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Variationen von Liebe

von Gabi

Kapitel 1

Als der Druck nachließ, wurden die Schmerzen erträglicher. Serina konnte sich nicht an eine solche Anstrengung bei Katalyas Geburt erinnern. Vielleicht lag es daran, dass das Baby ein Mischlingskind war, vielleicht daran, dass sie sich nicht in einem cardassianischen Krankenhaus befand, vielleicht hatte sie die Unannehmlichkeiten auch nur verdrängt. Die Natur hatte es geschickt eingerichtet, dass Mütter die Qual der Geburt wieder vergaßen.

Sie ließ ihren Kopf gegen das hochgestellte Kopfteil des Krankenbetts sinken, ihr Haar war schweißnass und zerzaust. Es war ihr höchst unangenehm, dass Fremde sie so sahen. Doch sie konnte nichts daran ändern. Eine Hausgeburt war nicht möglich gewesen, nicht bei einem Mischlingskind mit der um ein Vielfaches erhöhten Gefahr von Komplikationen. Und auch wenn sie sich Bajor als ihr neues Zuhause ausgesucht hatte, war es ihr um einiges wohler, als Edon dafür gesorgt hatte, dass sie ihr Kind auf der Raumstation bekommen konnte. Sie traute nicht allen bajoranischen Ärzten, nicht wenn es um ihre cardassianische Person ging.

Sie wagte es immer noch nicht wirklich auszuatmen. Der Augenblick dehnte sich in eine kleine Ewigkeit, war zerbrechlich wie dünnes Glas. Ein flüchtiger Blick zur Seite sagte ihr, dass Shakaars Aufmerksamkeit ebenfalls auf das medizinische Personal gerichtet war. Ihr Mann hielt immer noch ihre Hand wie er es die letzten Stunden bereits getan hatte. Die Schmerzen, die sie ihm sicherlich in ihren Krämpfen bereitet hatte, ließ er sich nicht anmerken. Was er jedoch nicht verbergen konnte, war die Ängstlichkeit in seinem Blick. Seine großen Augen wirkten starr und glasig aus Sorge um sie und um das Baby. Eine Geburt war für den Vater viel schlimmer als für die Mutter. Während sie beschäftigt war mit Pressen und Fluchen, konnte er nur daneben sitzen und sich alle Arten von Katastrophen ausmalen.

Serina blickte abermals zu dem Arzt in seinem blutfreundlichen roten Gewand hinüber. Als dieser sich ihnen zuwandte, spülte unsagbare Erleichterung über sie hinweg. In seiner Miene konnte sie keinerlei Bedenken erkennen. Ganz im Gegenteil. Er hatte das Baby in ein Tuch gewickelt und sah zu ihnen auf. Dieses jungenhafte Grinsen, das er auf sein Gesicht zaubern konnte, nahm viel von der zerreißenden Anspannung der letzten Stunden.

„Sie haben einen gesunden Jungen zur Welt gebracht“, sprach er endlich die magischen Worte, welche all die Schmerzen und das Bangen so irrelevant werden ließen. Er trat mit dem kleinen Bündel Leben neben Shakaar und reicht es Serina. „Herzlichen Glückwunsch.“

Ihr Blick traf sich mit demjenigen ihres Mannes, als sie ihren Sohn entgegennahm. Diesen Ausdruck hatte sie noch nie in seinen Augen gesehen. Er war … überwältigt. Beinahe kamen ihr die Tränen, doch bei einer Geburt musste die Mutter die Starke sein. Es tat in der Seele gut ihn so zu sehen, so dankbar, so erleichtert, so demütig und unsicher.

Zaghaft legte er die Hand an das Tuch und zog es ein wenig beiseite, so dass das Gesichtchen deutlich zu sehen war. „Willkommen, mein Sohn“, flüsterte er, „willkommen Yukim.“

„Yukim“, stimmte sie ihm zu. Es war der Name, auf den sie sich geeinigt hatten.

Die Haut ihres Sohnes war weit mehr rosig als grau, seine kleine Nase zierten die typischen bajoranischen Rippen. Auf der Stirn war in Anlagen die löffelförmige Verknöcherung zu erkennen, welche der Rasse der Mutter ihren Spitznamen eingebracht hatte. Auch um die Augen herum waren die cardassianischen Muster weit weniger ausgeprägt als sie das von reinrassigen Kindern kannte. Er würde eine hübsche Mischung von ihnen beiden werden, ein Sinnbild ihrer Liebe. Nur der helle Flaum auf seinem Kopf irritiert sie. Cardassianische Babys wurden mit vollem, tiefschwarzem Haar geboren.

Shakaar schien ähnlichen Überlegungen nachzuhängen, denn sie hörte ihn andächtig raunen: „Er ist blond.“

Dr. Bashir beugte sich ein wenig zu ihnen hinunter, um Yukim zu betrachten. „Die Farbe wird sicherlich noch nachdunkeln, doch Ihr Sohn wird auf jeden Fall blond werden, Shakaar. Alle bajoranisch-cardassianischen Kinder, die ich kenne, sind schwarzhaarig. Es sieht so aus, als ob die Genausstattung des Vaters für die Haarfarbe entscheidend ist.“

Über den Ausdruck, der nun über Shakaars Züge huschte, musste Serina beinahe lachen. Das gefiel ihm. Sie hätte es sich denken können. Er war eindeutig stolz darauf, dass er seinem Sohn den Stempel aufprägen konnte, der ihn von anderen Mischlingskindern unterscheiden würde.

Endlich wandte er kurzzeitig seine Aufmerksamkeit von Yukim ab und sah sie an. Nein, er strahlte sie an. Dieses Mal verlor sie den Kampf mit den Tränen. Sie war so glücklich darüber, dass er so glücklich war. Auch in seinen Augen konnte sie das verräterische Glitzern erkennen. Eine Hand immer noch auf das Baby gelegt, beugte er sich zu ihr vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Danke für dieses Kind.“ Er sagt es so ernst und so feierlich, dass der Damm bei Serina vollends brach.

Im Angesicht ihres bajoranischen Mannes versagte ihre cardassianische Disziplin vollständig. Dabei wusste er doch genau, wie unangenehm es ihr war, in der Öffentlichkeit Gefühle zu zeigen. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, dass sich Dr. Bashir und seine Assistentin höflich abgewandt hatten um etwas an der Wandkonsole zu erledigen, was mit Sicherheit nicht erledigt werden musste.

Shakaar küsste die Tränen fort und bemerkt dabei ihren Blick. Auch er sah nun zu den Medizinern hinüber. Anders als Serina waren ihm jedoch Gefühlsäußerungen nicht unangenehm. „Bitte entschuldigen Sie“, sprach er die beiden mit seiner tiefen, melodiösen Stimme an. „Wir wollten ihnen kein Unbehagen bereiten. Wir sind nur so erleichtert, dass alles gut gegangen ist.“

Jetzt war es an Dr. Bashir, ein wenig peinlich berührt zu blicken. Er kam wieder zu ihnen hinüber. „Aber natürlich. Wir lassen Ihnen auch gleich ein paar private Momente, bevor wir Mutter und Kind weiter untersuchen.“ Er lächelte Serina aufmunternd an. „Ich muss nur noch die Frage klären, ob Sie stillen wollen, Serina. Denn dann sollten wir den kleinen Mann jetzt anlegen, um die Milchproduktion in Gang zu bekommen.“

Sie nickte. Natürlich würde sie stillen. Eine cardassianische Frau würde das nie anders machen, wenn sie körperlich dazu in der Lage war. Das hieß aber auch, dass sie jetzt vor dem Terraner ihre Brust entblößen musste, was ihr wiederrum unangenehm war. Von Zeit zu Zeit wünschte sie sich wahrlich die bajoranische Unbeschwertheit, wenn es um Körperlichkeiten ging.

Dr. Bashir wollte nach Yukim fassen, doch Shakaar legte seine große Hand auf die schmalere des Terraners. „Darf ich?“

Shakaar lächelt seine Frau an. Die Finger seiner linken Hand streiften den Träger ihres Nachtgewands von der Schulter. Jetzt konnte sie definitiv niemandem mehr in die Augen sehen. Sie spürte, wie ihr das Blut in Gesicht und Hals schoss. Also konzentrierte sie sich ganz auf das Bild der großen, männlichen Hand, die ihre Brust umschloss, und auf das zarte kleine Leben in ihren Armen. Shakaar drückte seine Finger leicht zusammen. Mit der anderen Hand nahm er das Baby vorsichtig aus Serinas Umarmung und drückte das zarte Gesichtchen gegen die Brust. Yukim roch die Milch, er begann automatisch seine kleinen Lippen zu öffnen und Saugbewegungen auszuführen. Mit Shakaars Hilfe konnte er fast sofort ihre Brust packen.

Sie seufzte aus tiefstem Herzen auf. Ein kleines Wesen so vertrauensvoll mit ihr verbunden war mit keiner anderen Erfahrung vergleichbar. Nicht einmal das Gefühl, wenn ihr Körper mit Edon eine Einheit bildete, kam dem auch nur entfernt nahe. Yukim war ein Teil von ihr und sie war diejenige, die ihm Leben schenken konnte. Der kleine Flaumkopf bewegte sich kaum merklich im Rhythmus des ersten Saugens, die noch so zerbrechlich wirkenden Finger lagen auf der Rundung ihrer Brust und vollführten instinktgesteuerte Greifbewegungen. Serinas graue Hand ruhte gemeinsam mit der helleren Shakaars auf dem Rücken des Babys, das stille Versprechen gebend, ihn vor allem, was kommen mochte, zu beschützen. Sie lehnte sich wieder zurück und genoss diesen Moment der Vollkommenheit. Die Augen hielt sie geschlossen.

Sie hörte die flüsternde Stimme Bashirs: „Wir werden Sie für die nächste Stunde alleine lassen. Genießen Sie ihre erste gemeinsame Zeit.“

Die Türen zischten leise, einmal, kurz darauf ein zweites Mal. Sie waren alleine. Serina hob die Lider. Shakaars Augen befanden sich ganz nah vor ihren eigenen. Ein feuchter Schleier ließ seinen klaren Blick verschwimmen. Die Träne, die sich aus seinem Augenwinkel löste, sagte so viel mehr aus als Worte.

„Du bist unglaublich schön“, flüsterte er ihr zu. Er lehnte seine Stirn an die ihre und streifte den anderen Träger hinunter. Eine Weile betrachtete er sie schweigend. Sie genoss seine Aufmerksamkeit und Yukims sanftes Saugen. Schließlich spreizte Shakaar seinen kleinen Finger ab und schob ihn vorsichtig zwischen den Mundwinkel des Babys und ihren Brusthof. Sie konnte das leise Ploppen vernehmen, als sich das Vakuum löste. Der Kleine schnappte noch ein paar Mal frustriert, dann hatte Shakaar ihn an ihre andere Brust angelegt.

Lächelnd schüttelte Serina den Kopf. Einen cardassianischen Mann konnte sie sich nicht in dieser Situation vorstellen.

Er senkte sein Gesicht auf die nun freie Brust. Sein Atem streifte über die feuchte Haut und ließ sie wohlig erschauern. Dann küsste er sie dort. Serina seufzte in vollkommener Zufriedenheit. Mit einer Hand hielt sie das flaumbesetzte Köpfchen ihres Sohnes, mit der anderen griff sie in das dunkelblonde Haar ihres Mannes. Für diesen kostbaren Augenblick bestand das Universum nur aus ihnen.

Was sie im Augenblick spürte, war Liebe in allen denkbaren Variationen.


“My world is in this room my world is just us three
There is no other place that I would rather be.
So much I want to give you so much I want to say
You changed my life forever and it’s only been a day
I spend a lifetime loving you starting from day one
I can’t believe you’re finally here, my everything, my son.”

(Peter Hollens – Ashland’s Song)



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