und voller Zweifel gewesen war, bis sie erkannt hatte, für wen ihr Herz schlug. Ihre Küsse brannten noch auf seinen Lippen, jetzt stand sie auf der Brücke der Voyager und war wieder nur der Captain. In ihm machte sich beinahe das Gefühl breit, einer fremden Person gegenüber zu stehen. Die Kathryn auf New Earth war ihm wesentlich lieber gewesen, jetzt aber galt es, die Voyager und ihre Crew vor einem fremden Angreifer zu schützen. Sofort konzentrierte der Indianer sich wieder auf die Anzeigen vor ihm und vergrub seine Gedanken tief in seinem Inneren. Dafür war später noch Zeit.
"Wir sind frei", meldete Tuvok sachlich und ohne Emotionen. Janeway blickte auf den großen Hauptbildschirm der Brücke, der Fremde hatte seine Tarnung verloren und war nun für sie sichtbar. Ihnen bot sich das Bild eines seltsam aussehenden großen Raumschiffes. Es hatte die Form einer Kugel, diese war völlig glatt, keine Erhebungen, Vertiefungen oder Fenster waren zu erkennen. Sie sah aus, wie ein überdimensionaler Spielball. Fragend blickte sie zu Tuvok und Chakotay, die ihr jedoch keine Antwort zu geben vermochten, wie sie am Blick der beiden erkennen konnte.
"Captain", meldete sich Harry überrascht zu Wort, "auf dem fremden Schiff sind keinerlei Lebenszeichen zu registrieren. Entweder es besitzt eine Abschirmung gegen unsere Sensoren, oder es ist unbemannt."
"Mr. Kim, rufen Sie es trotzdem noch einmal", befahl Kathryn dem jungen OPS-Offizier. Dieser tat sofort, wie ihm geheißen, er bediente geschäftig die Konsole vor ihm und konnte kurz darauf melden.
"Jetzt antworten sie."
"Auf den Schirm." Janeway drehte sich erwartungsvoll um.
Das visuelle Bild, das sich ihr Sekunden darauf bot, versetzte sie in Erstaunen. Auf dem Bildschirm war einwandfrei ein Android zu erkennen, der sie aus wachsamen Augen anblickte. Zahlreiche kleine Lämpchen blinkten an seinem metallic-grau schimmernden Körper, der keine Ähnlichkeiten mit ihnen bekannten Robotern aufwies. Der Android sah aus wie ein überdimensionales Ei mit drei Greifarmen an jeder Seite, die geschäftig an einer Konsole vor sich Schaltfelder betätigten. Es musste sich nach erstem Augenmerk um eine hochentwickelte Maschine handeln.
"Ich bin Captain Kathryn Janeway vom Föderationsraumschiff Voyager. Wieso haben Sie uns angegriffen? Wir sind in friedlicher Forschungsmission unterwegs und lieferten Ihnen keinen Grund für eine derartige Aktion." Erwartungsvoll, die Hände in die Hüften gestützt, blickte sie auf die Maschine vor sich.
"Ich bin Koyar Vier, Sektionschef der zentralen Stationseinheit auf Byrma Sieben. Ein intensiver Scan Ihres Schiffes zeigte mir, dass Sie sehr viele Ressourcen besitzen, die mein Schiff dringend benötigt, um die Reise fortsetzen zu können. Ich wurde vor kurzem von einer mir unbekannten Spezies überfallen und wichtiger technischer Komponenten sowie verschiedener Vorräte an Rohstoffen beraubt." Für einen Moment schien die Maschine zu rotieren, sie überlegte. "Warum haben Sie mich nicht vernichtet, nach dem Sie meinen Angriff erfolgreich abgewehrt haben?"
Es war doch immer wieder das gleiche, dachte Janeway für sich, bevor sie zu einer Antwort ansetzte, offenbar konnte auch dieses, wenn gleich, nicht organische Volk, nicht fragen, ob jemand ihnen helfen könne oder wolle. Nein, sie mussten sofort angreifen. Sie fand das mit einem Male sehr traurig. Offenbar war dies die Sprache, die hier im Deltaquadranten gesprochen wurde.
"Mr. Koyar", begann Kathryn, bedacht auf diplomatisch korrekte Wortwahl, "es ist nicht nötig, Gewalt anzuwenden. Wenn Sie uns Ihre Problematik genau schildern, versuche ich Ihnen, so weit es mir möglich ist, zu helfen. Eine Zerstörung Ihres Schiffes würde ich nie in Betracht ziehen, wenn Sie mir keinen zwingenden Grund dazu liefern."
Hektisch blinkten die kleinen Lampen an der Maschine, sie schien das Für und Wider von Janeways Vorschlag genau abzuwägen. "Wieso sollte ich Ihnen vertrauen, ich habe Sie schließlich angegriffen. Die logische Folgerung wäre ein Racheakt, getarnt durch freundliche Gebärden."
Kathryn stand in der Mitte der Brücke und hatte noch immer die Hände in die Hüften gestützt. "Sie haben doch bemerkt, dass unsere Technik der Ihrigen überlegen ist. Wir könnten Ihr Schiff ohne weiteres schwer beschädigen, wenn nicht sogar vernichten. Aber wir haben es nicht getan, da wir jegliches Leben, egal ob organischer oder maschineller Natur, achten. Wir sind keine kriegerische Rasse, wir sind Forscher." Sie machte eine kurze Pause, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen und fuhr dann fort. "Mr. Koyar, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Übermitteln Sie uns Daten über die von Ihnen benötigten Dinge. Ich werde Ihre Anforderungen dann von meinen Leuten prüfen lassen und mich wieder bei Ihnen melden. Sie gehen damit keinerlei Risiken ein."
Einige Minuten schien die Maschine wieder zu rotieren, ihre Schaltkreise mussten die Informationen erst verarbeiten und die Situation neu bewerten. "Einverstanden", kam dann die Antwort, "ich sende Ihnen Angaben der für mich am dringendsten benötigten Komponenten." Daraufhin wurde die Verbindung ohne weitere Worte unterbrochen.
"Transfer ist komplett", meldete Fähnrich Kim wenige Sekunden darauf von seiner Station. Er überspielte die Liste sofort auf ein Padd, welches er Janeway überreichte. Diese studierte die Anzeigen darauf und klopfte dann auf ihren Communicator.
"Janeway an Torres."
"Torres hier."
"B'Elanna, können wir unserem Freund da draußen etwas nitrogene Masse und Iridium zur Verfügung stellen?"
"Das dürfte kein Problem sein, Captain. Unsere Vorräte sind im Moment ausreichend."
"Gut, ich transferiere die Daten seiner Anforderungen an den Maschinenraum." Während des Sprechens las Janeway weiter auf dem Padd. "Des weiteren sehe ich, dass Mikrokomponenten verschiedener Schaltkreise benötigt werden, bitte kümmern Sie sich darum."
"Aye, Captain."
Zufrieden wandte sich Kathryn an Harry. "Rufen Sie das Schiff erneut."
Während sie auf die Verbindung wartete, dachte sie nach. So schnell hatte sie selten ein Problem mit einer fremden Rasse lösen können. Blieb nur zu hoffen, dass der Roboter nach Übergabe der Ressourcen ohne weitere Attacken seiner Wege zog. Sie blickte kurz zu Chakotay, der noch immer neben Tuvok an der taktischen Station stand. Wie gerne wäre sie jetzt mit ihm allein. Sie beiden mussten so viele Dinge besprechen. Janeway sah seine sinnlichen Lippen, die sie noch vor wenigen Stunden so leidenschaftlich geküsst hatte. Ein angenehmen Erschauern lief durch ihren Körper, als sie daran dachte. Ihre Gedanken wurden jedoch sofort wieder durch die Meldung des jungen OPS-Offiziers unterbrochen.
"Sie können sprechen, Captain."
Sofort erschien das Bild des Roboters wieder auf dem Hauptschirm. "Mr. Koyar, wir sind im Moment dabei, die von Ihnen benötigten Materialien zusammenzustellen. In Kürze können wir diese auf Ihr Schiff beamen. Ich könnte Ihnen auch ein Ingenieurteam schicken, das Ihnen hilft, die von uns verursachten Schäden wieder zu reparieren."
"Was verlangen Sie als Gegenleistung?" Irrte sie sich, oder hatte die Stimme der Maschine einen misstrauischen Klang angenommen? Kathryn beschloss, ihre Vermutung zu ignorieren, aber wachsam zu bleiben.
"Gar nichts", antwortete sie freundlich, "wir würden Sie nur gerne etwas näher kennen lernen. Es wäre lediglich gut für uns, Freunde im Deltaquadranten zu wissen. Darf ich Sie auf unser Schiff einladen?"



Es war bereits nach fünf Uhr morgens, als der fremde Roboter, der sich selbst Koyar Vier nannte und das Kugelraumschiff völlig allein steuerte, die Voyager mit den von ihm benötigten Ressourcen verließ. Die Zusammenstellung der Komponenten war für Lieutenant Torres kein Problem gewesen, die benötigten Schaltkreise waren fast identisch mit der Technik der Föderation. Janeway hatte ihm diese mit gutem Gewissen zur Verfügung stellen können, da sie die Statuten der Sternenflotte, an die sie gebunden war, keinerlei Technologie an Fremde zu geben, die sie auf Grund ihrer Entwicklungsstufe nicht erhalten durften, nicht brechen musste.
Lieutenant Carey war zusammen mit Fähnrich Vorik und zwei weiteren Ingenieuren der Voyager einige Stunden an Bord des fremden Kugelraumschiffes gewesen, um dem Roboter bei verschiedenen Reparaturen und der Installation der Ersatzteile behilflich zu sein.
Koyar Vier hatte sich nach anfänglichem Zögern bereit erklärt, seine eigene positronische Technik von B'Elanna Torres überprüfen zu lassen. Diese nahm einige Einstellungen und Verbesserungen an der Antigraveinheit des Androiden vor, damit er effizienter und sicherer über dem Boden schweben konnte. Die ungewöhnliche Fortbewegungsart der Maschine versetzte alle anfangs in großes Erstaunen.
Bevor sich ihre Wege jedoch wieder trennten, hatte der Fremde ihnen noch Sternenkarten über verschiedene Regionen des Deltaquadranten, die sie demnächst passieren würden, überlassen. Ferner hatte er ihnen taktische Informationen über ihm bekannte Völker, denen sie auf ihrem Nachhauseweg unweigerlich begegnen würden, aus seiner Datenbank überspielt. Somit mussten sie nicht blind in fremde Gebiete des Weltalls fliegen, sondern wussten wenigstens, was die Voyager in nächster Zeit erwartete und sie konnten sich entsprechend vorbereiten und darauf einstellen.
Captain Kathryn Janeway war ausgesprochen zufrieden mit der Entwicklung der Dinge in den letzten Stunden. Ihre Diplomatie hatte gesiegt, wenigstens dieses Mal.



Nach einem opulenten Frühstück mit Unmengen von frisch aufgebrühtem Kaffee im Casino und einer ausgiebigen Schalldusche hatte die Brückencrew der Voyager bereits um sieben Uhr morgens ihren Dienst wieder aufgenommen. Da der Kontakt mit dem fremden Roboter sie beinahe die gesamte Nacht gekostet hatte, stand ihnen nun ihre Tagesschicht unmittelbar bevor. Alle, mit Ausnahme von Lieutenant Tuvok wirkten etwas müde, aber dennoch zufrieden und hofften auf einen relativ ereignislosen Tag. Die Voyager flog mit Warp acht ihren ursprünglichen Kurs in Richtung Alphaquadrant und Captain Janeway beschloss, sich in ihren Bereitschaftsraum zu begeben, um alle Daten über die Ereignisse während ihrer Abwesenheit auf New Earth zu studieren. Sie mochte es, auf dem Laufenden zu sein. Auch hätte sie gerne ein persönliches Gespräch mit ihrem ersten Offizier geführt, allerdings schien ihr hier nicht der geeignete Ort zu sein. Kathryn beschloss, bis nach Dienstende zu warten und ihn dann in ihre Kabine zu bitten. Falls sie später noch in der Lage dazu sein sollte.
"Commander Chakotay", wandte sie sich an den Indianer neben ihr, "Sie haben die Brücke, ich bin in meinem Raum."
"Aye, Captain." Er sah ihr nachdenklich hinterher. Das persönliche Gespräch, welches er mit ihr führen wollte, war aufgrund der Gegebenheiten der letzten Nacht nicht möglich gewesen. Er musste sich gedulden, was ihm ausgesprochen schwer fiel.
Tuvok hatte von der taktischen Station aus den Blick des Commanders registriert, verwundert zog er eine Augenbraue in die Höhe, beschloss aber, sich keine weiteren Gedanken darüber zu machen.

*****

Aufseufzend ließ Kathryn sich nach Dienstende todmüde auf die Couch in ihrem Quartier fallen. Sie zog die Stiefel und ihre Uniformjacke aus und legte die schmerzenden Füße auf den Tisch. Sie sehnte sich nach einem heißen Bad, war aber im Moment nicht fähig, sich wieder zu erheben und in die Wanne zu legen. *Nur ein paar Minuten*, dachte Janeway bei sich, *dann stehe ich auf.*
Jedoch fielen ihr bald darauf die Augen zu und der Captain der Voyager war eingenickt.
Nach einer kurzen Phase des Tiefschlafes begann sie zu träumen.
Sie waren wieder auf New Earth, Chakotay hatte ihr das versprochene Boot gebaut und beide erkundeten nun den Fluss. Glücklich lehnte sie mit dem Rücken an ihm, den Kopf an seine Schulter geschmiegt. Er hielt sie von hinten zärtlich mit seinen Armen umschlungen und hauchte ihr von Zeit zu Zeit sanfte Küsse auf das offene Haar. Sie betrachteten die vorbeiziehende wundervolle Waldlandschaft, die sich an beiden Seiten des Ufers über ein weites Gebiet erstreckte und genossen die warmen Strahlen der Sonne, die auf sie hernieder schienen.
"Das Wasser ist so schön klar und ruhig", Kathryn drehte ihren Kopf nach hinten und küsste den geliebten Mann zärtlich auf die Lippen, "lass uns schwimmen gehen."
"Hmm", meinte der Indianer, "ich habe meine Badehose vergessen." Verschmitzt grinste er sie an.
"Ich ebenfalls", lächelte Janeway zurück und blickte sich um, "siehst du hier irgendwo Zuschauer?" Mit diesen Worten erhob sie sich, sie balancierte vorsichtig in der Mitte des Bootes ihr Gewicht aus, und begann, ihre gesamte Kleidung abzustreifen. Mit einem gekonnten Kopfsprung, der durch den Druck ihres Körpergewichtes das Boot leicht ins Schaukeln brachte, tauchte sie elegant in das kühle Nass. Als ihr Gesicht wieder an der Wasseroberfläche erschien, rief sie ihm sofort zu. "Nun komm schon, du Feigling", übermütig lachte sie bei ihren Worten und spritzte mit beiden Händen Wasser in seine Richtung, "es ist einfach herrlich." Kathryn legte sich im Wasser auf den Rücken und schwamm ein Stück vom Boot weg.
Fasziniert und unfähig, sich zu bewegen, hatte Chakotay sie beobachtet, endlich riss er sich aus seiner Starre und begann, sich behänd auszuziehen. Nichts konnte ihn mehr halten, sofort darauf stürzte er sich ebenfalls in die kühlen Fluten. Geradewegs schwamm er mit raschen Zügen auf sie zu und schloss sie sofort, als er sie erreicht hatte, in seine Arme. Leidenschaftlich küsste er sie, wobei beide nicht verhindern konnten, dass ihre Köpfe untertauchten. Prustend kamen sie nach kurzer Zeit wieder an die Oberfläche und hielten sich locker in den Armen, um genügend Platz für Schwimmbewegungen ihrer Füße zu haben, damit sie nicht wieder im Wasser versanken. Janeway strich dem Indianer zärtlich über die nassen Haare und seine Tätowierung an der Stirn. Mit einem tiefen Blick in seine Augen, der alle die Liebe, die sie für ihn empfand, ausdrückte, bat sie ihn. "Ich möchte für immer hier bleiben, bitte lass nie zu, dass wir weg müssen." Chakotays Antwort war ein weiterer leidenschaftlicher Kuss, der rasch an Intensität gewann und intimer wurde.

Unvermittelt riss der Türmelder Kathryn aus ihren Träumen, die eine aufwühlende Wirkung auf sie gehabt hatten. Schwer atmend, mit glühenden Wangen und irritiert sah sie sich in ihrer Kabine um. Enttäuscht registrierte sie, dass das soeben erlebte nicht real gewesen war. *Nur ein Traum...*, dachte sie traurig.
"Einen Moment bitte", rief sie, als das lästige Geräusch an der Tür sich wiederholt hatte, in Richtung Kabineneingang. Sie musste sich erst wieder ein wenig fangen und ihre Emotionen unter Kontrolle bringen. Langsam stand sie auf, sie verzichtete jedoch darauf, ihre schmerzenden Füße wieder in die engen Stiefel zu zwängen, und straffte die Schultern. Nach letzten prüfenden Handgriffen auf ihre Frisur ging sie auf die Tür zu. Sie betätigte den Öffner manuell, während sie sich mit einem Ellenbogen an der Wand abstützte und ihren Kopf gegen die Handfläche lehnte. Erwartungsvoll blickte sie hoch.
"Darf ich hereinkommen?"
*Manchmal werden Wünsche erfüllt*, dachte Janeway bei sich, als sie ihren ersten Offizier erblickte. Keine andere Person hätte sie im Moment ertragen können. Der Dienst war hart und unendlich lang für sie gewesen. Den Mann, den sie über alles liebte, neben sich zu wissen und ihn nicht berühren zu dürfen, hatte sie an die Grenzen ihrer Selbstbeherrschung gebracht. Die förmliche Anrede in den vergangenen drei Schichten, die sie beinahe ohne Unterbrechung absolviert hatten, war ihr ausgesprochen schwer über die Lippen gekommen. Sie wusste nicht, wie lange sie das auf Dauer durchstehen konnte. Schweigend, mit einem leisen Lächeln auf den Lippen trat Kathryn beiseite, um ihm Zugang zu ihrem Quartier zu gewähren.
Als sich die Tür endlich hinter ihm geschlossen hatte, konnte sie ihre aufgestauten Gefühle, die auch noch durch das soeben unterbrochene Traumerlebnis forciert worden waren, nicht mehr zurückhalten.
Kathryn ging auf ihn zu und schlang die Arme um seinen Hals, um ihn sofort leidenschaftlich zu küssen. Glücklich erwiderte Chakotay den Kuss, seine Zweifel waren beiseite geräumt, er wusste nun, dass es für sie beide eine gemeinsame Zukunft auf dem Schiff geben würde.

-Ende-
Rezensionen