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Sherlock Holmes

von Oriane

Kapitel 2

Kapitel 2


„Wie ist denn das möglich?“, wisperte Lynna.
„Sie ihn dir doch an! Er sieht haargenau so aus, wie auf dem Foto, das Samak uns vorhin gezeigt hat. Frag mich bitte nicht, wie das sein kann, aber das ist Dr. Joseph Bell.“
Inzwischen war auch Luzia aufgestanden und da sie mit Ausnahme von Mikael der einzige Mensch am Tatort war, hatte sie die Aufgabe bekommen, Doktor Bell im Auge zu behalten. Er schien sich mittlerweile ein wenig beruhigt zu haben, denn seine Augen glitten nun neugierig über den Tatort. Lynna und Baqh hatten sich vorsorglich hinter eine Häuserecke zurückgezogen, denn wenn dies wirklich Joseph Bell war, dann stammte er aus dem 19. Jahrhundert und damals hatte die Menschheit bekanntermaßen noch nicht den blassesten Schimmer von Außerirdischen. Samak ging noch am ehesten als Mensch durch, weshalb er sich kurz hinter Mikael positionierte, falls Bell gefährlich werden würde.
„Was machen wir jetzt mit ihm?“, zischte Luzia Mikael zu, der relativ ratlos auf den Doktor starrte, welcher damit begonnen hatte, den Tatort auf seine Weise zu untersuchen. Er kniete sich auf den Boden, besah sich den Handphaser, dann untersuchte er die Leiche.
„Könnten Sie ihm sagen, dass er aufhören soll, an meiner Leiche herumzuschnüffeln“, flüsterte die Russin jetzt aufgebracht und Mikael gab sich einen Ruck. Er ging auf den Mann zu.
„Doktor Bell. Wenn ich Sie bitten dürfte, das ist unser Tatort und wir würden es vorziehen, wenn Sie sich nicht in unsere Ermittlungen einmischen würden, solange noch nicht geklärt ist, wie Sie hier hergekommen sind.“
Sie hatten sich inzwischen einander vorgestellt und Baqh hatte vollkommen recht behalten. Der schlanke Mann, der sich selbst als Doktor Joseph Bell betitelt hatte, erhob sich und richtete seinen stechend analytischen Blick auf Mikael. „Das frage ich Sie! Wie können Sie es wagen, mich aus meiner Vorlesung zu entführen, zu betäuben und mich an einem so unsäglichen Ort wieder aufzuwecken!“
„Ich versichere Ihnen, wir wissen genauso wenig wie Sie, warum Sie plötzlich hier...aufgewacht sind“, versuchte Mikael zu erklären. „Allerdings werden wir der Sache auf den Grund gehen. Fürs erste kommen Sie mit ins Hauptquartier, dann sehen wir weiter.“ Luzia und Mikael übernahmen Bell, der sich vehement beschwerte, jedoch ganz schnell still war, als alles um ihn herum verschwand und er sich plötzlich im Transporterraum der Föderationssicherheit wiederfand. Für ihn ein immenser Kulturschock, der sich jedoch leider nicht verhindern ließ und außer, dass er verstummt war, schien es ihm erstaunlich gut zu gehen. Sie bugsierten ihn in einen Verhörraum und ließen ihn fürs erste dort sitzen, um sich zu beraten und Zeit zu gewinnen.
„Was tun wir jetzt?“, fragte Baqh, ihren ungebetenen Besucher durch das Fenster zum Raum beobachtend. „Gibt es Protokolle in einem solchen Fall?“
„Erst einmal müssen wir feststellen, ob er tatsächlich aus dem 19. Jahrhundert stammt“, entgegnete Lynna und bremste Baqh in seinem Eifer. „Er könnte auch einfach ein Irrer sein, ein verrückt gewordener LARPer oder sonst etwas. Wir brauchen einen Experten.“
„Zuallererst“, betonte Mikael, bevor Baqh nachfragen konnte, was ein LARPer war, „ist er in unseren Selbstmord verstrickt und am abgesperrten Tatort aus dem nichts aufgetaucht. Mir ist egal, woher und aus welcher Zeit er stammen mag; wenn es doch kein Selbstmord war und er damit etwas zu tun hat, dann bleibt er hier. Lynna, wenn ich mich nicht sehr täusche, wird Maurizio hier gleich aufkreuzen. Auf seine Neugier ist verlass. Ihr beide kümmert euch um den Doktor, befragt ihn gründlich, quetscht aus ihm heraus, was er weiß. Wir anderen werden uns um den Selbstmord kümmern.“
Der Bolianer schien zwar enttäuscht zu sein, folgte seinem Chef aber brav nach draußen. Auf dem Flur hätte Maurizio ihn beinahe über den Haufen gelaufen, ungezähmte Neugierde in seinem Blick. Baqh deutete, ohne etwas zu sagen, in den Raum, in dem sie Lynna zurückgelassen hatten und der junge Mann nahm seinen stürmischen Schritt wieder auf. Kaum konnte er den Mann durch die Scheibe sehen, rief er von einer Konsole aus das Bild von Joseph Bell auf, das Samak ihnen gezeigt hatte und begann, die Gesichtszüge zu vergleichen.
„Faszinierend“, murmelte er, doch Lynna zuckte nur mit den Schultern.
„Komm schon, wer immer dieser Kerl ist, wir sollen ihn ausquetschen.“
Die Andorianerin wollte schon den Verhörraum betreten, als Maurizio sie zurückhielt. „Lynna, warte! Du...naja, du bist recht blau und wenn er, ich meine falls er wirklich aus dem 19. Jahrhundert stammt, dann ist das ganze blau vielleicht zu viel für ihn.“ Er hatte den Kopf gesenkt und versuchte sich an dem unmöglichen Unterfangen, zu Lynna aufzusehen, was ihm wegen des beträchtlichen Größenunterschieds allerdings nicht gelang und seine Miene eher wie ein grotesk verzerrter Hundeblick wirkte.
„Meine Haut ist blau, das fällt dir aber früh auf.“ Ungläubig drehte sie sich zu ihm um. „Wenn es dir nicht gefällt, musst du mich ja nicht ansehen.“
„So habe ich das nicht gemeint“, verteidigte Maurizio sich. „Im Gegenteil, es ist ein sehr schönes Blau, aber ich denke nicht, dass die Menschen das vor fünfhundert Jahren ähnlich gesehen hätten.“
Ohne etwas zu erwidern, betätigte Lynna den Türöffner. Mit dem üblichen Zischen schwangen die Flügel auseinander und sie betrat den Raum. Besorgt beobachtete Maurizio die Miene Bells, dessen Augen sich weiteten. Er konnte sehen, wie der Doktor versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch es war offensichtlich, dass er nie zuvor einen Außerirdischen zu Gesicht bekommen hatte. Seine trotz allem geringe Reaktion führte Maurizio darauf zurück, dass er heute bereits zu viel neues gesehen hatte, um noch ernsthaft überrascht zu sein. Rasch folgte er seiner Kollegin und setzte sich Bell gegenüber. Lynna blieb stehen.
„Warum halten Sie mich fest? Was haben Sie mit mir vor?“, fing der Doktor ungestüm und überhaupt nicht verängstigt oder schüchtern an.
„Alles der Reihe nach“, entgegnete Maurizio. „Zuerst wüsste ich gerne Ihren Namen.“
„Mein Name ist Joseph Bell, ich bin Professor an der Universität Edinburgh und Sie haben mich aus meiner Vorlesung entführt!“
„Können Sie sich ausweisen?“
Bell überlegte kurz, griff in seine Westen- und Hosentaschen, schüttelte dann aber den Kopf. „Mein Jackett durfte ich ja nicht mitnehmen“, knurrte er.
Maurizio seufzte. Er brauchte einen realen Beweis dafür, dass dieser Mann aus dem 19. Jahrhundert stammte und kein Betrüger war. „Womit haben Sie ihren Tag verbracht, bevor Sie unfreiwillig an unserem Tatort aufgetaucht sind?“
„Warum interessiert Sie das?“
„Beantworten Sie einfach die Frage!“, mischte sich Lynna ein und mit einem gleichzeitig interessierten und irritierten Blick auf ihre Antennen, tat er schließlich, wie ihm geheißen.
„Ich bin gegen halb sieben aufgestanden und habe gefrühstückt. Nicht viel nur eine schöne Tasse Tee. Dann habe ich mich wie jeden Morgen auf den Weg zur Universität gemacht. Es war ein außergewöhnliches Chaos auf den Straßen, ich wurde beinahe von einer Kutsche überfahren, als ich die Straße überqueren wollte.“
„In Ordnung, das genügt, Doktor Bell“, stoppte die Andorianerin seinen Bericht. „Die Frage mag Ihnen vielleicht seltsam vorkommen, aber: Welches Datum haben wir heute?“
Der Mann lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine stechend grauen Augen durchbohrten Lynnas mit einem Blick, der plötzlich wissend und nicht mehr irritiert war. „Die gleiche Frage könnte ich Ihnen stellen, junge Dame. Das sind Sie doch, auch, wenn Sie blau sind und Fühler auf dem Kopf haben“, entgegnete er. „Geben Sie mir eine Antwort, dann werde ich Ihnen eine geben.“
In die Ecke gedrängt knirschte Lynna mit den Zähnen. Ihr Blick wanderte zu Maurizios und die beiden berieten sich stumm. Dieser Mann war nicht dumm, er war sogar ein außerordentliches Genie auf seinem Gebiet und für seine Zeit. Er wollte Gewissheit haben, sie wollten ebenfalls Gewissheit.
„Heute ist der 15. März des Jahres 2378“, antwortete Maurizio schließlich wahrheitsgemäß. Bell schien rechnen zu müssen. Dann schluckte er, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
„7. September 1876“, antwortete er tonlos. Er wechselte so schnell das Thema, dass Maurizio beinahe nicht mitgekommen wäre. „Ihr Fall von heute Morgen. Wie lautet Ihre Hypothese?“
„Ich sehe keinen Grund, Ihnen Einblick in die Ermittlungen zu geben“, sagte Lynna schnell, bevor Maurizio den Mund aufmachen und etwas falsches sagen konnte.
„Sie denken, es war ein Selbstmord, nicht wahr?“, fragte Bell weiter, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. „Wenn das kleine Gerät neben ihr eine tödliche Waffe war und ich den Eintrittswinkel richtig interpretiere, dann sieht es nach Selbstmord aus. Wenn ich allerdings den Ort mit einbeziehe, an dem ich so unsanft aufgewacht bin, dann ergibt sich eine andere Perspektive. Es waren viele Menschen auf den Straßen unterwegs, wie ich sehen konnte. Ich gehe davon aus, dass dies zur Tatzeit ebenfalls der Fall war. Unter diesen Umständen hätte sie den Selbstmord sehr schnell verüben müssen, wenn sie keine Zeugen wollte. Der Schuss sieht jedoch sehr präzise ausgeführt aus, jedenfalls vermute ich das, schließlich bin ich mit Ihrer Art von Technologie nicht vertraut. In diesem Fall kann sie einen so präzisen Schuss in so kurzer Zeit nicht selbst ausgeführt haben.“
Neugierig und relativ zufrieden mit seiner These beobachtete Bell die Reaktionen der beiden Agenten, die nicht wussten, was sie darauf antworten sollten. Der Doktor wusste nicht, dass es zur Tatzeit tiefste Nacht und niemand auf der Straße unterwegs gewesen war, aber trotz allem schien seine Hypothese nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein.
„Doktor Bell, ich weiß nicht, wie Sie auf ihre Vermutungen kommen, jedoch muss ich Sie daran erinnern, dass sie bestenfalls ein Zeuge in diesem Fall sind und nicht in den Ermittlungsprozess eingebunden werden. Falls Sie die Wahrheit sagen und wirklich aus dem 19. Jahrhundert stammen, dann ist für Sie und uns die oberste Priorität, herauszufinden, wie und warum es passieren konnte, dass Sie nun hier sind“, erklärte Lynna bestimmt. Dann winkte sie Maurizio nach draußen.


Mikael hatte den Bolianer mit hinunter in die Autopsie genommen. Zum einen hoffte er so, Luzia und ihrer neusten Leiche nicht ganz so nahe kommen zu müssen und zum anderen hatte er beschlossen, Baqh ein bisschen zu fordern. Er war nun bereits sechs Monate lang Mitglied seines Teams und hatte sich als scharfsinnig und als guter Ermittler erwiesen. Trotzdem verhielt er sich oft ruhig, wenn das Team zu diskutieren begann, als sei er sich seiner selbst nicht ganz sicher und als fühle er sich nicht befugt, seine Meinung zu äußern. Mikael hatte nun vor, ihn dazu zu zwingen, mit seiner Einschätzung herauszurücken und dem Bolianer so zu zeigen, was eigentlich alles in ihm steckte. Kurzum, Baqh musste lockerer werden.
Allerdings erschien Mikael seine Entscheidung, ihn mit zu Luzia zu nehmen im Nachhinein zu wenig durchdacht. Baqh hatte schon länger ein Auge auf die Gerichtsmedizinerin geworfen und glaubte außerdem noch immer, dass niemand das bemerkt hätte. Jedenfalls wurde er keineswegs lockerer, als er neben Mikael im Turbolift stand und sie schließlich zuerst im Labor ankamen und sich einen Weg zur Autopsie bahnen mussten.
Sie fanden Luzia an einem der Obduktionstische, über das Opfer von heute morgen gebeugt. Als sie die Sicherheitstür zischen hörte, wirbelte sie ihren Drehstuhl herum und grinste ihren Besuchern entgegen.
„Ihr kommt gerade richtig, ich wollte soeben den Bericht nach oben schicken. Aber wie ich euch kenne, seid ihr alle zu faul zum Lesen und kommt deswegen so gerne hier herunter.“
Mikael erwiderte ihr Lächeln. „Was haben Sie für uns, Luzia?“
Die Russin winkte die beiden näher an den Tisch. Mit Erleichterung bemerkte Mikael, dass der Brustkorb der Frau und ihre Augen bereits wieder geschlossen worden waren. Man sollte zwar meinen, dass es keinen großen Unterschied machte, eine Leiche war eine Leiche, aber für Mikael war der Bearbeitungszustand ebendieser essentiell. Ihre untere Körperhälfte hatte Luzia bedeckt, den Oberkörper hatte sie gerade wieder frei gemacht, um den beiden Agenten die Schusswunde zeigen zu können.
„Wissen Sie schon, wer sie war?“, fragte Luzia, doch Mikael schüttelte den Kopf.
„Durch den Zwischenfall mit Doktor Bell hatten Sie hier unten einen kleinen Vorsprung. Samak arbeitet daran“, erklärte er.
„Also schön, die Todesursache war, wie ihr sicher schwer feststellen konntet, ein Schuss aus nächster Nähe mit dem kleinen Handphaser, den wir gefunden haben“, begann sie in geschäftigem Tonfall.
„Eine normale Phaserschusswunde sieht anders aus“, kommentierte Mikael und beugte sich tiefer über den Körper der Frau. Luzia nickte.
„Und genau da sind wir schon bei der Besonderheit. Seht ihr die ausgefransten Ränder? Die Wunde ist sehr breit, als hätte jemand darin herum gerührt. Die äußeren Ränder haben sogar geblutet. Untypisch für einen Phaserschuss.“
„Baqh, was denken Sie?“, fragte Mikael und trat zurück, um ihn näher an die Leiche heran zu lassen. Der Bolianer räusperte sich kurz. „Bei einer Phaserwunde ergeben sich Schmauchspuren rund um die Eintrittswunde, was hier auch der Fall ist, allerdings wäre die eigentliche Wunde kaum zu sehen. Besonders aus der Entfernung. Entweder hat sie mehrmals und lange auf die gleiche Stelle gezielt, oder die Leistung des Phasers war sehr schlecht.“
„Ganz genau das habe ich auch gedacht“, schloss Luzia an Baqhs Vermutungen an und registrierte vergnügt, dass er leicht blau anlief. Sie stieß sich vom Tisch ab und rollte zu einem kleinen Beistelltisch, auf dem sie den Phaser gelagert hatte.
„Wenn die Wunde nicht durch einen üblichen Phaser verursacht worden sein kann, ergeben sich daraus mehrere Möglichkeiten“, überlegte Mikael und sah zu Baqh hinüber.
„Sie hätte sich diese Wunde nicht selbst zufügen können, sie wäre bereits tot gewesen, bevor die Waffe eine solche Wirkung erzielt hätte.“
Luzia rollte wieder zurück und unterbrach den Bolianer in seinen Überlegungen. „Ich will Ihnen ja nicht die Spekulationen verderben, aber ich denke, ich habe die Lösung des Problems: Es ist nämlich ein Betäubungsphaser. Normalerweise stirbt da niemand dran.“ Sie hielt Mikael die handliche Waffe hin und er runzelte die Stirn und griff nach ihr. „Handelsübliche Betäubungswaffen sehen anders aus.“ Er drehte sie in der Hand.
„Ihr müsstet Rokurs Bericht schon oben liegen haben. Er hat das gute Stück auseinander genommen“, sagte Luzia und deutete mit einem Finger an die Decke.
„Sonst noch etwas?“, fragte Mikael und wies auf die Leiche, doch die Frau schüttelte den Kopf.
„Nichts Auffälliges. Zu ihren Lebzeiten war sie ein gesunder Mensch, zu einem viertel Vulkanierin, völliger Durchschnitt.“
Mikael nickte ihr zu und bedankte sich, dann bugsierte er Baqh wieder aus der Autopsie hinaus.

Als sie im Büro ankamen, hatte Samak bereits die Ergebnisse seiner Recherche, gemischt mit dem Autopsiebericht und Rokurs Untersuchung der Waffe auf Mikaels Schreibtisch platziert. Trotzdem und weil Lynna und Maurizio kurz nach Mikael und Baqh das Büro betraten, hatte er eine Zusammenfassung erarbeitet.
„Also schön, was haben wir?“, fragte der Chef in die Runde und ließ sich auf der Kante von Maurizios Arbeitsplatz nieder. Lynna gesellte sich zu ihm.
„Der Name des Opfers ist Julia Warren. Sie ist verheiratet mit Peter Lenssen und arbeitete bei einer Modekette als Verkäuferin. Keine Kinder. Die Waffe, mit der sie sich das Leben genommen hat, ist ein Betäubungsphaser, der jedoch der Optik eines normal gebräuchlichen Phasers entspricht.“
„Was heißt normal gebräuchlich?“, mischte Lynna sich ein. „Nicht jeder darf einfach so einen Phaser mit sich herumtragen. Wo hat sie ihn her?“
„Ich kann Ihnen nur die Herstellerfirma nennen“, antwortete Samak und fuhr dann mit seinem Bericht fort. „In ihrer Akte findet sich nichts über Gesundheitliche Probleme, auch nicht psychischer Natur.“
„Für mich hört sich ihr Leben gar nicht so übel an“, meinte Maurizio und streckte sich in Lynnas Schreibtischstuhl. Die Andorianerin allerdings widersprach direkt. „Wer weiß, wie es ihr Zuhause ging. Nur weil diese paar Fakten ganz angenehm zu sein scheinen, muss sie nicht unbedingt ein schönes Leben haben. Wer weiß, vielleicht hat ihr Mann eine Affäre und liebt sie nicht mehr...“
„Okay, Schluss mit den Spekulationen Lynna!“, wies Mikael sie zurecht. „Was wir brauchen sind Fakten, und davon haben wir momentan nicht viele.“ Er sah auf die Uhr, die an der Wand hinter Baqhs Schreibtisch aufgehängt worden war. Es war bereits nach Mittag. „Die Angehörigen müssen unterrichtet werden und bei der Gelegenheit könnt ihr sie auch befragen. Baqh, Sie werden das übernehmen und Julias Mann die Nachricht überbringen. Lynna und Samak, hört euch an ihrem Arbeitsplatz um, nehmt euch ihre Kollegen vor. Maurizio, ich brauche jemanden hier, nicht nur für die Koordination, sondern auch, damit sich jemand um unseren Gast kümmert.“
Er sah in die Runde und bemerkte, dass der Bolianer blass geworden war. Er hatte noch nie allein einem Angehörigen die traurige Nachricht überbringen müssen und das Reden hatte immer ein anderer aus dem Team übernommen. Nun, auch er musste lernen, die wahrscheinlich schlimmste Aufgabe in seinem Job auszuführen.
„Was wirst du tun?“, fragte Lynna, der natürlich aufgefallen war, dass Mikael sich in seinen Anweisungen selbst ausgelassen hatte, wo er sich normalerweise immer mit einbrachte.
„Ich...“ Er hob die Hand zu seinem Gesicht und fuhr mit einem Finger über seine hochgezogene Augenbraue, ein sicheres Zeichen dafür, dass er nervös war. „Ich habe noch einen Termin.“ Eigentlich hätte er heute ganz frei gehabt, doch dann war der Selbstmord dazwischen gekommen, sodass er von T'Naka informiert worden war. Doktor Bell war ein weiterer Grund dafür, dass er noch im Büro war. Und wie er nun einmal war, konnte er nicht still Zuhause sitzen bleiben und sein Team allein lassen. Das war nicht seine Art.
„Einen Termin?“, fragte Lynna, doch als ihr Blick auf das heutige Datum fiel, schlug sie sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Verdammt! Lili hat heute Geburtstag, das habe ich völlig vergessen!“
Mikael grinste. „Genau das wird man mit vorwerfen, wenn ich nicht gleich Zuhause bin. Außerdem werde ich beide Damen schon gegen mich aufgebracht haben, weil nämlich unser Hochzeitstag zufällig auf den gleichen Tag, wie Lilians Geburtstag fällt. Der einzige Tag im Jahr, mit Ausnahme vielleicht von Weihnachten, an dem sie mich ganz für sich beanspruchen.“
Entschlossen stand Lynna auf, nahm Mikael an den Schultern und drehte ihn Richtung Tür. „Völlig zurecht. Verschwinde und wünsche deiner Tochter alles Gute von mir!“
Er lachte zwar, doch in seinen Augen blieb ein Rest von Unsicherheit. „Baqh, wenn Sie den Mann der Toten befragen, vergessen Sie nicht, ihren Terminkalender und alles weiter zu checken.“ Ein wenig abwesend nickte der Bolianer. „Wenn es etwas wichtiges gibt, benachrichtigt mich!“, befahl Mikael noch, dann wurde er von Lynna zur Tür hinaus geschoben. „Sicher!“, rief sie ihm nach und drehte sich dann grinsend zum Rest des Teams um. „Nicht!“
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