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Jenseits der Sterne

von Susan

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Aus einer objektiven Sicht kann man mit Recht sagen, daß dieser Planet schön ist. Das angenehme Klima - obwohl die Winter sehr lang sind - Vegetation, Tiere..

Aber Objektivität ist etwas, das ich vor langer Zeit verloren habe.

Es dauerte lange, bis ich mir die Schönheit dieses Planeten eingestand. Ich fühlte mich, als würde ich sie dadurch irgendwie verraten.

Diese Welt - Eras X72 - die uns vor fünf Jahren willkommen hieß. Tom nennt den Planeten 'Destiny' . Ein verdammt passender Titel.

Schicksal.

Die Nächte hier sind etwas besonderes. Atmosphärische Schwingungen verursachen gespenstische Klänge. Der Himmel ist immer sternklar.

Aber ich habe aufgehört die Sterne zu betrachten.

Zu viele Erinnerungen, zu viele zerstörte Hoffnungen, zuviel Schmerz.

Und dabei hatte ich wirklich geglaubt wir schaffen es.

Aber es kam anders.

Es ging alles so schnell, damals vor fünf Jahren. Gott, es kommt mir viel länger vor.

Die Energie, die wir von diesem Nebel abzapften erzeugte irgendwie ein energetisches Feedback, das sich in allen Systemen ausbreitete. Es kam zu einer Überlastung des Energiekreislaufs. Konsolen barsten, der rote Alarm wurde ausgelöst.

Kathryn half im Maschinenraum, um zu retten, was zu retten war.

Vergeblich.

Wir verloren sie und Lt. Hanson, als die EPS-Leitung hinter ihnen explodierte.

Ich war nicht bei ihr.

Auf der Brücke gab ich den Befehl zur Evakuierung, als der Warpkernbruch bevorstand.

Ich rannte durch die Korridore auf der Suche nach Kathryn, als mich B'Elanna abfing in die Rettungskapsel schob und mir erklärte, daß der Captain tot sei.

In diesem Moment vertrieb eine unendliche Leere die Panik und die Angst, die sich in mir gebildet hatten.

Auch heute noch kann ich diese Leere spüren.

Ich wollte auf das Schiff zurück. Ich wollte mit der Voyager - und mit Kathryn - enden.

Es erschien mir alles so unwirklich, so unmöglich.

So viele Dinge, die unerledigt blieben. Dinge, die ungesagt blieben.

Es hatte nicht einmal jemand Zeit den Doktor - das Programm des Doktors - mitzunehmen.

Die hervorragende Crew der Voyager, die soviel durchgemacht, so viele gefährliche Situationen gemeinsam überstanden hatten, die soviel riskiert hatte, um endlich nach Hause zu kommen, zerstreute sich in Dutzenden von Rettungskapseln.

Für jeden von uns brach eine Welt zusammen.

Auf Eras X72, einen Planeten, den wir nach 9 Tagen ungewissen Fluges erreichten, begannen einige von uns ihr Leben neu zu definieren.

Ich weigerte mich.

Es war zu schwer.

Es ist immer noch schwer.

B'Elanna stand monatelang neben sich. Sie war aggressiv, frustriert, zornig. Mit den wenigen Geräten, die ihr aus der Rettungskapsel zur Verfügung standen, versuchte sie wochenlang eine Erklärung zu finden, wie es zu dieser Katastrophe kommen konnte. Sie brach einige Male vor Erschöpfung zusammen und Toms Angst um sie verwandelte sich in Panik.

Sie hat den Grund nie herausgefunden.

B'Elanna machte sich Vorwürfe, das tut sie jetzt noch. Tom und sie hatten eine harte Zeit.

Die hatte jeder von uns.

In den ersten paar Wochen, während die anderen anfingen eine Siedlung als Ersatz für die Notunterkünfte zu bauen, trieb ich mich tagelang im Wald herum.

Ich ging weg - blind für die Natur um mich herum. Gefangen in Schmerz, Erinnerungen und an der Grenze zum Wahnsinn.

Ich konnte nicht akzeptieren, was mir vom Schicksal genommen wurde und was es jetzt mit mir vorhatte. Es kam mir alles vor wie ein Traum, unwirklich und grausam.

Ich saß oft stundenlang auf einer Lichtung und starrte ins Leere, darauf wartend, daß ich aufwachte oder daß irgendwelche Aliens auftauchten, um mir zu sagen, daß dies alles nur ein Test, eine virtuelle Realität und nicht die Wirklichkeit war.

Die Erkenntnis, daß dies alles real war, traf mich wie ein Schlag.

Ich schrie, fluchte, weinte und badete in Zerstörungswut.

Ich schlief kaum noch. Und wenn, dann träumte ich von der Voyager, den Crewmitgliedern, von denen viele für mich Freunde geworden waren, und deren Schicksal für mich nun ungewiß blieb. Ich träumte von dem Unfall, erkannte die verdammte Ironie, daß wir die Borg besiegt hatten, nur damit ein harmloser Nebel unsere schlimmsten Alpträume wahr werden ließ.

Und ich träumte von ihr.

Kathryn.

Ich vermisse sie. Ihr Lächeln, ihren Charme, ihre Entschlossenheit, ihre Unverwechselbarkeit.

Ich liebe sie - wie ich es immer tat.

Und das macht es nicht leichter für mich. Manchmal wünschte ich, ich könnte es abstellen.

Sie hatte nie mit mir darüber gesprochen. Sie wußte, was ich für sie empfinde, zumindest seit NeuErde (dieser verfluchte Planet erinnert mich manchmal an NeuErde, an die Zeit, die ich mit ihr verbrachte - und auch das macht es nicht einfacher).

Ob sie das gleiche für mich empfand? Manchmal war ich mir sicher. Aber das bedeutet, daß wir unsere Chancen verpaßt haben, Gelegenheiten zusammen zu sein, noch enger, noch vertrauter... Und diese Vorstellung tut noch mehr weh.

Ich war ihr bester Freund. Jemand, dem, sie uneingeschränkt vertraute.

Ein Gedanke, der mich lächeln läßt.

Lächeln - etwas, das zur Seltenheit wurde.

Die anderen sorgten sich um mich - ich sprach praktisch mit niemandem mehr. B'Elanna schaffte es ab und zu zu mir durchzudringen, als es ihr wieder besser ging.

Ich hatte länger zu kämpfen als sie. Etwas, das mich wütend macht. Ich war der Erste Offizier der Voyager und ich hätte mich zusammenreißen müssen. Ich hätte diese Leute führen sollen. Auch wenn die Kommandostruktur aufgehoben war, es wäre doch meine Pflicht gewesen. Ich kannte schließlich die Risiken, sich auf ein paar Tonnen Stahl und empfindliche Technik zu verlassen und damit den Weltraum zu durchstreifen, Attacken abzuwehren, versuchen nach Hause zu kommen.

Trotzdem war ich nicht darauf vorbereitet, das war keiner von uns. Ich dachte, ich hätte mein Schicksal, mein Zuhause auf der Voyager gefunden...

Es waren 25 Leute in der Rettungskapsel. Sie haben diese Siedlung gemeinsam aufgebaut, teilten Erinnerungen und begannen wieder zu leben.

Es haben sich Paare gebildet. Letzten Sommer hat Jenny Zwillinge bekommen. Tom hält als Ersatzarzt her.

Mary Thompson hatte ein Auge auf mich geworfen. Sie tat mir leid. Ich schätze B'Elanna hat es ihr schließlich ausgeredet.

Ich zog mich aus dieser Gemeinschaft zurück. Zuerst wohnte ich mir bei Tom und B'Elanna. Aber ich hatte nichts zu dieser Siedlung beigetragen. Ich dachte, es sei nicht richtig, daß ich dort so willkommen war. Ich gab ihnen nichts zurück.

Nach ein paar Monaten errichtete ich mir eine Unterkunft, an einer Stelle gut 20 Minuten zu Fuß weit weg von den anderen. Nur noch selten besuchte ich die Siedlung.

Ich erinnerte mich an das, was mir mein Vater damals über die Lebensweise unseres Volkes beigebracht hatte. Ich kam so ganz gut zurecht. Ich versuchte auch Kontakt mit meinem tierischen Berater aufzunehmen. Er antwortet mir seit Jahren nicht mehr...

B'Elanna hat es immer kritisiert, daß ich weggegangen bin.

"Zieh dich nicht von uns zurück, Chakotay. Du brauchst Gesellschaft. Ich mache mir Sorgen um dich!" hatte sie gesagt.

Ich ging trotzdem.

Zu diesem Zeitpunkt brauchte ich die Einsamkeit. Ich mußte nachdenken, trauern können, lernen mit der Situation umzugehen, lernen zu akzeptieren.

Ohne angemessene technische Geräte, abgeschnitten von der Außenwelt und dem Rest des Universums, würden wie hier bis zum Ende unserer Tage festsitzen. Niemand von uns hofft noch auf außerirdische Retter oder dergleichen.

Einige haben begonnen diesen Planeten als ihr Zuhause zu betrachten.

Ich werde das nie tun.

Und so versuchte ich zu akzeptieren.

Es war schwer und es brauchte Zeit, und so ganz habe ich es immer noch nicht geschafft - und werde es wohl nie.

Es fällt mir immer noch schwer die Sterne zu betrachten.

B'Elanna lud mich für morgen in die Siedlung ein. Ihr Sohn feiert seinen dritten Geburtstag. Er sieht aus wie Tom und er ist genauso frech.

Ich denke etwas Gesellschaft kann mir nicht schaden - bevor ich komplett zum Einsiedler werde.

Ich werde für den Kleinen etwas schnitzen.

Vielleicht ein Boot. So eins, wie ich es für Kathryn bauen wollte.

Kathryn.

Ich denke sehr oft an sie. Früher dachte ich, daß mich das in den Wahnsinn treiben würde. Aber heute glaube ich, daß es das ist, was mich weitermachen läßt.

Ich wünschte sie wäre bei mir.

Ich vermisse sie.

Ich vermisse sie alle.

Ich vermisse mein Leben.

The End... or is it?
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