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Der Pakt mit dem Teufel

von CAMIR

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Es war kein angenehmes Erwachen. Der Boden war hart und kalt, das Schiff bebte, die Alarmsirenen heulten und auch sonst war klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.


Benommen setzte sich Kathryn Janeway auf und rieb ihren Hinterkopf. Dabei griff ihre Hand in etwas Feuchtes. Sie hatte sich scheinbar eine Platzwunde zugezogen, wie ihr das frische rote Blut an ihren Fingern bestätigte. Mit einem abfälligen Grunzen rieb sie es an ihrem Badeanzug ab und suchte nach ihrem Kommunikator. Was hatte den roten Alarm ausgelöst und warum hatte man sie nicht informiert?


„Janeway an Chakotay!“


Die einzige Antwort, die sie bekam war Rauschen in der Leitung.


Sie versuchte es erneut, ohne Erfolg.


„Computer, lokalisiere Commander Chakotay!“


„Commander Chakotay befindet sich nicht an Bord.“


„Wann hat Sie das Schiff verlassen?“


„Um 0823 Uhr.“


Also vor wenigen Minuten, wenn ihr Zeitgefühl sie nicht trog.


Einen kurzen Moment dachte Janeway nach, dann tippte sie erneut an den Kommunikator.


„Janeway an Tuvok!“


Stille.


„Janeway an Torres!“


Wieder Schweigen.


Was war nur passiert? Sie holte tief Luft, versuchte die aufkommende Panik zu unterdrücken und dann alles ganz analytisch anzugehen.


„Computer, wie viele Personen befinden sich zurzeit an Bord der Voyager?“


„Eine!“


Sie brauchte jetzt nur noch die Bestätigung des Offensichtlichen.
„Identifizieren!“


„Captain Kathryn Janeway!“


„Ursache für den roten Alarm?“


„Unbekannt.“


„Warnsignal deaktivieren!“


Die Sirenen verstummten augenblicklich. Das Geräusch lenkte nur vom Denken ab.


Resigniert ließ Janeway ihre Hand sinken. Wenn das ein böser Traum war, sollte sie besser ganz schnell aufwachen. Während sie sich aufrichtete und ihre Uniform zusammensuchte, versuchte sie, mental ein Bild über die Lage zu bekommen. Die ihr bekannten Fakten waren rar gesät.


Zwei Stunden vor Beginn ihrer Schicht hatte sie Holodeck Zwei betreten. Seit einiger Zeit hatte sie es sich angewöhnt, noch ein wenig schwimmen zu gehen, bevor sie mit der Arbeit begann. Es erfrischte sie und das Programm, auch wenn es lediglich einen simplen Bergsee darstellte, beruhigte sie und gab ihr Zuversicht. Heute aber, war etwas ganz gewaltig schief gegangen. Sie erinnerte sich an einen Lichtblitz, ein Flackern der Holomatrix und an ein Beben, das durch das Schiff ging. Dann hatte es den Alarm gegeben. Kurz darauf hatte sich das Programm beendet und sie war auf den Boden des Holodecks gefallen. Sie musste wohl mit dem Kopf zuerst aufgekommen sein, was ihre kurze Erinnerungslücke und die Platzwunde erklärte. Und nun war ihre Crew verschwunden, ohne dass es auch nur den geringsten Anhaltspunkt darüber gab.


Nachdem sie ihren Badeanzug gegen die Uniform getauscht hatte, verließ sie das Holodeck. Die Notbeleuchtung, die ihr auf dem Korridor entgegenschlug, vermittelte schon einmal einen ersten Eindruck davon, wie es um ihr Schiff stand.


 


Auf dem Weg zum Turbolift legte Janeway noch einen Zwischenstopp bei einem der Waffenschränke ein, die sich auf jedem Deck befanden. Sie wusste nicht, was auf sie zukommen würde und wollte in jedem Fall vorbereitet sein. Mit einem Phasergewehr auf dem Rücken und einem Phaser an ihrer Seite fühlte sie sich bereits bedeutend wohler. So wie der Tag angefangen hatte, war einfach alles möglich.


Nachdem sie sich ausgerüstet hatte, ging es direkt weiter zur Brücke.


Das Kommandozentrum des Schiffs war in ein unheimliches Dämmerlicht getaucht. Es war so still, ohne das geschäftige Treiben von Offizieren. Einzig ein paar Konsolen piepten hin und wieder, wie als riefen sie nach jemandem, der sie bediente. Vor ein paar Minuten hatten hier noch ihre Brückenoffiziere gestanden. Nun waren sie fort, an einem unbekannten Ort, aber hoffentlich noch am Leben.


Sie setzte sich auf ihren Stuhl und ließ sich die Sensoraufzeichnungen der letzten halben Stunde anzeigen.


 


Auf der Brücke der Voyager herrschte das übliche, alltägliche geschäftige Treiben. Jeder ging seiner ausgewiesenen Tätigkeit nach und das Schiff flog konstant mit Warp 6. Chakotay hatte das Kommando inne, Tom Paris saß bereits am Steuer, hatte aber nicht viel zu tun. Tuvok bemannte seine taktische Konsole. Er war zwar, wie immer, in seine Anzeigen vertieft, schien aber keine Anomalien zu bemerken. Niemand war in irgendeiner Weise beunruhigt, ganz im Gegenteil.


„Wann trifft der Captain ein?“


Tom Paris drehte sich nach hinten um, er wirkte gut gelaunt.


Chakotay warf einen Blick auf das Chronometer.


„Sie sollte jeden Moment da sein.“


Paris wollte noch etwas darauf antworten, als Tuvoks ruhige Stimme die Konversation unterbrach.


„Commander, die Sensoren zeigen einen Energieanstieg im Subraum an. Eine Welle unbekannter Herkunft bewegt sich auf die Voyager zu.“


„Wie lange bis zum Aufprall?“


„Weniger als 30 Sekunden!“


„Roter Alarm und Schilde hoch!“


Sofort sprang die Alarmsirene an und die roten Warnleuchten begannen zu blinken.


Unmittelbar darauf wurde die gesamte Brücke in grelles Licht getaucht, danach war niemand mehr zu sehen.



Damit endete die Sensoraufzeichnung. Abwesend strich Janeway über die Lehnen ihres Stuhls, auf dem vor wenigen Minuten noch Chakotay gesessen hatte. Was war mit ihm passiert? Mit ihm und allen anderen? Sie mussten noch am Leben sein, an eine andere Möglichkeit wollte sie gar nicht erst denken. Es gab keinen Grund für sie, anzunehmen, dass ihre Besatzungmitglieder tot waren. Jedenfalls schwebten sie nicht in unmittelbarer Nähe des Schiffes im All. Solange ihr also niemand das Gegenteil bewies, gab es keinen Grund, nicht nach ihnen zu suchen. Leider hatte die Aufzeichnung keine weiteren Hinweise, was es war, das die Voyager getroffen hatte. Tuvok hatte von einem Energieanstieg gesprochen und auch eine nachträgliche Analyse der Aufzeichnungen, die sie dem Computer in Auftrag gegeben hatte, lieferte keine neuen Erkenntnisse. Was immer es auch war, die Datenbanken kannten nichts Vergleichbares. Es blieb auch unklar, ob die Energiewelle natürlichen oder künstlichen Ursprungs war. Für den Moment ging Janeway jedenfalls davon aus, dass eine Intelligenz dahintersteckte. Sie wollte nicht aus Unachtsamkeit oder falschen Annahmen etwas übersehen, was sich im Nachhinein als kritischer Fehler herausstellte, daher war es besser, erst einmal übervorsichtig zu sein. So wie es aussah, war sie die einzige verbliebene Chance für ihre Crew, wieder auf das Schiff zurückzukehren.


Ein Stechen in ihrem Hinterkopf machte sie auf die unbehandelte Wunde aufmerksam. In naher Zukunft sollte sie wohl auf die Krankenstation gehen und sich darum kümmern.


Die Krankenstation! Natürlich!


„Computer, befindet sich das Medizinisch Holografische Notfallprogramm noch den Datenbanken.“


„Positiv!“


Janeway atmete erleichtert aus. Sie war nicht mehr alleine an Bord. Das waren die ersten guten Nachrichten, die sie an diesem Tag bekam.


„Aktivieren!“


Sie wartete einen kurzen Augenblick, bis sie sicher war, dass der Doktor auch wirklich aus seinem erzwungenen Schlaf erwacht war. Dann kontaktierte sie ihn.


„Janeway an den Doktor.“


„Doktor hier.“ Seine Stimme klang genervt und sie wusste, er wollte Antworten. Genau wie sie. Vermutlich sah es auf seiner Krankenstation genauso düster aus, wie hier.


„Bitte kommen Sie auf die Brücke und bringen Sie ein Medkit mit. Ich erkläre Ihnen dann was ich weiß.“


„Verstanden.“


 


Während sie auf den Doktor wartete, ging Janeway weiter zu Tuvoks Konsole. Nachdem aus den vorhandenen Daten nichts darüber zu erfahren war, was mit ihrer Crew geschehen war, musste sie mit dem nächsten logischen Schritt fortfahren: der Bestandsaufnahme.


Glücklicherweise waren die Sensoren sowohl für innerhalb, als auch außerhalb des Schiffes kaum beeinträchtigt worden. Das bedeutete, der Schiffscomputer würde ihnen Bescheid geben, wenn jemand das Schiff betrat und auch die Schutzprotokolle der Voyager waren bis zu einem gewissen Grad noch aktiv. Einzig die Langstreckensensoren waren ausgefallen, sodass es vorerst schwierig war, etwas mehr über diesen Raumsektor in Erfahrung zu bringen. Bis das behoben war, mussten sie sich auf vorher aufgezeichnete Daten verlassen. Die Kurzstreckensensoren vermeldeten weder Planeten noch Schiffe in unmittelbarer Nähe. Das konnte sich allerdings binnen Minuten ändern.


Waffen und Schilde waren in einem kläglicheren Zustand. Das Leitungsnetz war überlastet worden. Aber das war wenig verwunderlich, wenn man bedachte, welche Energie die Voyager getroffen hatte. Lebenserhaltung und Replikatoren waren nicht betroffen, sodass zumindest unmittelbar keine Gefahr für ihr Leben bestand. Beim Antrieb sah es schon bedenklicher aus. Der Warpantrieb war ausgefallen und es war Janeway von vornherein klar, dass sie diesen ohne B’Elanna niemals zufriedenstellend reparieren konnte. Wenn sie die Energie kurzfristig durch andere Systeme leitete, konnte das Schiff zwar für einige Zeit mit Warp fliegen. Die unumstößliche Konsequenz war hingegen, dass damit weitere Systeme überlastet wurden, deren Reparatur sie mit dem Doktor niemals alleine leisten konnte. Sie behielt diese Option zumindest im Hinterkopf, für den Fall dass ein solches Vorgehen notwendig werden sollte.


Der Impulsantrieb war ebenfalls beeinträchtigt, konnte aber innerhalb einer längeren Zeitspanne wieder zum Laufen gebracht werden. Allerdings waren sie mit Impuls niemals so schnell, wie mit Warp, weswegen es fraglich war, ob diese Reparatur als erstes sinnvoll war. Weiterhin saß die Voyager ohne Schilde erst recht auf dem Trockenen und war somit ein lohnendes Ziel für angreifende Schiffe und mögliche Plünderer. Die Art und Weise der Schäden überzeugten Janeway immer mehr davon, dass eine Intelligenz hinter der Energiewelle steckte. Verteidigungssysteme waren effizient deaktiviert worden, genauso wie die Möglichkeit zu fliehen, während die Systeme, die es ermöglichten bequem an Bord zu überleben, einwandfrei funktionierten.


So absurd es klang, war es vermutlich trotz allem am sinnvollsten, den Warpantrieb für einen letzten Flug zusammenzuflicken. Wenn Janeway nicht alles täuschte, waren sie an einem Nebel vorbeigeflogen, in dem sie die Voyager zumindest für einige Zeit verstecken konnte. Das Schiff steckte dort dann zwar fest, war aber keine so leichte Beute mehr, wie an der momentanen Position. Für mögliche Erkundungen gab es dann immer noch den Deltaflyer.


 


Das Zischen der Brückentüren kündigte die Ankunft des Doktors an. Sie drehte sich um und war noch nie so erleichtert in das mürrische Gesicht des holografischen Arztes zu sehen. Er sah sich um, zog eine Augenbraue hoch und blickte ihr dann in die Augen.
„Jetzt erklären Sie mir mal bitte, was hier vorgefallen ist!“


„Ich weiß auch kaum mehr als Sie. Nur eines kann ich mit Gewissheit sagen. Wir sind momentan die einzigen Besatzungsmitglieder auf dem Schiff, Doktor.“


Sie gab ihm eine Zusammenfassung ihrer bisherigen Erkenntnisse.


Einen kurzen Augenblick starrte er sie mit offenem Mund an.


„Ich kann mich an ein Beben erinnern, dann muss ich wohl deaktiviert worden sein.“


„So ähnlich ist es mir auch ergangen. Ich bin zwar nicht aus Photonen, wie Sie, aber ein Schlag auf den Kopf hat ähnliche Auswirkungen, zumindest was das Gedächtnis angeht. Könnten Sie sich das bitte einmal ansehen?“


Sie trat auf ihn zu, sodass er die blutige Stelle sehen konnte.


„Selbstverständlich.“


Er holte einen medizinischen Tricorder und einen Regenerator aus seinem Medkit hervor.


„Bevor Sie fragen: Ursache der Verletzung ist ein plötzlich deaktiviertes Holodeck. Ich bin unsanft gelandet.“


„Ich verstehe.“


Er scannte sie mehrere Male mit dem Tricorder.


„Sie waren also auf dem Holodeck?“


„Ganz recht. Ich dachte mir, ich müsste einmal wieder etwas für meine Gesundheit machen und bin geschwommen.“


„Sehr löblich.“


„Das bedeutet aber natürlich auch, dass ich nicht gesehen habe, was mit der Besatzung passiert ist, ich sah nur eine Sensoraufzeichnung. Von einem Moment auf den anderen waren sie verschwunden. Ich weiß genauso wenig, warum es mich nicht erwischt hat.“


„Darüber können Sie sich später noch Gedanken machen. Wichtig ist erst einmal nur, dass Sie hier sind. Ich habe übrigens gute Neuigkeiten. Die Wunde ist nur äußerlich, keine Gehirnerschütterung oder Ähnliches.“


„Das beruhigt mich.“


„Ich wusste doch, dass Sie ein ziemlicher Dickschädel sind.“


Er setzte den Regenerator ein und nach einem kurzen Augenblick waren die Schmerzen verschwunden. Das Blut in den Haaren musste sie dann bei Gelegenheit auch noch entfernen, aber das war zunächst nebensächlich.


Reflexartig rieb sie sich die Stelle, aber es war tatsächlich nichts mehr zu spüren.


„Saubere Arbeit, danke Doktor.“


„Gern geschehen.“


Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Solange sie die Möglichkeit hatte, auch nur etwas zu tun, würde sie dies tun. Die Ablenkung hinderte sie daran, zu verzweifeln.


Sie wandte sich von der Konsole ab. Der Doktor wartete bereits mit verschränkten Armen auf sie.


„Haben Sie schon einen Plan, Captain?“


„Ich weiß nur, dass wir zuerst von hier fort müssen, auch wenn es bedeutet den Warpantrieb erst einmal vollends zu ruinieren. Danach können wir uns um Schilde und Impulsantrieb kümmern. Und natürlich darum, die Crew zu finden.“


Sie legte ihm ihre Überlegungen dar, wie sie sich in den letzten Minuten langsam geformt hatten. Etwas Besseres wusste sie nicht. Er schien keine Einwände zu haben.


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