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Vater werden ist nicht schwer ...

von VGer

Vater werden ist nicht schwer ...

Nächte im Orbit waren ungewöhnlich hell, vor allem dann wenn das Licht der Erde und das Licht des Vollmonds sich in der Schwärze des Alls vermischten. Jack stand am Fenster, nur mit Boxershorts bekleidet, und das fahle Zwielicht der Nacht spiegelte sich auf seiner hellen Haut. Er sah nicht auf den Mond und auch nicht auf die Erde sondern sehnsüchtig hinaus in die vertraute Schwärze des Alls dazwischen, die fahlen Sternbilder zwischen denen er aufgewachsen war. Marek rieb sich die Augen, richtete sich auf und kletterte aus dem Bett. Auf leisen Sohlen tapste er durch den Raum, bis er direkt hinter Jack stand, seine Arme um seinen Torso schlingend und einen zarten Kuss in seinen flaumigen Nacken hauchend.

„Kannst du nicht schlafen, Schatz?“

Jack schüttelte langsam den Kopf, nahm Mareks Hände, die auf seinem Bauch lagen und drückte sie fest.

„Morgen um diese Zeit sind wir schon eine Familie.“, sagte er heiser in die Dunkelheit. „Kannst du das glauben?“
„Morgen um diese Zeit sind wir Eltern.“, verbesserte Marek sanft und küsste noch einmal, nachdrücklicher diesmal, Jacks Nacken. „Eine Familie sind wir schon längst.“
„Hm?“
„Eines Tages, vor ungefähr drei Jahren, stand ein unheimlich eleganter und unheimlich heißer Lieutenant in Galauniform vor mir und sagte etwas, das mit den Worten ‚Ich, Yaakov Zefram Janeway, schwöre jetzt und für immer...’ begann und mit den Worten ‚Ich bin dein und du bist mein.’ endete. Vielleicht erinnerst du dich ja daran.“
Jack lachte auf und lehnte sich an Marek. Natürlich erinnerte er sich ... und trotz des liebevoll neckenden Sarkasmus ließ die Erwähnung ihrer Hochzeit sie beide unerwartet emotional werden.
„Ich erinnere mich auch noch daran, was ich dann gemacht habe.“, schmunzelte Jack und drehte sich gemächlich in Mareks Armen um, legte eine Hand in seinen Nacken und die andere an seine Wange und zog ihn ganz nahe zu sich. Ihre Lippen fanden sich in vertrauter, vielgeübter Harmonie, doch das war einer jener Küsse, der so aufregend prickelte als sei es der allererste. Er spürte das Lächeln seines Mannes an seinen Lippen und seufzte.
„Wir gehören zusammen, Jack, für immer.“, flüsterte Marek. „Ein Kind zu bekommen ist nur eine Erweiterung unserer Familie, nicht der Anfang.“
„Ich weiß was du meinst.“ Jack löste die Umarmung, deutete mit einem Kopfnicken zurück zum Bett, denn es war spät und eigentlich war er ja müde, obwohl er das vor lauter Aufregung immer wieder vergaß. „Eigentlich ... eigentlich hat das viel früher begonnen.“

„Hm?“

Marek brummte unbestimmt und kuschelte sich zwischen den Kissen zurecht, Jack wieder in seinen Armen und seine Finger spielten gedankenverloren in seinem rauen dunklen Haar. Familie. Dass Familie für Cardassianer besonders wichtig war, dass jeder Cardassianer alles dafür tun würde um seine Familie zu beschützen, diese Tatsachen galten als Allgemeinbildung ... doch weder Jack noch Marek glaubten an Stereotype wie diese, die sich selbst in einer aufgeklärten Gesellschaft wie der Föderation ungehindert vermehrten. Familie in all ihren Definitionen war ihnen wichtig, aus den verschiedensten Gründen, doch mit der Spezies hatte das nichts im Geringsten zu tun – schließlich waren sie beide Hybriden und in beinahe absurd vielfältigen Familien aufgewachsen und morgen schon würde ihre Familie mit der Ankunft eines kleinen cardassianischen Mädchens noch bunter werden. Sie hatten sich bewusst dafür entschieden, es war die größte Entscheidung ihres gemeinsamen Lebens gewesen, die sie mit tosender Vorfreude erfüllte.

„Gleich nach dem Anschlag.“, sagte Jack leise und schmerzerfüllt, als er seinen vorherigen Gedanken wieder aufgriff. „Das war eine grausame Zeit, vor allem für dich, aber eins wusste ich ganz sicher, wenn wir das überstehen können dann können wir alles überstehen, und zwar gemeinsam.“
Marek schloss die Augen und drückte Jack fester an sich. Auch nach neun langen Jahren war die Wunde, die von den Bomben der xenophoben Terroristen in sein Herz gerissen wurde, nie gänzlich verheilt und der Schmerz würde nie aufhören. Seine jüngste Schwester war damals fröhliche, sorglose dreizehn Jahre alt gewesen und sie durfte nicht mehr älter werden. Sinnlose Gewalt, zügellose Wut, endlose Trauer.
„Als das alles begonnen hat, als wir für Leenas Beerdigung auf dem Mond waren, da ist mir das zum ersten Mal so richtig klar geworden.“, fuhr Jack fort. „Wie wichtig mir das alles ist ... nicht nur du, sondern alle. Dass ich nicht nur für dich, sondern auch für deine Schwestern und deine Eltern dasselbe tun würde wie für Teddy und Laya und die Wahnsinnigen. Es mag zynisch klingen, aber für mich hat da unsere Familie begonnen.“
Jack setzte sich auf um Marek auf die Stirn zu küssen, direkt auf die löffelförmige graublaue Erhebung, die seine oftmals so verhasste Herkunft verdeutlichte.
„Ohne dich hätte ich das nicht überstanden.“, murmelte Marek. „Dafür bin ich dir dankbar und ich liebe dich ... über alles.“
„Ich weiß. Ich dich auch.“, flüsterte Jack zurück und musste trotzdem lächeln. „Ich wünsche mir nur, dass unsere Tochter in einem besseren Universum aufwachsen darf. Wir haben so sehr dafür gekämpft, wir haben so viel verloren, es darf nicht umsonst gewesen sein.“
Marek nickte nur, denn weitere Worte waren überflüssig, das wussten sie beide.

Jack lehnte sich zurück und zog Marek näher zu sich, bettete seinen Kopf an seine Schulter und küsste noch einmal seine Schläfe, während er sanft über seine Seite streichelte. Marek erzitterte leicht und küsste Jack aufs Schüsselbein und den Halsansatz und sein kühler Atem kitzelte verführerisch.

„Sind wir jetzt eigentlich schon weitergekommen in Bezug auf den Namen?“, überlegte Marek dann, bewusst heiter, bevor die verlockend gemütliche Sinnlichkeit ihn ganz einholen konnte.
Jack schmunzelte in sich hinein. Vor ein paar Tagen erst hatten sie erfahren, dass ihr Kind – ihr erstes Kind, fügte er in Gedanken hinzu – ein Mädchen sein würde, und seither hatte Marek an kaum etwas anderes mehr denken können. Er war der akribische Planer von ihnen beiden, er hatte ruhelos die Datenbanken durchforstet und Listen über Listen erstellt. Jack hatte sie alle gelesen und debattiert, und keiner hatte ihn so recht überzeugen können.
„Ich weiß, ich weiß ...“, sagte Marek dann, denn er hatte gespürt wie Jack Luft holte und etwas sagen wollte. „Du hast dir alle meine Vorschläge durchgelesen und du findest, dass ich albern bin und mir viel zu viele Gedanken mache, vor allem weil wir sie noch nicht einmal gesehen haben. Aber ein Name ist wichtig, und er sollte die richtige Bedeutung haben, wir können sie ja schließlich nicht nur ‚Kind’ oder ‚unsere Kleine’ nennen, oder?“
Das Quartier war monochrom und düster, nur das Licht der Himmelskörper reflektierte auf Mareks markanten Gesichtszügen, und dann blendete sie die grellgelbe Beleuchtung eines PADDs. Jack kniff die Augen zusammen und lächelte wieder.
„Marek ... Schatz!“, flüsterte Jack eindringlich und legte eine beschwichtigende Hand auf die Wange seines Mannes. „Ein Name ist wichtig und er sollte die richtige Bedeutung haben. Was das angeht bin ich deiner Meinung, ich habe viel darüber nachgedacht und deshalb habe ich einen Vorschlag ... nur einen.“
„Lass hören.“ Marek legte das PADD beiseite und fixierte Jack mit den Augen, so gut ihm das in der Finsternis gelang.

„Leena.“
„Leena?!“
„Leena.“

Jacks Stimme war fest und entschlossen, Marek jedoch rang nach Luft und schlug instinktiv die Hände über dem Mund zusammen, als wollte er das Schluchzen, das sich in seiner trockenen Kehle sammelte, noch mit aller Kraft zurückhalten.

„Leena.“, wiederholte Jack. „Leena, zu Ehren deiner Schwester. Egal wie viele Namen du noch in deinen Listen sammelst, für mich ist nie ein anderer in Frage gekommen.“
„Leena ... Leena Janeway. Nicht Leena Stermann, meine Schwester, sondern Leena Janeway, meine Tochter.“, krächzte Marek tonlos. „Das ist ... daran hatte ich nicht gedacht, aber ... das ist mehr als perfekt.“

Jack nahm Mareks Hände in seine und küsste sie innig, immer und immer wieder.

„Sie ist unsere Tochter, mein Schatz. Natürlich ist sie perfekt, und mehr als das.“

Marek lachte unter Tränen, legte ihre ineinander verschränkten Hände auf seine Brust und sein Kinn darauf, dann blinzelte er und sah Jack aus seinen großen, grünblauen Augen liebevoll an.

„Du bist jetzt schon der beste Vater im bekannten Universum.“
„Nein, ich glaube nicht. Das bist du.“
„Wollen wir uns darum streiten?“
„Unbedingt.“

Jack zuckte, unterdrückt kichernd, und seine Finger spielten zärtlich an den sensiblen Wülsten und Schuppen in Mareks Gesicht, ein vertrautes Relief dessen Muster er inzwischen auswendig kannte. Marek seufzte genüsslich und schmiegte sich an Jacks Seite, zeichnete gedankenverloren die dunklen Linien der Tätowierung an seiner blassen Brust nach und küsste immer und immer wieder die Sehnen seines weichen Halses, die kitzlige Stelle in der Grube zwischen Schulter und Nacken die ihn immer wieder aufs Neue wahnsinnig und willenlos machte. Für einen beinahe ewigen Moment hörte der Rest des Universums auf zu existieren, es gab nur noch sie beide und einen Strom zärtlicher Worte, die von Liebe sprachen, von beiden Leenas, von Glück und Zusammenhalt und Familie und Vertrauen und ihrer gemeinsamen Zukunft. Und irgendwann, viel später, zwischen zarten Küssen und beiläufig tiefempfundenen Liebkosungen, verebbte das Gespräch in der schweren, samtigen Stille der Nacht.

„Du, Schatz?“
„Mhmmm...?“
„Weißt du was?“
„Was denn?“
„Das ist die allerletzte Nacht, die wir nur für uns haben ... nur du und ich.“

Jack schlug die Augen wieder auf, klapste Marek spielerisch auf den Oberarm bevor er unweigerlich losprusten musste. Er konnte nichts sehen, doch das musste er auch nicht, denn das unwiderstehlich verheißungsvolle Funkeln in Mareks sonst so ernsthaftem Blick kannte er so gut, dass er es vor seinem inneren Auge nur zu gut sehen konnte ... und es gefiel ihm.

„Du bist unverbesserlich, mein Süßer, wirklich. Denkst auch immer nur an das Eine!“
„Beschwer’ dich so viel du möchtest, ich kenne dich besser – du liebst es und du willst es, du liebst mich und du willst mich ...“
„Und ob!“

Es gab eine Zeit für tiefsinniges Grübeln und sanft geflüsterte Liebeserklärungen, und es gab eine Zeit für ... alles andere.

Gerade eben hatte der Schlummer ihn fast überwältigt gehabt, jetzt durchzuckte ihn ein energiegeladener Schauer der erregten Übermut und er warf sich im Bett herum, leckte begierig seine Lippen und stürzte sich hungrig auf den geliebten Mann in seinen Armen.

Es war die letzte Nacht und als der Morgen graute erwachten sie aus einem kurzen aber völlig befriedigten Schlaf, Jacks Kopf an Mareks Brust und Mareks Hände immer noch an Jacks Hintern.

„Bist du bereit Vater zu werden?“, murmelte Marek verschlafen.
„Was für eine Frage ... ich könnte dich dasselbe fragen.“, lächelte Jack und zog Marek in eine innige Umarmung, stupste fordernd nach einem Gutenmorgenkuss oder vielleicht auch zweien oder dreien. „Ich liebe dich, mein Schatz, und solange du bei mir bist bin ich zu allem bereit.“
„Gut so!“, lächelte Marek, als er sich endlich von Jacks Lippen gelöst hatte, nicht ohne ihn noch einmal auf die Stirn zu küssen. „Dann trinken wir jetzt einen Kaffee und dann werden wir Vater!“
Willkommen in der Familie, Leena Janeway. Du hast wirklich die tollsten Väter im Universum.
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