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Eigentlich gut

von Susan

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Ich weiß nicht, warum ich zögere, bevor ich eintrete. Vielleicht liegt es an den Blicken, die sie mir zuwerfen, immer wenn ich hierher gehe. Missbilligende Blicke. Oder neugierige Blicke. Am schlimmsten sind die mitleidigen Blicke. Sie brauchen kein Mitleid für mich zu empfinden. Ich bin eine erwachsene Frau und Captain dieses Schiffes. Entscheidungen werden mir nicht aufgedrängt, ich fälle sie. Ich habe es mir so ausgesucht und das geht sie verdammt noch mal nichts an.

Keinen von ihnen.

Auch Chakotay nicht. Ich weiß, was er von dieser Sache hält. Weniger als alle anderen. Er war vollkommen vor den Kopf gestoßen, als er es herausfand. Das tat mir leid. Ich hatte aus einem unerklärlichen Grund ein schlechtes Gewissen.

Nein, das stimmt nicht. Eigentlich kenne ich den Grund.

Und dennoch... stehe ich hier. Vor Holodeck 2.

Michael erwartet mich. Das heißt, das tut er nicht. Das Programm ist noch nicht aktiviert, er kann also nicht auf mich warten.

Aber das hat auch seine gute Seite. Er kann nicht böse auf mich sein, wenn ich mich verspäte. Er kann sich nicht beschweren, wenn ich keine Zeit für ihn habe.

Er hat einen Knopf auf dem "Ausschalten" steht.

Etwas, das bei realen Männern zur Grundausstattung gehören sollte.

Ein praktischer Knopf.

Nie wieder Kompromisse, nie wieder halbherzige Aktionen, nie wieder Lügen, nie wieder Schuldzuweisungen.

Es ist unproblematisch.

Es ist der pure Egoismus.

Aber ich mag ihn, wirklich. Er ist nett, gut aussehend und ich habe mich in ihn verliebt, soweit wie man sich in ein Hologramm verlieben kann. Es ist wie - und das mag jetzt vielleicht hart klingen, aber es ist das, was ich mir eingestanden habe - wie ein ganz besonderes Spielzeug.

Es kann von alleine laufen und es interagiert. Und es kann noch viele andere Sachen...

Ich habe aufgehört einen Hehl daraus zu machen: die physische Komponente steht für mich an erster Stelle.

Es ist schon eine ganze Weile her für mich.

Jedenfalls kann ich das vor mir selbst zugeben.

Ich verbringe meine Zeit gern mit ihm und versuche jeden Gedanken daran, dass er ein Teil von Paris' Programm ist, zu verdrängen.

Es gelingt mir immer.

Ich habe herausgefunden, dass er ein guter Zuhörer ist. Wahrscheinlich ist das eine der Eigenschaften, die ich schon immer an Männern schätzte.

Er hat ein schönes Lächeln - ein gut programmiertes Lächeln.

Auch wenn vielleicht einige Leute vom Gegenteil überzeugt sind, so weiß ich doch, dass ich den Sinn für die Realität auf keinen Fall verloren habe.

Ich kann unterscheiden zwischen Wirklichkeit und Projektion.

Nur scheint mir die Welt jenseits dieser Tür oft soviel einfacher.

Ich mache mir nichts vor. Diese Beziehung - diese rein nehmende Beziehung - zu Michael hat keine Zukunft.

Ich meine sie entwickelt und wächst nicht wie eine reale Beziehung, ganz einfach, weil ich ihn abstelle, wenn es Schwierigkeiten gibt, oder ich genug habe.

Das ist in Ordnung.

Würde ich etwas mit Zukunft wollen, hätte ich mich nicht für diese Variante entschieden.

Chakotays Bild erscheint bei diesem Gedanken vor meinem geistigen Auge (schreckliche Metapher!).

Chakotay.

Wäre er eine Variante gewesen? Sicher.

Aber keine Option. Nicht in dieser Realität. In dieser Realität könnte Michael höchstens aussehen wie Chakotay.

Näher würde ich dieser 'Variante' nicht kommen. Weder kommen dürfen noch wollen.

Dennoch finde ich es schade, wenn ich daran denke wie viele verpasste Gelegenheiten es gegeben hat. Und auch wieder nicht gegeben hat.

Denn das Protokoll wurde an keiner Stelle unserer Beziehung in Frage gestellt - zumindest nicht von mir.

Ich seufze und richte meinen Blick auf das graue Schott. Ich versuche Wörter wie 'Protokoll' und 'Optionen' zu vergessen, während sich die Tür vor mir öffnet.

Doch irgendwie gelingt mir das nicht. Nicht jetzt jedenfalls.

Vielleicht wäre es klüger, wenn ich vorerst zurück in mein Quartier ginge.

Ja, wahrscheinlich. Vorerst.

Ich drehe mich um und verlasse das Holodeck.

Sicher kann ich irgendwo noch ein bisschen Arbeit auftreiben, die ich erledigen kann.

Wäre doch bestimmt gut für's Protokoll.

ENDE

Verbitterte Janeway Teil 2739 nächste Woche.
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