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Waffenschwestern

von Martina Strobelt

Kapitel 2

Man hatte sie gemeinsam in eine Arrestzelle gesperrt, der einzigen, die es gab. Ein Zeichen dafür, dass das Dominion normalerweise keine Gefangenen machte.

Grilka kniete neben dem Klingonen, den Weyoun bis auf weiteres verschont hatte. „N’Tok!“

„Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis er wieder zu sich kommt“, sagte Dax. „Soweit ich das beurteilen kann, hat es ihn ziemlich schwer erwischt.“

„Schweigen Sie!“ Grilka fuhr herum und funkelte Jadzia zornig an. „Es ist allein Ihre Schuld, dass er hier in diesem Loch elendig an seinen Verletzungen sterben wird. In Gefangenschaft! Ohne Ruhm! Ohne Ehre!“

Dax schwieg. Aus klingonischer Sicht gab es keine Rechtfertigung für das, was sie getan hatte. Hätte sie auf der Brücke bereits gesehen, wie schwer verwundet der Mann war, hätte sie sich lieber die Zunge abgebissen, als um sein Leben zu bitten. Sein Leben der Bitte eines anderen zu verdanken, war für einen Klingonen demütigend. Doch von dieser Erniedrigung konnte er sich mit dem Blut von Feinden reinigen. In Gefangenschaft zu sterben indessen, war für einen Klingonen gleichbedeutend mit dem Verlust seiner Ehre - ohne jede Möglichkeit, diese durch Taten wieder herstellen zu können.

Jadzia verstand Grilkas verzweifelte Wut nur zu gut. Innerlich wappnete sie sich gegen das, was nun unweigerlich folgen würde. Wie sie befürchtet hatte, packte die Klingonin den Bewusstlosen unter den Achseln und schleppte ihn dorthin wo ein schimmerndes Kraftfeld die Zelle vom Rest des Raumes trennte. Die Trill wandte den Kopf ab. Sie wusste, Grilka würde sie mit ihren bloßen Händen töten, sollte sie versuchen, sie an ihrem Vorhaben zu hindern. Ohne medizinische Versorgung würde der Mann sterben. Wenn es der Rettung seiner Ehre diente, diesen Vorgang zu beschleunigen, gab es nichts, was sie dagegen hätte einwenden können.

„Kommen Sie her!“

Jadzias Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Sie hoffte, dass Grilka nicht von ihr verlangen würde, zu tun, was nach der klingonischen Auffassung von Ehre getan werden musste.

Die Klingonin stand hoch aufgerichtet, den Bewusstlosen zwischen sich und das Kraftfeld haltend. „Ich sollte Sie hier zurücklassen“, sagte sie. „Aber Sie sind die Par’Mach’kai eines Klingonen, auch wenn sein Name im Reich keinen guten Klang hat. Um seinetwillen sollen Sie nicht ehrlos sterben! - Stellen Sie sich hinter mich!“

„Sie wollen mit ihm als Schild das Kraftfeld durchbrechen?!“

„Sein Tod wird uns die Flucht ermöglichen! Ehre für ihn - und eine Chance für uns!“

Grilkas Argumentation war in gewisser Weise ebenso logisch wie die eines Vulkaniers.

Wortlos trat Dax dicht hinter die Klingonin und umklammerte ihre Taille. Die Trill schlossß die Augen und ließ sich vom Schwung mitreißen, mit dem Grilka sich nach vorne warf...

* * *


Wieso war das so leicht gegangen? war Jadzias erster Gedanke, als sie gemeinsam mit Grilka auf den Boden vor der Zelle stürzte. Warum hatte es kein Geräusch gegeben? Wieso roch es nicht nach verbranntem Fleisch?

Sie fand die Antwort auf diese Fragen, als sie aufsah und direkt in die Mündung eines Phasers blickte, der in der Hand eines Jem’Hadar ruhte.

„Mir scheint, ich bin keine Sekunde zu früh gekommen“, erklang Weyouns Stimme. „Es geht doch nichts über ein perfektes Timing...“

Der Vorta stand an einer Konsole. Von dort hatte er das Kraftfeld deaktiviert. Auf einen Befehl von ihm zerrten zwei Jem’Hadar die sich wehrende Grilka hoch und beförderten sie unsanft zurück in die Zelle.

Weyoun aktivierte das Kraftfeld wieder, bevor er sich erneut an Dax wandte: „Sie enttäuschen mich, Commander. Ich hatte gehofft, dass Sie mein Geschenk ein klein wenig mehr schätzen und sorgsam damit umgehen würden. Es absichtlich zu Asche verbrennen zu wollen, also, DAS hätte ich von Ihnen wirklich nicht erwartet.“

Dax warf den Kopf in den Nacken. „Es tut mir leid, wenn Sie den Eindruck haben, ich würde Ihr Geschenk nicht hoch genug schätzen. Vielleicht liegt es ja daran, dass es von Minute zu Minute an Wert verliert! Wenn Sie Dankbarkeit wollen, dann müssen Sie mir einen besseren Grund geben, als das Leben eines Mannes, das ohne medizinische Versorgung erlöschen wird.“

„Ich bin nicht an Ihrer Dankbarkeit interessiert, sondern...“, Weyoun brachte sein Gesicht so nahe an das der Trill, dass sie einander fast berührten., „...an Ihrer Kooperation. - Jedoch“, fuhr er fort, ehe Dax etwas erwidern konnte. „In Anbetracht unseres schlechten Starts habe ich Verständnis für Ihr Zögern. Eine effiziente Zusammenarbeit erfordert eine Basis gegenseitigen Vertrauens, das ist mir durchaus bewusst. Bekanntlich ist der erste Schritt immer der schwerste. Daher werde ich den Anfang machen. - Versorgt die Wunde des Klingonen!“ befahl der Vorta den Jem’Hadar-Wachen. „Als Zeichen meines guten Willens...“

* * *


Dax verbarg ihre Angst hinter einem neutralen Lächeln. Der Botschafter des Dominions wartete darauf, dass sie Furcht zeigte. Sie konnte es in seinen hellen Augen lesen. Nur deshalb hatte er sie hierher bringen lassen. In einen Raum, dessen Bestimmungszweck keiner Erklärung bedurfte...

Die Trill zwang sich, die Gerätschaften zu ignorieren, sich nicht vorzustellen, wozu man sie benutzen konnte. Solange sie diese Überlegungen aus ihrem Bewusstsein verbannte und sich auf den Vorta konzentrierte, blieb die Angst auf einer Ebene, die kontrollierbar war...

„Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen“, meinte Weyoun. „Dieser Ort...“, er machte eine allumfassende Geste, „ist ein wenig düster. Aber was soll man machen, dies ist eben ein Kriegsschiff. Die Räumlichkeiten sind begrenzt. Bitte!“ Er wies auf einen Stuhl aus Metall.

Dax hätte es vorgezogen zu stehen. Doch sie hatte keine Wahl. Die Kälte des Materials drang durch den Stoff ihrer Uniform. Die Temperatur in diesem Raum lag weit unter der auf dem Rest des Schiffes, was sicher kein Zufall war. Die Trill war überzeugt, dass Weyoun auf diese Weise subtil unterstreichen wollte, dass dieser Ort nicht dazu diente, Wohlbehagen auszulösen.

Unwillkürlich schauderte Dax.

„Frieren Sie? - Wie nachlässig von mir“, fuhr Weyoun fort, als Jadzia nickte. „Computer, Temperatur auf 25 Grad Celsius erhöhen! - Bisweilen vergesse ich, dass andere Rassen sensibler auf Kälte reagieren als Vorta. Einem Diplomaten sollten derartige Fehler nicht passieren. Aber niemand ist perfekt, nicht wahr?“

Dax bejahte, froh über die Wärme, die sie wie ein Mantel einhüllte. Der Vorta hatte deutlich gemacht, von wem das körperliche Befinden seines unfreiwilligen Gastes abhing.

Die Trill fühlte Weyouns Blick auf sich ruhen. Eine stumme Aufforderung, ihn zu fragen, was er von ihr wollte. Die Versuchung war stark. Doch die Trill widerstand ihr. Der Botschafter des Dominions mochte sie irgendwann im Verlauf der nächsten Stunden vielleicht zum Reden bringen. Aber für den Moment war dieser Punkt noch nicht erreicht.

Weyoun wollte dieses Gespräch. Dann sollte er es auch eröffnen.

Eine Weile musterten sie einander schweigend. Schließlich seufzte der Vorta. „Sie machen es mir wirklich schwer, Jadzia. Ich darf Sie doch so nennen?“

„Nein!“ Die Hoffnung der Trill mit ihrer Antwort eine verärgerte Reaktion zu provozieren und den Botschafter des Dominions damit aus der Reserve zu locken, erfüllte sich nicht.

„Oh“, der Vorta winkte einem Jem’Hadar, worauf dieser eine Flasche und zwei Gläser auf einer Bank abstellte, die für gewöhnlich sicher nicht als Tisch diente, „ich hoffe es stört Sie nicht, wenn ich es trotzdem tue. Commander klingt so militärisch. So unpersönlich.“ Weyoun entkorkte die Flasche und füllte den Inhalt in die beiden Gläser. „Kanar?“

„Nein, danke.“

„Sie sollten ihn versuchen. Die Cardassianer sind unzivilisierte Barbaren, aber ihr Kanar...“

„Ich trinke nur mit Freunden“, sagte Dax kühl.

„Ich bin Ihr Freund, Jadzia. Genauer ausgedrückt“, Weyoun ergriff eines der Gläser und hielt es Dax hin, „ ich könnte es sein. Nein, denken Sie gut nach, bevor Sie antworten. Es betrübt mich, es auszusprechen, in Ihrer Lage könnten Sie einen Freund gebrauchen...“

Jadzias Finger schlossen sich um das Glas. „Vielleicht haben Sie recht, Weyoun...“, sie hob das Glas leicht an. „Jeder braucht Freunde, auch ich. - Aber...“, mit einem Ruck drehte sie das Glas um und stellte es verkehrt so hart zurück, dass es zerbrach. Kanar floss zwischen Scherben über den provisorischen Tisch. „Nicht Sie!“ Die Trill beugte sich vor. „Tlingan khol’davar! Sie besitzen keine Ehre! Ich trinke nicht mit Ihnen!“ Mit einer Bewegung ihres Armes fegte sie die Mischung aus Kanar und Glas von der Bank.

Weyoun zuckte mit keiner Wimper. „Ihr Benehmen lässt zu wünschen übrig. Mir scheint, Sie haben zu viel Zeit in der Gesellschaft von Klingonen verbracht. Ich frage mich, was Ihr Symbiont von der Leichtfertigkeit hält, mit der Sie mein Angebot ablehnen. Verraten Sie mir, Jadzia, teilt Dax Ihre Meinung in diesem Punkt?“

„Ich bin Dax!“

„Tatsächlich?“ Der Vorta hob eine Braue. „Nach meinen Informationen ist das nicht ganz korrekt. Meine Kenntnisse Ihrer Spezies mögen nicht so umfassend sein wie Ihre. Doch ist es nicht so, dass Symbiont und Wirt auch nach der Symbiose eine gewisse Eigenständigkeit behalten?“

„Und wenn es so wäre?“ räumte Jadzia widerwillig ein. Dieses Gespräch nahm unerwartet eine Wendung, die ihr alles andere als gefiel. Sie wusste nicht, worauf der Vorta hinaus wollte, aber sie war überzeugt, dass es sich hier um mehr als lediglich eine einleitende Plauderei handelte.

„Ich finde das ungeheuer aufregend“, Weyoun nippte an seinem Glas. „Köstlich, zu schade, dass Sie Ihren Kanar verschüttet haben. Doch verzeihen Sie, ich schweife ab. Wo waren wir gerade? Ach ja, richtig, bei der Verbindung, die Trill-Wirte mit den Symbionten eingehen. In gewisser Weise ähneln wir einander. Dies ist einer der Vorteile der weit entwickelten Klontechnik des Dominions. Sie ermöglicht unseren Wissenschaftlern weitaus mehr als die bloße Herstellung eines genetischen Duplikats. Dank der speziellen Technik des Dominions sind geklonte Vorta zugleich die Summe der Erfahrungen ihrer Vorgänger, die dadurch nicht verloren sind. Mit jeder neuen Generation wird das übertragene Wissen größer. Es ist fast das gleiche Prinzip wie bei Ihrer Symbiose. Eine erstaunliche Gemeinsamkeit zwischen unseren Spezies. Diese wissenschaftliche Erkenntnis gibt Anlass zu äußerst interessanten Überlegungen. So frage ich mich, ob - rein theoretisch - eine Vereinigung zwischen einem Ihrer Symbionten und einem Vorta durchführbar wäre. Stellen Sie sich nur die Auswirkungen einer derartige Symbiose vor!“

Dax zog es vor, sich das besser nicht vorzustellen.

„Natürlich darf man nie die Risiken außer Betracht lassen“, fuhr Weyoun fort. „Theorie und Praxis entsprechen einander ja nicht immer. Oh, nicht etwa dass es zu befürchten wäre, dass am Ende der Symbiont seinen Vorta-Wirt kontrolliert. Ich bin sicher, dass unsere Wissenschaftler einen Weg finden würden, um eine ungewünschte Beeinflussung des Wirtes zu verhindern. Es wäre jedoch ein Jammer, das Leben und damit den Verlust der Kenntnisse eines Symbionten bei so einem Experiment zu riskieren, so reizvoll es auch wäre...“

Jadzia lehnte sich zurück und versuchte ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Weyoun hatte gewonnen. Er wusste es und wartete nur noch darauf, dass sie es offen eingestand. Hätte die Ausführung seiner Drohung lediglich ihren Tod bedeutet, wäre sie bereit gewesen. Doch Dax in einer erzwungenen Symbiose mit einem Vorta? Bilder eines sterbenden Dax tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Schreckliche Bilder eines Dax, den die Ärzte des Dominions gegen seinen Willen zu leben zwangen. Gefangen in einem Körper, der jenen diente, die alles bekämpften, woran er glaubte...

Der Vorta ließ ihr Zeit, ihre Niederlage in ihrem ganzen Ausmaß zu begreifen.

In dieser ausweglosen Situation wählte Jadzia die einzige Option, die ihr noch blieb. Die Flucht nach vorn. Sie öffnete ihre Augen wieder und brachte sogar ein Lächeln zustande. „Ihre Argumente sind sehr überzeugend, Botschafter. Leider ist“, sie legte ihre Hände in einer bedauernden Geste auf ihren Leib, „Dax ein wenig störrisch. Er ist es nicht gewohnt, sich anderen zu beugen. Doch wir beide haben eine gute Beziehung zueinander. Geben Sie mir Zeit, ich kann ihn sicher überreden.“

Weyoun fixierte Jadzias Bauch. „Sie kommunizieren mit Ihrem Symbionten?“

Die Trill hatte nicht vor, den Vorta über die komplizierten Interaktionen zwischen Dax und ihr aufzuklären. „Geben Sie mir Zeit“, wiederholte sie. „Sein Wille ist stark. Aber am Ende wird auch er einsehen, dass wir beide an einem Punkt angelangt sind, an dem die Klugheit es verlangt, frühere Beziehungen kritisch zu überdenken - und alte Freundschaften durch neue zu ersetzen...“

* * *


Grilka lehnte an der Wand der Zelle. Neben ihr auf dem Boden hockte der Klingone, den sie N’Tok genannt hatte. Als Dax flankiert von zwei Jem’Hadar-Wachen den Arrestbereich betrat, stand er langsam auf. Weyoun hatte Wort gehalten und ihn behandeln lassen. Die Trill verbarg ihre Erleichterung hinter der Miene einer innerlich gebrochenen Frau, die sie zur Schau stellte, seit sie den Verhörraum verlassen hatte. Sie war sich zwar nicht sicher, ob Jem’Hadar für derartige Täuschungen empfänglich waren. Dennoch konnte es nicht schaden, ihren Wächtern das Bild einer Gefangenen vorzuspielen, die keine Gedanken an Flucht hegte, weil sie aufgegeben hatte.

Die Klingonen zumindest schienen ihr das Theater abzukaufen, was die verächtlichen Blicke verriet, die sie einander zuwarfen. Dies war einer der Nachteile der klingonischen Mentalität. Sie vertrug sich nicht sonderlich gut mit Manövern dieser Art, weswegen Klingonen sich in der Regel schlecht darauf verstanden, einen Gegner mittels einer List zu täuschen.

Im Gegensatz zu Dax.

Die Trill wartete, bis einer der Jem’Hadar sich der Kontrollkonsole zuwandte, dann brach sie unvermittelt in lautes Jammern aus: „Sie dürfen mich nicht wieder zu denen da sperren! Das sind wilde Tiere! - Bortas bir’Jablu! - Verstehen Sie! Bortas bir’Jablu! - Sie bringen mich um, bevor Sie zulassen, dass ich mit Ihnen kooperiere!“ Kreischend krallte sie sich an dem Jem’Hadar fest, der sie bewachte, während der andere seinen Sicherheitscode in das Terminal eingab.

Der Soldat versuchte sich behutsam aus Jadzias Umklammerung zu lösen. Offensichtlich war ihm befohlen worden, diese Gefangene nicht zu verletzten. Dax, die genau das gehofft hatte, lockerte ihren Griff und ließ sich schluchzend und scheinbar kraftlos an ihm hinab rutschen. Ihre Stirn befand sich ungefähr in Höhe seines Oberbauches, als der andere Jem’Hadar das Kraftfeld deaktivierte. Seine Waffe war auf die beiden Klingonen gerichtet. Der Soldat, an den Jadzia sich immer noch klammerte, beugte sich nach unten, um die Trill auf die Füße zu ziehen. Für den Bruchteil einer Sekunde war er abgelenkt. Dax, die darauf gewartet hatte, schnellte hoch. Ihr Kopf krachte hart gegen das Kinn des Jem’Hadar. Gleichzeitig packte sie die Zufuhrleitung des Ketracel White und riss sie mit einem Ruck ab. Die Hand ihres Gegners fuhr zum Hals. Jadzia wusste, dass ihr nur wenige Sekunden blieben, bis der andere Soldat das Kraftfeld wieder aktiviert hatte und sich in den Kampf einschalten würde.

Die beiden Klingonen waren sich dessen ebenfalls bewusst.

Wie auf ein geheimes Zeichen ließen beide sich nach vorn fallen. Ein Energieblitz aus der Waffe des Jem’Hadar am Kontrollpult, traf N’Tok an der linken Schulter. Der Druck schleuderte ihn zurück. Grilka indessen schaffte es, unter dem für sie bestimmten Schuss wegzutauchen. Sie war sehr schnell. Doch nicht schnell genug um zu verhindern, dass der Soldat das Kraftfeld wieder aktivierte, bevor sie sich mit einem wilden Schrei auf ihn stürzte.

Verbissen rangen die beiden Frauen mit ihren jeweiligen Gegnern. Die Klingonin war stärker als die Trill. Zum Ausgleich kam Jadzia die Kampferfahrung mehrerer Leben und unterschiedlichster Techniken zugute, die der Symbiont in ihr im Lauf von 300 Jahren erlernt hatte.

Die Jem’Hadar waren eine künstlich erzeugte Rasse, genetisch auf Gehorsam, Sieg und Tod programmiert. Sie besaßen keine Instinkte, die über jene hinausgingen, die ihnen eingepflanzt worden waren. Sie waren gefährliche Krieger. Aber Ihnen fehlte das Verständnis dafür, was es hieß, um sein Leben zu kämpfen. Damit waren sie gegenüber Grilka und Dax im Nachteil. Die Klingonin fürchtete den Tod nicht. Doch bedeutete dies nicht, dass sie nicht an ihrem Leben hing. Für Jadzia galt es nicht nur das eigene Leben zu verteidigen, sondern ein weiteres, kostbares, für das sie in der Stunde ihrer Vereinigung die Verantwortung übernommen hatte.

In ihren Ohren dröhnte ihr Herzschlag, wie ein Trommelwirbel. Dax kannte das Gefühl nur zu gut. Sie hatte es schon früher einmal empfunden. Damals als sie eine Schuld beglich, so alt wie die drei Klingonen, an deren Seite sie gestanden hatte. Es war der Rausch des Blutes, dem sie sich heute wie damals willig hingab.

Grilka erging es nicht anders. Es war ein Urinstinkt, der in jedem Wesen steckte und immer dann die Führung übernahm, wenn man hasste.

Dax hasste ihren Gegner. Sie musste ihn hassen. Denn nur wenn sie ihn ausreichend hasste, um seinen Tod zu wollen, hatte sie eine Chance.

Das Geräusch, mit dem das Blut durch ihre Adern pulsierte, angetrieben vom rasenden Pochen des Herzens, wurde lauter und lauter, bis es ihr Bewusstsein vollständig ausfüllte. Der Rausch ergriff von ihr Besitz, und als er schließlich verebbte, war die Erinnerung an Einzelheiten des Kampfes restlos ausgelöscht, gab es nur noch ein leichtes Nachhallen dessen, was geschehen war.

Der Jem’Hadar lag mit verrenktem Hals zu ihren Füßen. Seine gebrochenen Augen starrten blicklos ins Nichts. Dax wirbelte herum, als hinter ihr ein wildes Knurren erklang.

Grilka stand im Blut des Jem’Hadar, den sie getötet hatte. In den Tiefen ihrer dunklen Augen brannte ein gefährliches Feuer.

„Nicht bewegen!“

Es hätte keiner Warnung N’Toks bedurft. Jadzia kannte den Ausdruck in Grilkas Augen. Sie hatte ihn schon im Blick anderer Klingonen gesehen. Wenn ein Klingone vom Blutrausch gepackt wurde, konnte es passieren, dass er die Kontrolle über sich verlor, nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden konnte. In diesem Zustand griffen Klingonen blindwütig alles an, was sie als Bedrohung empfanden. Ein einziger Schritt in Grilkas Richtung würde genügen...

„Duj tlvorgt’ah“, sagte Dax ruhig. „Es war ein guter Kampf, der Ihnen Ehre eingebracht hat. Der Sieg gehört Ihnen! - Duj tlvorgt’ah, es ist vorbei!“

Die Glut in den dunklen klingonischen Augen erlosch. „Duj tlvort’ah“, stimmte Grilka zu. „Es war ein guter Kampf!“ Sie bückte sich, hob die Waffe des toten Jem’Hadar auf und richtete die Mündung auf das Kontrollpult.

„Nein!“ Jadzia fiel der Klingonin in den Arm. „Wenn Sie die Konsole zerstören, lösen Sie den Alarm aus. Dann wird es hier in weniger als einer Minute nur so von Jem’Hadar wimmeln!“

Grilka schüttelte die Hand der Trill ab. „Bei Kahless, wir werden sie gebührend empfangen!“

„Das werden wir nicht! - Wir können nicht gegen die gesamte Besatzung kämpfen!“

„Haben Sie etwa Angst?“

„Wenn dem so wäre, würden wir beide jetzt wohl kaum hier stehen und streiten!“

„Sie haben Mut bewiesen“, räumte die Klingonin ein.

„Und an Ihnen ist es nun, Vernunft zu zeigen, Dame Grilka“, meinte Dax. „Zuerst sollten Sie mich den Sicherheitscode der Konsole knacken lassen, damit Ihr Freund freikommt. Danach werden wir ganz leise und unauffällig eine Möglichkeit suchen, einen Notruf nach DS9 zu senden.“

„Ich soll die Föderation wie ein ehrloser Feigling um Hilfe anbetteln?!“ entfuhr es Grilka.

„Was ist ehrloser?“ hielt Jadzia dagegen. „Angesichts einer Übermacht um Unterstützung zu bitten? Oder dem Feind durch seinen sinnlosen Tod in die Hände zu arbeiten? Wir können nicht alle Jem’Hadar auf diesem Schiff besiegen. Begreifen Sie doch, Grilka. Es liegen weder Ruhm noch Ehre darin, den Tod zu suchen. Das könnte jeder, denn es ist einfach. Viel schwerer ist es, zu entkommen. Wenn wir sterben, dann haben Dukat und Weyoun gewonnen. Siegen heißt für uns in diesem Fall nur eines - Überleben!“

Grilka tauschte einen Blick mit N’Tok. „Thingan’Djar! Wir sind Klingonen“, sie trat zur Seite und nickte Jadzia auffordernd zu. „Holen wir uns den Sieg!“

* * *


Weyoun würdigte Dukat keines Blickes. Der Cardassianer kostete die Situation in vollen Zügen aus. Es waren Jem’Hadar gewesen, die Dax zurück in die Zelle hatten bringen sollen. Sie hatten sich überwältigen lassen. Da sie dem direkten Befehl des Vorta unterstellt gewesen waren, stellte ihr Versagen sein Versagen dar. Jedenfalls für Dukat, der nicht müde wurde, seine Meinung in diesem Punkt ungefragt zu äußern.

Scheinbar beherrscht unterdrückte Weyoun nur mit Mühe das Bedürfnis, seinen Jem’Hadar zu befehlen, ihn von der Gegenwart des Cardassianers zu befreien. Bedauerlicherweise maßen die Gründer Dukat in diesem Krieg einen gewissen Wert bei, zumindest im Moment noch.

Der Vorta verschob alle Überlegungen, wie es ihm gelingen konnte, die Gründer von der absoluten Überflüssigkeit Dukats zu überzeugen, auf einen späteren Zeitpunkt. Das musste warten, bis die Trill und die beiden Klingonen sich wieder in seiner Gewalt befanden.

Lediglich eine Tür trennte seine Jem’Hadar vom Ziel. Erstaunlich, dass die Klingonen dahinter sich derart ruhig verhielten und keine Anstalten eines Ausfalls machten. Die Trill musste die Führung übernommen haben. Dies war die einzige Erklärung dafür, dass die Klingonen sich auf dem Hangar-Deck verschanzt hatten, anstatt den Kampf zu suchen. Er hatte die Trill unterschätzt. Doch noch war es nicht zu spät, um diesen Fehler zu korrigieren. Nicht mehr lange, dann würde das Metall der Tür unter dem Sperrfeuer der Jem’Hadar zerfließen...

.... und der Gegner durchbrechen. Besorgt musterte Dax die rotglühende Stelle, an der das Material bereits weich zu werden begann. Sie hatte gehofft, einen Kampf vermeiden zu können. Aber das war lediglich ein Wunschtraum. Mit dem sie allein da stand. Den Mienen der beiden Klingonen war zu entnehmen, dass sie darauf brannten, sich mit den Jem’Hadar zu messen. Jadzia verstand sie. Es war alles andere als einfach für Grilka und N’Tok gewesen, unter Vermeidung einer Begegnung mit dem Feind durch das Schiff zu schleichen, sich in dunklen Winkeln zu verstecken.

Wie Ratten...

Dax fand diesen Vergleich nicht ganz passend, aber sie war keine Klingonin. Mehr als einmal hatte sie ihre Gefährten nur unter Aufbietung aller Überredungskunst davon abhalten können, ihren Plan zu vergessen und sich auf den nächsten Soldaten zu stürzen, dessen Schritte sich ihnen nähern würden. Es war ihnen gelungen, sich Zugang zu einem Kommunikationsterminal zu verschaffen und ein als statisches Hintergrundrauschen getarntes Notsignal zu senden. Indessen war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis man ihre Flucht entdeckt und ihre Spur bis hierher auf das Hangar-Deck verfolgt hatte.

Nun standen sie eng an die Wände links und rechts neben der Tür gepresst...

...als das Metall sich verbog und schließlich dem Druck von außen nachgab. Die ersten drei Jem’Hadar, die hinein stürmten, bezahlten dafür mit ihrem Leben. Aber sie wurden durch weitere ersetzt, die einer riesigen Flutwelle gleich in den Hangar strömten.

„Vorsicht!“ Jadzia stieß Grilka aus der Schusslinie einer Jem’Hadar Waffe.

Im Fallen wirbelte die Klingonin herum und rammte einem der Gegner ihre Fäuste hart in den Leib. Sie schnellte hoch und brach mit einem Schlag ihrer Handkante den Nacken des Mannes.

Immer mehr Gegner überfluteten das Deck. Rücken an Rücken mit den beiden Klingonen kämpfend spürte Dax, wie ihre Kräfte allmählich nachließen. Aus den Augenwinkeln registrierte sie, dass auch Grilkas und N’Toks Bewegungen langsamer wurden. Es war so, als würden die Jem’Hadar mit ihnen spielen. Weyoun und Dukat wollten sie lebend, dessen war Dax sicher. Sonst wären sie nicht in diesen Nahkampf verwickelt, sondern lägen längst tot in ihrem Blut.

„Diese Paktar verweigern uns einen ehrenvollen Tod!“ stieß N’Tok aus.

Dax wich dem Hieb eines Jem’Hadar aus. Ihr Blick blieb an einer Schalttafel halten, die sich in einigen Metern Entfernung an der Wand befand.

Der Blick der Klingonin folgte Jadzias. Ein einvernehmliches Nicken dann rannte die Trill los. Sie erreichte die Schalttafel und schlug auf einen der Knöpfe, in der Hoffnung, nicht versehentlich den falschen zu erwischen.

Begleitet von einer akustischen Warnung glitten die Außenschotts des Hangars auseinander. Das Geräusch brachte die Kampfhandlungen von einem Moment zum anderen zum Stillstand. Freund und Feind starrte auf die Schwärze des Alls, von der sie nur noch durch ein schimmerndes Kraftfeld getrennt waren.

Und es waren Jadzias Finger, die auf dem Schalter lagen, mit dem man es deaktivierte. „Tut mir leid, Dukat, Botschafter, ich fürchte, heute ist nicht Ihr Tag...“

„Das werden Sie nicht tun!“ Gul Dukats Stimme klang sehr sicher. „Wenn Sie das Kraftfeld abschalten, werden Sie und die Klingonen sterben!“

„Genau wie Sie, Weyoun und alle Jem’Hadar auf diesem Deck“, erwiderte Dax. „Ich würde sagen, es ist ein klassisches Unentschieden. Besser ausgedrückt - Sie sind am Zug!“ Eine Bewegung hinter dem Cardassianer lenkte Jadzias Aufmerksamkeit auf Weyoun, der Anstalten machte, sich aus dem Hangar zu entfernen. „Halt! Ein Schritt noch, Botschafter, und Sie erhalten die Gelegenheit, am eigenen Leib festzustellen, wie kalt es dort draußen ist!“

„Sie denken, Sie können mich zwingen, Jadzia“, sagte Weyoun leichthin. „Doch da täuschen Sie sich. Das Dominion lässt sich nicht erpressen! Es ist ewig. Die Gründer und ihre Ordnung werden noch Bestand haben, wenn Sie und ich schon lange nicht mehr existieren. - Tötet sie! Alle drei!“

„Haben Sie den Verstand verloren?“ schrie Dukat, während die Jem’Hadar ihre Waffen auf Jadzia und die Klingonen richteten.

Die Trill lächelte Grilka und N’Tok zu. „Es war eine Ehre, mit Ihnen gemeinsam zu streiten!“

„Mögen wir auch im nächsten Leben wieder Krieger sein!“ sagte die Klingonin ernst.

Gul Dukats Aufschrei und das Geräusch, mit dem alle Waffen der Jem’Hadar sich gleichzeitig entluden, begleiteten die Bewegung, mit der Dax in Richtung Schalttafel schlug.

...und das leise Summen, mit dem ihr Körper rematerialisierte. Den Bruchteil einer Sekunde bevor ihre Finger das Display berührten.

* * *


Verwirrt starrte Jadzia in das grimmige Gesicht eines Klingonen, während ihr Verstand realisierte, dass sie sich nicht mehr im Hangar des Jem’Hadar Kreuzers, sondern offenbar an Bord eines Bird of Prey befanden.

„Karos!“ Grilka stürzte an der Trill vorbei und umarmte einen grauhaarigen Klingonen. „Bei Kahless, du hast mich mitten aus der Schlacht gerissen!“ Sie knuffte ihn liebevoll. „Dafür sollte ich dich zu deinen Ahnen schicken!“

N’Tok grinste Dax an. „Dachten Sie wirklich, wir würden die Föderation um Hilfe bitten?“

„Aber der Notruf!“

„Prashlar!“ Der Klingone winkte ab.

Dax verschluckte ihre Bemerkung, als ihr einfiel, dass N’Tok gerade in dem Moment, als sie die Frequenz eingab, den Schatten eines Jem’Hadar im Gang gesehen haben wollte. Für einen kurzen Moment hatte sie dem Kommunikationsterminal ihren Rücken zugewandt - und Grilka...“

Die Klingonin hatte anscheinend viel von Quark gelernt. Andererseits, auf diese Weise war DS9 nicht in den Konflikt verwickelt worden, dafür musste sie Grilka und N’Tok dankbar sein...

Der grauhaarige Klingone hatte das Begrüßungszeremoniell beendet und richtete seinen Blick nun auf Jadzia. „Bei Kahless“, er musterte die Trill eingehend. „Was hast du da für ein zerbrechliches Geschöpf im Schlepptau, Grilka? Wo hast du die Kleine denn...“

Der Rest seines Satzes wurde von Dax’ Faust erstickt, die gegen sein Kinn krachte. Bevor er sich von seiner Verblüffung ob des unerwarteten Angriffs erholt hatte, traf ihn ein weiterer harter Hieb, der ihn von den Beinen holte. Einen wilden Kampfruf ausstoßend warf Dax sich über Karos, riss das Kurzschwert aus seinem Gürtel und setzte ihm die Klinge an die Kehle. „Niemand wagt es, mich zu beleidigen!“

Die übrigen Klingonen auf der Brücke griffen zu ihren Waffen, ließen sie jedoch stecken, als Grilka zu der Trill trat und ihr die Hand auf die Schulter legte. „Karos, alter Freund. Es ist mir eine Ehre, dir Jadzia Dax vorzustellen. Die Par’Mach’kai von Worf, Sohn des Mogh und...“, sie lächelte der Trill zu, „...meine Waffenschwester!“


ENDE
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