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Fünf Abschiede und ein Neubeginn

von VGer

SUSAN

SUSAN

Ich gehe den Korridor entlang, achte auf die kleinen Details, die diesen Korridor von all den anderen Korridoren auf all den anderen Raumschiffen, die ganz genau so aussehen wie dieser, unterscheiden. Für die nächsten drei Jahre wird das hier mein Zuhause sein, in Kürze brechen wir zu unserer ersten dreiwöchigen Mission auf. Ich habe ausgepackt, habe noch dienstfrei, versuche mich einzuleben. Das Schiff ist gespenstisch ruhig, schließlich liegen wir noch angedockt an einem der Pylonen der Deep Space Nine. Ich bin Ingenieurin, ich werde unruhig, wenn ich die Maschinen nicht hören und fühlen kann, auch wenn ich weiß, dass es einen plausiblen Grund und keine Fehlfunktion gibt.

Der Korridor ist lang und grau, fünf Quartiere auf jeder Seite und am Ende eine Art Gemeinschaftsraum für die Bewohner dieses Decks. Neugierig lese ich die Namen, die an den Türen angeschrieben stehen, persönlich kennen gelernt habe ich bisher niemanden.

BALLARD, LYNDSEY (FÄHNRICH). LIU, TI-CHEN (LIEUTENANT). WILDMAN, SAMANTHA (FÄHNRICH). VORIK (FÄHNRICH). CHAPMAN, WILLIAM (LIEUTENANT). ASHMORE, LEWIS W. (FÄHNRICH).

Es sind überdurchschnittlich viele Menschen auf diesem Schiff, das fällt mir jetzt nicht zum ersten Mal auf, und es verwundert mich. Auf meinem letzten Posten gab es insgesamt nicht so viele Menschen wie in den Quartieren allein an diesem Korridor. Ich werde mich schon wieder daran gewöhnen, das hoffe ich jedenfalls. Manchmal muss ich mich einfach daran erinnern, dass ich eigentlich auch ein Mensch bin.

Ich murmle die Namen, mit denen ich noch keine Gesichter verbinden kann, vor mich hin, um sie mir einzuprägen. Ich gehe weiter, werde stutzig. Auf dem nächsten Schild sind zwei Namen, auf dem übernächsten auch. Offizieren stehen üblicherweise individuelle Quartiere zu, nur Unteroffiziere und Crewmen müssen sich Quartiere mit Kollegen teilen, und die niederen Ränge sind noch ein paar Decks niedriger untergebracht. Es sei denn … oh!

STAADI, YAEL (LIEUTENANT). JENKINS, MCKENZIE (FÄHNRICH).
DELANEY, JENNIFER (FÄHNRICH). DELANEY, MEGHAN (FÄHNRICH).

Da hat wohl jemand mehr Glück gehabt als ich. Ein fieses Gefühl sticht unvermittelt in der Magengegend zu, mein Mund wird trocken. Ist es Eifersucht? Vermutlich. Lass dich nie mit einem Sternenflottenoffizier ein, principessa, er wird versprechen dir die Sterne vom Himmel zu holen und dann wird er dich für die Sterne sitzen lassen und dein Herz brechen, hat mein Vater immer gewarnt (und er weiß, wovon er spricht). Doch das war, bevor ich Sternenflottenoffizier geworden bin und einen Sternenflottenoffizier geheiratet habe.

Wir haben kein Glück, Sarjo und ich. Wir haben es versucht, dreimal, doch man hat uns nie einen Posten auf demselben Schiff gegeben, warum auch immer. Zuletzt war es okay, ich war auf der Sternenbasis 42 stationiert und Sarjo auf einem der Schiffe, die der Station fix zugeteilt waren, wir konnten uns regelmäßig sehen und waren glücklich. Doch Glück ist ebenso endlich wie der Wille der Admiralität unergründlich.

NICOLETTI, SUSAN (LIEUTENANT).

Da bin ich also. Mein Quartier ist standardmäßig steril, es fühlt sich noch nicht an wie ein Zuhause. Ich frage mich, ob sich hier je heimatliche Gefühle einstellen werden, denn Zuhause ist in erster Linie Sarjo. Ich sehe mich nicht weiter um, es gibt auch nichts zu sehen, ich sehe auf den Chronometer. Eine Stunde noch, bis mein Dienst beginnt; meine erste offizielle Schicht als stellvertretende Chefingenieurin.

Natürlich bin ich aufgeregt, es ist ein großer Schritt in meiner Karriere und ein feines Schiff außerdem. Inzwischen muss ich den Kopf schütteln, wenn ich daran denke, dass ich den Posten beinahe nicht angenommen hatte, weil ich nicht schon wieder auf unbestimmte Zeit von Sarjo getrennt sein wollte. Doch wir sind Sternenflottenoffiziere, wir müssen Prioritäten setzen. Sarjo selbst war es, die mich schließlich überredet hat, mit dem Argument, dass es beim nächsten Mal sicher klappen würde, weil ich dann bestimmt schon Chefingenieurin sein würde und sie vielleicht schon Captain. Ich zweifle nicht daran, dass es ein nächstes Mal geben wird. Manchmal muss man sich eben durchbeißen.

Drei Jahre noch. Eine Stunde noch.

Ich setze mich, der Stuhl ist hart und unbequem, ich wähle auswendig die Rufnummer. Der Subraumkanal öffnet sich und endet jäh im Nichts. Eine Verbindung ist zum gegebenen Zeitpunkt nicht möglich, informiert mich der Computer emotionslos. Ich fluche, ebenso frustriert wie verwirrt, dann beginne ich nachzuforschen. Die Verbindung konnte nicht hergestellt werden, weil Sarjos Schiff außer Reichweite ist. Sie sind seit ein paar Tagen im Orion-Nebel unterwegs, die astrophysischen Interferenzen blockieren dort oft die Subraumkommunikation. Sich über stellare Phänomene zu ärgern ist irrational und lächerlich, ich tue es trotzdem.

„Sarj, ich bin’s. Ich wollte nur noch mal Hallo sagen. Wir legen heute noch ab, und ich nehme an, dass dort wo wir hinfliegen die Kommunikationsbedingungen auch nicht überragend sein werden, also … Es geht mir soweit gut, die Voyager ist ein feines Schiff, aber ich will dich jetzt nicht mit Details langweilen … Der Chefingenieur ist auch ganz in Ordnung, er ist zwar nicht Txell, aber er wirkt recht kompetent und ich denke wir werden gut miteinander klarkommen …“

Ich weiß, dass ich Blödsinn rede, lauter Sachen, die Sarjo nicht hören will. Was ich eigentlich sagen will, kann ich nicht sagen – das kann ich ihr nur ins Gesicht sagen (auch wenn es nur ein zweidimensionales Abbild ihres Gesichts ist, viel zu viele Lichtjahre weit weg), das kann ich nicht so ohne weiteres einem Stimmenrecorder anvertrauen. Ich vermisse dich jetzt schon, Sarj. Ich liebe dich. Auf Wiedersehen sage ich nicht.

„Computer, Nachricht verschlüsseln und an die Subraumrelaisstation Deep Space Nine weiterleiten. Nachricht unverzüglich übertragen, sobald sich das Raumschiff Hypatia wieder in Kommunikationsreichweite befindet.“

Mein Dienst beginnt.
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