TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Vari und Numa (3)

von Gunni Dreher

Buch I: Vari - Kapitel I-1

I-1
Starbase One, dreihundertsiebenundvierzig Standardtage zuvor.

Als Nicola Pittoni einen Blick in den Raum warf, erkannte sie die neue Adjutantin des Admirals, die gerade mit dem Sortieren verschiedener Unterlagen beschäftigt war. Dennoch bemerkte die Frau sie fast augenblicklich und warf ihr einen freundlichen Blick zu.
"Kann ich Ihnen helfen?"
"Pittoni ist mein Name. Ich hatte einen Termin beim Admiral. Bin ich zu früh?"
Das Lächeln der Adjutantin verstärkte sich.
"Keineswegs, Captain! Er ist gerade eingetroffen. Gehen Sie einfach durch, er erwartet Sie bereits!"
Gleich darauf blieb Pittoni höflich in der Tür zu dem Raum stehen, wo Admiral Lacasse lesend an seinem Schreibtisch saß. Noch bevor sie sich bemerkbar machen konnte, hob der Admiral den Kopf.
"Guten Morgen, Captain Pittoni! Kommen Sie nur herein und nehmen Sie Platz!"
Während sie der Aufforderung nachkam, warf ihr Vorgesetzter ihr einen prüfenden Blick zu.
"Ich freue mich, daß Sie wiederhergestellt sind. Wie ich gehört habe, hatten Sie nicht unerhebliche Verletzungen davongetragen."
Pittoni lächelte schwach. "Nur ein paar leichte bis mittelschwere Verbrennungen, Admiral! Sie wissen ja: Einem mysteriösen Naturgesetz zufolge kommt die Person am Steuer meist mit einem blauen Auge davon. Ich wünschte, es wäre für etliche meiner Mannschaftsmitglieder ähnlich glimpflich ausgegangen."
Lacasse betrachtete sie ernst.
"Ich kann durchaus nachvollziehen, was in Ihnen vorgeht, Captain! Glauben Sie mir, alle paar Tage sitzt auf diesem Stuhl ein anderer Kommandant, der sich anklagt, den Tod von Mannschaftsmitgliedern verschuldet zu haben. Die Terminkalender unserer Stationscounselor platzen aus allen Nähten. Ich möchte Ihnen jedoch noch einmal versichern, daß gerade für Sie keinerlei Grund für Selbstvorwürfe besteht. Sie waren besonnen genug, um zu erkennen, daß der Kampf für Sie vorbei war, und nicht zuletzt Ihrer Erfahrung ist es zu verdanken, daß Sie Ihr Schiff noch rechtzeitig hinter die Linien bringen konnten. Leider besitzt nicht jeder Captain die Einsicht, wann es an der Zeit ist aufzuhören."
Pittoni seufzte lautlos. Beteuerungen dieser Art hatte sie in den letzten Wochen reichlich gehört. Der Wortlaut unterschied sich dabei nur recht geringfügig voneinander.
"Ich danke Ihnen, Sir! Wahrscheinlich haben Sie recht. Wo wir übrigens gerade bei dem Thema sind, würde ich Sie gern um eine Auskunft bitten: Haben Sie etwas von der Jules Verne gehört? Ich habe mehrfach versucht, Erkundigungen einzuziehen, doch bisher keine definitive Antwort erhalten."
Der Admiral schwieg einen Moment.
"Es tut mir leid, Captain!" erwiderte er schließlich. "Man hat sich gegen eine Reparatur entschieden."
Pittoni sah ihn an.
"Admiral..." begann sie, doch Lacasse schüttelte sofort den Kopf.
"Ich weiß, was Sie mir jetzt sagen wollen, aber es hat keinen Sinn, sie noch einmal ins Dock zu bringen. Bei näheren Untersuchungen haben sich schwere innere Strukturschäden herausgestellt, die wahrscheinlich zum Teil noch von vergangenen Gefechten herrühren. Sie können von Glück sagen, daß die Jules Verne beim letzten Einsatz nicht auseinandergebrochen ist. Daß sie den Kampf überhaupt überstanden hat, ist ein halbes Wunder. Außerdem ist sie mittlerweile fast sechzig Jahre alt. Eine erneute Reparatur und Umrüstung lohnt einfach nicht. Danken Sie ihr, daß sie Sie noch einmal nach Hause gebracht hat, und lassen Sie es dabei bewenden!"
Pittoni atmete tief durch und senkte den Blick auf die Schreibtischplatte vor ihr.
"Es sieht wohl ganz so aus, als bliebe mir nichts anderes übrig." erwiderte sie leise. "Immerhin: Das unscheinbare alte Ding ist fast siebzehn Jahre lang für mich und etliche meiner Leute das Zuhause gewesen. Es hat nicht unerheblich zur Kartographierung des Dukai-Sektors beigetragen. Darf ich fragen, ob man bereits ein anderes Schiff für uns vorgesehen hat?"
Lacasse blickte kurz zur Seite.
"Sie wissen ja, wie es im Moment aussieht!"
Sie nickte. "Also kein Schiff!" stellte sie fest.
"Nein, kein Schiff!" bestätigte er. "Leider ist in dieser Hinsicht bis auf weiteres nichts zu machen. Allerdings gibt es da eine etwas heikle Aufgabe, bei der Sie und Ihre Crew benötigt werden."
Sie runzelte die Stirn.
"Von was für einem Einsatz sprechen Sie?"
"Einsatz trifft vielleicht nicht ganz den Kern der Sache. Man könnte eher von einer diplomatischen Mission reden."
"Diplomatie? Bei allem Respekt, Admiral, aber darf ich Sie darauf hinweisen, daß die Mannschaft der Jules Verne damals im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Qualifikation zusammengestellt wurde? Wäre es nicht besser, hier auf entsprechend geschultes Personal zurückzugreifen?"
"Unsere Diplomaten sind im Moment vollauf mit dem Versuch beschäftigt, unsere militärischen Bündnisse stabil zu halten. Außerdem würde uns in diesem Fall diplomatisches Personal nicht viel nützen. Was wir benötigen, ist eine erfahrene Raumschiffcrew."
Pittoni lehnte sich vor.
"Worum geht es?"
Lacasse aktivierte seinen Monitor und drehte ihn so, daß Pittoni ihn einsehen konnte.
"Erkennen Sie das Raumgebiet?"
"Selbstverständlich! Das ist der Betazed umgebende Raumsektor."
"Ganz recht! Wie Sie wissen, hatte das Dominion hier vor eineinhalb Jahren eine Großoffensive gestartet. Die Sternenflotte mußte schwere Verluste hinnehmen und war gezwungen, sich vorerst aus diesem Gebiet zurückzuziehen. Demzufolge war der benachbarte Sektor schlagartig den Angriffen der Jem´Hadar ausgesetzt."
Das Bild auf dem Monitor wechselte. Lacasse deutete auf die linke untere Ecke.
"Und hier liegt es: Rhazaghan! Ein gar nicht so unbedeutender Rohstofflieferant für die Föderation. Ist Ihnen der Planet ein Begriff?"
Pittoni runzelte die Stirn. Dann schüttelte sie den Kopf.
"Ich bedaure, Sir!"
"Sie müssen sich für Ihre Unkenntnis nicht entschuldigen, Captain! Um ehrlich zu sein hörte ich diesen Namen vor wenigen Wochen zum ersten Mal. Wie es aussieht, wurde im Hinblick auf Rhazaghan einiges versäumt. Die Kontakte beschränkten sich bislang in erster Linie auf das rein Wirtschaftliche, ansonsten scheint der Planet nur das Aufsehen einiger Wissenschaftler erregt zu haben. Tatsächlich wurde direkt nach dem Beitritt Rhazaghans zur Föderation ein Forschungsteam entsandt, jedoch nur drei Monate später wieder abberufen. Zu diesem Zeitpunkt wurden zahlreiche neue Welten entdeckt, und die Föderation verfügte über nicht genug wissenschaftliches Personal, um sich mit jeder einzelnen näher befassen zu können. Also begnügte man sich mit dem Abschluß eines Handelsabkommens und setzte weitere Forschungsprojekte erst einmal aus. Außerdem liefen die wirtschaftlichen Kontakte von Anfang an reibungslos. Die Rhazaghaner zeigten sich als vollkommen unproblematische Bündnispartner.
Einige Jahre später wurde dann ein zweites Forschungsteam nach Rhazaghan geschickt, was wiederum nach wenigen Monaten seine Tätigkeit einstellen mußte. Man hatte verschiedenen anderen Planeten eine größere Priorität eingeräumt. Alles weitere können Sie sich möglicherweise vorstellen. Es blieb beim guten Vorsatz, und da sich der rhazaghanische Sektor ansonsten nur durch seine Abgeschiedenheit auszeichnet, sind die Kenntnisse über seine Bewohner noch immer vergleichsweise rudimentär."
Pittoni hatte sich den Bericht interessiert angehört.
"Was wurde aus den Rhazaghanern während der Attacken des Dominion, Sir?"
"Ob Sie es glauben oder nicht, es gelang ihnen tatsächlich, den ersten Jem´Hadar-Angriff abzuwehren. Wahrscheinlich steckt dahinter eine ganz einfache Erklärung. Mit Sicherheit hatte das Dominion nicht damit gerechnet, auf eine solch starke Gegenwehr zu stoßen und geglaubt, der Sektor ließe sich in einem Handstreich nehmen. Ich muß Sie darauf hinweisen, daß die Rhazaghaner eine erstaunlich starke Flotte unterhalten. Interessanterweise sind sie angeblich nicht in der Lage, sie komplett zu bemannen."
"Sie meinen, man verfügt dort über mehr Schiffe als Mannschaften?" fragte Pittoni verblüfft. "Eigentlich müßte doch dort bei einem solch regen Schiffsbau Interesse an der Raumfahrt bestehen."
"Als ich davon hörte, war ich ebenso erstaunt wie Sie. Als Grund wurde die ausgesprochen niedrige Einwohnerzahl des Planeten angegeben. Es ist natürlich möglich, daß die Bevölkerung Rhazaghans in der Vergangenheit durch äußere Umstände, beispielsweise eine Seuche, drastisch dezimiert worden ist. Sicher wäre Admiral Hagman in der Lage, uns die genauen Hintergründe mitzuteilen, weil er damals die Gespräche mit den Rhazaghanern geführt hat, aber leider kommen die Verhandlungen nicht voran."
"Das Dominion weigert sich noch immer, ihn auszutauschen?"
Lacasse seufzte. "Leider! Man verlangt nach wie vor unseren Rückzug aus verschiedenen strategisch bedeutsamen Gebieten, eine Forderung, der wir natürlich keinesfalls nachgeben können. Es bleibt uns nur zu hoffen, daß sich in der nächsten Zeit auch einige Vorta unter unseren Gefangenen befinden. Vielleicht läßt das Dominion eher mit sich handeln, wenn es um seine Verwalter geht."
Lacasse verstummte und Pittoni beobachtete ihn einen Moment lang.
"Sie sind mit Hagman persönlich bekannt?" entfuhr ihr unvermittelt.
Er sah hoch.
"Wie? Doch, ja, Sie sind richtig informiert. Wir kennen uns durch den Literaturkreis der Sternenflottenakademie. Seither ist der Kontakt nie ganz abgerissen."
Er richtete sich wieder auf.
"Aber lassen wir das! Wir waren bei der rhazaghanischen Flotte stehengeblieben. Nach den schweren Verlusten im letzten und vorletzten Jahr entschied das Oberkommando, sämtliche in Frage kommende Reserven zu mobilisieren. Und tatsächlich: Auf die Bitten der Sternenflotte, den weiteren Sektor in ihren Schutz miteinzubeziehen, reagierten die Rhazaghaner zwar durchaus offen, erklärten jedoch rundheraus, nicht mehr Leute für Schiffsbesatzungen aufbringen zu können. Stattdessen schlug man vor, Sternenflottenpersonal für den Dienst auf rhazaghanischen Schiffen auszubilden."
"Es ist natürlich möglich, daß es sich hier um einen Vorwand handelte, um die Föderation dazu zu bringen, sich endlich für Rhazaghan zu engagieren. Durchaus verständlich in einer solchen Situation."
"Ein Gedanke, den auch ich nicht für abwegig halte. Leider mußte das Ersuchen mit dem Hinweis auf die hohen Verluste der Föderation abgelehnt werden. Daraufhin regte der rhazaghanische Gesprächspartner an, die Bitte um Unterstützung an die Romulaner weiterzuleiten."
"Lassen Sie mich raten! Die Romulaner taten das, was die Sternenflotte verweigerte, und gewährten einem vernachlässigten Föderationsmitglied Hilfe, ohne dabei eigene Schiffe aufs Spiel setzen zu müssen. Nicht dumm, in der Tat!"
Der Admiral nickte. "Allerdings! Nach dem, was man so hört, haben es die Romulaner seitdem verstanden, sich auf Rhazaghan recht beliebt zu machen. Zu beliebt, wie es aussieht! Zwar hat sich die militärische Lage mittlerweile leicht entspannt, und das Dominion hat offenbar zur Zeit andere Probleme, als sich für den rhazaghanischen Sektor zu interessieren. Dennoch zeigen die Rhazaghaner kein Interesse an einem Abzug der Romulaner. Inzwischen war die romulanische Regierung sogar zu Zugeständnissen bereit, um sich diesen Standort zu erhalten. So wurden auf Anregung des dort stationierten Regimentskommandanten eine gewisse Anzahl der Soldaten ausgetauscht - angeblich, um Mentalitätskonflikten vorzubeugen."
"Ungewöhnlich rücksichtsvoll für Romulaner, könnte man sagen!"
Lacasse schnaubte. "Sie sagen es! Inzwischen hört man vom romulanischen Botschafter, dieser Fall würde wieder einmal beweisen, daß es sich bei den Romulanern keineswegs um die machthungrigen, zur Völkerverständigung unfähigen Usurpatoren handelt, als die Föderationsvertreter sie darstellten. Bemerkenswerterweise wäre Rhazaghan sehr zufrieden damit, seinen Schutz romulanischen Truppen anvertraut zu haben."
"Das daraus zu schlagende politische Kapital ist natürlich unbezahlbar." murmelte Pittoni.
"Ganz davon abgesehen, daß wir selbst, sollte es uns nicht gelingen, die Rhazaghaner umzustimmen, mit einem politischen Ärgernis zu rechnen haben: Einer dauerhaften romulanischen Präsenz mitten auf Föderationsgebiet. Sie werden sicher verstehen, das wir so etwas vermeiden möchten."
"Natürlich, Admiral!"
"Wie Sie sich vielleicht denken können, kommen an dieser Stelle Sie und Ihre Crew ins Spiel. Es ist wichtig, daß der Völkerbund nach den Versäumnissen der Vergangenheit Engagement zeigt. Wir müssen den Rhazaghanern das Gefühl geben, daß Wert auf ihre Föderationsmitgliedschaft gelegt wird, und sie daher auf die Unterstützung der Romulaner nicht angewiesen sind."
Pittoni nickte ergeben. "Wie stellen Sie sich unseren Einsatz vor, Sir?"
"Wir haben den Rhazaghanern den Wunsch der Föderation übermittelt, ihnen Personal für die Bemannung ihrer Schiffe zu entsenden. Ich muß zugeben, daß wir daraufhin einiges an Überzeugungsarbeit leisten mußten. Unsere Gesprächspartnerin versicherte uns, daß auf Rhazaghan augenblicklich kein Bedarf an Verstärkung bestünde. Schließlich erklärte sie sich einverstanden, bot uns jedoch an, unsere Leute bei ihrem eigenen Stamm aufzunehmen. Es war uns jedoch wichtig, Sie in unmittelbarer Nähe des romulanischen Regiments unterzubringen, schließlich müssen wir wissen, was dort vor sich geht. Das anschließende Gespräch gestaltete sich erstaunlich schwierig. Schließlich brachten wir den Hinweis vor, daß die Anpassung an die rhazaghanischen Schiffe mit Sicherheit am raschesten durch die Leute erfolgen würde, die bereits Erfahrung mit der Schulung gesammelt hätten. Erst dann gab unsere Ansprechpartnerin zögernd nach."
"Das hört sich nicht so an, als würde unsere Ankunft Begeisterungsstürme auslösen." bemerkte Pittoni mit einem gequälten Lächeln.
Lacasse lehnte sich zurück. "Machen Sie sich keine Sorgen!" erwiderte er gelassen. "Nach dem was ich hörte, sind Rhazaghaner von Natur aus recht liebenswürdig. Ich bin sicher, daß sich Anfangsschwierigkeiten rasch geben werden."
"Ich wünschte, ich könnte Ihren Optimismus teilen, Sir! Ich habe den Eindruck, hier ist möglicherweise mehr diplomatisches Porzellan zerschlagen als gekittet worden."
"Es war wichtig, den Fuß in die Tür zu bekommen, wenn Sie verstehen. Was wir brauchten, war eine Chance, und die haben wir erhalten. In zwei Tagen wird die Ivanhoe Sie und Ihre Mannschaft nach Rhazaghan bringen."
Pittoni lächelte. "Galaxy-Klasse, Admiral? Wir fahren mit der großen Limousine vor?"
"Wie ich Ihnen schon sagte, will die Sternenflotte Interesse demonstrieren. Meines Wissens nach hat noch nie ein Schiff der Galaxy-Klasse Rhazaghan angeflogen. Vielleicht gelingt es uns, etwas Eindruck zu machen."
"Gut, Admiral, ich werde meine Mannschaft über unseren Einsatz informieren. Außerdem möchte ich Sie bitten, mir Informationen über Rhazaghan zukommen zu lassen."
"Selbstverständlich! Ich werde dafür sorgen, daß Sie entsprechende Unterlagen erhalten."
Seine Untergebene machte soeben Anstalten, sich zu erheben, als Lacasse sie noch einmal zurückhielt.
"Einen Moment, Captain! Ich habe noch ein weiteres Anliegen an Sie."
Sie hob fragend die Brauen, als Lacasse auch schon weitersprach.
"Ich möchte, daß Sie die Überlebenden der Jeanne D'Arc mitnehmen."
Pittoni starrte ihn ungläubig an.
"Verzeihen Sie, Sir, aber ist das wirklich Ihr Ernst?" brachte sie schließlich heraus.
"Es würde einen schlechten Eindruck hinterlassen, mit einer zu kleinen Abteilung auf Rhazaghan zu erscheinen. Je mehr Leute wir erübrigen können, desto besser. Das romulanische Regiment ist Ihrer Crew ohnehin zahlenmäßig deutlich überlegen."
Seine Untergebene ächzte entsetzt.
"Sie wollen uns tatsächlich zusammen mit diesem aggressiven und undisziplinierten Haufen auf eine diplomatische Mission schicken? Sie wissen doch sicher, was sich auf der Jeanne D'Arc abgespielt hat! Captain Rüang hatte keinerlei Freigabe, der Angriff erfolgte vollkommen unüberlegt und eigenmächtig. Was von ihrem Offiziersstab übriggeblieben ist, spricht Bände. Wie man hört, ist die Gruppe um Lieutenant Rowland fast täglich in irgendwelche Streitigkeiten verwickelt."
Lacasse sah zur Fensterreihe hinüber.
"Sagen wir einfach, daß Sie mir damit einen persönlichen Gefallen tun."
"Admiral, ich bin keine Erzieherin für mißratene Junioroffiziere."
Er drehte sich wieder dem Schreibtisch zu, faltete die Hände darüber und lehnte sich vor.
"Dann will ich es so formulieren: Es ist wohl kaum die Schuld dieser jungen Leute, daß die Verantwortlichen meinen, es reiche vollauf, halbe Jugendliche im Rekordtempo durch die Sternenflottenakademie zu jagen, um schnellstmöglich Nachschub für die Front zu erhalten. Die Jahrgänge, die die Akademie inzwischen verlassen, haben nur einen Bruchteil der Ausbildung hinter sich, die für uns noch selbstverständlich war. Fächer wie interplanetare Kultur und Xenobiologie sind inzwischen aus Zeitgründen ersatzlos gestrichen. Für den Wissenschaftsdienst wird kaum noch ausgebildet, es sei denn, es geht um Forschung nach neuen Waffentechnologien, in welche Richtung sie auch führt. Unsere Kadetten lernen fast nichts über fremde Spezies, es sei denn, wie man auf sie schießt. Was auf der Jeanne D'Arc passiert ist, überrascht mich nicht im mindesten. Unsere erfahrenen Offiziere fallen massenweise an der Front, und viel zu junge Leute rücken in Positionen, die sie maßlos überfordern. Im schlimmsten Fall bestehen ganze Schiffsbesatzungen aus xenophobischen, auf Aggressivität abgerichteten Neulingen."
Er schwieg einen Moment, dann sah er seiner Untergebenen in die Augen.
"Damit Sie klarsehen: Ich will die Jeanne D'Arc-Leute aus dem Kriegsgeschehen raushalten. Die Alternative wäre, sie über kurz oder lang aus der Sternenflotte zu werfen, wenn sie sich nicht noch vorher bei einer weiteren sinnlosen Aktion umbringen. Meiner Ansicht nach haben sie weder das eine noch das andere verdient. Nehmen Sie sie mit nach Rhazaghan, dort können sie nicht so leicht zur Gefahr für sich und andere werden. Ich habe die Hoffnung, daß Sie ihnen einiges von dem vermitteln können, was einen guten Sternenflottenoffizier ausmacht."
Seine Untergebene seufzte. "Ich verstehe, Sir!"
Er nickte. "Gut! Wir sind uns also einig. Ich wünsche Ihnen viel Glück."
Sie erhob sich und ging zur Tür. Als sie im Begriff war, den Raum zu verlassen, hob Lacasse noch einmal den Kopf.
"Captain!"
Sie wandte sich noch einmal um.
"Ich erwarte natürlich, daß bei Ihrer Mission mit dem gebotenen Feingefühl vorgegangen wird."
Die Tür schloß sich zischend.
"Zu spät, du rettest den Freund nicht mehr!" murmelte Pittoni verbittert.

Vier Tage später signalisierte ein zwitschernder Ton in der Kabine Pittonis, daß jemand um Einlaß bat.
"Herein!" antwortete sie, ohne ihre Aufmerksamkeit von ihrem Datenblock abzuwenden.
Die Tür öffnete sich, und Commander Malewitsch warf einen Blick in den Raum.
"Störe ich, Captain?"
Sie sah kurz auf, um sich direkt wieder ihren Unterlagen zuzuwenden.
"Nein, Konstantin! Kommen Sie nur herein und nehmen Sie Platz!"
Er durchquerte den komfortabel eingerichteten Raum und ließ sich in dem Sessel ihr gegenüber nieder. Rasch vorbeiziehende Sterne jenseits des Fensters zeigten an, daß sich die Ivanhoe im schnellen Warptransfer befand.
Er warf einen neugierigen Blick auf den Datenblock seiner Vorgesetzten.
"Immer noch Hausaufgaben?"
Sie seufzte. "Das Material scheint von einem dieser halbintelligenten Auswahlprogramme zusammengestellt worden zu sein. Man kann zwar nicht unbedingt von einem heillosen Chaos sprechen, aber es kommt dem doch ziemlich nahe. Vielleicht sind auch einige Parameter falsch eingegeben worden."
"Schaffen Sie es bis morgen?"
"Notfalls hänge ich die Nacht dran. Es bleibt dabei: Spätestens morgen mittag wird bei jedem Mannschaftsmitglied ein Exemplar des Informationsblattes auf dem Tisch liegen. Die Leute sollen Zeit genug haben, das Material in aller Ruhe durchzuarbeiten."
"Warum übergeben Sie das Zeug nicht T´Alai? Es fällt doch in ihr Ressort."
"Sie hat es mir angeboten, und ich muß zugeben, daß ich nahe dran war, der Versuchung zu erliegen. Aber es ist ohnehin nötig, daß ich mir ein umfassendes Bild von unserem Einsatzort verschaffe. Außerdem kenne ich das: Informationsblätter, die von Angehörigen des wissenschaftlichen Dienstes zusammengestellt wurden, werden häufig nur überflogen. Ich lege Wert darauf, daß die Crew das Material sorgfältig durcharbeitet."
"Ich muß Ihnen zustimmen! Bei der Art unseres Auftrages ist es besser, auf Nummer sicher zu gehen. Haben Sie schon etwas über unsere Gastgeber in Erfahrung bringen können?"
Sie lächelte. "Allerdings! Warten Sie, ich zeige Ihnen etwas. Einen Moment!"
Er erhob sich und sah ihr interessiert über die Schulter. Die Schrift auf dem Monitor machte einer Darstellung Platz.
Malewitsch legte den Kopf schräg.
"So sehen die aus? Recht menschlich, würde ich sagen. Allerdings macht die Frau einen ziemlich sportlichen Eindruck."
"Ein Erbe aus der Zeit, in der sich die Rhazaghaner mit zahlreichen Raubtieren auseinandersetzen mußten. Außerdem eine Folge der hohen Gravitation. Wir bekommen Gelegenheit, etwas für unsere Fitneß zu tun, Konstantin!"
Ihr erster Offizier stöhnte.
"Auch das noch! Mit wieviel bekommen wir es zu tun?"
"Erinnern Sie sich an Vulkan?"
"Und ob! Ich fürchte, für solche Einsätze werde ich langsam zu alt."
"Übertreiben Sie nicht! Ich denke, wir beide können noch ganz gut mithalten. Ich war aber noch nicht ganz fertig. Haben Sie sich das Bild der Rhazaghani gut angesehen? Jetzt passen Sie mal auf!"
Das Bild auf dem Datenblock wechselte abermals. Malewitsch betrachtete es nachdenklich.
"Ganz hübsch! Was ist das für ein Tier?"
"Es handelt sich um dasselbe Individuum, das Sie eben gesehen haben. Und das ist noch nicht alles! Ich hätte noch dies, dieses und zum Abschluß das Bild anzubieten."
Die Darstellungen wechselten rasch hintereinander. Malewitsch schwieg einen Moment verblüfft.
"Sie meinen, es handelt sich um ein und dasselbe Geschöpf?"
"Ganz recht! Und nun denken Sie einmal scharf nach!"
Er warf ihr einen ratlosen Blick zu, doch gleich darauf begann sein Gesicht, sich aufzuhellen.
"Moment, da war doch was, als wir damals den Wolf-Rayet-Stern beobachteten..."
"Genau! Ich sehe, Sie erinnern sich."
"Die astrophysikalische Abteilung arbeitete wochenlang auf Hochtouren, während der Rest der Mannschaft mit Langeweile zu kämpfen hatte. Fähnrich Christiansen hatte im Casino eine dieser Was-wäre-wenn-die-Dinosaurier-nicht-ausgestorben-wären-Diskussionen angefangen. Die meisten Crewmitglieder vertraten die Ansicht, daß die Säugetiere in diesem Fall niemals eine Chance bekommen hätten. Und dann ging T´Alai und brachte einen wissenschaftlichen Artikel aus ihrem Quartier mit."
"Sehen Sie? Ihr Gedächtnis funktioniert doch noch ganz tadellos."
"Doch, das Gedächtnis schon! Ich weiß noch genau, wie erstaunt unsere Leute über die beschriebene Spezies waren." Er lächelte. "Die sind das also?"
"Eben dieselben! Ich schätze, der Aufenthalt dort wird nicht uninteressant werden. Sie haben doch keine Angst vor großen Tieren, Konstantin?"
"Meine Großeltern sind mit mir früher häufig in den Zoo gegangen, Captain!" antwortete er würdevoll.
Pittoni nickte anerkennend. "Eine ausgezeichnete Vorbereitung! Seien Sie aber auf Rhazaghan mit solchen Bemerkungen vorsichtig! Ich möchte Lacasse nicht den Abbruch sämtlicher diplomatischer Beziehungen erklären müssen."
Er lachte. "Keine Angst, ich habe nicht vor, Sie zu blamieren." Er neigte den Kopf hinüber zum Datenblock. "Wissen Sie noch mehr über die Rhazaghaner?"
"Eben da geht es los! Die meisten Daten stammen wohl von den beiden Forschungsteams, die kurzfristig auf Rhazaghan waren. Die Zusammenstellung der Informationen ist dabei zum Teil ziemlich konfus. Es findet sich in meinen Unterlagen sogar ein geharnischter Brief von Professor Iyengar, in dem sie offiziell beim Wissenschaftsdienst gegen ihren Abzug von Rhazaghan protestiert. Sie hat damals das zweite Forschungsteam geleitet. Von ihr stammt übrigens auch der bewußte Artikel."
Sie blätterte weitere elektronische Seiten durch.
"Hier haben wir die Planetendaten, Masse, Dichte, Oberflächengravitation, durchschnittliche Oberflächentemperatur bis hin zur Rotationsdauer. Soweit scheint alles komplett und in Ordnung zu sein. Dann das: Geschätzte Bevölkerungszahl unter zehn Millionen. Das könnte ein Übersetzungsfehler sein oder sogar eine gezielte Fehlinformation. Sprache ausschließlich Rhazaghanisch, es existieren nur leichte Tendenzen zur Dialektbildung. Klassen- oder Standesunterschiede existieren nicht, Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Lebensweise als Jäger und Sammler. Hier haben wir es wieder! Völlig unvermittelt irgendwelche kulturhistorische Informationen. Meiner Ansicht nach ist es nicht gerade glücklich, die Datenzusammenstellung für eine solche Mission einem Programm zu überlassen."
Ihr erster Offizier grinste. "Vielleicht wollte Lacasse gern neu eingetroffene Software ausprobieren. Haben Sie auch etwas über die politische Organisation?"
"Nur wenig! Die Bevölkerung ist in sogenannte Clans aufgespalten, die wahrscheinlich in etwa unseren Nationen entsprechen. Als planetare Regierung fungiert ein Rat aus den einzelnen Clanoberhäuptern."
"Also eine Art Föderalismus!"
"So verstehe ich das auch. Allerdings finde ich keine Informationen darüber, wie die einzelnen Herrscher an die Macht kommen. Von einem demokratischen Wahlsystem ist nirgendwo die Rede. Hier ist natürlich alles vorstellbar. Also weiter! Aktuelle Zahl der Clans vierhundertdreiundachtzig. Vor der Zeit der cardassianischen Besetzung vierhundertvierundachtzig."
"Die Cardassianer waren auf Rhazaghan? Die haben wohl gleich gezeigt, was mit dem passiert, der Ärger macht, wie?"
"Sieht ganz so aus! Die Cardassianer fackeln nicht lange. Ein kleiner Völkermord ist das letzte, was denen unruhige Nächte bereitet. Und hier haben wir die Ursache für die cardassianische Besetzung. Bodenschätze: Hauptsächlich Dilithium. Inzwischen wird auch mit gewissen Mengen an Tritanium gehandelt."
"Darum also! Wie sind die Rhazaghaner ihre Besatzer wieder losgeworden?"
"Das wird nirgendwo erwähnt. Ich könnte mir aber vorstellen, daß sich die Cardassianer durch die sich ausbreitende Föderation beunruhigt fühlten und es daher vorzogen, Rhazaghan zu räumen. Jedenfalls haben die Rhazaghaner aus dem Überfall gelernt und innerhalb kürzester Zeit eine beachtliche Flotte aufgebaut. Im Orbit muß es von Werften nur so wimmeln. Sehen Sie hier! Geschätzte Flottenstärke um die hundertfünfzig Schlachtkreuzer."
Malewitsch pfiff durch die Zähne. "Donnerwetter! Damit stellen die Rhazaghaner eine Großmacht in ihrem Sektor dar. Bleibt nur zu hoffen, daß dort niemand auf dumme Gedanken kommt."
Pittoni lehnte sich zurück.
"Es ist natürlich denkbar, daß so etwas ohne die rhazaghanische Föderationsmitgliedschaft längst passiert wäre. Ich weiß nicht, wie die weitere Entwicklung aussähe, wenn sich die Föderation aus irgendeinem Grund von hier zurückziehen müßte. Glücklicherweise sind das bis jetzt nur Spekulationen. Aber ehe ich es vergesse: Ich habe hier noch etwas Interessantes."
Sie reichte ihm den Datenblock. Er betrachtete die neue Abbildung aufmerksam.
"Wohl aus dem Orbit aufgenommen!" überlegte er halblaut. "Ansprechendes Gebäude! Wie eine Seemuschel, oder?"
"Sie waren wohl nicht viel am Meer." stellte Pittoni fest. "Das Bauwerk ist einer Schnecke nachempfunden. Sie sehen hier unseren Unterbringungsort, ein Habitat von den Vari, wie sich unsere Gastgeber nennen. Wenn ich recht verstanden habe, werden wir die Wohnstätte mit den Romulanern teilen."
Malewitsch warf einen zweifelnden Blick auf die Darstellung.
"Das dürfte eng werden. Wie bringt man da drin ein romulanisches Regiment unter?"
"Romulaner werden in der Hinsicht recht spartanisch erzogen, und zumindest hier sollten wir uns an ihnen ein Beispiel nehmen. Wir gehen nicht nach Rhazaghan, um dort Urlaub zu machen. Schränken wir uns alle etwas ein! Übrigens: Wie sieht es mit unseren Sorgenkindern aus?"
"Im großen und ganzen erstaunlich ruhig. Allerdings habe ich vorhin zwei jungen Burschen von Rowlands Haufen mit Arrest drohen müssen."
"Was war passiert?"
"Sie hatten in der hiesigen Bar einen vulkanischen Fähnrich angepöbelt. Immerhin war die von ihnen verwendete Bezeichnung nicht besonders einfallsreich."
"Ich verstehe!" erwiderte sie ernst.
"Vielleicht sollten wir T´Alai vorwarnen."
Seine Vorgesetzte schüttelte den Kopf und lächelte.
"Machen Sie sich da keine Sorgen! T´Alai kommt zurecht. Ich glaube kaum, daß es möglich ist, sie durch Bemerkungen dieser Art zu verletzen. Stattdessen halte ich es für viel wahrscheinlicher, daß sie heimlich entzückt wäre, neues Material für ihre soziologischen Studien zu bekommen."
"Wahrscheinlich haben Sie recht! Dennoch werde ich ihr zur Sicherheit einen Hinweis geben."
Ihr Untergebener erhob sich.
"Ich möchte Sie nicht länger von Ihrer Arbeit abhalten. Sehen wir uns morgen nachmittag in der Bar?"
"Das müßte zu machen sein. Wo liegt die hier?"
"Deck zehn, ganz vorne! Frohes Schaffen, Captain!"
Pittoni lächelte. "Danke, Konstantin! Halten Sie mir die Raubtiere gut in Schach!"
Gleich darauf war sie mit ihren Unterlagen allein.

Am nächsten Nachmittag betrat sie die Bar der Ivanhoe, versorgte sich mit einem Getränk und ließ sich an dem Tisch nieder, an dem ihr erster Offizier bei einer Tasse Tee saß.
"Espresso, Captain?" bemerkte er. "Wie lange haben Sie noch drangesessen?"
Pittoni nippte vorsichtig an der heißen Flüssigkeit, bevor sie antwortete.
"Um zwei Uhr früh hatte ich das Material durch. Gegen halb sechs war ich dann mit der Zusammenstellung fertig."
Malewitsch verzog mitfühlend das Gesicht, doch Pittoni winkte ab.
"So wild ist es nicht! Als das Informationsblatt raus war, habe ich mich noch etwas hingelegt. Ist es schon bei Ihnen eingetroffen?"
"Ich fand es nach dem Mittagessen in meinem Quartier vor. Allerdings muß ich Ihnen gestehen, daß ich es erst knapp zur Hälfte durchgelesen habe."
"Sie brauchen sich damit nicht zu hetzen. Es genügt vollkommen, wenn Ihnen das Wissen in dreizehn Tagen zur Verfügung steht. Ich bin bei der Durchsicht des Materials übrigens noch auf die eine oder andere interessante Quelle gestoßen. Zum Beispiel gibt es da ein Zeitungsinterview mit dem Mitarbeiter einer skandinavischen Firma, die eine vollautomatisierte Fertigungsstraße auf Rhazaghan installiert hat. Er sprach von kilometerlangen unterirdischen Fabrikationshallen mit modernster Technik. Außerdem zeigte er sich recht erbaut von der Art seiner Kunden und beschrieb sie als freundlich und aufmerksam."
"Das klingt doch ermutigend!"
"Mag sein! Ich muß Ihnen allerdings sagen, daß es da etwas gibt, das mir Kopfschmerzen bereitet. Unter meinen Informationen finden sich auch ein paar Randnotizen über den Beherrscher unseres gastgebenden Clans, einen Mann namens Tarkin. Tarkin von den Vari lautet wohl die vollständige Anrede."
"Und was für eine Vorstellung haben Sie von ihm gewonnen?"
"Ich weiß nicht recht, urteilen Sie selbst! Nach dem, was mir vorliegt, geht der Gedanke, die Romulaner nach Rhazaghan kommen zu lassen, auf Tarkin zurück. Außerdem zeigte er sich sehr interessiert daran, den umgebenden Sektor in den rhazaghanischen Schutz miteinzubeziehen. Dann wird noch erwähnt, er hätte in der Vergangenheit schon einmal damit gedroht, das Bündnis platzen zu lassen."
Malewitsch wiegte sorgenvoll den Kopf.
"Das klingt mir nicht nach einem Freund der Föderation. Vielleicht haben wir hier tatsächlich jemanden vor uns, der auf die Idee gekommen ist, die Stärke der rhazaghanischen Flotte ließe sich auch zu expansorischen Zwecken nutzen. So ein Mann wäre nur allzu bereit, die Romulaner als Lehrmeister zu akzeptieren."
Pittoni nickte nachdenklich, doch bevor sie zu einer Erwiderung ansetzen konnte, wurde eine höfliche Stimme hörbar.
"Captain! Commander! Verzeihen Sie bitte?"
Pittoni drehte den Kopf und lächelte, als sie die junge Vulkanierin erkannte.
"Lieutenant! Sie haben ein Anliegen?"
"Nicht direkt! Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß ich Ihr Informationsblatt vorgefunden habe. Ich halte es für sehr umfassend und informativ."
"Sie haben es schon gelesen?"
"Selbstverständlich! Außerdem fand Ihr Exkurs über die spezielle Fauna des Planeten mein besonderes Gefallen. Ich bin überzeugt, daß die Crew ihn faszinierend finden wird."
"Es freut mich, Ihre fachliche Zustimmung zu finden, T´Alai! Eigentlich mische ich mich nur ungern in Ihr Ressort ein, aber ich hielt es für meine Pflicht, mich persönlich um die Vorbereitung der Crew zu kümmern."
"Natürlich! Außerdem ist es eher unwahrscheinlich, daß ein von mir erstelltes Informationsblatt mit gleicher Aufmerksamkeit gelesen würde. Das Bewußtsein, daß das Material vom Captain persönlich stammt, erhöht das Interesse der Leute erfahrungsgemäß ganz erheblich."
Pittoni sah in ihre leere Tasse.
"Das ist sicher nicht ganz auszuschließen." murmelte sie.
"Sie brauchen keine Bedenken zu haben, daß mich dieser Umstand psychisch beeinträchtigen könnte, Captain!" erklärte T´Alai erkennbar amüsiert. "Er stellt ganz einfach eine unleugbare Tatsache dar. Im übrigen möchte ich Ihnen noch sagen, daß mich die Aussicht, auf Rhazaghan tätig werden zu können, mit großer Erwartung erfüllt. Wenn ich mich dann verabschieden darf? Ich habe die Absicht, mich noch ein wenig auf diesem Schiff umzusehen."
Gleich darauf sahen Pittoni und Malewitsch der davongehenden Vulkanierin nach. Nach kurzem gemeinsamen Schweigen seufzte der Captain.
"Ich muß gestehen, daß ich sie beneide. Ich habe T´Alai selten so aufgeregt gesehen. Vulkanierin oder nicht, irgendwie wirkt sie wie ein Kind, dem man einen Besuch in einem Spielzeugladen versprochen hat. Es wird auch höchste Zeit, daß sie die Möglichkeit erhält, wieder in ihrem Bereich tätig zu werden. Man muß sagen, daß unsere Einsätze in der letzten Zeit nicht viel Raum für Xenobiologie oder -soziologie ließen. Aber jetzt gibt es wenigstens eine Person, die sich auf diese ganze unselige Mission freuen kann."
Rezensionen