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Selfie aufnehmen

von Racussa

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Humoreske Frage nach der angemessenen Abendgestaltung während eines Hochzeitsurlaubs...
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„Das Konzert wird dir gefallen.“, meinte Julian, während er sich die Uniform zumachte. Jedes Mal, wenn es um den unpraktischen Knopf im Nacken ging, fragte er sich, wer diese unmögliche Kleidung entworfen hatte.

 

‚Weltraumpyjamas‘ hatte Elim einmal gespöttelt…und dass selbst die Katzen auf Cardassia elegantere Straßenkleidung tragen würden.

 

„Findest du es unangemessen, wenn ich sage, dass ich Kopfschmerzen habe?“, fragte Elim, auf dem Bett liegend.

 

Julian drehte sich zu ihm um: „Die Ausrede wird langweilig, du hast sie schon gestern gebraucht, um nicht mit ins Holodeck zu einer spannenden Episoden von Barclays Selbstwertgefühlsheberphantasie zu gehen. Kann es sein, dass unsere Hochzeitsreise dir nicht gefällt?“

 

Elim richtete sich auf: „Hauptsache, dir gefällt es hier. Ich bin sicher, auf Andoria werde ich etwas entspannter sein. Auf der Enterprise fühle ich mich, als würde ich ständig argwöhnisch beobachtet. Außerdem…und das meine ich wirklich ehrlich…ist Fie wohl nicht meine Lieblingssängerin, nachdem, was du über ihre Instrumentalbegleitung gesagt hast.“

 

„Du willst doch nicht wirklich behaupten, dass du die Eisschluchten Andorias dem wohlbeheizten Raumschiff Enterprise vorziehen willst?“, fragte Julian und hielt neckisch den Kopf schräg.

 

Elim stand auf, nahm sich seinen flauschigen Morgenmantel und hüllte sich ein: „Auf Cardassia wäre das gerade einmal Kellertemperatur, was du hier wohlbeheizt nennst.“

 

Julian ging zu Elim und rubbelte seine Arme: „Möchtest du heißen Tee? Chinese Gunpowder oder Captain Picards Liebling: Earl Grey?“

 

Elim seufzte: „Soll Legat Garak in heißem Wasser aufgelöstes Heu trinken?“

 

Als Julian ihn enttäuscht ansah, schlang er seine Arme um ihn.

 

„Ja, ich will gern das gewässerte Heu trinken. Dir zu liebe würde ich auch heißes Wasser aus einem denobulanischen Heizungsrohr trinken … oder frieren. Computer: Eine große Tasse heißen Earl Grey.“

 

Der Replikator erstellte das gewünschte Getränk und Elim nahm die Tasse in die Hand. Er roch an den aufsteigenden Dämpfen und trank vor Julians Augen einen großen Schluck. Gleich darauf bemühte er sich um ein genußvolles Lächeln.

 

„Elim, ich habe sehr oft den Eindruck, dass du dich in der Föderation unwohl fühlst. Aber jeder hier auf dem Schiff kennt dein Engagement für die Vertreibung des Dominions von Cardassia. Und dafür hast du Föderation und Klingonen unterstützt.“

 

„Und Captain Picard wurde von einem meiner Landsleute wochenlang festgehalten und gefoltert. So etwas vergisst man nicht. Wie viele der hiesigen Besatzung haben im Krieg Verwandte verloren? Durch cardassianische Angriffe?“, fragte Elim zurück, bevor er einen weiteren Schluck des heißen Getränks nahm.

 

„Wir sind auf Hochzeitsreise! Der Krieg ist lange vorbei. Du machst dir zu viele Gedanken. Wie wär’s wenn du einmal mit Counselor Troi darüber sprichst. Sie kommt übrigens heute auch zum Konzert! Das wäre doch gleich die Gelegenheit.“

 

Elim trank in einem großen Schluck den restlichen Tee aus und stellte das Glas zurück in den Replikator.

 

„Ich weiß nicht, was mich mehr beunruhigt: eine irdische Sängerin namens Fie oder eine betazoidische Psychotherapeuten namens Troi, auf deren Couch du mich legen willst.“

 

Julian lachte. „Deanna ist ein Counselor, keine Psychotherapeutin. Sie will dich nicht umpolen, nur Ängste bewußt machen und überwinden helfen. Ich habe auf DS9 immer einen Counselor vermißt. Jemanden, mit dem man so richtig offen sprechen kann.“

 

Nun mußte Elim loslachen. „Mein lieber Julian! Mit wem hast du nicht richtig offen und stundenlang gesprochen.“

 

Julian rollte mit den Augen.

 

„Sagst du das jetzt, weil du eifersüchtig warst auf die anderen, oder möchtest du mir durch die Blume mitteilen, dass ich eine penetrante Nervensäge bin?“

 

Elim kräuselte Julians Haar.

 

„Vielleicht beides? Auf jeden Fall bist du die liebenswürdigste Nervensäge des Quadranten.“

 

Julian löste sich aus dem Griff und versuchte, sein Haar wieder glatt zu streifen. Er schmollte.

 

„Nur des Quadranten? Hast du im Gamma-, Delta- oder Epsilonquadranten noch eine andere Nervensäge, die du liebst?“

 

Elim umarmte ihn von hinten, knabberte an seinem linken Ohr und wisperte: „Ich wußte gar nicht, dass es einen Epsilonquadranten gibt.“

 

„Das ist doch logisch. Das Föderationskoordinatensystem teilt das bekannte Universum in acht Quadranten, jeweils Kugelviertel. Die Erde ist der Nullpunkt, an dem alle Koordinaten zusammenlaufen, denn … Du hast mich auf den Arm genommen!“

 

„Ich liebe es, wenn du zu einem wandelnden Lexikon wirst. Du weißt inzwischen sogar mehr über cardassianische Poesie als ich.“

 

„Das ist nur, weil mein photographi … Du hast es schon wieder getan. Du willst mich nur ablenken. Also, was ist jetzt mit dem Konzert!“

 

Elim ging zum kleinen Tisch, nahm das Lesebrett und tippte darauf herum. Dann begann er vorzulesen: „Verzaubernde Klänge. Ein Kritikerbericht zum letzten Konzert von Kammersängerin Fie auf Dnatria IV von Oberynn Bekmesser. Als strichen bretagnesche Winde über Engfelshaar, zirpten die Iridiumsaiten der fünfzehn  Harfen. Dabei muss in besonderer Waise erwähnt werden, dass das Iridium nicht gegossen, sondern mit einer geheimen Technik vierfach versponnen war, was das Klangspektrum ungemein erweiterte. Der archaische Klang der pentatonisch gestimmten Waschrumpeln aus mongolischem Blech mit einer handgeschnitzten Einfassung aus Ulmenholz auf der rechten und Buchenholz auf der linken Seite konnte das reflexive Transakt der empathischen Kontrapunktkomposition bis zur Ekstase der Gehörnerven aufreizen. Besonders die exakt fünfundzwanzig Wellen des Blechs mit sich steigender Amplitude sorgten dabei für ein spezielles Moderato der Spielbarkeit. Die unvergleichlich originelle Idee, statt gerader krumme Bambusflöten einzusetzen, verlieh der Aufführung eine Rundheit, die der gerade Verlauf der Instrumente niemals ermöglicht hätte. Die Bambuszweige wurden dabei in einem speziell mit Oktan angereicherten Sumpf gepflanzt und mit Höhensonnen zu einem besonders schnellen Wachstum angeregt, das durch das Hinzufüge von Steinen und Verschnürungen erst die exakte Krümmung ermöglichte. Als würde nicht schon das Zusammen- oder besser Ineinanderspiel der Instrumente Hormone und Körpertemperatur gleichermaßen durcheinanderwirbeln, trat Kammersängerin Fie, die hochberühmte Argentinierin, in einem strahlend hellblauen Kleid mit über fünfzig goldenen Sonnenbroschen auf. Jede dieser Broschen trug eine andere Gravur, jede nach einem Ort, wo sie dieses Konzert gegeben hatte. Die hellblaue Farbe des Kleides wurde durch ein spezielles Färbeverfahren auf Tellarus II hergestellt. Nur Banausen würden die qualitätvolle Exzentrizität dieser Immersionsphylaktie neglegieren.“

 

Vor lauter Lachen mußte Elim das Lesebrett weglegen. Julian sah ihn erstaunt an: „Was ist denn daran so lustig?“

 

Elim mußte sich vor Lachen den Bauch halten. Schließlich fasste er sich: „Ist dir aufgefallen, dass der formose Kritiker kein Wort über ihren Gesang gesagt hat. Und selbst bei den Instrumenten bin ich mir nicht sicher, ob ihre exzentrische Bauart ihn nicht mehr fasziniert hat als ihre Klang und die Melodien, die sie gespielt haben.“

 

„Gib mir das Lesebrett. Sicher hast du etwas ausgelassen oder übersehen.“

 

Noch immer lachend gab ihm Elim das Lesebrett. Doch auch Julian fand nichts anderes darauf.

 

„Na und? Wer ist schon Oberynn Bekmesser? Was weiß der von Kunst?“

 

„Zumindest hat er eine zeitlang für das Multiversielle Besonderheitssecernat gearbeitet. Das ist doch die Beratungsstelle der Föderationspräsidentin, oder? Er war dort für die Beantwortung von Einladungen zu künstlerischen Veranstaltungen und das Schreiben von entsprechenden Vorworte zuständig.“

 

Julian legte das Lesebrett weg.

 

„Unter Präsidentin Lizaharuntra war manches nicht ganz nachvollziehbar. Aber woher weißt du schon wieder soviel über den Kritiker?“

 

„Du kannst auch auf der Hochzeitsreise deinen Verstand nicht ausschalten, dein Wissen wegblenden. Warum sollte ich das können. Ich bin kein Schneider mehr, das weißt du. Die lieblichen Zeiten von Deep Space Nine sind vorbei: Dort waren wir beide Gast, jetzt können wir nur entweder in deiner oder in meiner Welt leben; und da ist es für den je anderen immer schwer. Trotzdem bin ich froh, dass wir diesen Schritt gesetzt haben.“

 

„Um so schöner, dass wir Hochzeitsurlaub in meiner Welt machen. Wobei … ich war noch nie auf Andoria. Ich kenne nur zwei Holoprogramme, eins mit einem Schlittlaufwettbewerb und das andere mit einem Lawinenrettungsszenario.“

 

Allein bei dem Gedanken an gefrorenes Wasser, das vom Himmel fällt, wird mir schon übel. Aber ich werde einfach etwas Kanar trinken, mich in Nerzimitate hüllen und Fahrten in einem beheizten Schlitten machen.

 

„Wie hat der Tee geschmeckt?“

 

„Bitter und geschmacklos. Aber er ist sehr warm, und das tut gut. Danke für den Tipp.“

 

„Dann werde ich etwas anderes für dich zaubern, das dich von innen wärmt. Computer: Zwei ‚Gelbe Handschuhe‘, die Cocktails.“

 

Julian replizierte die zwei Gläser Limonade mit einer kandierten Kirsche an einem violetten Spießchen in Form eines Raumschiffs der Galor-Klasse. Er gab eines der Gläser Elim: „‘Gelber Handschuh‘ ist ein Getränk aus meiner Studienzeit: Blutorangesaft, Ingwer, Cayennepfeffer, Limettensaft, Himbeermark und ein Schuss Lorbeersirup. Und Sel Fie ist eine der begabtesten Sängerinnen der Föderation und gibt nur heute ein Gastspiel auf der Enterprise. Ich verstehe nicht, was du gegen Harfen, Waschrumpeln und krumme Bambusflöten hast.“

 

Elim mußte lachen. Er trank einen Schluck, hustete kurz, naschte dann die kandierte Kirsche und sagte: „Weißt du was: Ich werde heute meine Kopfschmerzen bei Doktor Crusher behandeln lassen, damit ich morgen was auch immer du willst mit dir unternehme…und sei es ein Flötenkonzert von Captain Picard selbst; aber heute gehst du allein!“

 

Julian trank das Glas in einem Zug leer: „Dann weiß ich, was wir morgen machen! Wir werden uns hier eine Aufzeichnung anhören!“

 

Elim runzelte – soweit Cardassianer das können – die Stirn: „Eine Aufzeichnung wovon?“

 

Julian lachte nun hinterlistig auf: „Du hast gesagt, du wirst alles machen, was ich will: Daher werde ich heute Sel Fie aufnehmen; und morgen werden wir uns das Konzert gemeinsam anhören, aber ganz privat hier bei uns!“

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