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Ehre für das Haus

von Martina Strobelt

Kapitel 2

Der Blick von General Keras ruhte voller Stolz auf seiner Adoptivtochter. Der Tag, an dem er der Bitte seiner Gattin, der Dame B’Torja, gefolgt war und Shakura in das Haus Keras aufgenommen hatte, war ein guter Tag gewesen. Wenn es wahr war, was die alten Legenden sagten, dass die Seelen großer Krieger unsterblich waren und immer wiedergeboren wurden, dann musste eine von ihnen in Gestalt Shakuras zurückgekehrt sein.
Keras wusste nicht, wie seine Tochter den Standort des letzten geheimen Ketracel-White-Lagers des Dominions erfahren hatte, dessen Zerstörung Gegenstand des Planes war, den sie den Mitgliedern des Hohen Rates gerade unterbreitete.
Es spielte keine Rolle.
Shakuras Vorschlag war der einer wahren Klingonin.
Kein gemischter Kampfverband.
Keine Schiffe der Föderation.
Und schon gar keine Romulaner.
Die Vernichtung dieses Ketracel-White-Lagers würde den Krieg entscheiden. Einen solchen Triumph teilte man nicht mit anderen Völkern. Mochten sie auch Verbündete sein.
Die Lieder, mit denen spätere Generationen diese Schlacht besingen würden, sollten einzig vom Ruhm der klingonischen Streitmacht künden, die ihre Feinde hinweggefegt hatte.
Da zu erwarten war, dass das Dominion den Mond, auf dem das Lager sich befand, mit einer starken Verteidigung ausgestattet hatte, würde eine kleine Flotte erforderlich sein, um das Lager zu zerstören. Jeder der Anwesenden war sich bewusst, dass Shakura es verdient hätte, den Oberbefehl zu erhalten.
Doch sie war kein General.
Und sie war eine Frau.
Daher überraschte es keinen, dass Gowron General Keras die Führung übertrug. Der General war einer der tapfersten Krieger des Reiches. Shakura war seine Tochter. Damit war seine Ehre zugleich die ihre, und die alten Traditionen wurden gewahrt.
Shakura war die erste, die zu ihrem Adoptivvater trat und seinen Rang anerkannte, indem sie sich mit der rechten Faust respektvoll an die Brust schlug.
Wobei Charis sich unwillkürlich fragte, was Keras wohl täte, sollte er jemals erfahren, dass in der Brust jener, die er Tochter nannte, kein Herz pochte.
Dass alles an Shakura nichts weiter als eine Täuschung war.
Geschaffen von einer Gründerin, die sich danach gesehnt hatte, wie ein Solid unter Solids zu leben und die Existenz als Individuum mit einer eigenen Persönlichkeit der großen Verbindung vorgezogen hatte.
Charis hasste es, Keras zu belügen. Doch sie hatte keine Wahl. Es gab Dinge, die er in ihrem und in seinem Interesse niemals erfahren durfte. Ihre wahre Identität gehörte dazu.
Und jene geheime Botschaft, die dem klingonischen Reich den Sieg bringen würde:

»Wenn das Dominion diesen Krieg verliert, bedeutet das nicht nur den Tod aller Jem’Hadar im Alpha-Quadranten sondern auch den aller Vorta. Doch nicht jeder von uns ist bereit, für Götter zu sterben, die unsere Treue nicht verdienen. Aber was können wir tun? Den Klingonen und den Romulanern ist Gnade kein Begriff. Die Föderation würde uns zwar nicht hinrichten, dafür würde sie uns zu einem langsamen Tod hinter Mauern und Sicherheitskraft-feldern verurteilen. Sie sind unsere einzige Hoffnung, Gründerin. Ich lege unser aller Leben demütig in Ihre Hände.«

Zusammen mit einer Liste all jener, die Weyoun neben seinem Assistenten Kyle und natürlich seiner eigenen Person Charis’ Schutz anvertraute, hatte der Erste Omet’iklan der Formwandlerin ein Datenpadd übergeben, das Informationen über den Standort und sämtliche Verteidigungssysteme des letzten Ketracel-White-Lagers enthielt. Verbunden mit Weyouns Bitte an Charis, vor der endgültigen Vernichtung des Lagers einige Kanister der Droge an Bord ihres Bird of Prey zu beamen, um so das Überleben seines Ersten und seines Zweiten zu gewährleisten, bis es jener Vorta-Wissenschaftlerin, deren Namen auf der Liste stand, gelang, einen chemischen Ersatzstoff zu entwickeln.
Weyouns genetische Konditionierung zwang ihn dazu, ein loyaler Diener der Gründer zu sein.
Doch Charis hatte den Kreis durchbrochen.
Durch ihre bloße Existenz hatte sie Weyoun und allen, die bereit waren, dem Vorta zu folgen, die Wahl zwischen ihr und der namenlosen Gründerin gegeben.
Es hatte lange gedauert. Aber jetzt, endlich, hatte Weyoun getan, worauf Charis gewartet und gehofft hatte, seit sie den Vorta damals auf dem besetzten DS9 aufgesucht hatte.
Weyoun hatte gewählt.
Nun war es an Charis dafür zu sorgen, dass weder der Vorta noch die, die sich ihm angeschlossen hatten, ihre Entscheidung bereuen mussten.

***

Wie alle Anlagen des Dominions war der Stützpunkt auf dem Mond tief im cardassianischen Raum ohne Rücksicht auf optische Gefälligkeit allein aus dem Blickwinkel der Zweckmäßigkeit gebaut worden. Die Jem’Hadar, die hier stationiert waren, schätzten die Umgebung aus genau diesem Grund. Und Weyoun und Kyle, die gemeinsam die Verteidigungssysteme inspizierten, bemerkten als Vorta das Fehlen jeglicher Art von Schönheit an diesem Ort nicht einmal.
»Mit wie vielen Schiffen müssen wir rechnen?«, fragte Kyle.
»Das Klingonische Reich hat eine Flotte mittlerer Stärke aufgestellt«, erwiderte Weyoun.
Kyle war sicher, dass der Botschafter die genaue Zahl kannte. Weyoun hatte seine Antwort absichtlich unpräzise gehalten, um die Fortschritte seines Assistenten auf militärischem Gebiet zu testen. Je nachdem, um welchen Gegner es sich handelte, bedeutete mittlere Stärke etwas anderes.
»Also zwanzig«, meinte Kyle nach kurzer Überlegung.
»Nicht einmal die Klingonen sind so leichtsinnig«, sagte Weyoun lächelnd. »Sie wissen, dass das Dominion diesen Mond mit allem verteidigen wird, was es hat.«
»Gegen einen Überraschungsangriff?«
»Das Dominion lässt sich nicht so leicht überraschen. Charis weiß das.«
»Wird die Gründerin den Angriff führen?«
Ein Schatten flog über Weyouns Züge. »Ich hoffe nicht. Es wird auch so schon schwierig genug werden, das Schiff der Gründerin vor einer Zerstörung durch unsere Jem’Hadar-Kampfjäger zu schützen, ohne den Rest der klingonischen Streitmacht misstrauisch zu machen.«
Charis hatte dem Wunsch Weyouns entsprechend Omet’iklan den Transponder-Code ihres Bird of Prey mitgeteilt.
Die Jem’Hadar-Verteidiger würden von dem Vorta den Befehl bekommen, dieses spezielle Schiff auf keinen Fall zu vernichten und das Feuer ihrer Waffen vom Brückenbereich fernzuhalten.
Sie würden ihn befolgen ohne Fragen zu stellen.
Wenn es etwas gab, auf das Weyoun sich verlassen konnte, dann war es der absolute bedingungslose Gehorsam der Jem’Hadar gegenüber den Anordnungen ihres kommandieren-den Vorta.
Weyoun selbst würde sich gemeinsam mit Kyle, seinem Ersten Omet’iklan und seinem Zweiten Belat’aklan an Bord seines eigenen Schiffes befinden und versuchen, den Kampf zu überleben.
Eine Weile gingen die beiden Vorta schweigend nebeneinander durch die Gänge der Anlage, jeder in Gedanken mit der bevorstehenden Schlacht beschäftigt.
Und mit der Entscheidung, die das Schicksal ihnen abgefordert hatte.
»Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen«, brach Kyle schließlich das Schweigen.
»Solange Sie kein Versprechen erwarten, dass ich sie beantworte«, erwiderte Weyoun. »Was möchten Sie wissen?«
Der jüngere Vorta zögerte. »Ist es Ihnen eigentlich schwer gefallen, Omet’iklan zu Charis ins Klingonische Reich zu schicken?«
»Ist es Ihnen schwer gefallen, meine Entscheidung zu akzeptieren?« antwortete Weyoun mit einer Gegenfrage.
»Sie haben mein Leben gerettet, Botschafter*«, erklärte Kyle. »Ganz gleich welchen Weg Sie wählen, ich werde Ihnen folgen.«
Weyoun quittierte diese Loyalitätsbekundung mit einem Lächeln.
Doch es war ein trauriges, ein bitteres Lächeln.
»Ich wünschte, es wäre nicht nötig, diesen Weg zu beschreiten. Und um Ihre Frage zu beantworten, ja, es ist mir schwer gefallen. Sehr schwer sogar.« Unbewusst schlossen Weyouns Finger sich um den goldenen Anhänger, der an einer Kette um seinen Hals hing. Das Geschenk von Charis, das er immer noch trug. Obwohl Dukat seinen kostbaren Inhalt in alle Winde verstreut hatte. »Glauben Sie mir, Kyle, von allen Entscheidungen, die ich jemals zu treffen hatte, war dies die einzige, die ich mit Freuden einem anderen überlassen hätte.«

***

General Keras’ Gesicht füllte den Sichtschirm des Bird of Prey, als er Shakura und ihrer Crew die letzten taktischen Befehle für den Angriff übermittelte.
Es wäre nicht erforderlich gewesen. Der Plan stammte von Shakura. Sie kannte jede noch so winzige Einzelheit, auf die es bei diesem Kampf ankam. Charis wusste, dass es Keras in erster Linie darum ging, sie noch einmal zu sehen und mit ihr zu sprechen, bevor die Schlacht begann, die einen von ihnen oder gar beide das Leben kosten konnte.
Charis hätte ihm gern versichert, dass es keinen Grund gab, sich zu sorgen.
Dass dieser Sieg Dank der ausführlichen Informationen, die sie von Weyoun erhalten hatte, bereits ihnen gehörte.
Doch das durfte sie nicht. Also gab sie sich den Anschein, aufmerksam zuzuhören. Und als der General geendet hatte, stimmte die Gründerin gemeinsam mit den Mitgliedern ihrer Brückencrew in den Schlachtruf des Hauses Keras ein.
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