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Die Schwiegermutter naht ...

von VGer

Der Fürsorger (1)

-- Kommt gar nicht in Frage. Ich war dort, damals, ich kann nicht zurück.
-- Du bist wir, und wir waren uns einig. Du denkst zu linear, zu humanoid. Du musst wir sein, um es zu verstehen. Lass dich darauf ein.
-- Es ist doch alles schon passiert. Wir müssen nur dafür sorgen, dass es passiert. Ein Q muss tun, was ein Q tun muss.
-- Du weißt, was passiert ist, als das wilde Kind zuletzt einen Alleingang gestartet hat?
-- Ach komm schon, No, jetzt werd‘ bitte nicht hysterisch. Sie hat etwas harmlosen Spaß gehabt, sie hat mit der Enterprise gespielt. Sieh dich doch um, in welcher Ebene des Multiversums war das je eine große Sache?
-- Ihr habt mich zu Tode erschreckt.
-- Nein, wir haben einen gehörnten Primaten mit einem eklatanten Mangel an Lebenserfahrung und Humor zu Tode erschreckt. Du findest das lustig, das kannst du nicht leugnen, das spüre ich doch.
-- Das wilde Kind hat euch beide zusammen gebracht. Sie hat dich erschaffen, No, damit du sie erschaffen kannst. Es ist so weit, es ist an der Zeit, dass ihr euch revanchiert. Es ist an der Zeit für Kontinuität im Kontinuum. Es ist an der Zeit, den Himmel mit Diamanten zu füllen. Es ist an der Zeit für Lucy.
-- Du denkst in Rätseln.
-- Und du denkst wie der Primat, der du nicht mehr bist.
-- Was wollen wir tun?
-- Wir sehen uns um und finden den richtigen Moment.
-- Wir kennen den richtigen Moment, Alter. Ich bin vielleicht nicht mehr sie, aber ich habe ihre Erinnerungen. Ich war dort, ich habe es miterlebt. Ich habe meinen Schwiegersohn im Arm gehalten, als er neu geboren war, ich habe die Schwiegermutter des wilden Kindes im Arm gehalten, als sie neu geboren war, und ihre Mutter hat mich im Arm gehalten, als ich neu geboren war.
-- Das ist falsch. Das ist nicht der richtige Moment. Nichts davon ist der richtige Moment.
-- Und du glaubst, das war alles? Dass Momente wie diese einfach so passieren?
-- Keine Geschichte beginnt am Höhepunkt. Geschichten beginnen am Anfang, oder am Ende. Höhepunkte passieren nicht einfach, Höhepunkte werden gestaltet.
-- Das Ende kennen wir, also müssen wir den Anfang finden. Wir wissen, wen wir suchen müssen.
-- Das Raumschiff Voyager. Kathryn Janeway und Chakotay.
-- Nein, das ist nicht alles. Du denkst zu beschränkt, No.
-- Wir sind nicht allein im Multiversum. Manche von uns haben nicht das Zeug dazu, einer von uns zu sein. Manchen ist das Kontinuum zu wüst, sie eignen sich nicht für eine Existenz wie unsere, oder sie wollen es nicht. Und wir können auch nicht immer und überall sein, auch wenn wir es können. Da kommen solche wie er ins Spiel. Sie bekommen eine Aufgabe, die ihren Fähigkeiten entspricht. Sie werden Fürsorger.
-- Fürsorger?!
-- Ja, Fürsorger. Manche sind für eine Spezies zuständig, manche für eine Galaxie, manche für ein Ereignis. Man hält sie für Gottheiten, für Könige, für Propheten, für den Teufel, für das Schicksal – was auch immer sich die niederen Wesen eben einbilden um das Unerklärliche zu erklären. Doch es ist nicht unerklärlich … Sie kümmern sich darum, damit wir uns nicht darum kümmern müssen.
-- „Der Fürsorger“, so nannte sich die Entität, welche die Voyager und das Schiff der Maquis in den Deltaquadranten gebracht hat.
-- Nicht der Fürsorger, ein Fürsorger. Kein besonders guter, außerdem, in tausend Jahren immer nur Ärger mit dem Wesen. Aber er ist derjenige, den wir brauchen. Sein Name ist Nacene. Es beginnt, wenn er endet. Lasst uns beginnen.
-- Geh mit ihr, Amanda. Wir warten. Wir machen weiter, wenn es weiter geht.

Sie öffneten ihr Bewusstsein und ließen es fliegen, in atemberaubend bunten, glühend heißkalten Abwärtsspiralen durch Raum und Zeit, die ein Fingerschnipsen – unsichtbar und unfühlbar für alle Existenzen außerhalb des Kontinuums – mit sich brachte. Einen Herzschlag später waren sie, wo sie sein sollten, und sie hatten die Form angenommen, die sie haben sollten.
No oszillierte, es war kein angenehmes Gefühl. Sie hatte sich inzwischen daran gewöhnt, als nichtkörperliche Entität zu existieren, und sie hatte gelernt, mühelos die Gestalt anderer Existenzen anzunehmen. Dennoch bevorzugte sie für gewöhnlich Körper mit zwei Beinen und zwei Armen und einem Kopf. Sie mochte es, zu atmen und zu sehen und zu sprechen. Sie hatte nie gedacht, dass sie das jemals nicht für selbstverständlich halten würde.
-- Seltsam.
-- Nein, nicht seltsam, ganz normal, nur sporozystisch.
-- Du weißt doch, was ich meine, Amanda.
-- Durchaus. Ich war auch einmal ein Humanoid, vergiss das nicht. Du gewöhnst dich daran. Wir sind flexibel, No, das ist die Essenz unseres Wesens. Ich fühle mit dir, aber du musst dich konzentrieren. Du musst mehr sein als du bist.
Sie streckten glitzernd ihre Empfindungen aus, warteten auf eine Antwort in ihrem neugefundenen sporozystischen Bewusstsein.
-- Suspiria?
-- Nein.
-- Wer ist da?
-- Wir sind es, Nacene. Wir sind das Kontinuum.
-- Lasst mich … ich bin alt, ich kann euch nicht mehr dienen.
-- Du dienst schon längst nicht mehr uns, sondern nur noch dir. Wir wissen, was du tust. Du musst es noch einmal tun, nur dieses eine Mal.
-- Ihr wolltet nie, dass ich es tue … aber ich diene den Ocampa, alles was ich tue ist für die Ocampa. Auch jetzt noch, und aus gutem Grund. Ich weiß, dass ihr das missbilligt, aber ich bin schließlich ihr Fürsorger.
-- Zyklen gehen zu Ende, Nacene, neue Zyklen beginnen. So ist die Ordnung der Dinge. Du hast in diesen Zyklus eingegriffen, du hast die Stabilität gefährdet. Nicht für die Existenz der Ocampa, sondern gegen die Angst vor dem Ende deiner körperlichen Existenz.
-- Es ist notwendig, und es macht keinen Unterschied mehr. Wenn du die Koordinaten und Spezifikationen empfängst, weißt du was du zu tun hast.

Sie warteten. Nacenes Bewusstsein hatte sich undurchdringlich gemacht, es schottete sich und sie ab. No wurde allmählich ungeduldig, des Wartens müde, doch Amanda hielt sie mit einem schmerzhaft scharfen Gedankenblitz zurück. Sie warteten, doch sie waren nicht untätig … und als sie zu Ende gewartet hatten, warteten sie noch ein bisschen länger. Wenn man außerhalb des Zeitgefüges existierte, dann konnte man sich mehr Geduld leisten als die meisten Wesen; das war eine Lektion, die No auch nach Äonen noch lernen musste.

-- Schwachsinn. Ich habe alles genauestens überprüft, ich kenne diese Spezies bereits, sie ist inkompatibel. Ich muss den Schaden gering halten, ich kann nicht wissentlich einen Fehler wiederholen.
-- Das war keine Frage, Nacene, und auch keine Bitte. Deine Fehler haben die Stabilität gefährdet. So kannst du es wieder gut machen. Es ist kein Fehler, das nicht.
-- Für die Ocampa?
-- Denk nicht so beschränkt, besinne dich auf deine Wurzeln. Für das Multiversum.
-- Ich kenne diese Spezies, sie nannten sich Equinox. Sie sind inkompatibel, sie sind ungeeignet, sie werden nichts ändern können.
-- Du wirst es tun. Wenn nicht für uns, dann weil sie Suspiria finden werden.
-- Werden sie?
-- Vertrau uns!
-- Euch zu vertrauen war mein erster Fehler.
-- Du bist, weil wir sind. Du tust, was du tun musst. Wir tun, was wir tun müssen.

Hätte sie einen humanoiden Körper gehabt, hätte sie dramatisch mit den Fingern geschnipst, doch jetzt hatte sie keinen, also ließ sie ihr Bewusstsein flammend schnalzen um dem Multiversum ihren Willen klar zu machen. Sie war das Kontinuum, sie war Q, ihr Wille war alles und mehr noch als das. Nacene, der Fürsorger, hatte keine andere Wahl als sich zu fügen.
Er suchte und fand, und er rief sie zu sich. Kurz hintereinander, zwei kleine metallische Entitäten gefüllt mit vielen einzelnen biologischen Strukturen. Er erfühlte die Region des Weltalls, aus der er sie entreißen würde, und die wüsten Plasmastürme prickelten lebendig auf seiner Sensorik und gaben ihm unvermittelt neue Stärke. Diesmal nannten sie sich nicht Equinox, doch sie fühlten sich genauso an wie diese Equinox von einst.
Er tat das, was er schon zu oft getan hatte, mit einem letzten Aufbegehren, denn er hatte keine andere Wahl mehr. Sein Leben ging zu Ende, er erfüllte nur mehr die letzte Pflicht. Es war ein aussichtsloses Unterfangen, zu gerne hätte er seine letzte Kraft für nützlicheres verwendet, doch was wusste er schon? Er hoffte, dass das Kontinuum mehr wusste als er, doch er bezweifelte es.
No zuckte zusammen und entspannte sich, unbewusst, doch es resonierte noch äonenlang im Bewusstsein des Kollektivs und würde nie gänzlich verklingen.
Fallen. Festhalten. Stabilität.
Das Spiel begann.
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