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Fly Me To The Moon

von VGer

Kapitel 1

Jack Janeway drehte den Holokubus amüsiert in seinen Händen. Er war immer noch fürchterlich nervös, doch jetzt schmunzelte er in sich hinein. Auch über aberhunderte von Lichtjahren schaffte Miral Paris es verlässlich immer wieder, genau zur rechten Zeit die richtigen Worte oder in dem Fall Gesten zu finden, um ihn aufzuheitern und zu ermutigen.

„Was ist das?“, fragte Marek.
„Ein Stück fragwürdiger Familiengeschichte, mit besten Grüßen von zuhause.“, kommentierte Jack sardonisch und drückte den versteckten Knopf auf dem Boden des Kubus.

Zwei Figuren schienen aus der glatten schwarzen Oberfläche des Kubus zu springen und wurden flimmernd dreidimensional. Es waren zwei junge menschliche Männer in altmodischer Zivilkleidung, einer saß an einem ziemlich tattrig aussehenden Klavier, der andere hielt ein Saxophon in den Händen.

„Wer ist das?“, fragte Marek.
„Tom Paris und Harry Kim in jungen Jahren.“, erklärte Jack. „In sehr jungen Jahren.“, fügte er dann kichernd nach einem prüfenden Blick auf ihre holographischen Gesichter und den Sternzeitindex des Programms hinzu.
„Warte, das ist Harry Kim, der Captain der Enterprise? Du verarscht mich.“, staunte Marek.
„Damals war er noch längst nicht Captain der Enterprise.“, zuckte Jack mit den Schultern.
„Woher kennst du ...?“, fragte Marek mit unverhohlener Neugier. Gerade vor ein paar Tagen erst hatte er erfahren, dass er sein erstes Praktikum auf der Enterprise absolvieren würde, und die Knie schlotterten ihm vor Respekt vor dem legendären Flaggschiff und seinem Captain.
„Mein Name ist Janeway, schon vergessen?“, lachte Jack und rempelte Marek spielerisch in die Seite. „Die ehemaligen Voyagers haben beschlossen, dass sie eine Familie sind und bleiben. Tom Paris hier war mein Großvater ... naja, eigentlich war er Layas Großvater, aber das wollen wir mal nicht so eng sehen und es ist eigentlich auch egal, und Harry ist ... naja, ähem, Harry ist einfach nur Harry.“
„Der Ex-Lover unserer leiblichen Mutter, wolltest du sagen.“, spie Teddy, der in diesem Moment das gemeinsame Quartier betreten hatte und nur den letzten Satz mitgehört hatte. „Der Grund, warum sie uns damals auf DS-4 zurückgelassen hat, sie musste ja unbedingt groß Karriere auf der Enterprise machen und ihren Captain ficken, das war wichtiger als alles andere. Nur Glück für uns, dass nicht alle so hirnverbrannt verantwortungslos wie sie sind, Glück für uns, dass wenigstens Miral Paris so etwas wie Anstand besitzt.“
„Teddy!“, rief Jack empört. „Das ist unfair, du übertreibst!“
„Wenn jemand unfair ist, dann Maggie Janeway!“, rief Teddy wutschnaubend und schmetterte die Türe seines Zimmers wortlos hinter sich zu.

Jack starrte errötend auf den Holokubus. Die beiden Figuren rührten sich nicht, Harry hielt sein Saxophon und Tom saß am Klavier, und eigentlich war ihm nicht ganz klar, warum Miral ihm ausgerechnet dieses uralte Holo geschickt hatte.

„Ich dachte immer Layas Großvater sei Klingone.“, wunderte sich Marek, erpicht möglichst rasch und behutsam das Thema zu wechseln. „Worf und B’Elanna, das Traumpaar der Diplomatie und der Außenpolitik ... daran kommt man nicht vorbei, wenn man die Nachrichten verfolgt.“
„Vom Pioneer-Unglück hast du schon einmal gehört?“, fragte Jack und Marek nickte. „Tom Paris ist dabei tödlich verunglückt, B’Elanna Torres war eine der verantwortlichen Ingenieure. Sie hat daraufhin ihr Leben von Grund auf geändert und dann irgendwann ist der große knurrende Krieger auf der Bildfläche erschienen, hat sie geheiratet und Miral adoptiert.“
„Der knurrende Krieger?“, fragte Marek irritiert.
„Du solltest vavnI’ – Großvater – vielleicht nicht verraten, dass wir ihn so nennen ... zu deiner eigenen Sicherheit.“, schmunzelte Jack.

Die Neugierde brannte ihm unter den Fingernägeln; er aktivierte den Holokubus und stellte ihn vor sich auf dem Tisch ab. Die Szene füllte sich mit Leben, man hörte Gelächter und humorige Zwischenrufe aus dem Abseits, Tom Paris schnitt eine eindeutige Grimasse die Harry mit einer ebenso eindeutigen Geste beantwortete, und dann betrat eine blonde Frau das Bild. Sie war atemberaubend schön – nicht, dass Jack oder Marek auch nur ansatzweise Experten für weibliche Attraktivität gewesen wären – und wurde von Harry mit einem anerkennenden Pfeifen begrüßt.

„Wer ist sie?“, fragte Marek und Jack unterbrach das Programm.
„Das ist Annie – wobei, damals nannte sie sich wahrscheinlich noch Seven of Nine.“, erklärte Jack.
„Admiral Annika Barclay. Die Frau, die den serienmäßigen Quantenslipstreamantrieb entwickelt und die Voyager-Klasse entworfen hat. Die Kommandantin der Flottenwerft in Utopia Planitia und Leiterin der Abteilung für Technologie und Innovation.“, resümierte Marek und der Mund blieb ihm offen stehen.

Wo war er da nur hineingeraten? Ein Familienalbum, das genauso gut ein Geschichtsbuch sein könnte, in dem mit der größten Selbstverständlichkeit alle die berühmten Persönlichkeiten, die in den letzten fünfzig Jahren die Geschicke der Föderation gelenkt, entschieden und nachhaltig beeinflusst hatten, aus und ein gingen. Für Jack war das vielleicht ganz normal, doch Marek, der als Sohn eines Arztes und einer Lehrerin auf dem Mond aufgewachsen war, wurde steingrau und ängstlich als ihm einmal wieder bewusst wurde, mit wem er sich da eingelassen hatte. Doch die drei jungen Leute in dem Hologramm sahen gar nicht so erschreckend, beinahe überlebensgroß respekteinflößend aus wie wenn sie in den Nachrichten auftauchten oder wenn man als kleiner Kadett vor ihnen stand.

„Und du meinst wirklich, du müsstest dich davor fürchten meine Familie kennen zu lernen?“, lachte Marek und umarmte Jack von hinten. „Wenn sich jemand fürchten muss, dann doch wohl ich. Meine Familie ist ziemlich normal, und sie werden dich lieben, das weiß ich ganz sicher.“
„Normal klingt gut, zur Abwechslung.“, schmunzelte Jack und drehte sich in Mareks Armen zurecht, sodass er ihn küssen konnte.
„Mein Vater redet wenig, meine Mutter umso mehr. Corinna erzählt blöde Witze, Siana bäckt Kekse und Leena ist einfach nur süß.“, fasste Marek zusammen.
„Vielleicht hat Miral mir deshalb dieses alte Holo geschickt.“, überlegte Jack. „Um alles in die richtige Perspektive zu rücken.“

Er reaktivierte das Programm.

Tom Paris haute mit mehr Enthusiasmus als Können in die Tasten, Harry Kim ließ sein Saxophon dramatisch tönen und endlich begann auch Annika Barclay zu singen, die Stimme rauchig und melodisch, und sie schnipste mit den Fingern im Rhythmus.

„Fly me to the moon, let me play among the stars,
Let me know what spring is like on Jupiter and Mars ...
In other words, hold my hand,
In other words, baby, kiss me ...“


Jack lachte auf. Wie außerordentlich passend. Er kannte das Lied zwar nicht, vermutlich war es schon jahrhundertealt, denn er erinnerte sich dass Tom Paris und Harry Kim ein eindeutiges Faible für absurd Altmodisches hatten, aber der Text war so zutreffend, dass es bestimmt kein Zufall sein konnte. Morgen schon würde er gemeinsam mit Marek in ein Shuttle steigen und zum Mond fliegen. Morgen schon würde er erstmals die ganze Familie des Mannes, in den er sich Hals über Kopf verliebt hatte, kennen lernen. Morgen schon würden sie gemeinsam den ersten großen Schritt machen, der aus einer beiläufigen Akademieromanze eine ernsthafte Beziehung machen würde, die hoffentlich sehr lange andauern würde. Morgen schon ...

„Fill my heart with song and let me sing forever more,
You are all I long for, all I worship and adore.
In other words, please be true,
In other words ...“


Marek strahlte plötzlich und zog Jack ganz nahe zu sich. Er war gerührt. Als Sattelitenkind kannte er das Lied natürlich, es war so etwas wie die inoffizielle Hymne seiner Heimatstadt, Tranquility Base – doch das konnte Jack unmöglich wissen und er wunderte sich kurz, ob Miral Paris das gewusst oder geahnt hatte.

„In other words, I ... love ... you!“, flüsterte er Jack die letzten Worte des Liedes ins Ohr während die Stimmen der singenden Legenden allmählich verstummten.
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