TrekNation

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Angepasst

von Trini

Kapitel 1

Mein Vater sagte einst zu mir: "Mädchen, du wirst eines Tages zu den Sternen fliegen. Du wirst dein Ziel erreichen und ein Captain, vielleicht sogar ein Admiral der Sternenflotte werden. Doch das wird dich verändern, das Leben im Weltraum verändert alle... Du wirst dich anpassen..."

Damals kamen mir seine Worte so fern und aber auch unheimlich vor. Dieser Einfluss, diese Macht, welche sich langsam in einem ausbreitete, ohne dass man es wirklich merkte. Aber wenn ich zurückdenke, habe ich mich tatsächlich im Laufe der Zeit verändert... Ich habe mich angepasst.

Als ich auf die Voyager kam, besaß ich etwas, das man als ein Privatleben bezeichnen könnte. Ich hatte einen Verlobten, eine Hündin, die bald kleine Welpen bekommen würde und ein wundervolles Haus. Ich war glücklich, zumindest glaubte ich das. Im Delta Quadranten war dies alles verloren.
Und so passte ich mich an... und es dauerte nicht lange.
Ich hatte plötzlich kein Privatleben mehr. Als Captain muss man immer für seine Crew da sein. Von morgens bis abends habe ich gearbeitet, nur selten habe ich mich entspannt... Vielleicht, um zu verhindern, dass ich über die Situation im Delta Quadranten nachdachte - so wie damals, in "der Leere", als ich unter tiefen Depressionen litt... Es war notwendig, um zu überleben.

Als ich auf die Voyager kam, stellte ich eine perfekte Autoritätsperson dar - unnahbar, vielleicht sogar furchteinflößend für unerfahrene Offiziere. Ein Captain, der keinen persönlichen Kontakt zu seiner Crew hatte, um seine Position zu untermauern... Aber wir waren im Delta Quadranten: keine Sternenflotte, keine Unterstützung und nur wenig Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat. Die Situation war einzigartig und bedurfte einer einzigartigen Beziehung zu der Crew.
Und so passte ich mich an... und es dauerte nicht lange.
Ich war nicht mehr der Captain, sondern die "Mutter". Ich kümmerte mich um die Probleme meiner Crew, baute Freundschaften auf, ohne meine Autorität zu verlieren. Trotzdem spürte ich ungemein die Einsamkeit. Als ein gleichgestelltes Mitglied in der Gemeinschaft wurde ich nicht akzeptiert und die Beziehungen waren nicht sonderlich eng, aber es reichte mir zum Überleben.

Als ich auf die Voyager kam, war ich noch ein ausgeglichener Sternenflottencaptain, der selten irgendwelche waghalsigen Manöver unternahm und die erste Direktive wie ein Heiligtum behandelte. Doch im Delta Quadranten waren wir vielen Feinden ausgesetzt, die nicht nach unseren Regeln spielten.
Und so passte ich mich an... und es dauerte nicht lange.
Ich wurde draufgängerisch, habe häufig das Schiff und die Crew gefährdet, nur um meine Ziele zu verwirklichen. Und ich habe die Erste Direktive verbogen, vielleicht sogar gebrochen. Doch es war notwendig, um zu überleben.

Nachdem ich fast zwei Jahre auf der Voyager gelebt hatte, wurde die Freundschaft zu meinem Ersten Offizier immer enger. Wir waren kurz davor, den entscheidenden Schritt zu tun. Als Captain konnte ich keine intime Beziehung zu einem Crewmitglied haben. Ich baute einen Schutzwall um mich auf, habe ihn nie näher kommen lassen, als es wirklich notwendig war. Ganz verzichten konnte ich auf den Kontakt zu ihm nicht. Er war mein Erster Offizier und wir mussten stets zusammenarbeiten. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich auch nicht darauf verzichten.
Doch wir waren im Delta Quadranten: siebzig Jahre würde der Weg in die Heimat dauern. Siebzig Jahre die Liebe zu ihm ignorieren? Das war unmöglich. Ich habe es eingesehen, als die Situation, meine Einsamkeit, unsere Einsamkeit, unerträglich wurde.
Und so passte ich mich an... Lange habe ich dafür gebraucht, zu lange, sieben Jahre, um genau zu sein.
Ich weiß nicht, wann ich an dem Punkt angekommen war, an dem ich einfach nicht mehr ohne ihn weitermachen konnte. Sternenflottenprotokolle, Parameter: Das alles verdrängte ich, nur um mit ihm zusammen zu sein. Ich ging eine romantische Beziehung zu meinem Ersten Offizier ein. Wir haben eine wunderbare Zeit zusammen verbracht. Es war notwendig, um zu überleben. Die Befürchtungen im Bezug auf das Kommando über das Schiff waren unbegründet gewesen: Unsere Zusammenarbeit verbesserte sich, denn der Frust, die Anspannung zwischen uns wandelte sich zum Positiven.

Menschen verändern sich, passen sich den Gegebenheiten an. Manchmal schnell, machmal langsam. Warum wir aber gerade uns an bestimmten Zuständen festklammern, nicht wahrhaben wollen, das Veränderungen eintreten, bleibt mir ein Rätsel. Früher oder später müssen wir uns anpassen, um zu überleben.

Langsam durchquerte ich die dürre Landschaft und erklomm einen kleinen Hügel. Der Ausblick riss mir eine klaffende Wunde in mein Herz... Die Voyager erstreckte sich vor mir. An manchen Stellen war das Material schon brüchig geworden. Schrottteile lagen auf dem trockenen Steppensand, Ranken von unbekannten Gewächsen hatten das einst so mächtige Schiff eingesponnen und würden es nie mehr freigeben. Als wir vor zehn Jahren abstürzten, riss die Voyager eine tiefe Kerbe von sieben Kilometern Länge und zehn Metern Tiefe in die Planetenoberfläche. Wir nannten diesen Riss "das Tal der verlorenen Hoffnung", die Hoffnung, jemals wieder die Erde zu erreichen, war hier begraben.
Nur ein geringer Teil der Crew hatte überlebt, vierunddreißig Mann, um genau zu sein. Der Rest war tot, unter ihnen auch B'Elanna, Tuvok, Neelix ... und Chakotay? Vor dem Raumschiff stehen sechsundneunzig Gräber, doch eines fehlt: Chakotay's Grab. Seine Leiche wurde nie gefunden... Vielleicht war er nicht tot. Vielleicht lebte er heute am anderen Ende des Planeten. Viele der Überlebenden waren durch abgebrochene Segmente der Voyager an verschiedenen Orten des Planeten gestrandet. Sie folgten dem Tal der verlorenen Hoffnung und haben den Rest der Gruppe erreicht. Was wäre, wenn Chakotay nicht den Weg zu uns fand? Das war eigentlich unlogisch, doch ich ignorierte die Logik. Ich konnte nicht akzeptieren, dass Chakotay tot war, solange ich nicht Gewissheit hatte. Sein Tod würde mir zu sehr weh tun.
So habe ich mich angepasst... es hatte nicht lange gedauert. Vielleicht weil mir die Hoffnung so wichtig war... Es war notwendig, um zu überleben.


ENDE
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