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One Night at Archer's

von Jimaine

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"Darf ich reinkommen, Cap'n?" Die Arme vor der Brust verschränkt setzte sich Commander Charles Tucker III auf die Schreibtischkante und beobachtete amüsiert das Schauspiel, das sich ihm darbot. Ein Mann und sein Hund, wiedervereint.

"Du bist doch bereits drinnen. Aber bitte, tu' dir keinen Zwang an...ich wollte gerade Porthos sein Abendessen geben."

"Nach seinem kleinen Abenteuer in der Krankenstation schätze ich, daß er soviel Käse bekommen wird, wie er will. Ich werde meine Schwester bitten, zu Weihnachten ein paar Pfund von dem irischen Cheddar zu schicken." Ihm wurde warm ums Herz, wie er den kleinen Hund ansah, der sich erwartungsvoll emporreckte, Vorderpfoten auf den Knien seines Herrn und freudig mit dem Schwanz wedelnd. Noch reichlich geschwächt, aber sichtbar auf dem Weg der Besserung. Gott, er wollte sich nicht ausmalen was geschehen wäre, wenn Dr. Phlox ihn nicht hätte retten können... Für Jon war Porthos das, was einer Familie am nächsten kam. Anders als er selbst, der er Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen samt Anhang zuhauf vorweisen konnte, hatte Jon niemanden. Nur Erinnerungen...und Porthos. Seinem Hund vertraute Jon alles an, das wußte er, alle Sorgen und Geheimnisse, auch die Dinge, von denen er niemals erfahren würde.

"Ich sollte konsequenter sein, aber er schafft es immer wieder", seufzte Archer und stellte die Schale mit dem Trockenfutter auf den Boden. Als er sah, wie sich Porthos mit großem Appetit darüber hermachte, wandte er sich seinem Besucher zu. "Was kann ich für dich tun, Trip?"

"Hm...eigentlich wollte ich fragen, ob *ich* etwas für *dich* tun kann." Ungeniert ließ sich der blonde Ingenieur auf das Sitzpolster neben Archers Schreibtisch fallen und machte es sich im Schneidersitz bequem. Sein Blick gab den Freund für keine Sekunde frei.

Und Jonathan Archer hatte das dumpfe Gefühl, daß hinter diesem Freundschaftsbesuch mehr steckte. "Du...wolltest also nicht bloß sehen, wie es Porthos geht?"

Trip schüttelte den Kopf und strich sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. "Nein."

"Weswegen bist du dann hier?"

Dem fragenden Blick begegnete Trip ruhig und fast herausfordernd.

Innerlich erschauerte Archer. Das vertraute Blau von Trips Augen sah heute...anders aus. Oder war das bloß eine Halluzination? Übermüdung? Immerhin *hatte* er in der Krankenstation so gut wie keinen Schlaf gekriegt...

"Wegen dir, Jon."

"Mir...?"

Betont langsam erhob sich Trip und kam zu ihm herüber, seine Schritte kurz und nahezu schleichend. Lauernd. "Ich", begann er leise, "hab' da was gehört...und ich muß sagen, Jon, es hat mich überrascht."

"Was meinst du?"

"T'Pol."

Was war das jetzt gerade gewesen? Dieser heiß-kalte Schauer, der ihn überkam? Die Art und Weise wie Trip den Namen fallenließ...so anklagend... "Ich weiß überhaupt nicht, was das -"

"Ach, komm', du weißt haargenau, wovon ich rede - und ich will ja echt nicht leugnen, daß ich verstehe, was in dir vorgeht. Immerhin ist ihre Verlobung geplatzt...und du bist schon seit längerer Zeit Single. Außerdem ist sie...nun, höchst attraktiv und hat zudem noch einiges im Kopf...nur bezweifele ich, daß dies sie richtige Wahl ist."

"Hast du einen besseren Vorschlag?"

Trips Grinsen verbreiterte sich und er nickte. "Oh ja..."

In der Tat, der Vorschlag war besser. Viel besser und bedurfte gar nicht vieler Worte, um ihn zu überzeugen. Die Alternative, die Trip präsentierte, war simpel und angenehm, die aufgezeigten Vorzüge nicht von der Hand zu weisen - logischer hätte T'Pol auch nicht argumentieren können - und irgendwann inmitten der "Unterhaltung" fragte er sich, wieso er nicht von selbst darauf gekommen war.

Zipp. Energisch zog Trip den Reißverschluß seiner Uniform bis zum Anschlag zu und warf einen letzten Blick in den kleinen Spiegel im Bad, bevor er den Kamm beiseitelegte. "Ich sollte jetzt besser gehen. Eigentlich war ich gerade auf dem Sprung in den Maschinenraum, um noch etwas zu erledigen..."

Auf dem Bett räkelte sich Archer genießerisch zwischen den zerknüllten Laken, streckte Arme und Beine wie eine große Raubkatze, die mit der gemachten Beute rundum zufrieden war. "Was Wichtiges?"

"Ziemlich. Natürlich könnte ich bleiben und es unerledigt lassen. Deine Entscheidung. Ist immerhin dein Schiff, das ich am Laufen halten muß..."

So schnell wie er auf die Füße kam und Trip in seine Arme zog konnte der Ingenieur gar nicht reagieren. "Hm. Wie wäre es, wenn du tust, was du nicht lassen kannst, und hinterher einfach wiederkommst? Dann können wir sehen, ob dein menschliches Durchhaltevermögen eine ebenso gute Alternative zum vulkanischen ist wie deine Logik." Nach dem nun folgenden Kuß war Trips Haar wieder so zerzaust als hätte es nie Bekanntschaft mit einem Kamm gemacht.

"Ich fühle mich geschmeichelt."

"Laß es dir bloß nicht zu Kopfe steigen."

Trip grinste. "Niemals. Ich dachte vielmehr an die entgegengesetzte Richtung." Mit einem sanften Stups schob er den anderen Mann von sich und schüttelte den Kopf, als dieser, dem Gesetz der Schwerkraft folgend, rückwärts aufs Bett fiel. "Sieht so aus als hättest du dasselbe Problem."

Das konnte Archer nicht leugnen. "Beeil' dich."

"Hältst du solange das Bett warm?"

"Gerne."

"Laß dir nicht langweilig werden."

Notdürftig fingergekämmt und in der Hoffnung, daß niemand, am allerwenigsten T'Pol, den ihm anhaftenden Geruch bemerkte, verließ Trip die Kabine und lehnte sich draußen erstmal für einen Moment an die Wand. _Wow...warum haben wir bloß so lange damit gewartet?_ Das Warten hatte sich gelohnt! Mit leicht wackeligen Knien setzte er sich in Bewegung und schlenderte zum nächsten Lift. Auf dem Weg zum Maschinenraum würde er noch einen kleinen Umweg machen müssen...

Jonathan Archer lag auf dem Rücken in seinem Bett und studierte die Decke. Doch er nahm nicht wirklich wahr, was er sah...sein Blick war nach innen gerichtet, auf die vergangene Stunde, die er jetzt noch einmal durchlebte, Berührung für Berührung, Kuß für Kuß. Und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Verdammt, er hatte über die Jahre zwar bisweilen seine Verdachtsmomente gehabt, aber diese hatten sich nie bestätigt, zumindest nicht bis heute. Definitiv besser als T'Pol es je sein konnte und auch nicht nur alle sieben Jahre...obwohl er ja zugeben mußte, immer noch ein bißchen neugierig zu sein.

Es könnte eine Weile dauern, bis Trip zurückkam, warum sollte er in der Zwischenzeit etwas Arbeit erledigen? Einige Berichte wollten geschrieben werden, er bezweifelte jedoch, daß er in seinem momentanen Zustand mehr als drei zusammenhängende, sachliche Sätze formulieren konnte. Nur untätig herumliegen machte allein keinen Spaß.

Nach einer kurzen Dusche saß er in T-Shirt und Trainingshosen auf dem notdürftig gemachten Bett und beschäftigte sich mit dem überfälligen Bericht letzter Woche, auf den Admiral Forrest schon wartete. Zumindest tat er so als sei er beschäftigt. Seine Gedanken kreisten nur um das eine.

Um eine Person.

Der Türmelder summte.

Sein Herz setzte für zwei Schläge aus und das Kribbeln in seinem Bauch steigerte sich zu einem Brennen. Da hatte sich aber jemand beeilt!

Erneut kam das Türsignal. Was verschwendete Trip denn noch Zeit mit Klingeln? Unnötige Höflichkeit...der Mann übertrieb jetzt wirklich!

Mit trockenem Mund hörte sich sein "Herein" an wie "Hin".

Die Tür öffnete sich und er legte den PADD beiseite, in Gedanken schon dabei, den Besucher auszuziehen.

Es war nicht Trip Tucker. In der Tür stand jemand anderes. Falsche Größe, falsche Haarfarbe. Graue Augen statt dem erhofften Blau. "Malcolm, was verschafft mir die Ehre?" Der Versuch, nicht allzu enttäuscht zu klingen, schlug fehl. Schon nach einer halben Stunde vermißte er Trip als wären sie seit Jahren getrennt. Nun, vielleicht war genau das der Fall gewesen, getrennt durch Freundschaft, aber jetzt hatten sie zusammengefunden, bevor aus den neun Jahren runde zehn wurden. Er war versucht, breit zu grinsen, ein sentimentales, durch und durch glückliches Grinsen wie es normalerweise nur durch das Rauchen illegaler Substanzen zustande kam.

Reed bewegte sich nur soweit herein, wie erforderlich war, um das Schließen der Tür zu erlauben. Ansonsten blieb er im Eingangsbereich stehen. Nicht daß Archer etwas anderes von ihm erwartet hätte. Ganz der korrekte Offizier würde Malcolm Reed nicht wagen, den persönlichen Bereich seines kommandierenden Offiziers zu betreten, ohne dazu aufgefordert zu werden. Er war ja so völlig anders als Trip...für Trip Tucker war die Kabine des Captains eine inoffizielle Erweiterung seiner eigenen und nach den heutigen Ereignissen würde das offiziell werden. "Captain, tut mir leid, Sie um diese Zeit noch zu stören, aber es handelt sich um etwas Ernstes. Und es betrifft die Sicherheit des Schiffes und der gesamten Crew."

Wie er daraufhin bei der Antwort "Keine Entschuldigung nötig" den Kopf schüttelte, suchte er fieberhaft den Raum nach verräterischen Spuren ab. Trip hatte doch hoffentlich nichts vergessen, oder? Keine Socke, kein Unterhemd? Als er sichergehen konnte, daß alles in Ordnung war, winkte er Reed näher. Trip hätte nicht auf eine Einladung gewartet, sondern schnurstracks die nächstbeste Sitzgelegenheit beansprucht, eventuell sogar das Bett und egal ob dieses besetzt war. Porthos hob nur kurz den Kopf von den Vorderpfoten, um zu prüfen, wer der neue Besucher war, und dann gleich wieder einzuschlafen. Das Medikament, das er mit dem Futter bekommen hatte, entfaltete jetzt seine volle Wirkung. Aufwendige Begrüßungen mit Schwanzwedeln und Herumspringen würden warten müssen, bis er sich wieder ganz erholt hatte. Archer schob die beunruhigenden Erinnerungen an den Todeskampf seines vierbeinigen Freundes beiseite und blickte zu Reed auf. "Sie haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Schießen Sie los. Warum sind Sie nicht schon eher zu mir gekommen?"

"Sir, ich wollte mit dieser Angelegenheit an einem weniger öffentlichen Ort als der Brücke an Sie herantreten. Auch Ihr Bereitschaftsraum erschien mir ungeeignet." Noch immer stand Reed in einiger Entfernung, seine Haltung aufrecht, der Ton professionell.

"Muß ja sehr ernst sein."

"In der Tat. Außerdem betrifft es Sie...persönlich...daher entschied ich mich bis nach Dienstschluß zu warten."

"Mich persönlich?"

"Genau." Reed - in Zivilkleidung, wie er jetzt erst feststellte - kam einen Schritt näher. "Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, aber die Ereignisse der letzten Tage lassen mir keine Wahl. Derartige...Spannungen im Kommandostab sind ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko. Eines, das ich gerne behoben sehen würde."

Hatte Dr. Phlox ein Memo verteilt? Hatte er die letzten Tage unbemerkt einen Klebezettel auf dem Rücken getragen auf dem stand 'Ich habe erotische Fantasien über Subcommander T'Pol'? Sprachlos starrte er Malcolm an.

"Ich würde lügen, wenn ich sagte, daß ich es nicht verstehen kann", gab der Brite zu und plötzlich ließ er sich unaufgefordert am Fußende des Bettes nieder, sah Archer direkt in die Augen. "Commander Tucker kann bestätigen, daß ich gegen T'Pols...nun ja, Reize alles andere als immun bin. Aber das sind Fantasien....und es sollten Fantasien bleiben, Jon."

Wann hatte er die Raumtemperatur erhöht? Er konnte sich nicht erinnern. So hypnotisiert war er von den grauen Augen seines Gegenübers, daß es ihm noch nicht einmal auffiel, daß sein Vorname gefallen war. Irgendwie erschien es...angemessen. Etwas in seinem Kopf protestierte. Wie von weit entfernt hörte er seine eigene Stimme, "Laß mich raten...du hältst es für deine Pflicht, mir die Alternativen aufzuzeigen?"

"Erraten. Ich hatte außerdem noch keine Möglichkeit, mich bei dir zu bedanken. Für mein Leben. Dafür, daß ich nicht mit einer Mine am Bein meinem Ende entgegen driften mußte."

"Vielleicht hast du es noch nicht bemerkt, Malcolm...für meine Crew tue ich alles, ob Mensch oder Beagle."

"Ganz getreu dem Motto der Musketiere, was? Einer für alle?"

In diesem Fall eher 'alle für einen'. Die Crew hatte sich jetzt offenbar entschlossen, alles für *ihn* zu tun und einer nach dem anderen bei ihm vorbeizuschauen, um ihn unter Einsatz aller verfügbaren Mittel - hauptsächlich der körperlichen - zu überzeugen, daß er gerne *alles* und *jeden* wählen könne...nur nicht T'Pol.

"Ich habe es bemerkt. Mehrmals. Und auch wenn ich meistens Einwände bezüglich deiner Vorgehensweise habe, ich bin froh, daß du nicht auf mich gehört hast, als es um mein Leben ging."

"Da sind wir schon zu zweit. Heißt das, du stehst meinem Kommandostil nun etwas offener gegenüber?"

Malcolm lächelte bedeutungsvoll, seine Handfläche kam gegen Archers Brust zu liegen, der Druck kaum spürbar. "Eine der Alternativen, die ich dir aufzeigen möchte, beinhaltet genau das. Um präzise zu sein, beinhaltet sie, daß ich für sehr viel mehr...offen...bin..."

Das Feuer, das Trip entfacht hatte, loderte wieder auf, erreichte das Ausmaß eines Buschbrandes. Durch den dünnen Stoff des T-Shirts fühlte er die Hitze von Malcolms Hand, fürchtete, daß wenn er sie fortnahm, der Abdruck zurückbleiben würde, wie ein Brandzeichen. Er hätte nicht Nein sagen können, selbst wenn er es gewollt hätte. "Fortfahren, bitte."

"Hey..." Das warme Gewicht an seiner Seite war verschwunden und er schlug die Augen auf, sah sich alarmiert um. "Wo willst du hin?"

Völlig angezogen kam Reed gerade aus dem Badezimmer und blieb stehen, als er angesprochen wurde. "In mein Quartier. Ich dachte, du würdest so schnell nicht aufwachen. Nicht daß ich nicht noch gerne bleiben würde...es ist bloß..."

"Was?" wollte Archer wissen. "Schnarche ich? Mißfällt dir die Farbe der Bettwäsche? Kratzt sie?"

Malcolm lachte. "Nichts dergleichen. Es ist...nun, es ist Porthos." Er trat ins schwache Licht der Leselampe und beugte sich etwas herunter. "Allergische Reaktion..."

Die Beleuchtung reichte aus, um ihn das Problem sehen zu lassen. Malcolms Augen waren gerötet und tränten und sein Atem klang seltsam pfeifend. "Mein Gott!" Erschrocken fuhr er hoch, setzte sich auf. "Malcolm! Wie...? Ich dachte, du hättest damit keine Schwierigkeiten mehr!"

"Das stimmt nicht ganz. Nur noch sehr selten, dank der regelmäßigen Injektionen. Vor einem Monat wäre das kein Problem gewesen, aber die Mittel, die mir Phlox zur Behandlung meiner Beinverletzung verabreicht hatte, wirken sich nachträglich auf die Antihistamine in meinem Blut aus. Ich bin nicht mehr ganz so unempfindlich. Der Computer auf der Reparaturstation hat daran nichts geändert. Ich muß erst wieder eine gewisse Resistenz aufbauen." Er zwang sich zu einem schiefen Lächeln und warf einen Blick auf den schlafenden Beagle auf seinem Kissen neben dem Bett. Hoffentlich hatten sie den kleinen Vierbeiner nicht zu sehr bei seinem Erholungsschlaf gestört. "Nimm's nicht persönlich, Porthos...ist nicht deine Schuld."

"Versprich' mir, in der Krankenstation vorbeizuschauen! Und ich werde Phlox fragen, ob du da warst!"

"Jawohl, Sir, Captain, Sir."

"Malcolm."

"Ja, Jon?"

"Wir...reden morgen, ja?" Gott, er war furchtbar müde. War das schon das Alter? Aber es würde vermutlich jedem so gehen, egal wie alt, der erst Trips und dann Malcolms Erfindungsreichtum im Bett ausgesetzt war! Trip...etwas in seiner Brust schmerzte als hätte jemand einen Eiszapfen in sein Herz getrieben. Was sollte er Trip sagen? Wie hatte das alles bloß passieren können? Sie waren so grundverschieden, und er fand sich von beiden gleichermaßen angezogen, fand sich in der Mitte zwischen zwei Extremen gefangen.

Trip Tucker zu lieben war einfach, so einfach, daß er fast genauso leicht vergessen konnte, wie diese Liebe entstanden war und warum es so wichtig war, sie zu bewahren.

Malcolm zu lieben war so kompliziert wie der Mann selbst, aber er absolvierte bereitwillig diesen unvorhergesehenen Zehnkampf, endlos und schmerzhaft und aufregend wie er sein würde.

Erst Trip...dann Malcolm...hoffentlich blieb es dabei. Wenn es gleich klingelte und der Besucher Travis Mayweather hieß, würde er schreien. "Wir müssen darüber reden, Malcolm." Nicht einmal zum Sprechen hatte er noch ausreichend Energie.

"Werden wir. Morgen. Schlaf' gut und träum' was Schönes."

Eine Antwort brachte er nicht mehr zustande, spürte auch kaum den Kuß, der ihm auf die Stirn gedrückt wurde, sondern er schloß die Augen und war im nächsten Augenblick eingeschlafen.

Wie Malcolm um die Biegung des Ganges kam, legte sich ihm eine Hand auf die Schulter und hielt ihn fest.

"Hey. Anhalten, der Herr! Wohin so eilig?"

"Oh...hey... Ich dachte, du wolltest duschen und dann eine Runde schlafen. Was machst du hier?"

"Ist bereits getan. Zumindest die Dusche. Die andere Frage kann ich zurückgeben."

"Du kennst die Antwort."

"Bis gerade eben?"

"Manchmal dauert es eben länger."

"Tut es das?" Trip Tucker verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn skeptisch.

"Ich hatte nur gehofft, er wäre leichter zu überzeugen. Er hatte...gute Gegenargumente."

Aus der künstlichen Tadelmiene wurde ein Grinsen und Trip konnte ein Lachen nicht unterdrücken. "Sag' bloß, du beschwerst dich..."

"Wenn ich irgendwelche Zweifel oder Beschwerden hätte, hätte ich mich wohl kaum auf diesen Irrsinn eingelassen." Er seufzte und rieb sich mit dem Ärmel die Augen.

"Hey, ist das gleich ein Grund zum Heulen?"

"Bitte?"

"Du siehst etwas...rot um die Augen aus, Mal...alles okay?"

"Porthos. Allergie. Können wir mal kurz einen Zwischenstop bei Phlox machen? Ich bräuchte etwas...ärztliche Hilfe."

"Kein Problem. Ansonsten...alles noch dran?

"Ja. Du hättest mich allerdings vorwarnen können...ihn zumindest etwas mehr auslaugen können..."

"Wirfst du mir jetzt auch noch mangelnde Gründlichkeit bei der Vorarbeit vor?"

"Ahm...nein..."

"Nimm' dir morgen einfach ein Kissen mit auf die Brücke."

"Sehr witzig."

"Jetzt mal ganz im Ernst: haben wir's geschafft?"

"Jon ist eingeschlafen, bevor ich zur Tür hinaus war, fix und fertig - im positiven Sinn - und wenn er heute träumt, dann garantiert nicht von T'Pol. Schlimmstenfalls hat er einen Alptraum, daß er aufwacht und Travis neben seinem Bett steht. Gefolgt von Rostov, Hoshi, Cutler..."

Trip sprang sofort darauf an. "Novakovich, DiMarco, dann der gutaussehende dunkelhaarige Franzose, mit dem du immer diesen Salat trainierst -"

"Remy Lenoir...er ist Kanadier...und es heißt *silat*, nicht Salat. Etwas mehr Achtung vor dem malaysischen Kulturerbe, bitte."

"Lenoir jedenfalls, Hess, Caillet, Nyberg, Kelly, Rosetti -"

"Hmmm", machte Malcolm und nickte zustimmend bei dem Bild, das er bei Nennung des letzten Namens im Kopf hatte. Fähnrich Tomaso Rosetti war der begehrteste Junggeselle unter den Ingenieuren der Enterprise, verbannte ohne Mühe Trip Tucker auf Rang 2, und Trip Tucker, so vermutete er, hatte nichts dagegen.

Trip spann die Phantasie weiter. "Kawashima, Munez, beide Healys -"

"Alle im 30-Minuten-Takt und Phlox steht daneben und macht Notizen", schloß Malcolm die Aufzählung ab. "Eher springt Jon aus der Luftschleuse."

"Aber es hat geklappt."

"In der Tat."

"Nicht umsonst bin ich Ingenieur geworden. Von uns erwartet man kreatives Denken und Einfallsreichtum. Und für die auftretenden Risiken..."

"Gibt es Waffenoffiziere, schon klar", brummte Reed, doch seine Verärgerung war genauso gespielt wie Trips wenige Minuten zuvor. Langsam gingen sie den Gang hinunter in Richtung Lift.

"Mission erfolgreich beendet. Allerdings haben wir jetzt ein noch viel größeres Problem."

Malcolm wischte sich die tränenden Augen und nieste zweimal heftig. "Ich glaube, ich sehe, was du meinst. Nicht nur, daß er sich furchtbar fühlen muß..."

"Genau. Ich mich nämlich auch", brummte Trip.

"Und ich erst." Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu, "Wenn uns gar nichts mehr einfällt, weißt du ja, wer die Schlüssel zu den Waffenschränken hat."

"Irgendwelche Vorschläge? Hier, nimm' mein Taschentuch."

"Danke. Nun, wir könnten um ihn würfeln...losen..."

"Einen Plan aufstellen. Du bekommst ihn an den geraden Tagen, ich an den ungeraden..."

"Auch 'ne Idee...Sekunde..." Die Bewohner der Kabinen, an denen sie gerade vorbeikamen, mußten denken, sie hatten einen Elefanten an Bord, so laut schneuzte sich Malcolm die Nase. Das war ein Stofftaschentuch, das er Trip schuldete.

"Und was ist", der Ingenieur zog die Worte in die Länge, "wenn wir nichts tun?"

"Du meinst...wir beide?"

"Ha!" lachte Trip und klopfte ihm auf den Rücken. "Du hast es wirklich als erster gesagt! Daß dieser Vorschlag ausgerechnet von dir kommt. Malcolm, ich habe dich unterschätzt."

"Das solltest du dir abgewöhnen, wenn das hier klappen soll."

"Ist das eine Drohung oder ein Versprechen?"

Malcolm unterdrückte ein Niesen und schwieg. Ein langer Blick war seine einzige Antwort. Dann trat er auf den anderen Mann zu, ergriff dessen Hand. "Nach dem Besuch bei Phlox...hast du da noch was vor?"

So kam es, daß Captain Jonathan Archer am nächsten Morgen schon gleich beim Aufwachen die Qual der Wahl hatte...

Ende
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