Schon in aller Frühe, keine drei Minuten nach Dienstantritt, waren sie das erste Mal aneinandergeraten; inzwischen war es spätabends und sie hatten eine Dreizehnstundenschicht hinter sich, geprägt von nicht enden wollenden Diskussionen, handfesten Meinungsverschiedenheiten, subtilen und weniger subtilen Untergriffigkeiten, lächerlichem Imponiergehabe und unvermeidlichen Machtkämpfen. So ging es schon seit Wochen und eine Besserung ihrer verfahrenen Situation war nicht in Sicht – schließlich waren sie hier mitten im Tiefenraum, am äußersten Rande des Föderationsterritoriums, mit Lichtjahren und Lichtjahren schwarzen Nichts um sie herum und weit und breit kein Horizont an dem ein metaphorischer Silberstreif erscheinen könnte.
Hic sunt dracones.
Sie betrat den Turbolift mit einem kleinen Seufzen und einem nur schlecht versteckten Augenrollen, gar nicht begeistert. Die Kabine war klein und eng, die Fahrt lang und ruckelig, die Spannung deutlich in der Luft zu spüren.
„Thelv.“ Naomi Wildman nahm die Anwesenheit ihrer andorianischen Sicherheitschefin mit einem knappen Nicken zur Kenntnis, nicht mehr.
„Wildman.“ Kerra Thelv knurrte und drängte sich raumgreifend hinein, besah ihre Kommandantin mit einem kalten Blick, der kurz genug war um nicht respektlos zu erscheinen und lang genug um unmissverständlich mitzuteilen, dass sie nach Dienstschluss keinen gesteigerten Wert auf Kommunikation legte.
Der Turbolift schleppte sich unerträglich langsam durch den tausendmal geflickten hunderte Jahre alten Stahl, der Deep Space K-7 war. Die Beleuchtung flackerte alle paar Sekunden für ein paar Sekunden, eher irritierend als wirklich bedrohlich. Mit der Zeit gewöhnte man sich daran.
Kerra Thelv presste einen farbenfrohen Fluch auf andorii zwischen den Zähnen hervor der an nichts und niemand bestimmten und doch an alles zugleich gerichtet war – der Turbolift im Speziellen, der desolate Zustand der Station im Allgemeinen, der mühselige Dienst, die ungeliebte Kommandantin, was auch immer, wenn Kerra Thelv zornig war, dann meist weitausholend und allumfassend. Sie musste sich jetzt erst einmal abreagieren, eine ganze Horde an Hologrammen niedermetzeln um nicht die Kommandantin niederzumetzeln, das würde ihr guttun.
Naomi Wildman murmelte etwas auf tov-K’taar in sich hinein, frustriert und beinahe unhörbar. Sie hatte eigentlich kaum die Zeit darüber nachzudenken, aber insgeheim hatte sie doch Heimweh und die Station und deren Bewohner machten es ihr nicht unbedingt einfach, sich einzuleben und wohlzufühlen. In all diesem Tumult brauchte sie ihren Frieden, freute sich auf die Ruhe ihres Quartiers, ein Bad und ein Buch und wenn sie Glück hatte ein Subraumgespräch mit ihrem Bruder zuhause auf Ktaris, das würde ihr guttun.
Für einen kurzen Moment kreuzten sich die Blicke der beiden Frauen. Unbewusst hatten sie beide ihren Standpunkt klar gemacht: sie verstanden einander nicht und bemühten sich auch gar nicht länger darum, und das hatte nichts mit einer Fehlfunktion der Universalübersetzermatrix zu tun.
Die nächste Turbulenz des Turbolifts fiel heftiger aus als erwartet. Für gewöhnlich war es nur ein kurzes, stockendes Ruckeln, diesmal jedoch schwankte die ganze Kabine, so als ob die Trägheitsdämpfer den Geist aufgegeben hätten, und sie schienen für etwa einen Meter einfach in die Tiefe zu sacken bis sie im Nichts des Schachts aufprallten und scheinbar volley zurückgestoßen wurden als die Systeme wieder zu laufen begannen.
Ein Singen in den Ohren, ein flaues Gefühl in der Magengegend.
Kerras Antennen zitterten und schafften es nicht, die verlorene Balance auszutarieren und dann gaben ihre Knie nach. Hastig tastete sie in alle Richtungen, versuchte sich irgendwo festzuhalten bevor es unweigerlich peinlich wurde. Sie schwankte und taumelte und stieß fluchend gegen Naomi, die rasch und umsichtig nach ihrem Arm fasste und sie festhalten wollte. Sie stabilisierte sich an dem erstbesten stabilen Element das sie zu fassen kriegte, und das war kein Pfeiler und kein Geländer sondern Naomis Hüfte. Das merkte sie zu spät – verdammt, reiß dich zusammen, Kerra – und brauchte etwas zu lange um sich wieder zu sammeln.
„Alles in Ordnung, Thelv?“ Naomis Stimme klang ehrlich besorgt, doch vorsichtigerweise nicht zu sehr.
„Jaja. Schon gut.“ Kerra knurrte, nur schwach denn ihr war noch immer schwindlig. Ausgerechnet jetzt hatte ihr das passieren müssen, ausgerechnet vor ihrer Kommandantin hatte sie ihre größte Schwäche zeigen müssen.
Und da war Naomis Hand, immer noch auf Kerras Arm und Kerras Hand, immer noch auf Naomis Hüfte.
Kerra musterte sie, sah erst weg als Naomi wieder hinsah. Sie standen sich viel näher als sie sollten.
„Wildman.“, knurrte Kerra, doch zum ersten Mal klang es nicht wie eine Warnung obwohl sie die Hände zu Fäusten ballte.
„Thelv.“, sagte Naomi, melodisch und sanft, fast so als sei es ein zaghaftes Friedensangebot.
Naomi zog die Hand zurück, plötzlich hastig und beinahe verlegen. Kerra sah hoch.
Ihre Blicke kreuzten sich, zwei unerbittlich blaue Augenpaare in denen so viel Feuer und Starrsinn steckte. Sie starrten sich regelmäßig an, meist eisig und verächtlich wenn sie umeinander herumtanzten wie zwei archaische Kämpferinnen in einer Arena – doch das war anders, das war kein martialisches Spektakel und ihre Blicke waren blau, aber nicht länger kalt, herausfordernd, aber nicht länger feindselig. Es war als könnten sie auf einmal tiefer sehen und mehr erkennen als bisher.
Die Luft war mit einem Schlag fühlbar elektrisiert und dann ging das Licht wieder für ein paar Sekunden aus. Sie nutzten die Dunkelheit und die vermeintliche Orientierungslosigkeit instinktiv für eine weitere Berührung, nur scheinbar zufällig streiften sie aneinander und es prickelte, es knisterte, es brannte, es war beängstigend und wunderbar.
„Thelv...“, sagte Naomi, mit belegter Stimme diesmal, räusperte sich unbehaglich.
„Kerra.“, sagte Kerra nachdrücklich, und ein Anflug von Wahnsinn kribbelte durch ihre Antennen.
„Kerra.“, wiederholte Naomi etwas dämlich und spürte, wie ihr Mund plötzlich ganz trocken wurde.
„Naomi.“, sagte Kerra mit einem verräterischen Klirren in der Stimme; und hätte Naomi mehr über Andorianer gewusst hätte sie diesen bestimmten Tonfall eindeutig interpretieren können, doch man musste kein Genie sein und kein Doktorat in Xenologie erworben haben um zu erraten worum es ging.
Mit einem Schritt stand Kerra direkt vor Naomi, Nasenspitze an Nasenspitze und sie spürten den Atem der anderen im Gesicht. Kerra legte ihre Hand in Naomis Nacken und ihre silbrigblauen Lippen auf Naomis Mund.
Der Kuss war energisch, fordernd und besitzergreifend – und er wurde ebenso jäh erwidert.
„K...“ Als Naomi unvermittelt erstarrte taumelte Kerra erschrocken zurück, wandte sich hastig ab bevor Naomi etwas sagen konnte. Wie konnte sie nur so impulsiv und geradeheraus dämlich sein, es war ein Fehler und sie würde es bereuen, so viel war sicher. Sie war die Kommandantin, verdammt, sie mochten sich nicht einmal.
„Computer, Turbolift anhalten.“, vervollständigte Naomi ihren Satz und grinste vielsagend.
Kerra schnaufte erleichtert, doch nicht lange bis es ihr wieder den Atem verschlug weil sie rücklings gegen ein Schott gedrängt wurde, Naomis Mund gierig auf ihrem, die Hände an ihrer Hüfte und in ihrem transparenten Haar. Es war ein schwindelerregender Kuss, der rasch wesentlich intensiver wurde. Mit einem wohligen Summen erforschten Naomis Hände Kerras Körper entlang der Konturen der Uniform, prall und muskulös und reaktionsschnell, und sie konnte nicht anders als sich zu wundern ob sie überall blau sei und ob sie das noch herausfinden würde. Kerra ergriff Naomis Hand, führte sie mit einem beinahe flehenden Blick zu ihren Antennen, legte Naomis ratlose Finger darum und leitete sie wortlos dazu an – nein, sie lud sie ein – die andorianischen Sinnesorgane zu erkunden während sie sich neugierig Naomis zarter und so fremder Figur widmete, ihrem Rücken, ihrer Taille, ihrem Hintern, ihrem Seufzen.
„Kerra.“, flüsterte Naomi irgendwann, als sie es schaffte sich vorübergehend von diesen sinnlichen blauen Lippen zu lösen. „Kerra, was jetzt?“
Sie standen sich keuchend gegenüber, kaum einen halben Schritt hatten sie sich voneinander entfernt, Naomis Finger spielten unaufhörlich weiter mit Kerras Antenne und Kerras Hand hatte ihren Weg unter die Uniformjacke gefunden und hielt Naomis volle, feste Brust umfasst. Und als sie sich ansahen wussten sie, dass das jetzt nicht aufhören konnte.
„Holodeck.“, schlug Kerra wie aus der Pistole geschossen vor. Dort hätten sie etwas Privatsphäre und es war noch längst nicht so verfänglich wie eins ihrer Quartiere.
„Nahkampftraining?“, neckte Naomi. „Hast mir letztens erst vorgeworfen, ich würde nichts taugen ...“
„Muss meine Meinung wohl revidieren.“, knurrte Kerra und richtete sich hastig die Frisur, bevor sie aus dem Turbolift traten. „Was nicht heißt, dass ich dich nicht trotzdem manchmal am Liebsten gegen die Wand klatschen würde.“
„Erlaubnis erteilt.“, knurrte Naomi vieldeutig und dann quietschen die Türen schon und öffneten sich.
Zwei atemlose Unschuldsmienen durchquerten eiligen Schrittes die viel zu langen Korridore vom Turbolift zum Holodeck, nebeneinander und doch nicht zusammen. Jeder dem sie begegneten nahm wie automatisch an, dass die aufgeregt fleckige Röte im Gesicht der Kommandantin und die dunkel glänzende Blaufärbung im Gesicht der Sicherheitschefin einem weiteren ihrer legendären Konflikte geschuldet waren. Doch sie waren sich noch nie zuvor über irgendetwas so einig gewesen und würden es wahrscheinlich nie wieder sein.
Naomi verriegelte das Holodeck und startete ein Programm – welches war ganz nebensächlich, solange es keine von Kerras Trainingssimulationen war, und so landeten sie auf einem langvergessenen Planeten irgendwo im Deltaquadranten, an den Naomi sich so gerne erinnerte. Kerra schlüpfte behände aus ihrer Uniformjacke und ihrem langärmligen Blouson, und als Naomi sich ihr zuwandte stand sie nur in einem ebenso tiefausgeschnittenen wie enganliegenden Stück Funktionswäsche da, standardweiß mit grauer Einfassung wie alles was man in der Sternenflotte üblicherweise drunter trug, doch im Kontrast zu Kerras hellblauer Haut sah es richtig gut aus. Naomi musterte sie und schaute anerkennend, unter der klobigen Uniform versteckte Kerra doch eine äußerst ansehnliche Figur, straff und durchtrainiert, von der sie nicht länger die Finger lassen wollte. Sie spürte wie ihr ganzer Körper auf diesen so fremden und so attraktiven Anblick reagierte, leckte sich lasziv die Lippen und Kerra erwiderte sofort.
Naomis Finger an Kerras Antennen, eine Hand über ihre Lenden und ihren Rücken kratzend und dunkelblaue Striemen hinterlassend. Kerra knurrte und rief Zusammenhangloses auf andorii, mit einem lustvollen Klirren in der Stimme. Naomi unter ihr auf dem Rücken, ausgestreckt und festgepinnt und glorreich, Kerras Mund und Hände auf ihren Brüsten und überall, sie stöhnte und wand sich genüsslich unter jeder Bewegung und jeder Berührung ...
Und gerade als er befriedigt seufzen wollte, störte ihn ein nachdrückliches Klopfen an sein Bewusstsein. Widerwillig kehrte er in die Realität des Kontinuums zurück und blickte hoch. Sie lachte ein mädchenhaftes, helles Lachen als sie sehen und fühlen konnte, woran er gerade gedacht hatte, rempelte ihn scherzhaft. Sie schlang sich liebevoll um ihn und knabberte neckisch an seinem Ohr.
„Du bist unmöglich, du und deine Phantasie...“
„Das, Geliebte, war nicht meine Phantasie...“
Hic sunt dracones.
Sie betrat den Turbolift mit einem kleinen Seufzen und einem nur schlecht versteckten Augenrollen, gar nicht begeistert. Die Kabine war klein und eng, die Fahrt lang und ruckelig, die Spannung deutlich in der Luft zu spüren.
„Thelv.“ Naomi Wildman nahm die Anwesenheit ihrer andorianischen Sicherheitschefin mit einem knappen Nicken zur Kenntnis, nicht mehr.
„Wildman.“ Kerra Thelv knurrte und drängte sich raumgreifend hinein, besah ihre Kommandantin mit einem kalten Blick, der kurz genug war um nicht respektlos zu erscheinen und lang genug um unmissverständlich mitzuteilen, dass sie nach Dienstschluss keinen gesteigerten Wert auf Kommunikation legte.
Der Turbolift schleppte sich unerträglich langsam durch den tausendmal geflickten hunderte Jahre alten Stahl, der Deep Space K-7 war. Die Beleuchtung flackerte alle paar Sekunden für ein paar Sekunden, eher irritierend als wirklich bedrohlich. Mit der Zeit gewöhnte man sich daran.
Kerra Thelv presste einen farbenfrohen Fluch auf andorii zwischen den Zähnen hervor der an nichts und niemand bestimmten und doch an alles zugleich gerichtet war – der Turbolift im Speziellen, der desolate Zustand der Station im Allgemeinen, der mühselige Dienst, die ungeliebte Kommandantin, was auch immer, wenn Kerra Thelv zornig war, dann meist weitausholend und allumfassend. Sie musste sich jetzt erst einmal abreagieren, eine ganze Horde an Hologrammen niedermetzeln um nicht die Kommandantin niederzumetzeln, das würde ihr guttun.
Naomi Wildman murmelte etwas auf tov-K’taar in sich hinein, frustriert und beinahe unhörbar. Sie hatte eigentlich kaum die Zeit darüber nachzudenken, aber insgeheim hatte sie doch Heimweh und die Station und deren Bewohner machten es ihr nicht unbedingt einfach, sich einzuleben und wohlzufühlen. In all diesem Tumult brauchte sie ihren Frieden, freute sich auf die Ruhe ihres Quartiers, ein Bad und ein Buch und wenn sie Glück hatte ein Subraumgespräch mit ihrem Bruder zuhause auf Ktaris, das würde ihr guttun.
Für einen kurzen Moment kreuzten sich die Blicke der beiden Frauen. Unbewusst hatten sie beide ihren Standpunkt klar gemacht: sie verstanden einander nicht und bemühten sich auch gar nicht länger darum, und das hatte nichts mit einer Fehlfunktion der Universalübersetzermatrix zu tun.
Die nächste Turbulenz des Turbolifts fiel heftiger aus als erwartet. Für gewöhnlich war es nur ein kurzes, stockendes Ruckeln, diesmal jedoch schwankte die ganze Kabine, so als ob die Trägheitsdämpfer den Geist aufgegeben hätten, und sie schienen für etwa einen Meter einfach in die Tiefe zu sacken bis sie im Nichts des Schachts aufprallten und scheinbar volley zurückgestoßen wurden als die Systeme wieder zu laufen begannen.
Ein Singen in den Ohren, ein flaues Gefühl in der Magengegend.
Kerras Antennen zitterten und schafften es nicht, die verlorene Balance auszutarieren und dann gaben ihre Knie nach. Hastig tastete sie in alle Richtungen, versuchte sich irgendwo festzuhalten bevor es unweigerlich peinlich wurde. Sie schwankte und taumelte und stieß fluchend gegen Naomi, die rasch und umsichtig nach ihrem Arm fasste und sie festhalten wollte. Sie stabilisierte sich an dem erstbesten stabilen Element das sie zu fassen kriegte, und das war kein Pfeiler und kein Geländer sondern Naomis Hüfte. Das merkte sie zu spät – verdammt, reiß dich zusammen, Kerra – und brauchte etwas zu lange um sich wieder zu sammeln.
„Alles in Ordnung, Thelv?“ Naomis Stimme klang ehrlich besorgt, doch vorsichtigerweise nicht zu sehr.
„Jaja. Schon gut.“ Kerra knurrte, nur schwach denn ihr war noch immer schwindlig. Ausgerechnet jetzt hatte ihr das passieren müssen, ausgerechnet vor ihrer Kommandantin hatte sie ihre größte Schwäche zeigen müssen.
Und da war Naomis Hand, immer noch auf Kerras Arm und Kerras Hand, immer noch auf Naomis Hüfte.
Kerra musterte sie, sah erst weg als Naomi wieder hinsah. Sie standen sich viel näher als sie sollten.
„Wildman.“, knurrte Kerra, doch zum ersten Mal klang es nicht wie eine Warnung obwohl sie die Hände zu Fäusten ballte.
„Thelv.“, sagte Naomi, melodisch und sanft, fast so als sei es ein zaghaftes Friedensangebot.
Naomi zog die Hand zurück, plötzlich hastig und beinahe verlegen. Kerra sah hoch.
Ihre Blicke kreuzten sich, zwei unerbittlich blaue Augenpaare in denen so viel Feuer und Starrsinn steckte. Sie starrten sich regelmäßig an, meist eisig und verächtlich wenn sie umeinander herumtanzten wie zwei archaische Kämpferinnen in einer Arena – doch das war anders, das war kein martialisches Spektakel und ihre Blicke waren blau, aber nicht länger kalt, herausfordernd, aber nicht länger feindselig. Es war als könnten sie auf einmal tiefer sehen und mehr erkennen als bisher.
Die Luft war mit einem Schlag fühlbar elektrisiert und dann ging das Licht wieder für ein paar Sekunden aus. Sie nutzten die Dunkelheit und die vermeintliche Orientierungslosigkeit instinktiv für eine weitere Berührung, nur scheinbar zufällig streiften sie aneinander und es prickelte, es knisterte, es brannte, es war beängstigend und wunderbar.
„Thelv...“, sagte Naomi, mit belegter Stimme diesmal, räusperte sich unbehaglich.
„Kerra.“, sagte Kerra nachdrücklich, und ein Anflug von Wahnsinn kribbelte durch ihre Antennen.
„Kerra.“, wiederholte Naomi etwas dämlich und spürte, wie ihr Mund plötzlich ganz trocken wurde.
„Naomi.“, sagte Kerra mit einem verräterischen Klirren in der Stimme; und hätte Naomi mehr über Andorianer gewusst hätte sie diesen bestimmten Tonfall eindeutig interpretieren können, doch man musste kein Genie sein und kein Doktorat in Xenologie erworben haben um zu erraten worum es ging.
Mit einem Schritt stand Kerra direkt vor Naomi, Nasenspitze an Nasenspitze und sie spürten den Atem der anderen im Gesicht. Kerra legte ihre Hand in Naomis Nacken und ihre silbrigblauen Lippen auf Naomis Mund.
Der Kuss war energisch, fordernd und besitzergreifend – und er wurde ebenso jäh erwidert.
„K...“ Als Naomi unvermittelt erstarrte taumelte Kerra erschrocken zurück, wandte sich hastig ab bevor Naomi etwas sagen konnte. Wie konnte sie nur so impulsiv und geradeheraus dämlich sein, es war ein Fehler und sie würde es bereuen, so viel war sicher. Sie war die Kommandantin, verdammt, sie mochten sich nicht einmal.
„Computer, Turbolift anhalten.“, vervollständigte Naomi ihren Satz und grinste vielsagend.
Kerra schnaufte erleichtert, doch nicht lange bis es ihr wieder den Atem verschlug weil sie rücklings gegen ein Schott gedrängt wurde, Naomis Mund gierig auf ihrem, die Hände an ihrer Hüfte und in ihrem transparenten Haar. Es war ein schwindelerregender Kuss, der rasch wesentlich intensiver wurde. Mit einem wohligen Summen erforschten Naomis Hände Kerras Körper entlang der Konturen der Uniform, prall und muskulös und reaktionsschnell, und sie konnte nicht anders als sich zu wundern ob sie überall blau sei und ob sie das noch herausfinden würde. Kerra ergriff Naomis Hand, führte sie mit einem beinahe flehenden Blick zu ihren Antennen, legte Naomis ratlose Finger darum und leitete sie wortlos dazu an – nein, sie lud sie ein – die andorianischen Sinnesorgane zu erkunden während sie sich neugierig Naomis zarter und so fremder Figur widmete, ihrem Rücken, ihrer Taille, ihrem Hintern, ihrem Seufzen.
„Kerra.“, flüsterte Naomi irgendwann, als sie es schaffte sich vorübergehend von diesen sinnlichen blauen Lippen zu lösen. „Kerra, was jetzt?“
Sie standen sich keuchend gegenüber, kaum einen halben Schritt hatten sie sich voneinander entfernt, Naomis Finger spielten unaufhörlich weiter mit Kerras Antenne und Kerras Hand hatte ihren Weg unter die Uniformjacke gefunden und hielt Naomis volle, feste Brust umfasst. Und als sie sich ansahen wussten sie, dass das jetzt nicht aufhören konnte.
„Holodeck.“, schlug Kerra wie aus der Pistole geschossen vor. Dort hätten sie etwas Privatsphäre und es war noch längst nicht so verfänglich wie eins ihrer Quartiere.
„Nahkampftraining?“, neckte Naomi. „Hast mir letztens erst vorgeworfen, ich würde nichts taugen ...“
„Muss meine Meinung wohl revidieren.“, knurrte Kerra und richtete sich hastig die Frisur, bevor sie aus dem Turbolift traten. „Was nicht heißt, dass ich dich nicht trotzdem manchmal am Liebsten gegen die Wand klatschen würde.“
„Erlaubnis erteilt.“, knurrte Naomi vieldeutig und dann quietschen die Türen schon und öffneten sich.
Zwei atemlose Unschuldsmienen durchquerten eiligen Schrittes die viel zu langen Korridore vom Turbolift zum Holodeck, nebeneinander und doch nicht zusammen. Jeder dem sie begegneten nahm wie automatisch an, dass die aufgeregt fleckige Röte im Gesicht der Kommandantin und die dunkel glänzende Blaufärbung im Gesicht der Sicherheitschefin einem weiteren ihrer legendären Konflikte geschuldet waren. Doch sie waren sich noch nie zuvor über irgendetwas so einig gewesen und würden es wahrscheinlich nie wieder sein.
Naomi verriegelte das Holodeck und startete ein Programm – welches war ganz nebensächlich, solange es keine von Kerras Trainingssimulationen war, und so landeten sie auf einem langvergessenen Planeten irgendwo im Deltaquadranten, an den Naomi sich so gerne erinnerte. Kerra schlüpfte behände aus ihrer Uniformjacke und ihrem langärmligen Blouson, und als Naomi sich ihr zuwandte stand sie nur in einem ebenso tiefausgeschnittenen wie enganliegenden Stück Funktionswäsche da, standardweiß mit grauer Einfassung wie alles was man in der Sternenflotte üblicherweise drunter trug, doch im Kontrast zu Kerras hellblauer Haut sah es richtig gut aus. Naomi musterte sie und schaute anerkennend, unter der klobigen Uniform versteckte Kerra doch eine äußerst ansehnliche Figur, straff und durchtrainiert, von der sie nicht länger die Finger lassen wollte. Sie spürte wie ihr ganzer Körper auf diesen so fremden und so attraktiven Anblick reagierte, leckte sich lasziv die Lippen und Kerra erwiderte sofort.
Naomis Finger an Kerras Antennen, eine Hand über ihre Lenden und ihren Rücken kratzend und dunkelblaue Striemen hinterlassend. Kerra knurrte und rief Zusammenhangloses auf andorii, mit einem lustvollen Klirren in der Stimme. Naomi unter ihr auf dem Rücken, ausgestreckt und festgepinnt und glorreich, Kerras Mund und Hände auf ihren Brüsten und überall, sie stöhnte und wand sich genüsslich unter jeder Bewegung und jeder Berührung ...
Und gerade als er befriedigt seufzen wollte, störte ihn ein nachdrückliches Klopfen an sein Bewusstsein. Widerwillig kehrte er in die Realität des Kontinuums zurück und blickte hoch. Sie lachte ein mädchenhaftes, helles Lachen als sie sehen und fühlen konnte, woran er gerade gedacht hatte, rempelte ihn scherzhaft. Sie schlang sich liebevoll um ihn und knabberte neckisch an seinem Ohr.
„Du bist unmöglich, du und deine Phantasie...“
„Das, Geliebte, war nicht meine Phantasie...“
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