TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Lebensmittelvergiftung

von Racussa

Lebensmittelvergiftung

„Mein Name ist Tranilla T’Koloa, ich bin die Botanikern des Hauses Trania und habe die Ehre, Ihnen unsere Sammlung seltener Pflanzen zu zeigen, die wir in einem speziellen Gewächshaus aufbewahren. Ich hoffe sehr, dass darunter auch einige Arten sind, die für Sie als Nahrungsquelle und Lebensmittel während Ihres Urlaubs auf Romulus dienen können.“, stellte sich die pfirsichgelb gekleidete Wissenschaftlerin vor.

 

Tsrz-Grrr-Gfrtsxcgf-Hjgrftpgt-Jklhswsts-Kgr-Grk-Rgk-Krg-Gkr-Rkg hob den Kopf und hörte kurz auf, an vier Bildschirmen zu tippen.

 

Der Computer brauchte immer etwas, um die Klick- und Zischlaute zu übersetzen, die er von sich gab.

 

„Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Ich muss schon sagen, bisher war die Bewirtung äußerst einfallsreich. Wenn ich recht gezählt habe, gab es vierundfünfzig Arten von Honig und achtunddreißig frische Blüten von ausreichender Größe. Ich bin schon sehr gespannt, welche Pflanzen Sie in diesem speziellen Gewächshaus züchten.“

 

Tsrzs Quartier war relativ dunkel, die hohe Luftfeuchtigkeit machte T’Koloa sichtlich zu schaffen. Alle Wände waren inzwischen mit Blumenampeln kultiviert, der Boden mit einer handhohen Schicht Streusand bedeckt.

 

Als sie auf den Gang hinaustraten, atmete T’Koloa tief durch. Der mit gelben Fliesen ausgelegte Gang führte zu einem Balkon, auf dem ein gelber Teppich lag. Nachdem sie sich mit Tsrz daraufgestellt hatte, hob der Teppich ab, flog vom Balkon hinunter in die Erdgeschossebene und bewegte sich knapp über dem Boden mit Laufgeschwindigkeit.

 

„Das Gewächshaus ist etwas weiter hinten im Garten, deshalb diese kleine Erleichterung.“

 

„Wenngleich vieles bei Ihnen wenig effizient ist, so muss ich doch dieser Erfindung meinen Respekt zollen.“, sagte Tsrz, während er mit seinen Antennen die zahlreichen Gerüche analysierte. Nach wenigen Minuten kamen sie vor dem Gewächshaus an, eine Glasanlage in Form des romulanischen Buchstabens ‚T‘.

 

T’Koloa tippte in das Lesebrett am Eingang einige Formationen, ließ dann ihre beiden Augen scannen und eine Blutprobe nehmen, bevor die Tür zur Luftschleuse sich öffnete. Tsrz musste sich auf alle sechs Beine fallen lassen, um durch die niedrige Tür hineinzukommen. Die äußere Türe schloss sich, ein leises Zischen signalisierte den Luftaustausch, dann öffnete sich die innere Türe und Tsrz konnte mit T’Koloa in eine riesige Halle mit vier Stockwerken von Pflanzen entlang der gewölbten Milchglaswände eintreten. Sofort richtete er sich wieder auf und war von der Fülle der Gerüche überwältigt.

 

T’Koloa begann zu erklären: In dieser kleinen Halle züchten wir Liliengewächse. Es gibt auf Romulus etwa 250 Lilienarten, von denen etwa 100 eßbar sind, wobei wir bei diesen zwischen Blüten-, Zwiebel- und Blattesslilien unterscheiden. Sie werden wahrscheinlich jene Arten mit tiefen Blüten bevorzugen wie hier drüben diese Lilie tulipensis, die Gemeine Tulpenlilie. Bitte, seien Sie so frei und bedienen sich, wenn Sie auf etwas Appetit haben.“

 

Tsrz ließ sich das nicht zwei Mal sagen und entrollte seinen Rüssel, führte ihn vorsichtig in die gezeigte Lilie ein und saugte den Nektar. Ein wohliges Klicken entkam ihm, als er den Rüssel wieder einrollte.

 

„Das ist wirklich sehr lecker. Es erinnert mich ein wenig an ihren Radieschenhonig, den ich heute zum Frühstück bekam.“

 

Durch eine weitere Türe führt T’Koloa Tsrz in eine Halle mit weiteren Pflanzengalerien. „Hier haben wir die Magnolienartigen, also die echten Magnolien, Pfeffer- und Lorbeerarten und auch Kanellelalen.“

 

Tsrz zuckte ein wenig zusammen. Doch höflich folgte er T’Koloa, die eine der Pflanzen vom Regal nahm und ihm die ausladende blassrosa Blüte entgegenhielt, deren geriffelter Rand wie die Tracheenöffnungen an seinem Rückenpanzer aussahen: „Das ist eine ganz seltene, milde Pfefferpflanze. Probieren Sie den Nektar!“

 

Tsrz war etwas zögerlich.

 

„Sie werden doch keine Angst haben. Nektar verleitet nicht zum Niesen.“ T’Koloa grinste ihn freundlich an, so dass Tsrz erneut seinen Rüssel ausrollte und sehr vorsichtig in die Pfefferblüte steckte. Der Nektar schmeckte leicht bitter. „Niesen wäre für Sie wahrscheinlich sehr schmerzhaft. Sie müßten sicher darauf achten, dass Ihre Tracheen nicht brechen, wenn Sie sich so verkrampfen.“

 

Tsrz war verwirrt, doch T’Koloa zog ihn schon weiter in den nächsten Raum mit Korbblütlern. Die Tür hinter ihnen schloss sich wie beim ersten Mal mit einem leisen Zischen.

 

„Wahrscheinlich würden auch andere innere Organe verletzt werden können, wenn Sie allergisch auf bestimmte Pflanzen reagieren, oder? Etwa auch Ihre Fortpflanzungsorgane?“

 

Tsrz hatte gerade Augen und Fühler einer Färberscharte zugewandt, als ihn diese Frage aufhorchen ließ.

 

„Wissen Sie, ich bin Botanikerin, aber Insekten gehören natürlich auch zum Interessensbereich einer Botanikerin. Viele meiner Schützlinge benötigen Insekten, um zu überleben und sich fortzupflanzen.“ Sie machte eine kurze Pause, gerade lange genug, um Tsrzs beunruhigtes Antenschwingen zu bemerken. „Bestäubung durch Insekten ist bei vielen Pflanzen die einzige Form der Fortpflanzung. Wie haben Sie das Fortpflanzungsproblem gelöst, wenn diese Frage nicht zu indiskret ist. Und wollen Sie vielleicht von dieser Artischocke probieren?“

 

Sie hielt Tsrz erneute eine Pflanze vor. Es war schwierig, mit dem Rüssel von der flachen Blüte etwas Nektar abzusaugen, aber er war sehr wohlschmeckend. Während T’Koloa an der nächsten Tür wieder besondere Zeichen eingeben und einen Irisscan über sich ergehen lassen mußte, ließ Tsrz nochmals seinen Blick über die Regale mit den Hunderten von Pflanzen schweifen: Ein unerschöpfliches Buffet.

 

„Xindi-Insektoiden können sich geschlechtlich und ungeschlechtlich fortpflanzen, je nach Situation und Nahrungsangebot. Normalerweise bevorzugen wir aber die geschlechtliche Fortpflanzung, weil sie mit Blick auf die genetische Vielfalt bessere Chancen bietet. Nach der erfolgreichen Befruchtung legen wir Eipakete mit je sechs Eiern ab, für ein normales Nest etwa zehn Pakete. In schwierigen Zeiten manchmal auch nur zwei oder drei. Es gibt auch Familiennester mit bis zu hundert Paketen, aber dann ist die Gefahr groß, dass, wenn nicht alle gleichzeitig schlüpfen, die älteren die noch ungeschlüpften Larven auffressen, was wenig effizient ist.“

 

Der nächste Raum war relativ dunkel, denn das Milchglas war zusätzlich violett gefüllt. Tsrz folgte T’Koloa in die Mitte des runden Raumes auf eine Plattform. Rund um die Plattform waren Becken mit verschiedenen Seerosen angeordnet. Auch an den Wänden befanden sich Pflanzenregale, aber wegen der Dunkelheit konnte Tsrz nicht genau erkennen, welche Pflanzen das waren. Von den starken Geruchserlebnissen der vorhergehenden Räume dröhnten im schon die Gehirne, aber er versuchte T’Koloas Ausführungen weiter aufmerksam zu folgen.

 

„Legen Sie manchmal auch in Raumschiffen Eipakete?“, fragte T’Koloa, „Und bitte warten Sie hier einen Moment, ich muss zur Wandkonsole, um uns etwas mehr Licht zu aktivieren. Die Pflanzen dieses Raumes sind normalerweise besonders geschützt. Es sind meine absoluten Lieblinge.“

 

„Auf Raumschiffen gibt es spezielle Bruträume mit eigenem Energieversorgungssystem, allerdings nur bei Raumschiffen für Langstreckenmission und auf Kriegsraumschiffen, bei denen eine schnelle Aufzucht von vielen Kriegern nötig ist.“

 

T’Koloa ging immer noch über einen dünnen Steg zwischen den Seerosenteichen Richtung Wandkonsole. „Sie könnten theoretisch auch hier ungeschlechtlich Nachkommen produzieren und bei geeignetem Klima schlüpfen lassen, oder?“

 

Tsrz war über die Frage erstaunt und zögerte mit der Antwort. Schließlich hatte T’Koloa die Konsole erreicht und aktivierte das Licht und zugleich ein Kraftfeld um Tsrz.

 

„Oder vielleicht haben Sie schon damit begonnen? Die Evolution ist ein faszinierender Prozeß: Sie bringt durch Mutationen immer neue wesen hervor, manche ernähren sich selbst, wie diese Pflanzen, die dort wachsen, wo sie passenden Untergrund, Wasser und Sonnenlicht haben. Andere Lebewesen, wie Sie und ich, wir essen diese Pflanzen, wir essen einander, um zu überleben. Ängstliche Geister, zum Beispiel Subcommander Rivil, könnten auf die Idee kommen, dass ein zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung fähiger Insektoid eine Invasion von Romulus beginnen könnte, von der unser Sicherheitsapparat nichts mitbekommen würde. Allein ein solcher Gedanke jagt vielen einen Schauer über den Rücken.“

 

Tsrz wedelte nervös mit seinen Antennen: „Ich bin Wissenschaftler wie sie. Es wäre völlig illusorisch, dass ich alleine eine Invasionsarmee produzieren könnte. Ich habe bereitwillig meine Hilfe bei der Reparatur der Andreiata eingesetzt, ich habe ihre Geschichte und ihren Gesellschaftsaufbau studiert.“

 

„Und Sie sind hochintelligent!“, ergänzte T’Koloa. „Darf ich Ihnen ein paar der Pflanzen in diesem Raum vorstellen, abseits der schönen aber langweiligen Seerosen und Lotusse? Da drüben…“, sie zeigte auf ein Regal auf der linken Seite, „Drosera, Pinguicula, Regenbogenpflanzen, Wanzenpflanzen, Taublatt und Schusspflanzen. Auf der anderen Seite kann ich Ihnen Venusfliegenfallen und Wasserfallen und die wunderschöne Papageienschlauchpflanze vorstellen. Und an der gegenüberliegenden Wand gibt es noch Krugpflanzen wie Cephalotus, Heliamphora und die Kannenpflanzen Nepenthes.  Ich habe es sogar geschafft die sonst nur in den tropischen Regionen unseres Planeten wachsenden und extrem seltenen Kobralilien zu kultivieren.“

 

Tsrz wandte sich einmal um seine Achse und besah sich die Pflanzen. Schließlich war er wieder Richtung T’Koloa gewandt: „Alle diese Pflanzen sind…“

 

„Fleischfressend?“, fragte T’Koloa.

 

„Ich verstehe nicht, warum Sie mir diese Pflanzen zeigen?“

 

T’Koloa aktivierte einen Scanstrahl, der Tsrz durchleuchtete. „Ich bin Botanikerin, keine Entomologin, aber unsere Scans, die wir regelmäßig von unseren Gästen durchführen, zeigen mir, dass Sie in Ihrem Unterbauch zwölf Eipakete verbergen, in einer Größe, die darauf schließen läßt, dass Sie schon auf der Andreiata mit dem parthenogenetischen Prozess begonnen haben. Nach unserem Wissen und den Informationen, die uns Ihr Schwarm freundlicherweise auf unsere Nachfrage geschickt hat, können Sie in vier oder fünf Tagen legen, dann dauert es keine zwei Wochen und wir haben zweiundsiebzig Kopien von Ihnen hier im Palast. Sicher verstehen Sie das Unbehagen der strahlenden Senatrix Metella Trania T’Supp angesichts dieser von Ihnen verschwiegenen Familienplanung. Und uns ist auch die Wirkung der Eisekrete nicht unbekannt, die wir aus einem Bericht des Föderationscaptains Archer und seines Schiffsarztes Phlox entnommen haben.“

 

„Was erwarten Sie? Dass ich rede?“

 

„Nein, verehrter Tsrz-Grrr-Gfrtsxcgf-Hjgrftpgt-Jklhswsts-Kgr-Grk-Rgk-Krg-Gkr-Rkg, die strahlende Senatrix und Subcommander Rivil erwarten, dass Sie sterben für Ihren versuchten Hinterhalt. Leider kann selbst meine Kobralilie nur Lebensformen bis 1,80 m verdauen, weshalb ich mich zuchttechnisch ein wenig anstrengen mußte.“ Sie aktivierte eine Taste auf der Konsole und die Seerosenbecken wurden plötzlich von unten beleuchtet. Unter Wasser waren auch etwa dreißig mannsgroße Blasen in seltsamen grün-roten Stängelgeflechten.

 

„Utricularia stygia?“, Tsrzs Klicken war sehr leise.

 

„Richtig! Schön, dass Sie diese Riesenart des Dunklen Wasserschlauchs erkannt haben. Die Blasen stehen unter einem Unterdruck von vier Bar, sobald Sie eines der Härchen berühren, klappt der Deckel auf, saugt Sie mitsamt dem Umwasser ein und verschließt sich. Ich vermute, dass Sie mit Ihren brutalen Armen etwa zwei bis drei der Blasen zerschneiden können, aber dann wird die Chitinase Ihr Exoskelett soweit aufgeweicht haben, dass Sie in der nächsten Blase gefangen bleiben, wo Sie innerhalb von etwa fünfzehn bis dreißig Minuten durch Esterase, Phosphatase und Protease zersetzt sein sollten. Sie müssen sich aber keine Sorge machen. Ich werde den Prozeß überwachen, und wenn er unerwartet länger dauern sollte, mit einem Disruptor beenden, denn ich möchte nicht, dass Sie und die übrigen Wasserpflanzen länger leiden. Einen Trost darf ich Ihnen noch mitgeben: die strahlende Senatrix wird bei der nächsten Sitzung beantragen, nicht nur mit den Breen sondern auch mit Ihrem Schwarm dauerhaften diplomatischen Kontakt einzurichten, denn Sie war von Ihrer Genialität höchst beeindruckt. Romulus und der Xindi-Insektoid-Schwarm werden gute Verbündete werden und viel voneinander lernen, bei gehörigem gegenseitigen Misstrauen versteht sich. Ich hoffe, die letzten Nektare waren eine angemessene Henkersmahlzeit. Leben Sie wohl!“

 

Ohne Tsrzs Reaktion abzuwarten, drückte sie eine weitere Taste auf der Konsole, die unter Trsz das Plattformgitter aufklappen und ihn mit einem Platschen in das Becken fallen ließ. Obwohl er mit den sechs Armen ruderte, saugte ihn schon die erste Blase ein. T’Koloa dämpfte das Licht wieder und ging am äußeren Rand des Beckens entlang, um zu beobachten wie diese Blase von Tsrz zerrissen wurde, nur um ihn gleich in den Sog der nächsten zu bringen, in der er mit abknickenden Armen versuchte, freizukommen und schließlich bewegungslos verharrte.

 

„Das ging ja schneller als gedacht. Ich hoffe nur, meine liebe Utricularia stygia holt sich keine Lebensmittelvergiftung.“

 

Rezensionen