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Die Einsamkeit des Herzens

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Die Bar war leer. Leeta reckte sich geschmeidig und blickte zu dem Platz, an dem Lenara Kahn gesessen hatte. Langsam trat sie näher und bemerkte das zerknüllte Papier, das auf dem Tisch verstreut lag. Anscheinend hatte Lenara einen harten Kampf mit den Worten ausgefochten, die in ihrer Seele lagen. Leeta ließ ihre Finger über den Briefbogen gleiten. Sie setzte sich und betrachtete den Briefbogen, auf dem ihr Name stand.

„Ich danke Ihnen für alles, Leeta.

Für Ihre Worte, Ihre Anwesenheit und das Mitgefühl in Ihren Augen. Ich kam auf die Station, um die Uhren zurückzudrehen, dabei wusste ich, dass dies nicht möglich ist, das ist es nie.

Ich werde mit dem Forschungsschiff in den Gammaquadranten aufbrechen, es hat keinen Sinn, meine Gefühle in Worte kleiden zu wollen, dazu reichen keine Seiten, keine Schwünge aus einem Füllfederhalter, keine Worte. Aber ich habe etwas gefunden, was ich nie erhofft hatte, eine Freundin, wir mögen nur wenige Worte gewechselt haben, Leeta, aber ich weiß, dass wir ein Band in dieser kurzen Zeit schufen.

Ich streckte meine Hand aus, und Sie haben sie ergriffen, und dafür werde ich Ihnen immer dankbar sein. Unsere Seelen waren sich nah, und so etwas ist sehr selten, ich dachte nicht, das hier zu finden, und vielleicht wird das eines Tages dafür sorgen, dass ich an diesen Tag nicht nur mit Schmerz und Verlust im Herzen denken kann.“


Leetas Finger strichen über die geschwungenen Buchstaben von Lenara Kahns Unterschrift, sie faltete den Bogen sorgfältig und sah dann die zerrissenen Schnipsel Papier auf dem Boden. Sorgsam sammelte Leeta sie auf und betrachtete sie, Fetzen von Erinnerungen, Fetzen von Gefühlen, Fetzen von Papier, erfüllt mit Liebe und Schmerz. Vielleicht hatte Lenara diesen Brief nie beendet, aber sie würde dennoch dafür sorgen, dass Dax ihn erhielt.

* * * * *


„Ach, Leeta, was soll das werden?“ Rom wühlte mit den Fingern in den Papierschnipseln und blickte die junge Bajoranerin wie ein getretener Hund an.

„Wir wollten doch in eine Holosuite, ich habe extra ein Programm für dich schreiben lassen! Quark wird mir die Suite dennoch in Rechnung stellen, auch wenn wir sie nicht benützen!“

Leeta warf Rom einen ungeduldigen Blick zu, der den Ferengi einige Zentimeter kleiner machte.

„Ist das wirklich so wichtig?“ Rom klang sehr kleinlaut, er wollte keinesfalls Leeta verärgern, er konnte ja noch immer nicht fassen, dass sie sich mit ihm abgab.

„Ja, Rom, es ist wichtig!“ Leeta hatte die Schnipsel sortiert und versuchte sie zusammenzusetzen, sie runzelte die Stirn in ihrer Konzentration und versuchte, die Worte und die Fetzen von Papier zusammenzufügen.

Rom atmete tief aus. „Wie kann ich dir dabei helfen?“

Leeta schenkte ihm ein Lächeln, das Rom jede Holosuite und jeden Streifen Latinum, den er seinem Bruder bezahlen musste, vergessen ließ. „Es ist ein Puzzle, Rom, ein sehr wichtiges, eines voller Liebe!“

* * * * *


Leeta betrachtete den Brief, sie hatten ihn in mühsamer, stundenlanger Arbeit zusammengesetzt und mit durchsichtigem Klebeband fixiert. Rom waren Tränen über das Gesicht gelaufen, als sie die Worte auf dem Brief endlich zusammen hatten und Leeta sie leise vorlas. Aber er war nicht der einzige gewesen, es war ein Brief voller bittersüßer Worte, voller Liebe und Schmerz, ein Brief, der unvollendet war, und dennoch hoffte Leeta, dass er seinen Zweck erfüllen würde! Sie hoffte auch, dass dieses Forschungsschiff nicht schon aufgebrochen war.

Leeta betrachtete die Türe zu Dax´ Quartier, sie überlegte, wie sie es am besten anstellte. Sie legte den Brief vor die Türe, bemerkte den irritierten Blick eines Starfleetangehörigen, der vorbeiging, und entschied sich, dass dies keine gute Idee war, jemand könnte den Brief aufheben und womöglich in die Recyclinganlage werfen.

Leeta ging auf die Knie und betrachtete den dünnen Spalt, die Türen zu den Quartieren schlossen nicht luftdicht ab, da im Notfall ein automatisches Energiesicherheitsfeld erzeugt wurde, wenn ein Sauerstoffleck eintrat. Sie versuchte den Brief durch den Spalt zu schieben doch die Türe glitt zurück, und Leeta starrte auf zwei schwarze Stiefel und ebenso schwarze Hosenbeine. Ihr Blick wanderte langsam hoch, Dax hatte die Arme verschränkt und blickte mit leichter Belustigung in den dunkelblauen Augen auf sie herab.

„Leeta, was soll das werden?“

Leeta sprang auf die Beine und versteckte den Brief hinter ihrem Rücken, sie lächelte scheu. „Ich war zufällig gerade hier und bin...“ Leeta überlegte, was sie wohl Dax auftischen konnte, „ ... gestolpert!“

Dax´ Lächeln wuchs in die Breite. „Ach, das ist ja tragisch! Sollen wir Julian verständigen?“

„Nein, nein, ist alles in Ordnung.“ Leeta spürte, wie sie langsam rot wurde.

Dax schien sich köstlich zu amüsieren. „Was ist das für ein Brief hinter ihrem Rücken? Ein Liebesbrief? Gibt es da etwas, das ich über Sie wissen sollte, Leeta?“

Leeta blickte sich hektisch um, sprang dann an Dax vorbei in deren Quartier und hielt ihr den Brief hin.

„Er ist nicht von mir!“

Dax hob die Augenbraue, langsam wurde die Sache ja mysteriös, bisher hatte sie es für einen Scherz gehalten. Sie trat wieder in ihr Quartier und die Türe schloss sich hinter ihr.

„Von wem dann?“ Dax nahm das Blatt Papier in die Hände, es war sorgsam geklebt, aber es war unschwer zu erkennen, dass dieser Brief zerrissen worden war.

Leeta öffnete den Mund, aber sie musste Lenaras Namen nicht mehr aussprechen, sie sah an Dax´ Gesichtsausdruck, dass die Trill die geschwungene, feine Handschrift erkannte. Dax blickte Leeta an, Überraschung und Schmerz spiegelten sich in ihren blauen Augen.

„Warum haben Sie den Brief gebracht, Leeta?“ Dax´ Stimme schwankte, die sonst so überlegen wirkende Trill mit der Erfahrung aus so vielen Leben erschien in diesem Moment sehr verletzlich und zerbrechlich. „Lenara hat ihn zerrissen, er sollte mich nie erreichen!“

Leeta nickte. „Ja, und das wäre ein Fehler gewesen, Jadzia. Sie hatte Angst, dass sie Ihr Leben zerstört, Ihr Glück mit Commander Worf!“

Dax ging ein paar Schritte, sie wollte nicht, dass Leeta den Gefühlssturm in ihrem Gesicht, in ihren Augen lesen konnte. „Und Sie meinten, es wäre besser, mein Leben und Glück zu zerstören?“

Leeta schüttelte den Kopf und stellte sich dem nun anklagenden Blick von Dax. „Nein, aber ich dachte, dass Sie selbst die Entscheidung treffen müssen! Sie hat alles aufgegeben und denkt nun, dass es zu spät ist. Sie sagten, Lenara würde nie mehr zu Ihnen zurückkehren, Sie haben sich geirrt, Jadzia! Und ich dachte, das sollten Sie wissen.“

Dax´ Finger strichen über das Papier, über die Worte, die ihre Seele in Aufruhr versetzten, die ihr Angst machten, die ihr Hoffnung machten, die ihr Herz in Brand setzten, etwas, das sie bei Lenara nie mehr hatte fühlen wollen.

„Wo ist sie?“ Dax´ Stimme klang fast tonlos, aber etwas in Leeta jubilierte leise bei dieser Frage.

„Sie wollte mit einem Forschungsschiff in den Gammaquadranten, die Crew suchte noch eine Wissenschaftlerin.“

Dax überdachte die Flugpläne, es gab nur ein Raumschiff, das dafür in Frage kam, sie klopfte schnell auf ihren Kommunikator.

„Kira, ist das Forschungsraumschiff Ehlaran noch im Landedock?“ Dax hoffte, dass das Zittern in ihrer Stimme nicht so deutlich war.

„Nein, sie sind vor wenigen Minuten aufgebrochen, sie müssten jeden Moment das Wurmloch passieren.“

Leeta fühlte, wie Tränen in ihr hochstiegen, alles, was sie getan hatte, war umsonst gewesen!

„Ist etwas nicht in Ordnung, sollen wir die Ehlaran rufen?“ Kiras Stimme klang besorgt, ihr war aufgefallen, dass Dax´ Stimme nicht so klang wie sonst.

„Nein, alles ist in Ordnung.“ Dax beendete den Kontakt und ging zu den Sichtfenstern, von ihrem Quartier aus konnte man das Wurmloch sehen.

Leeta trat an ihre Seite und beobachtete, wie sich das Wurmloch mit seinen farbenprächtigen Wirbeln öffnete und dann wieder schloß. Sie fühlte die Tränen, die über ihre Wangen glitten, und warf einen Seitenblick zu Dax, auch bei ihr erkannte sie die glitzernde Spur von Tränen auf dem Gesicht.

„Die Ehlaran wird für sechs Monate im Gammaquadranten bleiben.“ Dax´ Stimme war leise.

„Und was wird dann sein, Jadzia?“

Dax blickte Leeta an und starrte dann wieder in den Weltraum, wo sich das Wurmloch geschlossen hatte.

„Ich weiß es nicht. Aber ich werde da sein, wenn die Ehlaran zurückkehrt, ich werde hier sein, wenn Lenara zurückkehrt.“

„Dann ist es also nicht zu spät?“ Leetas Stimme drückte aus, wie sehr sie dies hoffte.

Dax´ Fingerspitzen berührten die kalte Sichtscheibe. „Für manche Dinge ist es nie zu spät im Leben, in keinem Leben!“



Ende
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