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Timeless (Entgegen der Vorstellung)

von VGer

Kapitel 1

Erde. 2375.
Der Anruf, der ihr Leben für immer verändern sollte, erreichte Commander Theresa Paris selbstverständlich genau dann, als sie bis zum Hals in Arbeit steckte. Es sah dem Admiral ähnlich, dass er sie noch immer behandelte wie ein Kind, obwohl sie inzwischen 33 Jahre alt und Abteilungsleiterin im Zentralarchiv der Sternenflotte war. Er beorderte sie nach Hause, und zwar sofort, doch über blinden Gehorsam war sie ebenso hinweg wie über sinnlose Rebellion, sie steckte bis zum Hals in Arbeit und der Vater, wiewohl Admiral, war nicht ihr Vorgesetzter. Sie vertröstete ihn auf nächstes Wochenende, vielleicht, und schon als sie es ausgesprochen hatte, war beiden klar, dass sie nicht vor hatte tatsächlich zu kommen. Erst als auch die Mutter anrief, nur ein paar Stunden später und mit einer Verzweiflung in der Stimme als sei es wieder ’71, realisierte sie, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte, und machte sich widerstrebend aber doch auf den Weg ins Elternhaus.

Die Mutter schluchzte – „Tommy ist tot!“ – und die Tochter konnte nicht anders, als fassungslos aufzulachen ob der qualvollen Absurdität dieser Szene. Fast fünf Jahre war es her, dass die Voyager spurlos verschwunden war. Fast drei Jahre war es nun her, dass die Suche nach dem verschollenen Raumschiff – zuerst frantisch, dann immer hoffnungsloser werdend, bis sie schließlich ganz versiegte – seitens der Sternenflottenautoritäten für beendet erklärt worden war. Schon lange vor der offiziellen Gedenkfeier hatte sie sich mit dem Gedanken abgefunden, dass ihr kleiner Bruder nicht mehr am Leben war. Die Mutter jedoch hatte sich strikt geweigert zu trauern, hatte sich auf einen dubiosen mütterlichen Instinkt berufen und nicht aufgehört zu warten.

„Linnis.“ Der Vater betrat den Raum, sein Gang so selbstsicher und seine Körperhaltung so dominierend wie eh und je, doch als er seine große Pranke auf die Schulter der Mutter legte, gleichermaßen beruhigend wie haltsuchend, schien irgendetwas an ihm verändert. Das Schluchzen der Mutter versiegte, und die Augen beider Eltern richteten sich auf ihr einziges verbleibendes Kind.

Als der Vater statt einer Begrüßung nur „Tessa“ sagte, wurde sie endgültig stutzig. Seit sie kein kleines Mädchen mehr war, hatte sie niemand mehr so genannt – niemand außer ihr kleiner Bruder, und dann gar niemand mehr. Commander Theresa Paris verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihren Vater verwirrt. Hatte auch er geweint? Der Gedanke allein schien ihr völlig abwegig.

„Wärt ihr bitte so freundlich, mir zu erklären, was hier vor sich geht?“

„Tom ist tot.“

Der Vater hob energisch die rechte Hand – unterbrach, noch bevor Theresa etwas erwidern konnte, und sie blieb mit halboffenem Mund stehen, als sei sie ein hilfloser Fähnrich, der auf frischer Tat ertappt und vor die Admiralität zitiert worden war. Inzwischen war das Schluchzen der Mutter zu einem hemmungslosen Heulen geworden, das weder von ihrem Taschentuch noch vom beständigen, beruhigenden Streicheln der linken Hand des Vaters auf ihrer Schulter aufgehalten werden konnte. Als Erwachsene ins Elternhaus zurückzukehren fühlte sich für Theresa immer etwas befremdlich an, doch was sie jetzt miterlebte konnte sie nicht glauben; es war, als sei sie eine Fremde in ihrem eigenen Leben, das schlagartig zu einem besonders bizarren Holoroman geworden war. Noch nie hatte sie ihre Mutter – Linnis Omond Paris, durch und durch ein stolzer Marsmensch und Matriarchin einer einflussreichen Sternenflottendynastie – in so einem Zustand gesehen.

„Ich darf dir nicht viel sagen, Theresa, und selbst wenn es keine Geheimhaltungsklauseln gäbe, wüsste ich noch nicht genug. So viel ist jedoch sicher: eins unserer Patrouillenschiffe am äußersten Rand des Föderationsterritoriums hat vor drei Tagen ein Shuttle mit zwei Überlebenden der Voyager aufgegriffen. Tom ist keiner von ihnen.“

Ausgerechnet seine sonore, sachliche Stimme – die Stimme von Admiral Owen Paris, nicht Daddy – war es, die ihr – Tessa, nicht Commander Theresa Paris – den Boden unter den Füßen wegzog.
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