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Alles wird gut

von Annika Z

Kapitel 1

„Captain auf die Brücke“, unterbrach Tuvok Kathryns Versuch, den Wochenbericht der Astrometrie zu lesen. Seufzend betätigte sie ihren Kommunikator: „Bin unterwegs.“ Was ist es wohl diesmal? Ein Angriff, ein Planet oder vielleicht auch nur ein fremdes Schiff? Sie straffte die Schultern und verwandelte sich von Kathryn Janeway in Captain Janeway.

„Bericht.“

„Ein Schiff der Konranier. Sie laden ihre Waffen und fliegen direkt auf uns zu.“ Chakotay sah, dass Kathryn merklich zusammenzuckte. Sicher, auch er war nicht sehr erfreut über einen weiteren Kampf mit dieser Rasse, die erst schoss und dann fragte. Doch noch nie hatte Kathryn ihre Erschöpfung so deutlich gezeigt. Selbst bei ihrem letzten Zusammenstoß mit den Borg vor knapp zwei Wochen hatte sie ihre Fassade waren können. Dass es nur eine Fassade war, wusste Chakotay schon lange. Aber alle seine Versuche, die Frau hinter der Fassade kennenzulernen, scheiterten an ihren Prinzipien. Keine Beziehung mit rangniedrigeren Offizieren! Doch diesmal hatte irgendetwas ihre Fassade brüchig werden lassen. Nur was?

Darüber würde er jedoch später nachdenken müssen, da das Schiff in diesem Moment von einem Phasertreffer durchgeschüttelt wurde. Normalerweise hätte Kathryn nun ein Ausweichmanöver befohlen und den Kampf aufgenommen. Doch nichts passierte.

„Captain?“ fragte Tom verunsichert. Auch er hatte nicht damit gerechnet, dass Kathryn ausgerechnet jetzt nicht wie gewohnt reagierte.

„Mr. Paris: Ausweichmanöver Epsilon“, übernahm Chakotay das Kommando. Kathryn saß wie versteinert in ihrem Sessel und starrte auf den Bildschirm. Dank Paris’ Ausweichmanöver konnten sie den Konraniern entkommen und Chakotay hatte Zeit sich um Kathryn zu kümmern.

„Kathryn?“, fragte er vorsichtig. Wieder keine Reaktion. Erst als er sich vorsichtig am Arm rüttelte, schien sie wieder zu sich zu kommen.

„Was kann ich für Sie tun, Commander?“

„Das wollte ich eigentlich Sie fragen. Sie schienen wie weggetreten.“

„Oh, wirklich? Kann ja mal passieren, wenn wenig los ist.“

Chakotay sah sie verständnislos an. „Wenig los? Wir haben gerade einen Angriff der Konranier hinter uns. Erinnern Sie sich denn nicht daran?“ Chakotay war es egal, dass er gerade auf der Brücke war und alle – inklusive Tom – mitbekamen, dass er Kathryn mit ihrem Vornamen anredete. Seine Sorge um sie war größer denn je. Noch nie hatte sie so erschöpft gewirkt.

„Nein. Ich kann mich an keinen Angriff erinnern“, stellte Kathryn verwirrt fest.

„Was ist denn das Letzte, woran Sie sich erinnern können?“ fragte Chakotay vorsichtig und machte sich auf das Schlimmste gefasst.

„Ich weiß noch, dass Tuvok mich auf die Brücke gerufen hat. Und das nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass Sie mich am Arm gepackt und leicht gerüttelt haben.“

„Hm. Wir sollten besser auf die Krankenstation gehen und Sie durchchecken lassen.“

„Nein, nicht zum Doktor!“

Chakotay schmunzelte. Kathryn schien wieder ganz die Alte zu sein. „Ich mache mir Sorgen um Sie! Was wäre gewesen, wenn ich und Tuvok nicht auf der Brücke gewesen wären? Das Schiff hätte zerstört werden können. Dieses Risiko dürfen wir nicht eingehen. Wir wissen ja noch nicht einmal, wodurch Ihr ‚Ausfall’ ausgelöst wurde.“ Schließlich konnte er Kathryn überzeugen. Immerhin ging es ja um die Sicherheit des Schiffes. Allerdings musste Chakotay ihr versprechen, gut auf die Voyager aufzupassen.

„Ah, Captain! Was beschert mir die Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen?“

Kathryn musste sich beherrschen, nicht direkt wieder zu gehen. Nur ihr Versprechen gegenüber Chakotay sich untersuchen zu lassen, hielt sie auf der Krankenstation. „Ich hatte auf der Brücke eben wohl einen kleinen ‚Aussetzer“.

„Inwiefern?“

„Ich weiß noch, wie Tuvok mich auf die Brücke gerufen hat. Aber danach? Von dem Angriff habe ich nichts mitbekommen.“

„Dann legen Sie sich bitte auf die Liege, damit ich Sie untersuchen kann.“

„Beeilen Sie sich bitte. Ich habe ein Schiff zu führen.“

„Wenn Sie ruhig liegen bleiben würden, wäre ich schon längst fertig“, entgegnete der Doktor grimmig.

Stirnrunzelnd schaute er auf seinen Tricorder, der nun die Ergebnisse des Scans anzeigte.

„Was ist los, Doktor?“

„Es ist, wie ich es vermutet habe: Sie arbeiten zu viel! Ihr Körper konnte den Anforderungen nicht mehr Stand halten und hat sich zur Sicherheit abgeschaltet. Sie sollten sich unbedingt schonen.“

„Das ist leider nicht möglich. Wie Sie selbst bemerkt haben dürften, werden wir momentan fast jeden Tag angegriffen. Die Crew braucht gerade jetzt einen starken Captain.“

„Aber wenn Sie so weitermachen, werden Sie nicht mehr lange so stark sein. Der heutige Zwischenfall war eine Warnung, die Sie beherzigen sollten.“

„Wenn es wieder ruhiger ist, werde ich mich schonen. Das ist versprochen, Doktor.“ Mit dieser Entscheidung erhob sich Kathryn und verließ die Krankenstation.

Den Doktor wunderte dieses Ende ihres Gespräches schon lange nicht mehr. Er hatte sich daran gewöhnt, dass Kathryn mit ihrer Gesundheit nicht besonders vorsichtig umging. Vielleicht sollte er nachher den Commander informieren.

Derweil betrat Kathryn wieder mit festem Schritt die Brücke.

„Captain?“

„Nur ein Schwächeanfall. Nichts Ernstes. Es geht mir wieder gut.“

„Und was hat der Doktor gesagt?“, fragte Chakotay nach. Er wusste, dass Kathryn nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Der Doktor würde bei ihr nicht einen Schwächeanfall auf die leichte Schulter nehmen.

„Dasselbe! Oder behaupten Sie etwa, dass ich lüge?“ Mit diesen nicht gerade ruhig ausgesprochenen Worten ging Sie in ihren Bereitschaftsraum. Dort warteten noch Berichte auf sie, die sie mit Freude anfing zu bearbeiten.

Chakotay machte sich mehr Sorgen denn je. Dass Kathryn ihn auf der Brücke in diesem Ton kritisiert hatte, zeigte ihm, dass er mit seiner indirekten Behauptung, sie würde etwas verschweigen, genau ins Schwarze getroffen hatte. Doch was sollte er tun? Er beschloss, dem Doktor einen Besuch abzustatten. Kathryn würde ihm momentan ohnehin nicht zuhören.

Als er die Krankenstation betrat, kam ihm der Doktor schon freudestrahlend entgegen. „Ah, Commander! Gut dass Sie kommen. Ich wollte Sie gerade rufen. Es geht um den Captain.“

„Deshalb bin ich hier. Ich mache mir Sorgen um sie. Sie sagt, es sei nur ein Schwächenanfall gewesen. Doch ich glaube ihr nicht.“

„Das ist auch gut so. Ihr Körper hat die Notbremse gezogen. Es ist wie bei einer Maschine: Wird sie zu stark belastet, schaltet sie sich ab um nicht zu explodieren. Captain Janeway sollte sich schonen. Sonst bricht sie zusammen!“

„Aber wie können wir sie dazu bewegen? Sie hört doch auf niemanden. Selbst ich bin inzwischen machtlos!“

„Sie dürfen nicht aufgeben. Auch wenn es nicht so scheint: Sie registriert alles, was Sie zu ihr sagen. Das sieht man an ihrem Blick. Als sie sich vorhin auf der Krankenstation unbeobachtet fühlte, sah sie richtig geschafft aus. Nur will sie es nicht zugeben. und genau das ist ihr Problem.“

„Aber trotz allem schont sie sich nicht!“

„Lassen Sie sich etwas einfallen. Sie sind der Einzige, der ihr helfen kann.“

„Na dann werd’ ich mich mal an die Arbeit machen!“

„Ich weiß, es ist nicht leicht, aber sie wird es Ihnen danken.“

„Hoffentlich!“ In Gedanken versunken machte Chakotay sich auf den Weg in sein Quartier. Seine Schicht war zu Ende und zu Kathryn wollte er nicht – zumindest noch nicht. Erst musste er sich einen Plan ausdenken. Sie würde ohnehin noch in ihrem Bereitschaftsraum sein. Das war sie tatsächlich noch. Allerdings las sie keine Berichte mehr. Sie stand am Fenster, beobachtete die vorbeiziehenden Sterne und dachte nach. Ich hätte nicht so hart zu Chakotay sein dürfen. Er hat ja recht. aber ich muss doch stark sein. Schwächen kann ich mir nicht erlauben. Diese Gedanken begleiteten sie nun schon eine ganze Weile. Immer wieder redete sie sich ein, dass sie ein Vorbild sein müsse. Ihre eigenen Bedürfnisse hatte sie denen der Crew untergeordnet. Sie wollte sich ja ändern, doch es war schwer, aus Gewohnheiten auszubrechen. Sie würde Hilfe brauchen und wusste auch genau, wer ihr helfen würde, wenn sie ihn ließe. Plötzlich kamen ihr jedoch Zweifel. Was ist, wenn er aufgegeben hat? Wenn ich ihn einmal zu viel abgewiesen habe?

Chakotay hatte sich in der Zwischenzeit ins Bett gelegt. So sehr er auch überlegt hatte, ihm war keine Möglichkeit eingefallen, wie er Kathryn helfen könnte. Eine Legende würde diesmal nicht funktionieren. sie hörte ihm ja nicht mehr zu. Plötzlich kam ihm eine andere Idee. Vielleicht würde ein Lied helfen. Doch welches?

Beflügelt durch seine Idee setzte er sich direkt an seinen Computer. Nachdem er die halbe Nacht dort zugebracht hatte und fast davor eingeschlafen war, wurde er fündig. Schnell lud er die Audio-Datei in ein Padd. Nur wie sollte er Kathryn das Padd geben? Es durfte auf keinen Fall auffallen. Angesichts der Uhrzeit und seiner Müdigkeit entschloss er sich allerdings, die Beantwortung dieser Frage auf den nächsten Tag zu verschieben.

Als er die Brücke betrat hielt sich Kathryn schon wieder in ihrem Bereitschaftsraum auf. Obwohl Chakotay sich auch nicht sicher war, ob sie nicht noch immer dort war und die letzte Nacht - mal wieder – durchgearbeitet hatte. Plötzlich ging die Tür auf und Chakotay sah, dass Kathryn mit Arbeit beschäftigt war. Er konnte gerade noch ein „Ich komme sofort, B’Elanna“ vernehmen, da war Kathryn schon wieder im Turbolift verschwunden. Das war seine Chance. Schnell ging er mit einem Stapel Padds in den Bereitschaftsraum. Angeblich wollte er nur Berichte abliefern.

Er saß gerade wieder in seinem Sessel, als Kathryn wieder zurückkam und – natürlich – wieder im Bereitschaftsraum verschwand. Gespannt wartete Chakotay auf eine Reaktion, doch die blieb erst mal aus. Erst spät am Abend fiel Kathryns Blick auf Chakotays Padd. Eigentlich wollte sie es sofort beiseite legen, doch ihre Neugier war stärker. Umso überrascher war sie, als sie das Lied hörte:

Du bist viel mehr,
als nur ein pochendes Herz
zwischen Fleisch und Blut.
Du bist viel mehr,
als das bisschen Instinkt, das bisschen Mut
Du bist viel mehr
als ein Uhrwerk, das abläuft
und die Stunden zählt.
Du bist viel mehr,
als eine Randfigur, die das Zusehen quält
Tief in dir drin
liegt noch viel mehr,
ein fast vergessener Sinn,
wenn du ihn suchst,
geht er nie verloren,
und du spürst, dass du am Leben bist.
Du bist mehr.
Kriech über Eis, damit dich friert,
und lös die Schlinge, die dich schnürt.
Du bist mehr.
Greif nach der Chance, die möglich ist,
fass einen Plan, der nichts verschließt.
Was ist mit dir?
Du bist viel mehr,
als ein Schweigen, dass zustimmt,
wenn der Wind dich dreht.
Du bist viel mehr,
als ein längst gelesenes Buch,
das in der Ecke steht.
Tief in dir drin
liegt noch viel mehr,
ein fasst vergessener Sinn.
Zeig dir zuerst selbst,
was in dir steckt,
da ist vieles unentdeckt.


Lange nachdem das Lied verklungen war, saß Kathryn auf ihrer Couch und dachte nach. Will er mich wachrütteln? Nun ja, wir haben schon lange nicht mehr miteinander geredet. Außer über das Schiff natürlich. Wieso? Sonst ist er doch auch immer einfach so gekommen. Habe ich ihn einmal zu oft abgeblockt? Was ist, wenn er mich nicht mehr als Freundin will?

Seufzend stand Kathryn auf. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Wie sollte sie auf dieses Lied reagieren? Vielleicht sollte sie wirklich etwas mehr an sich denken. Doch wer würde dann an die Crew denken? Chakotay könnte es! Er war ja auch Captain gewesen. Und was sollte sie mit ihrer freien Zeit anfangen? Sie könnte sie mit Chakotay verbringen! Chakotay schien für all ihre Probleme die Lösung zu sein. Sollte sie den Sprung ins kalte Wasser wagen und sich ihm öffnen? Es dauerte lange, bis sie sich entschieden hatte: Sie würde zu ihm gehen und mit ihm reden. Alles Weitere würde sich dann ergeben. Zum ersten Mal seit langem war Kathryn bereit, sich dem Schicksal zu fügen.

Am nächsten Morgen stand Kathryn mit klopfendem Herzen vor Chakotays Quartier. Wie würde er reagieren? Hoffentlich störte sie ihn nicht gerade. Sie betätigte den Türmelder und erschrak beinahe, als die Tür sofort aufging. Chakotay saß gerade mit Stoffhose und T-Shirt bekleidet an seinem Computer und sah nun überrascht auf, als er Kathryn erblickte. Er hatte zwar gehofft, dass sie kommen würde, doch erwartete hatte er es nicht. „Hallo Kathryn. Komm doch rein“, versuchte er das Gespräch zu beginnen.

„Hallo Chakotay. Ich …“, sie unterbrach sich, da sie nicht genau wusste, wie sie auf diese vertrauliche Anrede reagieren sollte. Schließlich gab sie sich innerlich einen Ruck und sprach den Satz aus, der die Einleitung eines langen Gesprächs werden sollte! „Ich muss mit dir reden!“

Chakotay atmete erleichtert auf und ging zum Replikator um zwei Kaffees zu ordern. Kathryn setzte sich derweil auf die Couch und schmunzelte, als sie Chakotay mit den beiden Tassen kommen sah.

„Danke“, begann Kathryn.

„Wofür?“

„Für alles.“ Sie machte eine kurze Pause. „Deshalb habe ich mich auch entschieden.“

„Wozu?“ fragte Chakotay mit klopfendem Herzen.

„Dazu, dass du mir helfen sollst. Ich pack das nicht mehr allein. Das habe ich jetzt erkannt.“ Sie unterbrach sich erneut um kurz tief durchzuatmen. „Auch wenn es etwas länger gedauert hat. Bitte lass mich nie mehr allein.“ Nun sah sie ihn fast flehend an.

„Das würde ich nie tun, Kathryn. Du stehst für mich immer an erster Stelle’“, nahm er ihr all ihre Zweifel. Sie atmete erleichtert auf. Eigentlich wollte sie ihm ja von ihrer Vergangenheit erzählen, doch – wie so oft – wurde sie von Tuvok unterbrochen: „Captain auf die Brücke.“

„Ich bin unterwegs.“ Schnelle eilte Kathryn auf die Brücke. Sie wusste zwar nicht, was sie erwarten würde, aber zusammen mit Chakotay würde sie es schon schaffen.

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